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Reviews

Musikreviews der Woche mit Abraham und Vitalic

Einmümmel-Musik, Kleinstadtnamen im Mittleren Westen und Dredd 3D. Unsere Reviews.

ABRAHAM
The Serpent, The Prophet & The Whore
Pelagic

Fallari fallara, die Post-Malaise ist wieder da. Diesmal Post-Metal, Post-Hardcore, Post-Rock, Post-Sludge, irgendwo versteckt sich sicherlich auch noch etwas Post-Moderne (die Zitate!). Die Post-Apokalypse ist ohnehin allgegenwärtig, aber statt nur einem Reich nur eines Gottes evozieren Abraham eine Art alchemistischen, okkulten Post-Polytheismus. Dafür melkt das zweite Album der Schweizer mit Jan Gaston Rawls’ „The Chronoception” einen literarischen Fake, der schon einigen Studenten die Exmatrikulation eingebracht hat. Das gibt Bonuspunkte, weil es das in den Achtzigern beliebte Studenten-Bashing auf ein neues Niveau bringt. Wir sind gespannt, wohin das noch führen wird …

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C.S. ZIEHEN

VITALIC
Rave Age
Different

Hast du schon Dredd 3D gesehen? Dort gibt es eine großartige Szene, in der Avon Barksdale aus The Wire seinen Geschäften in einer Crackhöhle nachgeht. Die Junkies dort hören Vitalics „Poison Lips“, und während die Drogen ihnen das Hirn verknoten, transformiert sich der Track langsam in Zeitlupe. Der endgültige Beweis, falls er überhaupt nötig war, dass Vitalics Music auf Steinen einfach besser klingt. Egal, es stellt sich auf jeden Fall heraus, dass der Produzent aus Dijon sich wohl doch noch eine Spur Menschlichkeit bewahrt hat. Nach zwei unvergleichlichen Space-Disco-Alben finden sich auf Rave Age auch wieder einige nicht allzu überkomplexe EDM-Standards. Sowas mach Vitalic vermutlich einfach zum…ähem, zum Spaß? Meine Güte. Mag sein, dass er sich damit bei manchen Kritikern eine blutige Nase holt. Aber Vitalic kann eben auch nicht auf diese sublimen Power-Pop-Momente verzichten, die dir sogar dann eine Gänsehaut verpassen, wenn sie von dem Typen von Shitdisco gesungen werden. Erfreuen wir uns also an „Fade Away”, „Under Your Sun” und „Lucky Star” und seien wir dankbar, dass er nicht stattdessen ein Restaurant in Ibiza eröffnet hat.

SUBURBAN DWIGHT

FAIRMONT
Automaton
My Favorite Robot Records

Eines muss man Jake Fairley aka Fairmont lassen: Vom Album- und Tracknamen („Creatures Of Night“ und „Broken Glass“ seien hier nur beispielhaft erwähnt) über Label bis hin zu halb frostig, halb apathisch wirkenden Vocals und einer Extraportion nostalgischer Synthies hat er augenscheinlich nichts unversucht gelassen, Automaton wie einen großen Edelstahlkubus computergestützter Scifi-Ästhetik klingen zu lassen. Allerdings ist bei diesen ganzen Bemühungen wohl an ihm vorbeigegangen, dass dieser ungezählte Versuch, so cool wie Kraftwerk zu werden, schon längst unter die Kategorie „Hier rein, da raus“ fällt und diese Platte somit genauso beliebig macht wie Fairmont als Kleinstadtnamen im Mittleren Westen.

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JERRY SPRINGFIELD

NEIL HALSTEAD
Palindrome Hunches
Sonic Cathedral / Full Time Hobby

Immer noch keine Slowdive-Reunion in Sicht, dafür klingt Neil Halstead inzwischen endgültig wie der vergessene Bruder von The Strawbs: Einmümmel-Musik für Menschen, denen an Sauwetter-Herbsttagen Melancholie zu depressiv ist, die sich aber dennoch stetig Sorgen machen über … nein, eigentlich nur so: für Menschen, die sich stetig Sorgen machen. Aber die könnten eigentlich auch einfach Nick Drake hören anstatt Herrn Halstead von Slowdive abzuhalten, diese Penner.

SUN HITZ