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Interviews

„Bescheidenheit ist das Gierigste, was es gibt“—K.I.Z. im Interview

K.I.Z. begehen immer die Flucht nach vorne. Wir haben mit ihnen über das Feuilleton und Altern im Rap gesprochen.

Die Kannibalen in Zivil sind am Freitag mit ihrem vierten Album Hurra, Die Welt geht unter auf die Eins gechartet—zum ersten Mal in ihrer Karriere. Heute, wo ständig Rapper auf die Eins gehen, HipHop im Feuilleton stattfindet und in den Parks der Kleinstädte an jeder Ecke gepumpt wird, ist es eine seltsame Vorstellung, dass ausgerechnet K.I.Z. die Eins noch nicht zu ihren Erfolgen zählten. Der Grund dafür sind aber nicht etwa die außerordentlich klugen und loyalen Fans der Rapcrew (Ihr dürft euch jetzt alle mal auf die Schulter klopfen!), sondern liegt eher daran, dass K.I.Z die „Schildkröten des Raps“ sind, wie sie es selber ausdrücken. In den letzten vier Jahren Album-Pause ist viel passiert, die Szene ist erfolgreicher und facettenreicher geworden, die Special Editions wurden erfunden und die Generation Southpark hat sich ihren Weg gebahnt.

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K.I.Z. haben diese Jahre allerdings nicht nur genutzt, um als Vaterfiguren und geile Onkel für den Deutschrap zu fungieren, sondern auch um ein thematisch ernstes und bedrückendes Album zu produzieren, auf dem das sonst so beliebte ironische Grinsen durch ein paar ernstgemeinten Tritte ersetzt wurde. Die Befürchtungen, der Fan könnte sich betrogen fühlen, haben sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Kurz vor der frohen Botschaft, dass ihr Album die Chartspitze gestürmt hatte, haben wir mit der Band über die Flucht nach vorne, das Feuilleton und das Altern im Rap-Business gesprochen.

Noisey: Ihr seid auf dem neuen Album einen nächsten Schritt gegangen. Sind deswegen die Reaktionen diesmal spannender für euch?
Tarek: Ja, das sind sie auf jeden Fall. Es ist interessant zu schauen, wie unsere Fans darauf reagieren werden…
Nico: …wenn wir ernste und langweilige Lieder machen (lacht).

Was traut ihr euren Fans denn zu?
Nico: Wir trauen ihnen alles zu.
Maxim: Unsere Fans sind erstaunlich schlau und offen. Also erstaunen tut mich das nicht, streich das! Sie sind so, wie ich sie mir erhofft habe, sie nehmen das sehr positiv auf und finden es sehr gut. Ich fühle mich aufgehoben beim Fan. Das ist schön.
Tarek: Wir sind auf jeden Fall stolz auf unsere Fans, dass sie so einen guten Geschmack haben.
Maxim: Die können sich jetzt schon mal auf die Schulter klopfen.

Habt ihr das genauso erwartet?
Maxim: Nicht unbedingt.
Tarek: Alles kann, nichts muss.
Maxim: Ich hätte mir auch vorstellen können, dass einfach nur nach dem typischen K.I.Z.-Humor verlangt wird und alle jetzt traurig sind und sich betrogen fühlen. Aber das ist nicht passiert.

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Wie wichtig ist es für euch, mit einem neuen Album mutig zu sein?
Tarek: Eigentlich machen wir immer das, worauf wir Lust haben und was Spaß macht. Beim jetzigen Album war es neu und interessant, nur Themensongs zu bearbeiten, was wir auch auf vorherigen Alben hatten, aber eben nur in ein oder zwei Songs. Diesmal haben wir es auf Albumlänge. Aber trotzdem werden wir wieder den ein oder anderen „Ich schlachte andere Rapper und bin der coolste MC weit und breit“-Song machen. Vielleicht auf dem nächsten Album. Vielleicht auch nicht. Keine Ahnung (lacht).

Habt ihr generell den Anspruch, mit einem Album etwas Neues zu bringen, das es vorher noch nicht so gab, vor allem von euch?
Nico: Ja, das ist schon ein Anspruch bzw. macht das ja auch Spaß. Aber es muss nicht sein, hin und wieder hat man mal eine Idee.
Maxim: Wir wollen uns nicht wiederholen. Sonst haben wir uns ja auch nicht wiederholt. Jede Punchline war neu und frisch und gut und wir haben immer wieder versucht, einen draufzusetzen, noch brutaler und bekloppter zu werden und besser zu rappen, als man es davor getan hat. Diesen Anspruch gab es schon immer.
Tarek: Wir versuchen sowieso in unseren Texten, halbwegs originelle Sachen zu sagen. Da könnten wir sicher mal einen Song für Mama schreiben und der wäre dann trotzdem origineller als der von 90% der anderen Leute.

