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Interviews

Kraftklub lieben es, alle zu verarschen

Das neues Album ,In Schwarz‘ erscheint heute und selbstverständlich ist alles noch wie vor zwei Jahren.

Foto: Christoph Voy

Kraftklub haben schon auf ihrem Debüt immer wieder die Schwingkeule ausgepackt und dir in die Nase gepfeffert, bevor du überhaupt den Mund aufmachen konntest, um sie zu kritisieren. Sich als deine Lieblingsband zu positionieren, diejenigen zu verarschen, die jeder gern verarscht (auch wenn man selbst dazugehört), oder den Klischee-Spieß umzudrehen, war offenbar ihr neues Erfolgsrezept, denn in kürzester Zeit wurde Kraftklub zu einer der erfolgreichsten Bands und dem Liebling vieler geworden. Jetzt, fast zwei Jahre später, sind sie mit ihrem zweiten Album In Schwarz zurück und packen natürlich wieder ihre Ironie-Keule aus.

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Es ist allerdings keineswegs so, dass die fünf Jungs mit ihrem schwungvollen Gestus jemanden weh tun möchten, es ist auch nicht so, dass sie jemanden beleidigen wollen (auch wenn das ab und zu mal passiert) oder ihre Songtexte als allgemeingültige, unumwerfbare Wahrheiten verstehen. Kraftklub finden die Welt einfach zu absurd, als dass sie sich nicht darüber lustig machen könnten. So erlebt man sie auf ihrem neuesten Werk, das am heutigen Freitag erscheint, wieder in alter Kraftklub-Manier. Und auch in unserem Interview vor ein paar Wochen traten Felix und Till gewohnt schlagfertig, lustig und zwischendurch auch wütend auf. Zum Glück ist Bassist Till aber sehr friedfertig, sonst wäre zum Ende hin vielleicht noch mal die Schwingkeule oder ein paar Fäuste geflogen.*

Noisey: Ich habe euer Album eben das erste Mal gehört. Ich finde es ja sehr schwer, ein Album nach einem Mal Hören zu beurteilen.
Felix: Da haben wir auch gerade drüber geredet, das ist echt ziemlich sportlich für Musikjournalisten, ein Album zu hören und dann gleich dazu Fragen zu stellen.
Till: Das ist gemein.
Felix: Deswegen Hut ab, dass ihr das so hinkriegt.

Ja, schauen wir mal. Darf sich überhaupt noch jemand das Album anhören, bevor es rauskommt? Oder gibt es eine Gleichberechtigung mit den Fans?
Nein, du kannst morgen gern ins Büro kommen und es dir anhören, wenn du möchtest. Du darfst es nur nicht besitzen, erst, wenn es alle besitzen.
Till: Das ist wie, wenn man sich das Harry Potter-Buch nicht kaufen will, weil es so teuer ist, und dann jeden Tag in einen Buchladen geht, um es zu lesen.

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Hast du das so gemacht?
Ja.

Ich habe dunkel in Erinnerung, ihr hättet mal gesagt, dass man beim zweiten Album eigentlich nur alles falsch machen kann, weil sowieso jeder enttäuscht ist. Ist das etwas, was euch eher entspannt oder unter Druck gesetzt hat?
Nein, schon eher entspannt. Du machst entweder dasselbe und es ist scheiße deswegen oder du machst was anderes und es ist deswegen scheiße. Natürlich kannst du dich extrem unter Druck setzen, aber trotzdem hast du ja keine Wahl, das gleiche oder was anderes zu machen. Wir haben dann einfach das gemacht, was unser Ding ist, und das ist jetzt das Album.

Habt ihr bewusst etwas verändert?
Felix: Nein, eben nicht. Wir haben einfach weiter Musik gemacht. Nachdem wir so viel gespielt und die alten Songs rauf und runter gedüdelt haben, hatten wir einfach Bock, im Proberaum zu stehen und nicht schon wieder das Set zu proben, sondern was Neues zu machen. Dann haben wir uns aber nicht Vorsätze gemacht, uns an den Tisch gesetzt und darüber geredet, was für eine Richtung das jetzt nehmen soll. Sondern irgendeiner hat ein Riff gespielt, der andere hat dazu Schlagzeug gespielt, Till hat Bass gespielt und wenn es irgendwann gut klang, habe ich es mir aufnehmen lassen und auf’s Handy gespielt und dann einen Text geschrieben. So sind die Songs weitestgehend entstanden. Dass Druck entstanden ist, kam jetzt erst mit den Interviews, dass es uns richtig bewusst geworden ist. Also das soll jetzt nicht dich diskreditieren, aber jede zweite Frage ist immer die.

