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Laura Jane Grace gibt Ratschläge für transsexuelle Eltern

Du oder dein Partner wollen einen Geschlechtsanpassung vornehmen lassen? Die Against Me! Frontfrau gibt Beziehungs- und Elternratschläge.

In Mandatory Happiness greift die Against Me! Frontfrau Laura Jane Grace tief in den virtuellen Postsack und beantwortet einige eurer Fragen. Du hast eine Frage an Laura? Du brauchst Ratschläge zum Leben, zur Liebe oder zur Musik? Dann schick sie an und sie wird einige davon auf unserer Seite beantworten. Die Fragen werden alle vertraulich behandelt und falls gewünscht wird dein Name auch nicht genannt.

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Liebe Laura,

ich bin 27 und transsexuell. Ich habe eine achtjährige Tochter und große Angst davor, ihr zu sagen, dass ich eine vollständige Transition plane—vor allem, weil sie ihren Vater verlieren wird und wir eine tolle Bindung haben, die ich nicht aufgeben möchte. Ich und ihre Mutter, die mich quasi hasst, sind nicht mehr zusammen. Hast du irgendeinen Rat, wie ich ihr das sagen kann? Ich weiß, dass du schon ähnliche Sachen durchgemacht hast.

Ich kenne diese Angst zu gut, dass du in irgendeiner Form den Anspruch auf deinen Vaterstatus aufgibst. Aber du kannst es doch nennen, wie du willst—dein DNA-Beitrag zu ihrer Zeugung ist durch nichts mehr veränderbar oder umkehrbar. Sie wird immer deine Tochter sein.

Auch ich bin nicht mehr in einer Beziehung mit der Mutter—ich kann das also gut nachvollziehen. Die Mutter meiner Tochter und ich trennten uns, als ich mich etwa ein Jahr im Angleichungsprozess befand. Schon als wir noch zusammen waren, hatte ich große Angst, dass die Veränderungen an mir mich von meiner Tochter entfremden und sie mich eines Tages nicht mehr akzeptieren würde. Diese Ängste ließen auch nicht nach, als wir uns trennten—vor allem nicht als die Mutter anfing, mit anderen Männern auszugehen. Man fragt sich dann unweigerlich, während man sich selber immer weiter von dem traditionellen Vatermodell entfernt, ob dich nicht einer dieser Männer im Leben deiner Tochter irgendwann komplett ersetzen wird. Das ist ein verdammt beschissenes Gefühl.

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Wenn es dir aber so geht wie mir, dann hast du einfach keine andere Wahl. Es stellt sich nicht die Frage, ob du diese Geschlechtsangleichung möchtest oder nicht. Wenn deine Lebensfreude massiv davon abhängt, diese Wahrheit über dich zu akzeptieren und dich auf den Weg zu begeben, auf den dich die Transition vielleicht führen wird, dann ist das eben so. Ich weiß auch nicht, was am Ende passiert.

Mein Freund Cory Branan singt in einem seiner Songs: „How 'bout you wait and see just what you regret until we get what we get.”

Für ein paar Jahre kann es alles ziemlich beschissen sein. Meine persönliche Hoffnung ist die, dass ich in der Welt einfach da draußen mein Bestes geben, mich auf schöne Dinge konzentrieren und mit positiven Menschen umgeben werde—dass mein persönliches Wohlbefinden stark genug sein wird, um mir die Kraft für die Irrungen und Wirrungen des Elterndaseins zu geben—dass ich die Kraft haben werde, meiner Tochter zu versichern, wie sehr ich sie liebe und wie sehr ich darum kämpfen werde, auch weiterhin in ihrem Leben eine Rolle zu spielen.

Alle Eltern versauen es irgendwie irgendwann. Du wirst es versauen. Ich werde es versauen. Scheiß doch drauf! Zeig ihr deine bedingungslose Liebe, egal was kommt, und ich bin mir sicher, dass sie diese erwidern wird.

Liebe Laura,

mein_e Partner_in ist genderqueer, aber ich kann mir vorstellen, dass er_sie in Zukunft die Transition durchführen wird. Und auch wenn ich möchte, dass wir zusammenbleiben, mache ich mir Sorgen, dass ich diesen Menschen irgendwann nicht mehr attraktiv finden werde, da ich mich als lesbisch definiere und befürchte, mich in einer Heterobeziehung wiederzufinden. Wir haben darüber auch schon gesprochen und auch wenn wir uns darauf geeinigt haben, dass die Zukunft vielleicht doch nicht so sicher ist, wie wir zuvor geglaubt haben, weiß mein_e Partner_in, dass er_sie sich auf meine Liebe und meine Unterstützung verlassen kann. Und trotz der Ängste weiß ich, dass ich diesem Menschen gegenüber immer die gleiche Liebe empfinden werde, da er die gleiche Person bleiben wird—es sind ja nur die Äußerlichkeiten, die sich ein wenig ändern. Ich mache mir nur Sorgen, dass ich die körperliche Anziehung verlieren werde. Die ist nicht alles in einer Beziehung, aber macht natürlich trotzdem was aus.