Dauert es länger, eine ernstere Punchline zu schreiben?
Tarek: Nein, nicht unbedingt.
Maxim: Man ist vielleicht ein bisschen perfektionistischer. Wenn so eine Mutter-Punchline nicht so perfekt ist, ist das nicht so schlimm. Die kann gerade deswegen ziehen und genial werden, weil sie so plump ist und der Vergleich extrem hinkt. Und das ist dann auch ein Unterschied dazu, was in einem Liebessong oder in einem politischen, ernst gemeinten Song gesagt wird. Aber ob wir länger brauchen, kann ich nicht so sagen. Wir brauchen schon für alles ziemlich lange.
Tarek: Wir sind langsame Dudes. Wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten (lacht).
Maxim: Wir sind die Schildkröten des Raps.

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Macht das genauso viel Spaß, wie die plumpen Punchlines zu schreiben, oder wird das Musikmachen etwas anstrengender, wenn ihr so perfektionistisch sein wollt?
Tarek: Es macht immer gleich viel Spaß. Natürlich machen solche Songs, in denen wir nur irgendeinen Dreck rappen, schon manchmal mehr Spaß, auch weil wir das einfach öfter gemacht haben. Das einzurappen und zu schreiben, geht manchmal schneller und macht mehr Spaß, aber das Endergebnis ist genauso schön. Ein gut geschriebener Battlerap macht mir genauso viel Spaß wie ein gut geschriebener Themenrap. Wobei mir der Themenrap dann doch mehr Spaß macht.
Nico: Hä? (Gelächter)
Maxim: Man kann das einfach schwer sagen. Wenn man gerade das Album hat, freut man sich darüber. Wahrscheinlich gab es während der Produktion auch ein paar mal den Moment, in dem man sich dachte „Jetzt einfach nur ne Mutter ficken wäre auch mal wieder was“. Ich will das gar nicht unterschieden wissen.

Braucht es mehr Selbstbewusstsein, um ernstere Musik zu machen?
Tarek: Nicht unbedingt. Man kann auch einfach nur dumm sein und ernste Musik machen.
Maxim: Naja, albern zu sein, muss man sich auch trauen. Die Leute erwarten immer so eine Ernsthaftigkeit von einem und fühlen sich oft beleidigt, wenn man albern ist. Sie fühlen sich dann nicht in ihrer Art oder in irgendeiner Frage ernst genommen. Aber was ernst zu meinen, ist auch mutig, weil man dadurch leicht Zielscheibe von Witzen oder von Kritik werden kann.

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War euch nach Urlaub fürs Gehirn klar, dass ihr in diese Richtung gehen wollt oder hat sich das mit der Zeit entwickelt?
DJ Craft: Danach kam ja noch das Mixtape Ganz Oben, das ist auch ähnlich wie die Alben davor, würde ich sagen. Aber irgendwann wollten wir eben ein bisschen konzeptioneller und thematischer an das Album rangehen.
Nico: Aber das war schon vor dem Mixtape so. Nach Urlaub fürs Gehirn haben wir mit Songskizzen für das jetzige Album angefangen. Es kam relativ bald danach, aber wir faulenzen immer eine Weile, nachdem wir ein Album rausgebracht haben.
Tarek: Allerdings haben wir jetzt schon fürs nächste Album ein paar Songs fertig. Aber pssst.

Ihr habt noch eine Special Edition, auf der Songs von ganz früher drauf sind. Woher kommt die Motivation, sowas zu veröffentlichen?
Nico: Geld-Geilheit eigentlich.
Maxim: Wir wollten noch was hinzufügen, was für einen wahren Fan interessant ist. Es ist ein Einblick in unsere Intimsphäre, 15 Jahre alte Songs zu zeigen.
Nico: Wir können es selber auch nicht durchhören, ohne das irgendjemand an einer Stelle stoppt.
Maxim: Wir vertrauen dem Fan da in ganzer Hinsicht, dass er das nicht rumzeigt, wenn er es hat.
DJ Craft: Und natürlich will man auch bei der Special Edition so innovativ wie möglich zu sein, um die Konkurrenz auszustechen. Deswegen dachten wir, es ist doch ein Killermove ein Mixtape mit unveröffentlichten Songs aus früheren Tagen reinzupacken.