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Ist ja auch eine logische Frage.
Ja klar und dann ist uns eben erst bewusst geworden, dass wir gerade unser zweites Album gemacht haben und alle werden schauen, wie das im Vergleich zum ersten ist, und es nicht als einzelnes Album sehen. Es werden immer alle sagen, „Das erste Album fand ich cool oder okay oder scheiße und irgendwie ist das zweite Album ist im Vergleich so und so.“ Aber so haben wir ja nicht die Musik gemacht, wir haben ja nicht zu jedem Song ein Pendant gemacht.

Trotzdem kann man sich als Künstler zum Beispiel überlegen, „Beim ersten Album habe ich das gemacht, beim nächsten Album habe ich Bock, etwas anderes machen und mich in eine andere Richtung entwickeln.“
Das kann man sicherlich machen, wenn man ein Konzeptkünstler ist oder so. Aber das ist nicht so unsere Sache, wir mögen es eher so. Es ist eh schon relativ schwierig, die Musik zu machen, auf die wir uns zu fünft alle einigen können, und das ist eben die Musik. Kraftklub ist die Musik von fünf Leuten, die auch alle ganz viele andere Musik hören, die alle gut finden. Vielleicht verschiebt sich das irgendwann und wir finden alle Folk voll gut und dann wird das Album vielleicht folkiger. Oder wir haben eine Reggae-Phase, wo wir alle auf Reggae stehen. Das Ding ist, da es fünf Leuten gefallen muss, ist es mit so radikalen Änderungen schwierig. Es muss ja allen Spaß machen.

Ich erinnere mich auch daran, dass du mal erzählt hast, dass Karl eine Metal-Phase hatte und nur noch Kreator-Riffs rausgehauen hat und du nicht so viel damit anfangen konntest.
Till: Nicht nur Karl (grinst).
Felix: (lacht) Ja, es gibt auf dem Album eine ganze Menge von diesen Sachen, bei manchen Songs hört man es vielleicht eher raus. Wie bei „Deine Gang“, wo man eindeutig hört, wir haben in der Zeit viel Glamrock gehört. Bei anderen kriegen wir es eher mit, dass es aus der einen Phase stammt, wo wir eher diese Musik im Proberaum oder auf Tour gehört haben, aber generell klar.
Till: Es ist ganz gut, dass uns die Best of 94-CD nicht so geprägt hat wie andere Künstler.
Felix: Aber nur weil jemand Kreator gut findet, heißt es nicht, dass er auch Kreator-Musik machen muss. Aber das bei irgendeinem Song ein kleines Riff drin ist, wo wir dann wissen: „Mhm, der hat hier ein bisschen viel Kreator gehört.“ Das ist ja auch irgendwie lustig. Außerdem mit so kleinen Referenzen und kleinen Zitaten spielen wir eh sehr gern. Wir haben überall so kleine Sachen versteckt.

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Ihr habt einen sehr schönen Forever Alone-Song auf dem Album. Warum heißt der Titel denn dann „Für immer“ und nicht „Für immer alleine“? War das dann doch zu traurig?
Die Titelfrage ist immer so eine Sache, das weiß ich auch immer nicht so genau, warum wir das so machen. Aber wir mögen es nicht, wenn das schon alles sagt. Wenn man was geschrieben sieht, ist es ja anders, als wenn man es hört. Und wenn man geschrieben schon alles verrät, dann finde ich das immer ein bisschen blöd. Deswegen „Für immer“. Oder „Wegen dir“ heißt ja auch eigentlich „Alles wegen dir“. Ich weiß gar nicht, warum da noch „Alles“ davor steht, aber finde ich gut (lacht).

