Freischwingende Pimmel, Krakelporträts und auf das Wesentliche reduzierte Gestalten: als Art Director möchte Alex Solman gar nicht erst bezeichnet oder verstanden werden. Zwar stammt ein Großteil der visuellen Kommunikation des hamburgischen Clubs Golden Pudel und dessen künstlerischen Dunstkreises—Andreas Dorau, Helena Hauff, Demdike Stare und die hauseigenen Pudel Produkte—aus seiner Hand, aber Professionalität oder Titel sind Solman alias C.I.Alex herzlich egal. Mit dieser Selbstwahrnehmung fügt er sich nahtlos in das Macherkollektiv des Pudels, das Woche für Woche den Pudel, die „Elbphilharmonie der Herzen" an der Hafenstraße, neu erfindet und die Inszination zum Grundprinzip erhoben hat. Musikhistorisch muss man dabei an die „Genialen Dilletanten" der 80er Jahre denken, er selbst nennt es „schlampigen Konstruktivismus".
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Seit zehn Jahren gestaltet Solman regelmäßig die Flyer und Poster für die sonntägliche Reihe MFOC—sprich: Musik Fetischisten Ohren Charakter, deren (unvollständige) Gästeliste jedem Clubgänger ein feuchtes Höschen bereiten dürfte. Seine künstlerische Handschrift kann man durchaus als ikonisch bezeichnen: Mal schwarz-weiß, minimalistisch, streng, mal quatschige Comics—aber eben immer mit Humor und wiedererkennbarer Handschrift.Ob nach einer Dekade im Pudel irgendwelche Ermüdungserscheinungen in Sicht seien? „Nö", kommentiert Solman lapidar-verkatert einen Tag nach einem alkoholgeschwängerten Absturz am Tresen des Pudels. Gerade hat er im Golden Pudel Club einen kleinen Ausschnitt seiner Arbeiten der letzten Dekade gezeigt, im Herbst 2014 soll eine große Sonderausstellung in Hamburg folgen.Alex, wie entstehen deine Grafiken? Wovon lässt du dich inspirieren? Von der Musik der Bookings, oder eher von ihrem Äußeren?In erster Linie schon von dem Äußeren der Musiker, aber die Musik spielt da auch schon eine maßgebliche Rolle. Wenn ich den Künstler etwas besser kenne, fließen da auch hin und wieder persönlich Dinge hinein, die sich dann dem Betrachter nicht immer sofort erschließen. Am Anfang steht aber immer ein Foto, das die grobe Richtung vorgibt. Ab da wird dann frei improvisiert. Irgendwie versuche ich den ganzen Wahnsinn, der da ständig stattfindet, festzuhalten und auch zu verarbeiten.
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Der Nutzen als Werbemittel scheint bei den MFOC-Abbildungen eher im Hintergrund zu stehen. Oft erschließt sich entweder der Künstler nicht, oder Ort bzw. Veranstaltungstag sind schwerer erkennbar, als man es von den Außenwerbeprodukten anderer Veranstalter gewohnt ist. Du zwingst die Betrachter und Gäste zur Aufmerksamkeit? Zum genauen Hinsehen?Bei MFOC habe ich von der Pike auf gelernt, wie man fachmännisch das Pferd von hinten aufzäumt und dann die Mähne auf links über die Glatze bürstet. Es funktioniert ja glücklicherweise auch so ganz gut. Die Zeichnungen wecken hoffentlich das Interesse und die eigentliche Information wird dann auch irgendwann wahrgenommen. Aber ich möchte auf gar keinen Fall jemanden zu etwas zwingen. Möchte ja auch selber nicht zu irgendwas gezwungen werden.Für Andreas Doraus Album »Todesmelodien« hast du hingegen fotografisch gearbeitet, da gibt es eine Serie toter Popstars. John Lennons Mörder Mark Chapman beispielsweise war auf dem Cover nachempfunden …Andreas wollte kein gezeichnetes Artwork haben. So musste ich zur Abwechslung mal mal den Stift gegen eine Kamera tauschen. Hat auch Spaß gemacht.Wie gehst du grafische Artworks für Künstler aus deinem Umfeld an? Helena Hauff, Demdike Stare, die Pudel Produkte-Reihe waren ja klar deiner Person zuzuordnen.Da versuche ich meistens die Musik zu zeichnen beziehungsweise den Titel grafisch umzusetzen. Gerne in Kombination.
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Zuletzt schienen deine Arbeiten von Kubismus und Bauhaus inspiriert zu sein. Um 2005 rum waren es noch eher Comics und Karikaturen. Wann kam der Bruch, und wie kam es zu der neuen Nüchternheit?Kreise, Kanten und Winkel mochte ich schon immer ganz gerne und habe auch schon sehr früh versucht so zu zeichnen, nur wollte es nicht so recht gelingen. Nachdem ich jahrelang akribisch und detailreich vor mich hin kritzelte, kam ich dann endlich an den Punkt, den ganzen Ballast über Bord werfen zu können. Das war sehr befreiend. So langsam werden die Bilder aber wieder voller und der Strich wird nach langer Zeit der Strenge auch wieder fahriger und unpräziser. Schlampiger Konstruktivismus. Einen wirklichen Plan gibt es bei mir nie.
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