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Aber es könnte euch auch in einem weniger guten Licht dastehen lassen.
Nico: Das ist die Flucht nach vorne.
Maxim: Wir vertrauen dem Fan in dem Moment.
Nico: Es ist wie Eminem in dem Battle bei 8 Mile.
Maxim: Genau. Was willst du jetzt noch gegen mich sagen? Ich habe alles offengelegt. So verdienen wir wenigstens noch Geld an unserer eigenen Dekonstruktion. Außerdem ist es dann zu spät, weil sie das Album sowieso gekauft haben. Aber es ist gar nicht so schlimm, es ist auch sehr unterhaltsam. Wir waren damals schon dope. An manchen Stellen ist es etwas ungeschickt, aber es ist trotzdem sehr unterhaltsam.

Glaubt ihr an das Gute im Menschen? Vor allem in „Hurra, die Welt geht unter“ muss man doch davon ausgehen, dass die Menschen etwas Gutes in sich haben, oder nicht?
DJ Craft: Ich denke, dass jeder Mensch gut geboren wird. Davon gehe ich aus.
Tarek: Dann fängt er an, K.I.Z.-Alben runterzuladen. Das ist ein übler Zug. Doch das liegt nicht in der Genetik des Menschen, ein jeder kann es sich kaufen! Ich verstehe das nicht, warum sind Menschen so?
Maxim: Wir reden eigentlich auch nicht davon, dass die Menschen gut sind. Es geht darum, dass sie keinen Grund haben, schlecht zu sein.
Tarek: Wenn du ganz genau hinschaust, siehst du auf unserem Boot auch die ein oder andere Waffe. Vorsicht ist die Mutter der Porzellanpuppe.
DJ Craft: Dass ich daran glaube, bedeutet auch nicht, dass ich nicht vorsichtig bin oder nicht gelernt habe, mit Gewalt umzugehen. Ich denke, dass in jedem Menschen Gewaltpotential ist und dass es zu unserer Natur gehört. Man muss aber lernen, damit umzugehen.
Tarek: Gewalt ist ja auch das fünfte Element des HipHop.
Maxim: Deswegen gehen wir auch häufiger in den Schießstand und machen Kampfsport, damit wir alle mit Gewalt umgehen können (lacht). Aber ich meine das schon so, dass die Menschen in dem Song keinen Grund haben, etwas Böses zu tun. Es liegt nicht am Menschen an sich, wenn er etwas Schlechtes oder etwas Gutes tut. Eure Weltuntergangszenario ist im Vergleich zu anderen sehr positiv. Meint ihr, dass Veränderungen oft als schlecht gesehen werden, weil es den Menschen zu gut geht oder weil sie Angst vor Veränderungen haben?
Tarek: Das Unbekannte macht einem natürlich erstmal Angst.
Maxim: Aber eigentlich haben sie ja nicht Angst vor einer abstrakten Veränderung, sondern vor einer Veränderung zum Schlimmeren, siehe Mad Max. Und das ist schon ein ganz spezieller Gedanke, dass man sich nochmal was Schlechteres vorstellt.
DJ Craft: Der Punkt ist ja, dass uns das Schlechte schon umgibt.
Maxim: Die Message ist: Es könnte schlechter sein. Oder wie mein Bruder immer sagt, wenn etwas ganz Schlechtes passiert: „Hey, schlimmstenfalls sterben wir“. Man stellt sich irgendwas Schlimmeres vor und dann ist alles, was jetzt passiert, cool. Denn es gibt ja etwas Schlimmeres. Das ist das Prinzip von diesen Weltuntergangszenarien. So ist alles, was jetzt passiert, richtig klasse. Es könnten ja Zombies kommen.
Tarek: Man könnte auch mit der übelsten Kräuterhexe zusammen sein, weil man könnte ja einsam sein.
Nico: Deutschland ist der Hammer, weil in Russland werden die Frauen mit den nackten Brüsten festgenommen.
Tarek: Wobei ich das vollkommen gerechtfertigt finde: Todesstrafe für den Pussy Riot.
Nico: Ja gut, aber weil die Musik schrecklich ist. Können wir „Todesstrafe für den Pussy Riot“ bitte als Überschrift nehmen?