Kannst du besoffen gut Texte schreiben?
Selten. Aber es ist schon oft vorgekommen, dass ich besoffen irgendwelche Ideen hatte, die aufgeschrieben habe und kurz davor war, alle anzurufen und zu sagen: „Ich habe den Song des Jahrhunderts geschrieben.“ Zum Glück habe ich aber bis zum nächsten Morgen gewartet und gemerkt: „Gut, ist nur solide, ganz so weltverändernd ist es dann doch nicht.“
Till: Ich habe letztens mein Tourtagebuch wieder gefunden, das ich nur betrunken geschrieben habe. Das ist übelst witzig, ich muss unbedingt wieder damit anfangen. Das ist wild, wenn man es danach nüchtern liest und auch noch ein Jahr später. Das hätte wirklich auch eine andere Person schreiben können (lacht).

Ihr habt euch ja einen kleinen Witz erlaubt mit In Schwarz und „Hand in Hand“. Sind das für euch Glücksgefühle, wenn ihr jemanden verarschen könnt?
Till: Auf jeden Fall. Es ist ja auch kein fieses Verarschen, wo dann einer in einen Topf voller Scheiße reintritt. Gerade bei der Verarsche konnte ja jeder danach sagen, wir haben das gewusst und nur mitgemacht. Von daher wurde eigentlich niemand richtig reingelegt, außer die, die es zugegeben haben, und die hatten ja scheinbar kein Problem damit. Wir wissen ja, wer reingefallen ist.
Felix: Es ist aber auch ein bisschen lustig, die ganzen Klugscheißer zu veräppeln, die immer schon alles wissen. Irgendwelche Musikjournalisten, die immer sagen: „Das wusste ich eh schon. Das war ja eindeutig zu erkennen, dass Till da tanzt.“ Nein, der hat gar nicht im Video mitgespielt, du Klugscheißer.

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Hat keiner von euch im Video mitgespielt?
Nein, aber alle meinten: „Ich habe das sofort gesehen, das bist eindeutig du gewesen.“ Nein, nein, das hast du nicht gesehen, du Idiot (lacht).

Also seid ihr zufrieden, wie das Ganze gelaufen ist?
Wir hätten gern noch mehr Zeit gehabt.
Till: Wir hätten gern noch so Fake-Auftritte gemacht.
Felix: Wir hatten richtig Booking-Anfragen.

Wirklich?
Ja, in Dortmund so Punk-Festivals. Das hätte so gut gepasst. So ist der ganze Witz für uns zwar ganz lustig, aber ich glaube, dass das schon eher so ein Musikbranchen-interner Witz war, weißt du? Musiker haben Musikjournalisten verarscht. Aber wenn wir als die Band noch Auftritte gemacht hätten und es ein paar Fans gegeben hätte, wäre es viel lustiger gewesen. Aber wir hatten leider keine Zeit. Vor allem gab es ja die Bookinganfragen, wir hätten nur hinfahren müssen. So richtig der Klassiker. Könnt ihr vorbeikommen…
Till: …es gibt einen Kasten Bier…
Felix: …und Fahrtgeld. Sehr schade.

Ein ultimatives Ziel, alle zu verarschen?
Ja (lacht). Das ist unser Ziel. Aber sowas macht einfach Spaß. Man nimmt eineinhalb Jahre eine Platte auf und wir fanden es schon immer blöd, wenn man sich so viel Mühe beim Albumaufnehmen gibt, sich danach keine Mühe mehr zu geben. Und bei aller Verarsche haben wir es ja doch relativ gut hinbekommen, der Bandname ist der Albumtitel und so weiter. Es macht ja auch Bock, sich sowas auszudenken. Wenn das dann funktioniert, klopfen wir uns auf die Schultern und sagen: Ja, das haben wir sehr gut gemacht. Solche Sachen überlegen wir uns sehr oft. Und viel von dem, was wir uns überlegen, machen wir gar nicht.

