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Meet & Greets sind ein trauriges Relikt aus den Großzeiten des Rock’n’Roll

Update: Früher verlangte Justin Bieber 2000 $ für ein Selfie, heute sagt er Meet and Greets komplett ab. Grund: sie machen ihn depressiv. Verständlich, uns auch.

Manchmal reicht es nicht, seinen geliebten Musiker nur auf der Bühne stehen zu sehen. Manchmal ist das tiefe Bedürfnis, ihm näher zu sein als 99% der anderen bescheuerten Zuschauer, einfach zu stark und der Kontostand zu hoch. Dann wird die ohnehin schon stolze Summe für ein Konzertticket mit glänzenden Augen von einem noch viel besseren Kauf getoppt: VIP-Tickets. Damit kann man dann nicht nur viel früher zur Location und sich die besten Plätze ganz vorne am Absperrgitter absichern, sondern darf seinem Star exklusiv im Backstage näher kommen—da wird doch die Hose eng. Oder nass, je nachdem.

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Allein der Gedanke packt das Fan-Gehirn, dribbelt damit Richtung Korb und versenkt es im Mülleimer schräg dahinter bei der Parkbank, die komplett von Vögeln zugeschissen wurde—in der Fantasie schreitet der Fan durch die langen Gänge der Konzerthallen-Katakomben, das VIP-Ticket fest in der schweißnassen Hand umklammert betritt er schließlich einen venezianischen Ballsaal, in dem das Idol schon mit gespreizten Beinen sehnsüchtig auf ihn wartet… Nun, für solchen Albernheiten hat die Realität nur ein höhnisches Lachen und eine Faust in den Kehlkopf übrig.

Meet & Greets sind nämlich weniger Fan-Service, um irgendwelchen Träumern ihre innigsten Wünsche zu erfüllen, sondern knallharter Teil des Geschäftsmodells Tournee. Warum tausenden Käufern nur 100€-Tickets aus den Rippen leiern, wenn es obendrauf genug Trottel gibt, die so viel mehr für ein Stück vom Himmel bezahlen würden? Eine ganze Gruppe Hardcore-Fans in einen kahlen Raum laden, eine halbe Stunde lang den Star reinschieben, der macht ein paar Fotos, gibt ein paar Autogramme, beantwortet ein paar Fragen und das war es—Business, Bitch.

A photo posted by Josh Helfgott (@joshhelfgott) on Nov 19, 2015 at 8:04pm PST

Eigentlich müsste jeder wissen, dass in der kalten Welt der Musikindustrie auch Musiker chronisch unterkühlt sein und absolut kein Bock auf ein Fantreffen haben könnten. So zum Beispiel Demi Lovato, die letztens nach einer solch aufgezwungenen Zusammenkunft wohl erleichtert den Kopf gegen die Wand geschlagen haben soll—sagt jedenfalls ein noch anwesender Fan. Und was war das mit Avril Lavigne? Immerhin hat sich doch jeder über das ehemalige Pop-Punk-Sternchen aufgeregt, die 400$ für Backstage-Pässe inklusive Foto verlangte und die Fans eine großzügige Armlänge von ihr entfernt stehen mussten—die Bilder waren erwartungsgemäß so gruselig wie ein sanft schnarchender Chad Kroeger.

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Okay, es sind nicht alle so leidenschaftslos wie Avril, bei Rihanna oder Taylor Swift darfst du dich beispielsweise auf Selfies mit sehr viel Körpereinsatz freuen (die wissen schließlich, was sich als PR-Profi gehört), aber was bekommst du denn ansonsten für die horrenden Summen? Bei den kostümierten Metalheads von Slipknot wirst du als stolzer Besitzer eines 300€-VIP-Tickets als 30-köpfige Gruppe in einen großen Raum geführt, dann kommt ein Bandmitglied und spricht der Reihe nach kurz mit euch, macht Fotos und verschwindet wieder, um von seinem Bandkollegen abgelöst zu werden. Auf der neuen Justin Bieber-Tour kannst du dir für 2000$ einen exklusiven Selfie mit dem Halbgott kaufen, für 925$ reicht es dann nur für ein Gruppenbild mit anderen mittellosen Beliebern.

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Justin Bieber kommt! Unter Allen, die bis Dienstag 10 Uhr dieses Posting kommentieren, verlosen wir ein Treffen mit ihm!Teilnahmebedingungen: http://nrj.de/9z42p03Update: Teilnahme ab 14 Jahren

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Radio ENERGY

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Sonntag, 13. September 2015

Natürlich sind Fotos nicht alles, jeder Käufer darf sich in der Regel auch über Goodies wie CDs, Poster und anderes Merch freuen und die Show von einem abgetrennten Bereich genießen. Und oftmals verlosen Radiosender Meet & Greets, auf denen du auf deine Kosten kommst, ohne den Ehering deiner Mutter auf Shpock zu verschachern. Trotzdem werden diese Treffen immer einen schalen Beigeschmack haben, wie das Bier von der Party letzte Woche, dass irgendein Vollidiot zwischen Couch und Wand gestellt hat und du in all deiner Unbedarftheit gerade neugierig trinkst. Die großen Zeiten des Rock’n’Roll sind eben vorbei, die übermenschlichen Stars durch Social Media sowieso schon entmystifiziert. Wenn du danach gierst, kannst du den ganzen Tag nur Videos und Fotos deiner Idole anschauen und sie so zu einem treuen Begleiter deines Lebens machen. Willst du dir das mit einem persönlichen Aufeinandertreffen, bei dem du nur deinen Puls in den Ohren hören, deinen Schweiß riechen und den dich verachtenden Blick sehen wirst, wieder kaputtmachen? Die Antwort auf die Frage lautet für jeden echten Fan: Ja, verdammt.