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Reviews

Musikreviews der Woche mit Lost Animal, Blackmail und Flume

Jungspunde auf dem Silbertablett, Rotzflecken und die deutschen Nickelback. Unsere Reviews.

FLUME
s/t
Transgressive Records/Cooperative Music

Alle gescheiterten Möchtegern-Producer in der Blüte ihrer Midlife Crisis dürfen einmal wieder die Hände über ihren Köpfen zusammenschlagen und klammheimlich oder verbittert-öffentlich ihrem Frust Luft machen, denn mit Flume bekommen sie einen weiteren Jungspund auf dem Silbertablett serviert, der wahrscheinlich erst seit zwei Jahren richtige Musik hört, aber trotzdem genau das macht, was sie immer wollten, aber nie geschafft haben: Punktgenaue, clevere und zeitgemäße Hits, die den unbedarften Plebs tanzen und gleichermaßen den referenzaffinen Nerd anerkennend nicken müssen lassen. Und sorry, Jungs, aber die Mädels wird der Kleine Euch auch wegnehmen.

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ED MITTIT

CANDELILLA
Heart Mutter
ZickZack

Ich schreibe jetzt über einen Fleck. An der Hauswand, gleich neben den Klingelschildern, ist er breit geschmiert. Seit 15 Jahren schon. Länger noch. War schon da, als ich selbst noch nicht hier wohnte. War schon da, bevor sie neu gestrichen haben, die Fassade gereinigt, und er ist es immer noch. Oder immer wieder. Und wenn jemand an dieser Hausnummer klingelt, dann kann er nicht vorbei, ohne sich kurz zu ekeln. Tatsächlich aber ist der Fleck wohl fast ein Kunstwerk. Nicht nur zeitlos, hartnäckig, nicht mehr weg zu bekommen, was ja schon irgendwie beeindruckend ist, sondern tatsächlich auch so gekonnt rausgerotzt, rangerotzt und mit zierlichen Fingerchen zu einem süddeutsch-englischen Kauderwelsch gekliert. Breitkalligrafiert. A tag of rotz, das kein Mensch lesen und verstehen kann und das genau deswegen wohl inspirierend sein muss. Immer häufiger nämlich habe ich nun ein Problem mit jungen Menschen in doofen Klamotten, die, nur um diesen Fleck zu fotografieren, sich bei uns so bekloppt vor die Klingelschilder stellen, dass der Postbote schon nicht mehr klingelt. Letztens, als ich den Müll runterschaffen musste, rannte ich in zwei etwas ranzige Mädchen, von denen eines ganz ungeniert, ja, verzückt, über diesen alten Rotzflecken streichelte. Sagte die andere zu ihr: „Du, ich wünscht, ich wär damals dabei gewesen.“

HORST WAHWA

BLACKMAIL
II
Unter Schafen/Alive

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Ah, die deutschen Nickelback sind zurück. Es ist jetzt bestimmt schon wieder zwei Jahre her, seit ich ihre letzte CD aus dem Fenster geworfen habe. Diesmal habe ich das Album einfach an den nervigen kleinen Nachbarsjungen weitergereicht, der mich immer fragt, ob er nicht auch mal eine Rezension für VICE schreiben darf. Er hat sich seitdem zwar nicht mehr gemeldet, dafür aber auf seiner Facebook-Seite den Berufswunsch von „Musikjournalist“ zurück zu „Tierpfleger“ geändert.

JIMMY CONDOR

LOST ANIMAL
Ex Tropical
Hardly Art / Cargo Records

Würde Jarrod Quarrell nicht diese eher spezielle Art von Dreampop-Elektronik machen, die schon viel zu lang viel zu gut ankommt in einer Szene, die genervt ist von zuviel Dreiecken im Witch-House und zuviel Sprechgesang im Hip-Hop; wäre Ex Tropical also eine Platte, die weniger harmlos und freundlich ist; wäre man beim Hören wenigstens verwirrt angesichts einer Unverständlichkeit und nicht angesichts dessen, dass es hier gar nichts weiter zu verstehen gibt als plätschernde Drumcomputer-Synthie-Arrangements; will sagen: wäre das hier, wenn schon oberflächlich, ein bisschen mehr Adriano Celentano oder wenigstens Tom Jones, dann hätte es sich glatt auf einen Gnadenpunkt mehr hocharbeiten können.

DE LILAH

**

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