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Gibt es bald ein Duett?
Ich habe mir schon überlegt, ob wir auf Tour nicht einfach den Song als den In Schwarz-Song spielen. Wir müssen ja erstmal wieder anfangen zu proben.
Till: Ich habe auch mal überlegt. Das ist, glaube ich, sehr schwierig, aber die Lösung für das, worauf ich keinen Bock habe—nämlich Frontmann sein—ist, dass ich einfach Bass spiele und dabei singe. Dann habe ich auch nicht plötzlich diese schrecklichen Arme.
Felix: Ich kann den Bass eh nicht spielen.
Till: Ich weiß, aber das müsste ich wahrscheinlich ganz schön lange üben. Das wird eh nichts.
Felix: Doch, das kriegen wir hin, das wird gut.
Till: Ich will aber auf keinen Fall Frontmann sein. Schrecklich, mit Publikum reden. Ich habe das einmal versucht. Und dann haben alle aus der Band und alle aus dem Publikum mich so angesehen: „Was hat er gesagt?“ Dann konnte ich es auch nicht nochmal sagen, weil mich alle angeguckt haben und seitdem sage ich einfach nichts mehr zum Publikum.

Euer Song „Unsere Fans“ ist ein klassischer Kraftklub-Move. Ist das eine Abwehrhaltung gegenüber gängigen Klischees oder eher eine Schutzhaltung gegenüber Kritikern? Oder gar nichts?
Felix: Ähm, es ist einfach witzig. Wir haben uns bepisst, als wir den Song gemacht haben. Von diesen Kommentaren, die wir da drin verwurstet haben, die haben wir mehr oder weniger genauso zu hören bekommen. Und irgendwann hatte ich die Idee, das einfach umzudrehen. Und von dem Moment an fanden wir es sehr lustig. Das war eigentlich schon die Geschichte dazu. Ich weiß nicht, ob das unser genereller Weg ist, mit Dingen umzugehen, dass wir Sachen vorwegnehmen. Von wegen: Haha, jetzt haben wir es schon selber gesagt und ihr könnt es nicht mehr sagen. Ich glaube, das meinst du damit ein bisschen.

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Ja.
Ja, aber oftmals ist es auch ein Zufall, weil wir die Welt lustig finden und dann kommt eben sowas dabei raus. Ich meine, es ist auch etwas, was wir eigentlich gar nicht so gerne machen, so ein selbstreferenzieller Scheiß. Wenn man über seine eigene Rolle in der Musikwelt nachdenkt, das finden wir eigentlich nicht so gut.

Allerdings gibt es auf dem neuen Album auch einen Song, in dem es genau um eure Rolle im Musikbusiness geht. Also setzt ihr euch ja schon damit auseinander.
Ja. Ja, aber auch der Song ist so eine Mischung zwischen Dingen, die wir kennengelernt und erlebt haben, und so Billo-Erlebnissen, dass man auf einer Party war und sich dort unwohl gefühlt hat. Weißt du, wenn man im Prinzip „Roter Teppich“ weglässt, könnte das auch eine normale Party sein, über die wir singen. Im Prinzip handelt es doch eher vom Unwohlfühlen und dass man dachte, es ist cool, da zu sein, aber dann merkt man, dass es eigentlich total behindert dort ist. Dass es eigentlich die total Selbstveräppelung war, zu denken, dass es toller wäre. Dann merkt man schnell, dass es auf die simpelsten Sachen ankommt. Wenn man in einen coolen Club geht und monatelang davon liest. Wenn du dann dort bist, merkst du: Das ist voll scheiße hier. Das ist überhaupt nicht das Ding. Dann denkst du dir „Mann, wäre ich heute mal lieber in den Club gegangen, wo alle meine Kumpels sind. Da ist es bestimmt total lustig. Da ist es vielleicht nicht so hip und cool, aber es ist bestimmt schöner. Und das Gleiche haben wir auch mit Musikpartys erlebt. Irgendein VIP-Scheiß und Aftershow-Partys, wo wir auch dachten, wir sind jetzt in dieser Popstars-Welt und schauen uns das jetzt alles mal an. Aber dann dachten wir uns aber: Ogottogott, die Leute, die Gespräche, die man hier führt. Das ist ja wirklich so klischeehaft, dümmer geht es ja gar nicht.
Till: Wir haben es uns dann immer halbwegs gerettet, indem wir so viele Kumpels, wie es nur geht, reingeschleust haben, mit Weiterreichen von unseren Bändchen. Aber dann war es ja nicht mehr die Party, sondern eine Party mit den Kumpels, auf der es kostenlos Schnaps gibt.
Felix: Und im Endeffekt merkst du wieder, dass es vollkommen Boogie ist und wir mit den gleichen Leuten abhängen wie damals, als wir noch auf keine VIP-Partys eingeladen wurden. Mit denen ist es lustig und mit den Leuten von den VIP-Partys eben nicht.