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Das könnte im Umkehrschluss ja bedeuten, dass ihr jetzt alles negativ seht, wenn ihr denkt, es könnte besser sein.
Maxim: Ja, das könnte man so interpretieren. Ich sehe aber nicht alles negativ, das sind ganz bestimmte Dinge, die wir benennen, zum Beispiel „Drei Stunden Arbeit am Tag, weil es mehr nicht braucht“. Arbeit scheint in dieser utopischen Welt so organisiert zu sein, dass man sich dafür interessiert, was gebraucht wird.
Tarek: Es ist fürchterlich. So viele Leute, die ich mag, sind den halben Tag nicht da. Aber es kann ja nicht jeder so ein guter Rapper sein wie wir.
Maxim: Es gibt eine Religionskritik, wenn wir sagen „Das Leben ist so schön, wer braucht ein Leben danach?“ Was sagt es denn darüber aus, wie sich Leute im Diesseits fühlen, wenn sie sich so ein tolles Jenseits ausdenken? Es sind sehr konkrete Dinge, die wir benennen.

Würdet ihr sagen, dass auf dem Album mehr politische Songs sind als auf Sexismus gegen Rechts zum Beispiel?
Maxim: Es sind nur keine Pullersongs dazwischen, die sich ausschließlich um unsere Schwänze drehen. Dadurch kommt es natürlich viel politischer rüber. Aber es gibt auch viel Herzschmerz, Psychologisches und Persönliches. Es gibt auf jeden Fall viele Tritte ins Gesicht, die ernst gemeint sind. Nicht so wie vorher, als wir immer ein ironisches Grinsen hinterhergeworfen haben.

Hat man sich dahinter auch ein bisschen versteckt?
Maxim: Nein. Ernste Themen albern zu machen, hat auch etwas sehr Hartes.

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Im Juice-Interview habt ihr gesagt, ihr seid die Väter von dem ganzen Clownrap a la Trailerpark und 257ers.
Maxim: Das haben nicht wir gesagt, das wurde uns vorgeworfen.

Das sagt ihr allerdings auch in „Wir“.
Maxim: Ja, das stimmt. Aber das sind ja nicht wir, das sind unsere Künstlerpersönlichkeiten (lacht).
Tarek: Einfach alles von sich weisen.
Maxim: Nein, aber in dem Interview haben wir das wirklich nicht gesagt. Ich finde, in einem Interview würde das anders rüberkommen. Aber es stimmt natürlich.

Seid ihr auch die Väter von der neuen politischeren Rap-Welle wie Zugezogen Maskulin etc.?
Nico: Vielleicht eher die großen Geschwister. Das klingt besser.
Maxim: Am Ende sind wir alle die Kinder von Torche.
Nico: Wir sind vielleicht die geilen Onkel.
Maxim: Genau, wir sind die geilen Onkel von Zugezogen Maskulin. Aber die haben auch alle nochmal einen eigenen Anspruch an das, was sie tun. Ich glaube, manche Sachen, die wir machen, entsprechen nicht ihrem Geist. Sie haben ihre eigene Nische. Aber es ist irgendwie auch ein Zeitgeist-Ding, zu einer Generation zu gehören, die mit Southpark, Family Guy und Westberlin Maskulin aufgewachsen ist.

Meint ihr, dass der politische Rap zurückkommt?
DJ Craft: Das ist nur eine neue Facette, die erfolgreich im deutschen HipHop angekommen ist. So facettenreich war deutscher Rap noch nie, so viel gab es noch nie, so erfolgreich war er noch nie. Ich finde es schön, dass es alles andere noch gibt. Ich fände es todlangweilig, wenn es nur poltischen Rap geben würde oder jeder das versuchen würde.
Nico: Ich glaube, das wäre sehr lustig.
Maxim: Es gab schon immer politische Aussagen, es gibt jetzt nur dieses bürgerlich Linke, das ein paar populäre Sprachrohre gefunden hat. Das ganze Internet-linke und Universitäts-linke Ding ist auch viel mehr am Start als früher. Das merkst du bei Facebook, plötzlich interessieren sich viel mehr Leute dafür. Früher war das gar nicht so ein krasses Thema. Aber Rap ist wie ein Mustang, also wie das Pferd nicht das Auto. Ich denke, dass er am besten ganz frei entscheidet, was er so tut.