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Vielleicht machst du dir ein paar Gedanken zu viel. Ich würde mich wundern, wenn dein_e Partner_in einen festen, in Stein gemeißelten und unumstößlichen Plan hat, wie sie_er, von wer er_sie gerade ist, zu wer sie_er sich entschieden hat, zu werden, zu kommen—sollte er_sie sich tatsächlich dazu entschieden haben, die Transition zu wollen. Es ist ja anscheinend noch nicht ganz klar, ob eine Geschlechtsangleichung überhaupt gewünscht ist.

Sei aber vorsichtig, dass du kein Umfeld erschaffst, in dem dein_e Partner_in das Gefühl bekommt, er_sie müsste eine Entscheidung treffen, bei der sie_er eine Sache für die andere Opfern müsste—dass, sollte sich diese Person für die Transition entscheiden, sie dich verlieren würde.

Sollte sich dieser Mensch für die Transition entscheiden, wird er sich definitiv verändern. Aber weder du, noch er kann wirklich voraussehen, welchen Effekt diese Veränderungen haben werden.

Wovon fühlst du dich denn bei ihm_ihr so angezogen? Ihren_seinen Lippen? Die werden danach noch genau so schmecken. Die Krümmung seines_ihres Schlüsselbeins? Dein Kopf wird sich auch in Zukunft an den gleichen Schultern anlehnen können,

Ich kenne euch beide nicht, also kann ich auch nicht sagen, warum eure Beziehung gerade funktioniert. Ich habe letztens mit einem Freund über Listen gesprochen—darüber, sich Listen mit Gründen zu machen, warum man etwas will. Wenn die einzige Sache in deiner Liste Sex ist, dann könnte das durchaus einiges für euch ändern. Die Art, wie ihr miteinander fickt, ändert sich vielleicht—und wird sie auf jeden Fall, sollte sie_er sich für eine Geschlechtsoperation entscheiden. Sex ändert sich allerdings auch im Laufe jeder Beziehung. Am Anfang ist er vielleicht heiß und intensiv, irgendwann findet ihr die Positionen, in denen ihr es gut miteinander treiben könnt, bis das Ganze dann nur noch funktional ist. Wenn ihr dann weiter daran arbeitet und plötzlich einen Durchbruch habt—ihr entdeckt zum Beispiel die Vorzüge von BDSM oder satanischen Sexritualen für euch—, dann seid ihr wieder Feuer und Flamme füreinander—bis das dann irgendwann auch wieder langweilig wird.

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Bist du noch jung und nicht gerade auf eine langjährige Beziehung aus, dann überleg einfach, wie die Situation wäre, wenn die Rollen vertauscht wären. Was wäre, wenn sich plötzlich eine deiner, dich definierenden sexuellen Charakteristika ändern würde? Eine von Krebs befallene Brust, die entfernt werden muss, dein Gesicht, das durch Unfall entstellt wird. Dein ganze Leben kann sich an nur einem Tag komplett ändern.

Wenn du noch jung bist und nicht gerade auf eine langjährige Beziehung aus bist, dann mach dir keine Sorgen. Ihr werdet euch wahrscheinlich so oder so irgendwann trennen und Trennungsgrund in cis-normativen Beziehungen lässt sich oftmals auf ein, ‚„wir fühlten uns einfach nicht mehr zueinander hingezogen“, runterbrechen.

Habt einfach Spaß miteinander, bis es keinen Spaß mehr macht—dann könnt ihr euch trennen.

Und selbst wenn du ursprünglich eine Ehe-ähnliche Bindung wolltest, in der ihr gemeinsam durch Dick und Dünn geht, dann macht einfach weiter damit. Habt einfach Spaß miteinander, bis es keinen Spaß mehr macht, ihr den Scheitelpunkt erreicht habt, alles gegeben habt, was ihr konntet und trennt euch. Das war nämlich alles, was eure Liebe ausgemacht hat. Ist das jetzt zu negativ?

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