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'Clueless' hat noch immer den besten Soundtrack der Welt

‚Clueless‘ ist ein Coming-of-Age-Film, der so sehr in die Teenagerkultur eingebrannt ist wie ‚Der Frühstücksclub‘, ‚Clearasil‘ und die spielerische Grenzüberschreitung beim Flaschendrehen.

Eigentlich handelt es sich bei Clueless um eine klassische Liebesgeschichte, in der es um ein 15-jähriges Mädchen geht, das sich in jemanden verknallt, der mehr oder weniger ihr Bruder ist. Clueless ist ein großartiger Coming-of-Age-Film, der so sehr in die Teenagerkultur eingebrannt ist wie The Breakfast Club, Clearasil und die spielerische Grenzüberschreitung beim Flaschendrehen. Er bedient wirklich alle Themen, die für dein 15-jähriges Ich relevant sind (Liebe, Herzschmerz, Schule, Shoppen), und ist mit genug schlagfertigen Sprüchen durchsetzt, damit du auch dann noch mit Cher Horowitz mitfieberst, wenn du schon lange nicht mehr in dem Alter bist, in dem man das Wort "verzickt" verwenden kann, ohne komische Blicke zu ernten.

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Der Soundtrack von Clueless ist allerdings noch mal eine ganz andere Nummer, die ihre eigene Würdigung verdient – einmal, weil er so unglaublich unverschämt 90er-mäßig ist, dass du glaubst er würde seine Haare Gwen-Stefani-mäßig in kleinen Zöpfchen tragen und den ganzen Tag nur Kurt Cobain hinterherheulen. Zum anderen, weil er – genau wie unsere missverstandene Heldin – von außen total quirlig und spaßig daherkommt, aber tief innendrin eigentlich extrem schlau ist.

Schon innerhalb der ersten 90 Sekunden des Films wird klar, dass wir es hier mit dem besten Soundtrack überhaupt zu tun haben. Wir sehen mehrere Einstellungen mit der immer fantastisch aussehenden Clueless-Gang, gekleidet in Outfits aus einer 90er Jahre-Bubblegum-Dreamworld und präsentiert als die angesagtesten Kids der Schule, während dazu "Kids In America" läuft – nicht die Kim Wilde Version (die zur Info wirklich großartig ist), sondern das Cover der Muffs.

The Muffs waren die Band des ultimativen Indiegirl-PinUps Kim Shattuck, die vor kurzem ein kleines Stelldichein mit den Pixies hatte. Bevor Shattuck jedoch von Rock Reverend Frank Black berufen wurde, klangen The Muffs ein bisschen wie Hole ohne den ganzen drogeninduzierten Wahnsinn und Hass. Für kurze Zeit waren sie bei einem Majorlabel unter Vertrag, was aber wohl der unglaublichen Erfolgsgeschichte von Nirvana und eines Jeden geschuldet war, der verbreitete, ein kleines Bisschen von "Lithium" beeinflusst worden zu sein, und Grunge somit zu einer Angelegenheit der großen Labels machte. The Muffs waren dennoch eine ziemlich abseitige Wahl für einen großen Teenagerblockbuster.

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Nach nur 60 Sekunden Spielzeit kommen wir schon zu einer der ikonenhaftesten Szenen des Films – Chers pre-iPhone Kleiderschrank-App, die dich im Endeffekt zu einer Anziehpuppe degradiert. Dazu läuft im Hintergrund "Fashion" von David Bowie – ein Song, der sich über die Banalität von styleversessenen Hipstern lustig macht. Das ist erst mal eine wirklich schöne Gegenüberstellung und stellt außerdem unmissverständlich klar, dass Clueless wesentlich schlauer ist als die oberflächlichen Hohlköpfe, die der Streifen portraitiert.

Und der Film ist randvoll mit intelligenten Stellen wie dieser. Als Chers beste Freundin Dionne, die so etwas wie eine extravagante Version von Cher darstellt – mit ausgefalleneren Hüten und dem zukünftigen Turk von Scrubs als Freund – zum ersten Mal durch das Bild fährt, spielt im Hintergrund No Doubts kämpferische Hymne "Just A Girl" – während Cher uns darüber informiert, dass Dionne ihre Freundin ist, "weil wir beide wissen, wie es ist, wenn Menschen auf uns neidisch sind." ‚Just A Girl’ ohne Kreditlimit und einem Kleiderschrank so groß wie eine kleine karibische Insel.

Später, als sie ihrer Freundin Tai das Makeover aller Teenager-Coming-of-Age-Film-Makeover verpassen, läuft dazu Jill Sobules "Supermodel". Eine ironische Kampfansage an den Druck, dem sich Mädchen ausgesetzt sehen, ihre Körper den Schönheitsidealen anzupassen; dazu erklingen Lyrics wie: "I didn't eat yesterday… and I'm not gonna eat today… and I'm not gonna eat tomorrow… 'Cause I'm gonna be a supermodel."

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No Doubt und Jill Sobule für einen Soundtrack auszuwählen, erscheint heutzutage – einer Zeit, in der jeder Film mit Michael Cera musikalisch von 27 finnischen Post-Folk-Bands begleitet wird, die bislang nur hoch limitierte Alben auf Betamax veröffentlicht haben – nicht sonderlich gewagt. Aber damals in den 90ern waren große Hollywoodproduktionen wesentlich konservativer (von Empire Records mal abgesehen). Wenn du bedenkst, dass 1995, das Jahr des Clueless-Kinostarts, folgende Songs erfolgreicher Filme die Charts dominierten: "Breakfast At Tiffany’s", "Kiss From A Rose", "Fantasy" von Mariah Carey und "Walking in Memphis" von Cher; dann ist die Wahl von Gwen Stefani, der komisch angezogenen Frontfrau einer ehemaligen Skaband, für die Untermalung der offen feministischen Momente im Film verdammt progressiv.

Die offensichtlisten Beispiele für das erstaunlich gute Gespür bei der Musikauswahl stellen die Szenen dar, in denen Bruder/Schwarm Josh auftaucht. Zu diesen wird eigentlich fast immer etwas von Radiohead gespielt, dem Inbegriff ernster und depressiver Studentenmusik. Es gibt mindestens vier Szenen, in denen Thom Yorke und seine Jungs zu hören sind, ihre Musik bildet einen guten Kontrast zu den sonnendurchfluteten Straßen Beverly Hills' und den fluffigen Mänteln der Mädels. Die Tatsache, dass Radiohead gleich mehrmals gespielt werden, macht das Ganze noch viel großartiger.

Und dann gibt es noch eine ganze Menge anderer Momente im Film, in denen die geldfixierte, sorgenlose und grellbunte Idylle von Chers Welt mit Songs, die man eher in High Fidelity erwarten würde, bloßgestellt wird. "Alright" von Supergrass läuft während die Gang fröhlich für Gruppenfotos posiert – dem 90er Äquivalent zu Selfies; auf einer Weihnachtsparty wird "Rollin’ With My Homies" gespielt; und dann schafft der Film es sogar irgendwie, dass ein Song von den Ligtning Seeds erträglich klingt.

Clueless ist ein Klassiker: eine unglaublich dreiste und extrem unterhaltsame Satire, die gleichzeitig über Herz, Humor und Originalität verfügt. Der Soundtrack ergänzt den Film perfekt, verleiht der Story eine unerwartete Tiefe – um gleichzeitig eingängig zu sein und unglaublich viel Spaß zu machen. Die beiden sind einfach wie füreinander bestimmt – genau wie Cher und ihr Stiefbruder.

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