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Ich habe den Song, wie ihr wisst, nur einmal gehört, aber auf den ersten Eindruck klang es so, als würdet ihr sehr gegen all die Business-Menschen schießen wollen.
Das Ding ist ja, das ist bei vielen von unseren Texten so. Ich will das ja nicht abwerten und ich finde ja nicht, dass das nicht seine Richtigkeit hat. Aber wenn man sich an einem Abend eben schlimmer über etwas aufregt, dann schreibt man das runter. Das heißt ja nicht, dass es falsch wäre, aber wir laufen auch nicht den ganzen Tag durch Berlin und sagen „Hier kotzt uns alles an. Das ist so eine Frechheit. Jetzt müssen wir schon wieder ein interview führen. Und die Label-Leute sind alles Spasten.“ So ist es ja nicht. Es gibt eben Situationen, in denen man denkt: Mein Gott, seid ihr alle hohl und dumm und unsympathisch und großkotzig und arrogant. Und irgendwann platzt es eben, man schreibt alles auf und schreibt die ganze Wut runter. Und dann ist auch wieder gut.

In diesen Situationen schreibst du gerne, oder?
Ja. Ich finde oft, wenn alles so harmonisch und schön ist, ist das nicht unbedingt die Triebfeder für Kunst.

Man merkt das.
Das tut mir Leid.
Till: Sag doch mal was Nettes.
Felix: Ich denke dann auch immer, dass es echt eine Leistung ist, dass Leute wie Cro oder so absolut positiv schreiben können. Das geht mir etwas ab. Leider. Ich kann das nicht so. Zumindest fehlt mir immer der Reiz, etwas zu schreiben, was schön ist. Eher selten.

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Aber ist das nicht eigentlich besser? Was macht denn Cro, wenn er angepisst oder sauer ist?
Das stimmt, das ist 'ne gute Frage. Aber vielleicht hat Cro auch schon ganz viele Songs in diesen Momenten geschrieben und die hält er jetzt aber zurück.
Till: Vielleicht ist er auch einfach immer übelst gut gelaunt.
Felix: Nein, das ist doch ein Mensch. Vielleicht hat Cro einfach richtig arge Sadness-Songs und bringt die irgendwann unter einen anderen Pseudonym raus. Oder vielleicht… Ach Cro, ich könnte den ganzen Tag über Cro reden. Ich finde das echt beeindrucken.

Nochmal zum Musikzirkus: Ihr habt ja vorletztes Jahr wirklich alles an Promo mitgenommen, was so ging, von Frühstücksfernsehen bis zur Autogrammstunde im Media Markt. Habt ihr vor, das wieder so zu machen?
Nein.
Till: Aber Frühstücksfernsehen oder so, muss ich ganz ehrlich sagen, das macht eigentlich Spaß, auch wenn das was völlig anderes ist. Erstmal merken es alle Freunde nicht. Zum Beispiel als wir die Grauhaarperücken trugen und alle aussahen wie 50 oder 60, das hat, glaube ich, gar niemand mitbekommen, weil das niemand schaut, der unter 30 ist. Und die Älteren wiederum haben es nicht gemerkt. Mit solchen Sachen kann man ja auch sehr viel Spaß haben. Ich finde sowas immer unterhaltsam. Das hässlichste Sprungfoto aller Zeiten ist, glaube ich, auch in der Superillu drin, aber es hat keiner gesehen.
Felix: Es gibt dann eher andere Sachen, die wir nie gemacht haben, zum Beispiel BILD oder so. Aber den ganzen anderen Kram fanden wir geil. Und es gibt natürlich auch Sachen, die wir nicht nochmal machen würden. Aber es gibt so viele Indie-Leute, die, wenn sie das jetzt lesen, sagen werden „Was für Idioten“, aber im Endeffekt finde ich es viel verlogener, das nicht zu tun. Wenn du so ewig lange und so viel Herzblut in deine Musik steckst… Wir wollten von Anfang an vor vielen Leuten spielen und das wollen bestimmt auch relativ viele andere Musiker, die das aber nicht sagen oder so. Aber ein Konzert vor vielen Leuten, die kommen, um dein Konzert zu sehen, streben relativ viele Musiker an. Wenn du dich dann aber so verweigerst und nur ganz ausgewählte Sachen machst, finde ich das irgendwie heuchlerisch. Dann mach es doch nicht. Oder beschwer dich nicht. Oder rede nicht die ganze Zeit über andere Leute, was das für Kommerzschweine sind.

