FYI.

This story is over 5 years old.

Interviews

Metronomys Joe Mount hat seinen Eltern die Platten geklaut

Und nicht nur das: Er gibt sogar offen zu, die meisten seiner Melodien ebenfalls geklaut zu haben. Wobei ihm das erstmal einer nachweisen soll.

Foto: Max Thesseling

Seit 15 Jahren gibt es die Band Metronomy. Damit wären sie eigentlich richtig alte Hasen im Business, doch in der breiten Öffentlichkeit sind Metronomy erst mit ihrem letzten, dritten Album The English Riviera angekommen. Dafür dann aber so richtig. Songs wie „The Look“ oder „The Bay“ mauserten sich in kürzester Zeit vom Geheimtipp zu ausgewachsenen Indie-Hits. All das ist inzwischen auch schon wieder drei Jahre her, was im Pop eine lange Zeit ist. Kein Wunder, dass vor dem Release des Nachfolger-Albums Love Letters die Aufregung rund um die südenglische Band relativ groß ist.

Anzeige

Joe Mount, der Frontmann, Songschreiber und Produzent der Band ist dabei allerdings äußerst entspannt. Ihn lässt jedwede Erwartungshaltung genauso kalt, wie der Erfolg des letzten Albums und der Druck, der als Folge jetzt auf ihm lastet. Joe Mount macht eh, was er will. Dieses Mal wollte er ein Album machen, das sich vom Sound her eindeutig in den sechziger Jahren verorten lässt—einfach mal sehen, ob so ein Album im Jahr 2014 Erfolg haben kann. Wir glauben, es kann. Denn Love Letters steckt voller großer Melodien—so viele große Melodien, das kann eigentlich gar nicht sein. Im Interview hat Joe dann auch zugegeben, dass er alle Melodien bei anderen geklaut hat. Genau wie seine Plattensammlung.

Noisey: Bist du ein großer Plattensammler?
Joe Mount: Ein Sammler? War ich mal (lacht). Als Teenager hatte ich mal eine Phase, in der ich Platten gesammelt habe. Heute tue ich das aber nicht mehr wirklich.

Weil du keine Zeit hast?
Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Ich mag einfach keine Musik (lacht). Nein, ich werde bestimmt wieder Zeit damit verbringen, wenn ich älter bin. Im Moment glaube ich aber, alle guten Platten bereits zu besitzen (lacht). Man muss eine spezielle Art Mensch sein, um sich wirklich ausgiebig damit zu beschäftigen. Vielleicht fang ich irgendwann wieder damit an.

Hast du das Gefühl, dass keine richtig guten Platten mehr erscheinen?
Doch, schon. Aber ich höre einfach wirklich keine Musik. Es ist seltsam, denn wenn ich mal etwas höre, das mich wirklich begeistert, hat das nie direkt was mit dem Genre zu tun, in das meine eigene Musik fällt. Die letzte Platte, bei der das passiert ist, war Kendrick Lamars Album Good Kid M.a.a.d City. Das ist einfach so weit von der Musik entfernt, die ich mache, hat aber dazu geführt, dass ich es absolut unverfälscht genießen konnte. Wenn ich mir zum Beispiel eine Platte von Tame Impala anhöre, mag ich das zwar total gerne, ich würde aber sofort anfangen, es auseinanderzunehmen.

Anzeige

Inwiefern? Würdest du darüber nachdenken, welche Parts du anders oder besser machen könntest?
Ja, schon irgendwie. Ich liebe die Songs auf der Tame Impala-Platte. Vielleicht ist das, was ich jetzt sage, ein bisschen zu technisch, aber ich mag nicht, wie die Platte gemischt wurde. Die Kompression hat dazu geführt, dass die Songs sehr laut sind. Zu laut für meinen Geschmack. Aber ich mag Tame Impala wirklich gerne. Keine Ahnung, warum ich dieses Beispiel gewählt habe, vielleicht hätte ich ein anderes nehmen sollen.

Früher hast du viele Remixes gemacht. Hast du damit aufgehört?
Stimmt, ich habe lange keine mehr gemacht. Das war damals eine gute Möglichkeit, etwas Geld zu verdienen und gleichzeitig seinen Namen zu verbreiten. Heute ist das für mich nicht mehr sehr relevant. Eigene Produktionen sind für mich interessanter, als Remixes zu machen.

