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Reviews

Musikreviews der Woche mit Lavender Diamond, Night Beds und Brokeback

Progressive Wichserei, sozialschmarotzende Singer/Songwriter-Taugenichtse und traurige Mädchen. Unsere Reviews.

BROKEBACK
Brokeback and the Black Rock
Thrill Jockey

Unter dem Namen Brokeback veröffentlicht Douglas McComb seit 15 Jahren Alben, die deutliche Spuren seiner anderen Bands wie Tortoise und Eleventh Dream Day tragen. In der aktuellen Inkarnation bewegt sich das Projekt zwischen Instro-Americana und einer etwas harmloseren Variante von Drone Doom wie ihn Barn Owl und die mächtigen Earth in einer dunkleren Zartbitter-Variante bieten. Die Perfektion und sorgsam austarierte Stimmung lassen Brokeback and the Black Rock stellenweise grenzlangweilig erscheinen - dennoch knistert eine gewisse Spannung in der Grauzone, insbesondere wenn die Gitarre deutlich an Television/Tom Verlaine erinnert.

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WYR = WYG

FANGA/MAALERN ABDALLAH GUINEA
Fangnawa Experience
Strut

Wer das innere Bild von dem Bassisten, der sein Instrument knapp unter dem Kinn trägt und die Saiten auf eine funky-funky Art mit dem Daumen malträtiert final niederringen kann, wird von der Fangnawa Experience entsprechend belohnt. Die Kollaboration zwischen dem in Frankreich heimischen Afrobeat-Kollektiv Franga und dem „führenden Morocco maâlem (Gnawa Master) Abdallah Guinéa” verspricht viel und hält einiges: Psychedelische Geisterbeschwörungen, Trance-Zustände und hypnotische Rhythmen - check! Die „progressive” Wichserei ist jedoch nur zu ertragen, wenn man auch einen Schluck von dem vergorenen Kaktussaft bekommt …

KARLOS KASTAGNETTE

NIGHT BEDS
Country Sleep
Dead Oceans/Cargo Records

In einem Universum, das vollgestopft ist mit sozialschmarotzenden Singer/Songwriter-Taugenichtsen, die dich ständig mit ihren talentfreien Psycho-Ausgeburten vollscheißen, ist es sehr erholsam, ab und zu auch mal einen Lichtblick zu sehen. Winston Yellen, Mastermind hinter Night Beds, klingt wie ein Hybrid aus Ryan Adams (in seinen besseren Zeiten) und Damien Jurado, der die Klaviatur des bodenständigen Country ebenso beherrscht wie die großen Gesten eines Orchesters. Die Motive werden dieselben sein wie bei Plinse XY – eine unerfüllte Liebe, zuviel Suff und der Drang nach Selbstbestätigung durch sensible Mädchen –, aber solange die Haare nur zu Berge stehen, weil der A-Capella-Opener (sic!) „Faithful Heights“ so unglaublich schön ist, kann man darüber auch hinwegsehen.

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JESSICA SIMPSON

LAVENDER DIAMOND
Incorruptible Heart
ADA/Warner

Wir sehen es genau vor unserem inneren Auge: All die traurigen Mädchen, die einfach nie den richtigen Typen kennenlernen, der auch so gerne anstrengende Postmoderne-Literatur liest wie sie und ihre Begeisterung für Räucherstäbchen und Duftkerzen teilt, sitzen in ihren verkitschten WG-Zimmern, starren ihre Blümchentapete an und hören Lavender Diamond, weil die natürlich genau verstehen, wie sie sich fühlen. In einer perfekten Welt müsste so ein Selbstbeweihräucherungsalbum mit der Botschaft, dass das mit der Romantik nur eine große Marketingblase von Blumen- und Pralinenhändlern ist, enden. Aber vielleicht ist es ja für uns alle besser, wenn es uns erspart bleibt, uns im echten Leben auch noch mit diesen Hühnern auseinanderzusetzen.

ANNA KARENINA

**

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