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Trifft euch sowas?
(überlegen beide)
Till: Nicht mehr, glaube ich, oder?
Felix: Ja, am Anfang war das schon ein bisschen so… Es ist ja auch so, dass in vielen von den Sachen, auch wenn man sie witzig aufzieht, manchmal auch ein bitterer Kern drin ist. Selbst sowas wie „Unsere Fans“… Natürlich gab es am Anfang Leute, die irgendwelche Kommentare abgelassen haben. Und dann denkt man sich: „Was bist du denn für ein Blödmann?“ Aber im Endeffekt ist es dann doch wie so oft: Es gibt sich irgendwann wieder. Selbst die hartnäckigsten Shitstormer haben irgendwann aufgehört, auf unsere Pinnwand zu schreiben. Irgendwann legt sich das alles wieder und es ist auch nicht so dramatisch.

Mal was anderes: Ich konnte leider nicht euren Skit „Im Proberaum“ hören.
Till: Der ist großartig.
Felix: Das ist auch wirklich schade.

Ist das eine Originalaufnahmen oder eher so ein K.I.Z.-Skit?
Till: Es ist beides. Aber es ist aus einer spontanen Situation entstanden, es ist nichts Eingesprochenes oder so. Aber es könnte genauso auf einem K.I.Z.-Album sein. Es kamen Bauarbeiter bei uns in den Proberaum, weil wir laut geprobt haben. Die kamen einfach rein und haben uns erzählt, wie sie die Musik finden, was sie uns für Tipps geben würden, und das auf tiefsten Obersächsich und extrem besoffen, schwere Alkoholiker. Das war sehr lustig. Und Steffen war so geistesgegenwärtig, dass er auf die Aufnahmetaste vom Handy gedrückt hat. Es ist tatsächlich echt und wenn du es anhörst, wirst du denken, dass es auf keinen Fall echt ist. Aber es ist echt. Wir haben uns das bestimmt 30 Mal angehört und wir haben uns 30 Mal totgelacht.
Felix: Man entdeckt auch immer wieder Sachen, die man beim ersten Mal nicht gehört hat.

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Warum sind K.I.Z. eigentlich nicht auf dem Album?
Die müssen sich erstmal um ihren eigenen Scheiß kümmern, die müssen selbst mal zur Ruhe kommen. Das ist ja nicht zum Aushalten mit denen.

Davor haben sie Kraftklub-Verbot?
Davor haben sie Ablenkungsverbot.
Till: Alles-Verbot.
Felix: Nein, wir haben auch viel mit ihnen geredet. Ich habe viel mit ihnen über Texte und so geredet. Wir sind schon immer im regen Austausch, aber ich glaube, die müssen erstmal ihr Album fertig machen.

Dafür ist Casper drauf. Ist das jetzt ein Standard-Ding, dass ihr euch gegenseitig featuret?
Das ist auch etwas, was wir jetzt auf den Interviews gemerkt haben, dass das so rüberkommen könnte.

Schon der Titel „Schöner Tag“…
Ja, aber nur der Titel. Das ist uns auch dann erst aufgefallen. Dann dachten wir: „Scheiße, das klingt ja vom Titel genauso wie der andere Song klingt.“ Aber inhaltlich ist er ja komplett das Gegenteil.
Till: Wir können irgendwann ein Best-Of machen, auf dem nur Kraftklub-Casper-Features drauf sind.
Felix: Wir hatten eigentlich gar nicht geplant, irgendein Feature auf der Platte zu machen. Es gab aber den Song und diese Stelle. Eigentlich war die instrumental, sollte so ein Abgehding sein. Dann hatten wir aber überlegt, dass dort doch sehr gut die Reibeisenstimme drauf passen würde. Also haben wir eben angerufen und der Benji ist vorbeigekommen. Das sind ja keine großen Wege hier. Wir haben das ja hier aufgenommen. Für seine Platte musste er noch nach Chemnitz kommen.