Würdest du auch andere Künstler produzieren? Es wäre ziemlich cool, wenn du einen Kendrick Lamar-Song produzieren würdest.
Ja, total (lacht). Ich glaube nämlich wirklich, dass ich etwas für jemanden wie ihn produzieren könnte. So eine alberne Idee ist das gar nicht.

Der Grund, warum ich frage, ob du Platten sammelst, ist, weil ich davon ausgehe, dass du viele Sachen aus den Sechzigern in deiner Sammlung hast. Liege ich da richtig?
Die Platten kommen aber eher aus der Sammlung meiner Eltern. Die habe ich ‚geerbt’. Nicht, dass meine Eltern verstorben wären, ich habe sie ihnen damals eigentlich geklaut. Früher hab ich mir immer die Sachen mit dem interessantesten Covern rausgesucht. Darunter waren dann halt sehr viele Sechziger-Platten.

Anzeige

Das neue Metronomy-Album ist klanglich eine deutliche Anspielung auf diese Zeit.
Stimmt. Ich habe Pop-Songs auf einer Gitarre geschrieben, das ist tatsächlich ziemlich Sechziger. Das Album wurde auch komplett mit Equipment aus dieser Ära aufgenommen. Beziehungsweise hört es sich auf dem Album alles so an, als würde alles Equipment aus der Ära stammen. Es war die Grundidee, dem Ganzen einfach einen Sechziger-Touch verpassen. Es war eine interessante Situation für mich als Produzent, sich so eine Aufgabe zu stellen.

Musstet ihr dafür speziell nach Equipment suchen?
Nein, überhaupt nicht. Das Album wurde in den Toe Rag Studios aufgenommen, das ist ein rein analoges Studio. Der Besitzer hatte das Ziel, ein komplettes Studio aus den Sechzigern nachzubauen. Es ist wie ein Museum (lacht). Ich musste also nicht nach Equipment suchen. Das ist ein ganz schön teures Hobby.

Wo ist dieses Studio?
In East-London, da haben die White Stripes Elephant aufgenommen. Später kamen dann unglaublich viele Garage-Rock-Bands, um auch dort aufzunehmen.

Also wusstet ihr schon, dass ihr eine Art Sechziger-Album macht, bevor ihr entschieden habt, in dieses Studio zu gehen?
Ich glaube, diese ganzen Ideen sind gleichzeitig entstanden. Natürlich habe ich mich zuerst hingesetzt und die Songs auf der Gitarre geschrieben, um zu lernen, wie man sie spielt. Aber ich wusste, in welche Richtung es gehen sollte und dass die Songs erst mal fertig geschrieben sein müssen, um sie dann auf diese Art und Weise im Studio aufzunehmen.

Anzeige

Du hast vorhin gesagt, dass du viele alte Platten deiner Eltern besitzt. Was hast du für musikalische Erinnerungen an deine Kindheit?
Ich kann mich an einige Platten erinnern, die meine Eltern gespielt haben. Als ich klein war zum Beispiel Pet Sounds von den Beach Boys oder A Hard Day’s Night von den Beatles. Solche Sachen habe ich früher oft gehört. Ich erinnere mich, zu der Zeit in einem Raum gesessen und Lego gespielt zu haben oder ähnliches. Diese Erinnerungen verbinde ich aber nicht unbedingt mit einer speziellen Band oder so.

Wie hat das mit der eigenen Musik angefangen?
Ich habe mit Schlagzeug spielen angefangen. Damals hatte man in englischen Schulen für ein paar Monate das Recht auf Musikstunden. Mit zehn habe ich Cello gespielt, das war aber einfach überhaupt nicht mein Ding. Keine Ahnung, warum ich mir das Cello ausgesucht habe. Dann kam dieser Schlagzeuglehrer in die Schule, und ich wusste sofort, dass das perfekt für mich wäre. Ich habe augenblicklich ein Talent für dieses Instrument entwickelt und dachte sofort „Wow, das ist das Richtige für mich“.

