FYI.

This story is over 5 years old.

Features

Leise rieselt der Schnee—auch an Silvester

Gruselt ihr euch auch schon vor der Musik heute Abend? Lasst sie doch einfach weg. Glaubt mir, das ist besser!

Ihr plant schon seitdem die ersten Lebkuchen in den Discounter-Regalen liegen die große Silvesterparty und stellt im Schweiße eures Angesichts diverse Playlists zusammen? Vergesst es. Es ist komplett egal, wie gut die Musik zur Feierstimmung, den geladenen Gästen oder eurer neuen Neon-Leggins passt. Niemand wird es zu schätzen wissen und mindestens 15 Prozent eures Freundeskreises werden euch hassen.

Anzeige

Ich bin mittlerweile an einem Punkt in meinem Leben angekommen, an dem ich es für die sozialpädagogisch klügste Variante halte, bei Homepartys keine Musik mehr laufen zu lassen. Das gilt auch für Silvester. Klingt langweilig, verschroben und irgendwie nach lorioteskem Scrabble-Abend? Falsch. Es ist die einzige Möglichkeit, musikalisch wenig homogene Gesellschaftsgruppen davon abzuhalten, sich mit fortschreitendem Alkoholkonsum gegenseitig zu zerfleischen. An dieser Stelle möchte ich etwas weiter ausholen.

Als ich noch jung, beruflich auf dem aufsteigenden Ast und mit wesentlich splissfreierem Haupthaar gesegnet war, hat es zu meinen Hobbys gehört, uneingeladen auf den Silversterfeiern/Homeparties/veganen Kochabenden pastellfarbengekleideter Kulturwissenschaftsstudenten aufzutauchen, den Laptop in Beschlag zu nehmen und den kompletten Abend meinem Musikgeschmack zu unterwerfen. Vom Dragon Ball Z-Intro bis hin zu den Störgeräusch-schwangeren All Time Favorites von Taktloss war ungefähr alles dabei, was man als psychisch gesunder Mensch überhaupt nur scheiße finden kann – während ich nach wie vor der Meinung bin, in meiner Liederauswahl unerreicht anbetungswürdig zu sein.

Jetzt bin ich älter und vom Leben gezeichnet, die Musikproblematik ist aber dieselbe geblieben. Was sollte im Hintergrund laufen, wenn sich in einer Ecke des Raums die Kiffer gegenseitig dümmlich zulächeln, die Alkoholiker wütend über irgendein politisch inkorrektes Thema debattieren, der obsolete Kokser auf der Suche nach einer geeigneten Unterlage alte CD-ROM-Hüllen inspiziert und die abstinenten Gäste wie immer keinen Spaß haben und sich ausrechnen, ob sie noch Zeit für Köfte haben, bevor die nächste Bahn kommt? Electro? Irgendwas Nichtssagendes von einer Flux-FM-Indieband? Oder ist es doch an der Zeit, die guten alten Gang Starr-Platten unterm Bett hervorzukramen? Da es nicht möglich ist, irgendetwas zu finden, womit alle zufrieden sind, solltet ihr zumindest eine Sache beachten: Schaltet niemals, aber wirklich niemals, euren Laptop an.

Anzeige

Das Internet mit all seinen Möglichkeiten macht aus uns allen nämlich den beschissensten DJ der Welt. Während man selbst mit Tränen in den Augen und vollkommen ergriffen vom eigenen Musikgeschmack seine All-Time-Favorites Youtubeplaylist durchlaufen lässt, kocht nach und nach selbst im friedfertigsten Heino-Fan der Hass hoch. Und die Gewissheit, dass nichts wichtiger ist, als auch „mal ganz kurz nur einen Song“ zeigen zu müssen. Spätestens dann habt ihr selbst als durchorganisiertester Gastgeber der Welt die Kontrolle über den weiteren Abend komplett verloren und könnt nur hoffen, dass bei der Schlacht ums Touchpad weder Mensch noch Maschine zu Schaden kommen.

Wie viel schöner und heimeliger lassen sich gesellschaftlich akzeptierte Silvesterbeschäftigungen wie „Dinner for One“-Gucken, Bleigießen oder Drogen von den primären und sekundären Geschlechtsteilen betrunkener Gäste konsumieren auch in Szene setzen, wenn im Hintergrund nichts läuft. Stille. Und leise rieselt der Schnee.

**

Folgt Noisey bei Twitter und Facebook für tägliche Updates über eure Lieblingsmusiker.


MEHR VON NOISEY

Noisey präsentiert: Die Jahrescharts 2012

Es kann nur eine einzig wahre Top 50 des Jahres 2012 geben: diese.

Die dreizehn besten Pop-Punk Weihnachtssongs aller Zeiten

Ja, auch Skrillex alte Band ist auf dieser Liste.

Das Jahr aus der Sicht von jemanden, der auf alles scheißt: Lil B

Wie der Young #Based God sein Jahr rumgebracht hat.