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Die Wahrnehmung, dass es mehr politischen Rap gibt, kommt bestimmt auch daher, dass sich die Feuilletons plötzlich mit Rap beschäftigen und natürlich eher über politischen berichten.
Maxim: Ja, dadurch dass Rap so erfolgreich ist und plötzlich ganz viele mitbekommen, dass Rap ein cooles Ding ist, ziehen die Feuilletons jetzt verzweifelt nach.
DJ Craft: Ich habe zum Beispiel letztes Wochenende auf dem Bayreuther Stadtfest gespielt und es gab keine Bühne, auf der kein HipHop lief. Das war sehr beeindruckend. Ich war sogar sonntags noch spazieren und war im Stadtpark und dort habe ich gemerkt, dass alle HipHop pumpen. Rap war noch nie so groß. Überall.

Freut euch das?
DJ Craft: Ich finde das voll schön. Ich lebe ja HipHop, seit ich denken kann und es ist mein Lifestyle. Deswegen finde ich das schön, dass man mittendrin ist und das teilen kann.
Maxim: Es steht dir auch sehr gut.
Nico: Dadurch kann man auch gut klugscheißern. Das macht Spaß.

Es gibt aber auch diese Oldschool-Meinung, dass Rap einem weggenommen wird, wenn alle HipHop hören.
Maxim: Die haben nicht kapiert, dass Rap ihnen nie gehört hat und deswegen auch nicht weggenommen werden kann.
Tarek: Aber wir sind wie ein Wein. Je älter wir werden, desto besser werden wie. Alt, aber oho. Mit uns ist zu rechnen. (Gelächter)
Nico: Ich hoffe, wenn man uns aufmacht, korken wir nicht.
Maxim: Es ist wie eine Banane im Rucksack. Desto länger sie drin bleibt…

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Kann man als Rapper gut altern?
Tarek: Ich bin erst 28, ich bin das Nesthäkchen bei K.I.Z. Da fragst du mal lieber die anderen.
DJ Craft: Letztens auf einem Festival haben wir Fanta 4 getroffen und die sahen alle fresh und glücklich aus.
Nico: Oder die Stieber Twins. Die chillen in Heidelberg, haben einen Schuhladen und sind voll entspannte Dudes.
Maxim: Generell denke ich, dass aus jungen Idioten auch alte Idioten werden.

Und aus jungen Genies werden alte Genies?
Maxim: Außer sie haben einen Autounfall.

Jetzt schauen: Mit dem Panzer durchs Dorf—Noisey meets K.I.Z.

Findet ihr denn gern in den Feuilletons statt?
Tarek: Ich finde gerne überall statt. Überall und jederzeit.
Maxim: Das würde ich genauso unterschreiben. Es gibt natürlich eine Tendenz, dass einige Dinge sehr aufgeblasen oder überinterpretiert werden. Dann versteht man selbst nicht so ganz, was das soll. Es gibt auch so ein Gehabe, dass man mit großen deutschen Dichtern verglichen wird oder einem unterstellt wird, dass man von ihnen oder anderen Kunstrichtungen inspiriert wurde. Ich denke immer, das ist ein Versuch, das für sich selbst zu vereinnahmen, von so einer akademischen, intellektuellen Seite, wo ich mir immer denke: Ihr habt einen Scheißdreck damit zu tun. Tut doch nicht so. Gebt einfach zu, dass ihr nicht wisst, was es ist und es toll findet, aber nichts damit zu tun habt.
Tarek: Auch wenn unsere Texte für die Meinung von irgendeinem Studentenspasten instrumentalisiert werden, nervt das.
Maxim: Wenn zum Beispiel bei Haftbefehl steht, er sei der Goethe der Straße, denke ich mir, dass es eine Frechheit ist. Das, was er macht, hat er ganz gut selbst hingekriegt und zwar ohne die Hilfe von irgendwelchen Goethes und anderen Leuten, die in der Uni Sachen auswendig gelernt haben.

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Ist das dann auch ein bisschen von oben herab?
Maxim: Nein, die sind ja schon nett. Die haben auch eine große Wertschätzung. Ich würde nicht sagen, dass sie eine verachtende Art haben. Aber das wäre ja okay. Wenn man wirklich was Besseres ist, kann man auch von oben herab sprechen, das finde ich nicht falsch. Ich mache das oft, aber natürlich ist es angemessen und gerechtfertigt, zum Beispiel wenn ich über Feuilletonisten rede (Gelächter). Aber es gibt auch welche, die OK sind.

Macht es euch ein bisschen Angst, dass ihr mittlerweile schon so alte Hasen seid?
Tarek: Ich bin 28, das ist nicht alt.