Hast du dann angefangen, in einer Band zu spielen?
Und zwar sofort! Ein Freund von mir spielte Gitarre, also haben wir uns zusammengetan, um richtig viel Lärm zu machen. Danach bin ich in die Schulband eingetreten. Wir waren echt gut und sehr leidenschaftlich. Ich war 15 Jahre alt und konnte mir damals schon vorstellen, den Rest meines Lebens so zu verbringen. Es hat mir sehr viel bedeutet, in der Band zu spielen. Dann ging einer der Jungs zur Uni. Ich war am Boden zerstört. Also fing ich an, Songs auf einem Sampler zu machen, habe mir einen Computer besorgt, und selber Musik gemacht, als die Band sich auflöste. So fing alles für mich an.

Anzeige

Was hat die Band denn für Musik gespielt?
Der Sound war sehr von dem der Beatles beeinflusst. Ziemlich poppige Gitarren-Musik. Es war wirklich gut.

Haha, du hast dich musikalisch also kaum verändert.
Haha, nein nicht wirklich.

Metronomy gibt es eigentlich schon ziemlich lange, aber zumindest hier in Deutschland kam der Durchbruch erst mit dem letzten Album, das ein großer Erfolg war. Hat das viel daran geändert, wie du nun die Arbeit am neuen Album begonnen hast?
Ich merke davon ehrlich gesagt nichts. Natürlich war das letzte Album erfolgreich, aber das hatte keinen besonders großen Einfluss auf mein Leben. Ich wurde nicht plötzlich zum Star. Für mich war das Wichtigste immer, Musik zu machen. Wenn man ein Album rausbringt, Leute es mögen und es erfolgreich ist, wird einem klar, dass ab sofort noch mehr Leute deine Musik hören werden. Das sorgt zwar in gewisser Hinsicht für mehr Druck, aber Druck sollte immer da sein. Nur weil man ein erfolgreiches Album rausgebracht hat, heißt das noch lange nicht, dass man nicht immer wieder versuchen sollte, ein gutes Album zu machen. Sonst hast du in der Musikwelt nichts verloren. Für mich ist es immer sehr aufregend, ein neues Album rauszubringen. Ich bin gespannt darauf, was die Leute von der neuen Platte halten—bin mir aber sicher, dass sie glücklich sein werden.

Wurde versucht, dich zu beeinflussen, was die Richtung des Albums angeht? Leute vom Label zum Beispiel?
Nein, ich konnte machen, was ich wollte. Die haben mich gesigned, als ich noch Instrumentals gemacht habe und hätten sich nie vorstellen können, dass meine Karriere zu dem wird, was sie heute ist. Sie unterstützen mich sehr und glauben an mich. Mein Label hat nie etwas getan, um mich zu verärgern.

Anzeige

Haben sie nie versucht, dir ein Skrillex-Feature einzureden?
Nein, nein … Aber das ist eine gute Idee (lacht). Nein, die Leute, die das Label betreiben, sind so drauf wie ich—sie haben Geschmack. Also denke ich nicht, dass wir jemals mit Skrillex zusammenarbeiten werden.

Hattest du schon ein paar Songs, als du begonnen hast, am Album zu arbeiten?
Es gibt immer ein paar Ideen, die noch vom vorigen Album stammen. Die Idee zu „Never Wanted“, ein Song auf unserem neuen Album, hatte ich bereits, als wir an unserem letzten Album The Englisch Riviera gearbeitet haben. An „I’m Aquarius“ habe ich eine ganze Zeit lang gearbeitet. Ich habe diesmal aber wirklich versucht, mit sehr vielen Songs ins Studio zu gehen. Immer wenn ich einen freien Tag hatte, habe ich versucht, zu Hause ein paar Songs zu schreiben. Viele Ideen kamen bereits, als wir die Tour für The English Riviera hinter uns hatten.

Also schreibst du alleine.
Es gibt immer Entscheidungen, die man als Band trifft. Wir haben die Tracks zusammen als Band eingespielt, und Dinge wie die Länge der Songs miteinander besprochen. Außerdem war Oscar bei diesem Album so gut wie immer mit im Studio. Aber Schreiben, das mache ich alleine.

Hast du das Album auch produziert?
Ja, zusammen mit einem Typen namens Ash Workman. Er war der Tontechniker für unser letztes und auch für dieses Album. Das Studio in dem wir aufgenommen haben ist, wie gesagt, sehr alt. Ich hatte keine Ahnung wie man das Equipment benutzt. Er konnte es, also haben wir entschlossen, dass er Ko-produziert.