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Was haben Frauen und Fahrräder gemeinsam?
Beides schmerzhaft. Schmerzhaft, wenn es dir genommen wird. Zu beiden kann man eine emotionale Bindung aufbauen. Es tut weh, es ist wirklich ein anderer Schmerz, jemandem einen Rucksack zu klauen, Geld zu entwenden oder das Fahrrad zu stehlen. Das ist etwas Emotionales. Und du hast schon Recht. Es gibt ja schon so eine Frauenrichtung, das ist ja fast wie Freundin-Ausspannen.

Wie empfindlich seid ihr denn bezüglich des Berlin-Themas?
Till: Überhaupt nicht.
Felix: Nein, wir haben uns arrangiert mit dieser Stadt. Wir fühlen uns sehr wohl hier.

Ihr wohnt hier?
Till: (wie aus der Pistole geschossen) Nein.
Felix: Das ging jetzt schnell. Zack.
Till: Ich wusste, dass es kommt.
Felix: Ja, das kommt immer.

Ihr wisst ja, dass es so einige Stimmen gibt, die behaupten, ihr wohnt schon längst hier. Deswegen frage ich, wie empfindlich ihr seid.
Felix: Ich glaube, dass es daran liegt, dass gerade Musikjournalisten uns hier ständig sehen, gerade auch als wir unsere Platte aufgenommen haben. Und das ist ja das Geile an Berlin, dass du jeden Abend ein interessantes Konzert hast. Wir waren eben hier und sind natürlich auch jeden Abend auf Konzerte gegangen. Gerade wenn man Popstar ist, kann man ja auf alle Gästelisten und dann haben wir uns eben jeden Abend ein geiles Konzert angesehen, das ist schon sehr cool. Aber das heißt nicht, dass wir hier wohnen.

Die Frage ist ja, wenn ihr mal nach Berlin ziehen wollen würdet, würdet ihr euch trauen?
Ja, wir geißeln uns nicht für unsere Texte. Wir haben keine in Stein gemeißelten Unveränderlichkeiten geschrieben. Das sind einfach Sachen, die wir zu dem Zeitpunkt so geschrieben haben, wie wir es so empfanden. Aber da wären wir ja schön blöd, wenn wir uns von unseren eigenen Texten was diktieren lassen würden. Wenn wir hierher ziehen wollen, ziehen wir hierher.

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Ich frage nach eurer Empfindlichkeit, weil wir ja eure Tour präsentieren und in der Ankündigung einen kleinen Berlin-Witz eingebaut haben. Und wir haben sofort einen Anruf deswegen bekommen.
Ja, ich habe angerufen. Ich habe mich nämlich richtig aufgeregt.

Dann seid ihr ja doch empfindlich.
Ja, aber weil das schon wieder so Klugscheißer-mäßig war. Das war so: Haha, wir, die VICE-Leute, die zu allen einen totalen Draht haben, wissen natürlich, dass sie in Berlin wohnen. Und das stimmt einfach nicht. Wir wohnen nicht in Berlin. Mit eurem Pseudo-Draht, das stimmt einfach nicht. Wenn ihr mal nachgefragt hättet.

Das war doch nur ein Witz.
Nein, nein, nein, nein, nein. Es war natürlich als Witz ersichtlich. Aber es war nicht als Witz gekennzeichnet als „Haha, die sind aber ziemlich oft in Berlin“, sondern es war so ein Witz „Wir wissen, dass die in Berlin wohnen.“

Da habt ihr zu viel reininterpretiert.
Till: Also wir haben das alle so gelesen. Aber das macht ja nichts. Also…
Felix: Till ist immer sehr diplomatisch, ich könnte mich jetzt schon wieder darüber aufregen.

Reg dich nicht auf.
Nein (lacht).

*(War nur ein Witz, wir haben uns zum Schluss sogar umarmt.)

Kraftklubs In Schwarz könnt ihr euch bei Amazon oder iTunes holen.

Noisey präsentiert: Kraftklub auf Klubtour

20.10.2014 Wien (AT), Flex

Und danach: Kraftklub auf Hallentour

17.02.2015 A-Graz, Orpheum
18.02.2015 A-Wien, Gasometer

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