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Was es über dich aussagt, in welcher Reihe du bei einem Konzert stehst

Bist du eher der Typ, der sich auf einem Konzert in die erste Reihe kämpft oder lehnst du lieber an der Bar?

Für jeden, dessen Musikgeschmack sich nicht mit „eigentlich-alles“ beschreiben lässt, sind Konzerte ein besonderes Erlebnis: von der Aufregung, wenn ein Konzert des geschätzten Acts in der Nähe angekündigt wird, über das Verabreden mit Freunden, wer denn alles ein Ticket will, dem aufmerksamen Anhören der Lieblingslieder, den Tagträumen, wie es wohl werden wird, der Outfit-Wahl (alles, außer ein Shirt des auftretenden Acts), bis zum tatsächlichen Konzert und dem glücklichen oder ernüchterten Gefühl danach. Umso wichtiger also, von welcher Position du das Konzert erlebst. Machst du es dir eher in der Chillout-Lounge gemütlich oder willst du lieber ganz vorne mit dabei sein?

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Die Himmelspforte (Erste Reihen)

Vorne an der Bühne—mit einer Hand fest das Sicherheitsgitter umklammert—ist das natürliche Reservat eines jeden Vollblut-Fans. Hier stehst du nicht, wenn du diesen einen Song im Radio ganz OK fandest. Hier stehst du, weil du stundenlang gewartet, deine Blase gequält und deinen Magen ignoriert hast, um jede verdammte Sekunde deiner Lieblingsband zu zelebrieren. Schon wenn die Musiker ihren ersten geheiligten Fuß auf die Bühne setzen, schreist du dir die Seele aus dem vor Erregung zitterndem Leib. Du kannst nicht fassen, dass das hier gerade wirklich passiert. Aber es passiert: Dieser stinkige Typ rammt dir ständig seine Ellenbogen in den Rücken, du wirst unaufhörlich nach vorne und hinten gedrückt und regelmäßig drängt sich ein Panikanfall in dein Bewusstsein, wenn dich ein überambitionierter Crowdsurfer nach unten drückt. Und dein Smartphone? Damit hast du diesen magischen Moment natürlich eingefangen. Leider hat nur der Boden dein Smartphone aufgefangen, als es dir von einem umherwedelnden Arm aus der Hand geschlagen wurde.

Das wirst du jedem, der es (nicht) wissen will, erzählen: Oh mein Gooooott, war das geiiiil!

Der Dancefloor (Vorderes Mittelfeld)

Bei einem Konzert ist das sprichwörtliche Auge des Orkans keineswegs friedlich. Vielmehr ist hier der Punkt des maximalen Schweißflusses und der umherfliegenden Gliedmaßen. Es ist so ruhig wie der zugekokste Typ um 4 Uhr in der U-Bahn, den du auslachst, weil er jede Frau mit den dümmsten Sprüchen anmacht: Schneller als deine Pupillen sich vergrößern können, hast du eine Faust im Gesicht. Auf einem Konzert nimmst du das grinsend in Kauf, da gehört das doch dazu. Schließlich hast du nicht ohne Grund zwei Tickets für dich und deinen besten Freund gekauft: Jetzt wird ausgerastet! Dein Körper wird zu einem positiv geladenen Körper der magnetisch auf all die anderen negativ geladenen Leute reagiert. Immer und immer wieder genießt du den knochigen Aufprall, die schmerzenden Tritte und die nassen Haare fremder Menschen in deinem Gesicht. Ab und zu fliegt dein Zeigefinger nach oben, um zielsicher den Einsatz des Refrains zu verpassen, aber da wurdest du schon längst wieder umgerissen.

Das wirst du jedem, der es (nicht) wissen will, erzählen: Bestes Konzert meines Lebens! Hast du mein Basecap gesehen?

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Die Kritiker-Loge (Hinteres Mittelfeld)

Du magst die Band wirklich gerne, hast aber keine Lust, dich rumschubsen zu lassen und weißt außerdem, dass der Sound in der Mitte des Raum eh am besten ist. Versonnen genießt du dein kaltes Getränk, wippst mit dem Kopf und singst in einem emotional schwachen Moment sogar mit. Alles ist gut. Bis so ein Chaot von vorne gegen dich fällt. Wütend schiebst du ihn mit voller Kraft wieder Richtung Bühne. Deine hasserfüllten Blicke werden ihn die nächsten zehn Minuten treffen. Da ist kein Platz mehr für die süßen Melodien, der Moment ist nun dahin. Du bist sowieso enttäuscht, dass der Sänger nicht so gut wie auf der Platte klingt.

Das wirst du später jedem, der es (nicht) wissen will, erzählen: Der Sound war echt gut, aber im Publikum waren echt nur Asoziale.

Die Chillout-Lounge (Letzte Reihen)

Du hast weder Lust, zu tanzen, noch, dich bis weiter nach vorne durchzuschlagen. Im hinteren Teil des Publikums ist der passende Platz für jeden, der mit angezogener Begeisterung und leicht knirschenden Zähnen das Ticket bezahlt hat. Hier kannst du in aller Ruhe die Show genießen. Jedenfalls, wenn du nicht mit den Genen eines Hobbits gesegnet wurdest, sich ein Basketballspieler mit Sombrero genau vor dir platziert oder du vom lautstarken Geschimpfe des Barpöbels abgelenkt wirst. Nichts ist authentischer als die Konzert-Erfahrung, asynchron mit dem Sicht-versperrenden Vordermann mitzuwippen, um den Blick auf die Band aufrechtzuerhalten. Oder ständig angerempelt zu werden, wenn wieder mal ein Bierbecher-Träger nach vorne will und sich Platz verschafft.

Das wirst du später jedem, der es (nicht) wissen will, erzählen: Klang alles ziemlich matschig und irgendwie wollte der Funke nicht überspringen.

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Die Bar (Die Bar)

Mal ehrlich, eigentlich bist du nur hier, damit du mal nicht in einer Kneipe einen weiteren Abend deines Lebens in ein schäbiges Klo pisst. Stattdessen gibst du dich heute mal kulturell und gönnst dir ein Konzert! Klingt auch ganz anständig, was die da so machen, aber mit deinen Freunden ausgiebig über deine neuen Tattoos und vergangene Konzertbesuche zu reden ist dann doch viel spannender.

Das wirst du später jedem, der es (nicht) wissen will, erzählen: Ich war gestern bei einem Konzert von… hey, wie teuer das Bier war!

… (Überall und Nirgendwo)

Absolut niemand weiß genau, was du eigentlich auf dem Konzert willst. Nicht einmal du selbst. Du schlängelst dich auf den Zehen der anderen Besucher durch die Massen bis nach vorne, nippst dort kurz an deinem Bier, schaust dich ein paarmal um und verschwindest wieder. Diesmal Richtung Bar, schließlich wurde dir dein Bier auf dem Weg aus der Hand gefegt. Mit neuem Bier bewaffnet erstmal auf Klo. Jetzt aber mal wirklich die Band ansehen. Moment, den Part kennst du doch! Wild fängst du an rumzuspringen, rempelst dabei die Musikliebhaber an, die dich mit verachtendem Blick nach vorne schubsen. Ist dir da dann auch zu anstrengend, mal schauen, was so im Raucherraum los ist.

Das wirst du später jedem, der es (nicht) wissen will, erzählen: Ich war gestern bei so einer coolen Soft-Punk-Band. Die werden das nächste große Ding, ich weiß es!

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