Anzeige

Hast du mal darüber nachgedacht, mit einem richtig bekannten Produzenten wie Brian Eno zu arbeiten?
Brian Eno (lacht)? Ich habe darüber nachgedacht, aber dann wurde mir klar, dass ich schon drei Alben aufgenommen habe und das genau das ist, was ich schon immer wollte. Das stand schon immer auf meiner Liste. Jetzt, wo ich das getan habe, bin ich offener geworden, was die Zusammenarbeit mit anderen Produzenten angeht. Es gibt definitiv Dinge, die andere besser können, als ich. Es wäre interessant zu sehen, wie so eine Zusammenarbeit über die Bühne geht. Aber ich würde nicht nach Leuten wie Brian Eno suchen. Ich würde eher Leute wollen, die auf dem Kendrick Lamar-Album produziert haben. Mehr Beats. Das mag ich, weil ich damals auch mit angefangen habe, Beats in meinem Schlafzimmer zu machen. Leider bin ich damit aber nicht mehr richtig up-to-date.

Auf Love Letters sind sehr viele tolle Melodien. Manchmal habe ich allerdings das Gefühl, die Melodien bereits zu kennen, weiß aber nicht woher …
Die sind alle geklaut (lacht). Nein, Quatsch. Aber ich weiß, was du meinst. Das passiert mir sogar selbst, wenn ich Songs schreibe. Ich komme auf eine Melodie und denke: „Moment, es kann nicht sein, dass mir eben diese Idee gekommen ist, das muss jemand anderes schon gemacht haben, ich muss das schon irgendwo gehört haben“. Also verbringe ich viel Zeit damit herauszufinden, von welchem Song ich diese Idee eventuell geklaut haben könnte. Das Beste da dran ist: Diese Songs werde ich nie finden. Man hat einfach Glück, wenn einen eine gute Idee überkommt. Als ich „I’m Aquarius“ geschrieben habe, war ich davon überzeugt, von irgendwo den Refrain gestohlen zu haben. Das passiert. Aber es ist auch ein gutes Zeichen, wenn du bei einem neuen Song das Gefühl hast, ihn bereits zu kennen.

Anzeige

Apropos klauen: Der Song ist eine Anspielung auf den Song „Aquarius/Let The Sunshine In“ von The Fifth Dimension, oder?
Ja, klar. Aber ich denke, das liegt vor allem am Wort „Aquarius“.

Das Wort „Aquarius“ taucht eher selten in der Geschichte der Popmusik auf.
Das ist wie bei Timbaland und Nelly Furtado. Er hat diesen Nelly Furtado-Song „Maneater“ produziert. Es gibt aber auch einen Hall & Oates-Song, der „Maneater“ heißt. Ich fand die Idee brillant, sich von einem Stück Pop-Geschichte inspirieren zu lassen. Jeder wird sofort zu Timbaland sagen, „Cool, du hast das von dem Hall & Oates-Song“ und natürlich weiß er das. Aber man kann sich diesen Spaß mit der Popmusik-Geschichte machen, das ist cool. Bei „I’m Aquarius“ ist es ähnlich: Natürlich war die Idee dahinter, eine Verbindung zu einem Song wie „The Age of Aquarius“ aufzubauen. Das ist nicht klauen, das ist ein Spiel. Irgendwann werden bestimmt noch mehr Leute einen Song mit „Aquarius“ machen. So entsteht daraus eine eigene Geschichte.

Metronomys neues Album Love Letters könnt ihr bei Amazon oder iTunes kaufen.

**

Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.


MEHR VON NOISEY

Metronomy—„I'm Aquarius“ (Offizielles Video)

Hier ist das neue, außerirdische Video von Metronomy.

Metronomy überfordern uns maßlos

Erst die gute Nachricht: Neues Material von Metronomy. Die schlechte: Sie machen es euch nicht leicht, da ranzukommen.

Die schlimmsten Sachen, die Pharrell Williams je gemacht hat

Man muss sich immer wieder verdeutlichen, dass er auch nur ein Mensch ist. Und wie jeder andere Mensch, war nicht alles perfekt, was er angefasst hat. Hier sind Pharrells Worstest Hits.