Ich wollte dir keine Angst machen, dass du bald 30 wirst, ich spreche davon, dass ihr alte Hasen im Rap-Business seid.
Nico: (schreit) 28 ist doch nicht bald 30.
Tarek: (schreit) Ich werde nicht 30. Ich habe gar kein Problem damit.
Maxim: Ich finde das eigentlich ganz schön. Man merkt, dass Künstler, die einen früher gar nicht beachtet haben, plötzlich nett sind, einem die Hand geben und als Gesprächspartner würdigen. Nicht etwa weil man etwas Besseres als vor fünf Jahren zu erzählen hätte, aber weil man einfach alt in deren Augen ist.
Tarek: Alter ist auch schön, weil man viel gelassener wird und sich nicht mehr so viel aufregt. Die Nase wird größer, die Ohren werden dicker, die Haare weniger.
DJ Craft: Das ist auch total bescheuert, dass Leute jemanden würdigen, nur weil er schon ganz lange dabei ist. Dann ist es auch egal, ob man die ganze Zeit Scheiße produziert hat. Das ist schon komisch.

Dann wäre man vielleicht nicht mehr dabei.
DJ Craft: Das glaube ich nicht, Leute sind sehr lange dabei, obwohl sie Scheiße produzieren.
Maxim: Die sind gerade deswegen solange dabei, weil sie Scheiße produzieren, die sich gut verkauft.

Stimmt. Und aus jungen Idioten werden auch alte Idioten.
Maxim: Genau. Zitiert mich!

Könnte jemand „K.I.Z. Aus dem Alter bin ich raus“ ernst meinen?
Nico: In dem Trailer vom Kosmonaut Festival hat jemand gesagt: „Früher habe ich die gehört, früher war das cool. Jetzt nicht mehr so.“ Auf die Frage nach dem Warum, sagte er: „Früher war ich ein Kind.“
Maxim: Das finde ich aber schön.
Tarek: Dass wir diesen Satz früher benutzt haben, war ja auch die Flucht nach vorne, genau wie unser Mixtape auf der Special Edition Früher waren wir besser heißt.
Maxim: Ich weiß auch nicht, was daran schlecht sein soll, kindisch zu sein. Kinder haben zum Beispiel eine unglaubliche Konzentrationsfähigkeit. Wenn man sich anschaut, wie ein Kind spielt und wie konzentriert es bei dem Spiel ist, das muss ein Erwachsener erstmal nachmachen. Ich kann das nicht mehr. Ich bin immer von tausend Dingen abgelenkt. Wie Nietzsche schon gesagt hat, ist die Reife des Mannes, den Ernst, den man als Kind beim Spielen hatte, wiederzufinden.

Das heißt, es ist wichtig, kindisch zu bleiben?
Tarek: Wie Kafka schon gesagt hat: Added Tarek auf Instagram.
Nico: Ich weiß nicht, ob es so wichtig ist, aber es tut meinem Leben auf jeden Fall gut, kindisch zu sein.
Maxim: Erwachsene, die mit sowas argumentieren, dass ihnen etwas zu kindisch sei, müssen ja stolz darauf sein, dass sie erwachsen sind. Irgendwie muss es für sie scheiße sein, sich erwachsen zu verhalten. Vielleicht haben sie das Bedürfnis, Vogelgeräusche zu machen, aber trauen sich nicht, weil ihnen das zu kindisch wäre. Sie unterdrücken sich selber und dann wollen sie am Ende noch ein Dankeschön, weil sie so erwachsen sind.
DJ Craft: Und dadurch entstehen Neurosen und Neurosen schaffen die großen Probleme im Leben eines Menschen. Dadurch entstehen auch Komplexe und das ist einfach ungesund und gegen die menschliche Natur.
Maxim: Stattdessen sollte man herausfinden, dass der Feind nicht in einem selbst liegt, sondern in den anderen Menschen.

Ist es euch wichtig dieses Mal, also zum ersten Mal, auf die Eins zu gehen?
Maxim: Das war uns immer wichtig.
Tarek: Wir hätten uns dafür Finger abgeschnitten.
Maxim: Für jeden höheren Platz hätten wir einen unserer Finger gegeben.

Viele Rapper tun doch so, als wäre die Eins egal.
Maxim: Das sind die Allerschlimmsten. Die sind wie die Leute, die sagen „Ich muss nicht noch was von dem Kuchen nehmen“ und dann die Schweine sind, die den ganzen Kuchen aufessen. Bescheidenheit ist das Gierigste, was es gibt. Aber wir sind ehrlich!

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