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Kannst du dich auf einem Konzert mit Ebola anstecken?

In NYC gibt es einen ersten Ebola-Fall. Sollten wir jetzt panisch all unsere Habseligkeiten niederbrennen und plündernd und randalierend unseren Untergang begrüßen?

Diese Woche fegte eine Epidemie über New York City—der CMJ Music Marathon infizierte die komplette Stadt mit Horden an hyperaktiven Bands und Konzerttouristen. In all diesem Trubel debütierte klammheimlich eine weitere, weitaus furchterregendere Epidemie: Ebola. Der seltene und tödliche Virus rückte The Gutter, eine Bowlingbahn in Williamsburg, Brooklyn, ins Scheinwerferlicht. The Gutter sagten alle geplanten CMJ-Aktivitäten ab und schlossen für eine komplette Woche nachdem herauskam, dass ein Arzt, der nach der Behandlung von Patienten in West-Afrika positiv auf Ebola getestet wurde, zuvor The Gutter besucht hatte. Dies bescherte einigen New Yorkern nicht nur panische Anrufe ihrer besorgten Mütter aus Idaho zur Folge, sondern erweckte auch den inneren Clown in so manchem Twitter-Nutzer—Stichwort „Ebowla“. Vielleicht bekommen Hipster Ebola, wenn sie sich Filzhüte teilen? LOL. Schön, dass Twitter auch in tödlichen Krankheiten noch seinen Humor bewahrt. Ihr seid eben sowas wie der moderne Patch Adams.

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Sieht man von all den Witzen ab und ganz egal, ob die coolen Kids aus Williamsburg das nun zugeben oder nicht, es schwebt unweigerlich eine Wolke aus Angst und Furcht über allem. Jeder von uns hat schonmal zweifelhafte Dinge in Bars getrieben—zum Beispiel sein Bier mit dem komischen Hippie im Union Pool geteilt, die letzte noch stehende Person aus dem Levee mit nach Hause genommen oder das WORÜBER WIR NICHT SPRECHEN im Klo von Enid's getrieben. Heißt das jetzt, dass wir alle sterben werden? Sollten wir jetzt panisch all unsere Habseligkeiten niederbrennen und nackt die Bedford Avenue entlangrennen, um plündernd und randalierend unseren Untergang zu begrüßen? Um das herauszufinden, haben wir einen klugen Menschen angerufen, nämlich Dr. Philip Alcabes, Professor für Gesundheitswissenschaften und Autor des Buches Dread: How Fear and Fantasy Have Fueled Epidemics from the Black Death to Avian Flu, um endlich Antwort auf die Frage aller Fragen zu erhalten: „OMFG! Habe ich Ebola?!“

Noisey: Es sind sehr viele Touristen wegen der CMJ Music Marathon in der Stadt, rund 1.300 Bands sind hier, um an 80 unterschiedlichen Plätzen zu spielen. Erhöht das die Chance, dass sich Ebola über das gesamte Land verteilen könnte?
Dr. Alcabes: Das würde es, wenn der Virus ausgebrochen wäre, aber es gibt keinen Grund für diese Annahme.

Wie hätte der infizierte Arzt im The Gutter andere Konzertbesucher infizieren können?
Vermutlich gar nicht. Laut den Informationen, die wir aktuell haben, bekam er ein leichtes Fieber und ging ins Krankenhaus, daher hatte er wahrscheinlich noch kein Fieber als er auf dem Konzert war, und selbst wenn er es doch hatte, dann war es noch nicht allzu hoch. Was wir vom bisherigen Ausbruch in Westafrika und der wenigen Infizierten in Dallas bisher wissen, ist, dass Ebola tatsächlich nicht hochinfektiös ist. Es sieht danach aus, dass es während der Inkubationszeit, also der Periode von Ansteckung bis hin zu den ersten Symptomen, überhaupt nicht ansteckend ist. Ich kann das aber nicht mit Gewissheit sagen, denn es gibt noch keinen absoluten Beweis dafür. All diese Informationen basieren momentan nur auf den wenigen Hinweisen, die wir haben, aber es sieht danach aus, dass am Beginn der Krankheit noch keine Ansteckungsgefahr herrscht, zumindest nicht, wenn man nur leichtes Fieber hat.

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Angenommen jemand mit Ebola im fortgeschrittenen Stadium würde auf ein Konzert gehen und man würde diese Person später mit nach Hause nehmen… Würde man sich dann anstecken können?
Das ist natürlich auch eine sehr theoretische Situation. Jemand, der Ebola im fortgeschrittenem Stadium hat, der ist wirklich krank—er übergibt sich, hat blutigen Durchfall und sehr hohes Fieber. Ein Konzertbesuch steht da wohl nicht unbedingt an erster Stelle.

Man weiß ja nie—Menschen bringen seltsame Leute aus Williamsburg nach Hause.
Ich verstehe deinen Punkt, dass manche Menschen mit gewissen erotischen Vorlieben auch sehr seltsame Leute mit nach Hause nehmen, aber trotzdem wird sich eine mit Ebola infizierte Person nicht danach fühlen, auf ein Konzert und im Anschluss mit jemanden nach Hause zu gehen.

Wenn eine infizierte Band sich das Mikrofon mit einer anderen Band teilt, könnte das den Virus verbreiten?
Es gibt einen sehr guten Artikel in der New York Times von Carl Zimmer, den du dir vielleicht durchlesen möchtest. Er ist ein wirklich guter wissenschaftlicher Autor und hat die ganze Verwirrung rund um Tröpfen und Körperflüssigkeiten sehr gut aufgeklärt. Es sieht sehr danach aus, dass direkter Körperkontakt notwendig ist. Nehmen wir den Influenza-Virus als Beispiel, der befindet sich in unsichtbarem Sprühnebel oder auch in sichtbaren Tröpfchen, die in der Luft schweben. Deshalb kann man sich bereits mit Grippe infizieren, wenn man sich mit einer kranken Person im selben Raum aufhält, ohne dass man ihr nahe ist, sie küsst oder eben ein Mikrofon teilt. Es sieht danach aus, dass das mit Ebola nicht der Fall ist und sich dieser Virus nur in tatsächlichen Körperflüssigkeiten befindet. Wir sprechen also von Schleim, Speichel und Blut, und wenn du keinen direkten Kontakt mit einer dieser Flüssigkeiten hattest, dann kannst du dich nicht infizieren. Kurz gesagt: Das geschilderte Szenario wird zu keiner Infektion führen. Es ist zwar keine total absurde Vorstellung, aber es würde nur klappen, wenn die nachfolgene Person direkt nach dem Auftritt sehr nah ins Mikrophon singen würde und die Speicheltropfen seines Vorgängers quasi inhalieren würde.

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Würden Sie sagen, dass es realistischer ist, sich nach einem Konzert in Brooklyn mit einer Geschlechtskrankheit anzustecken, als mit Ebola?
Statistisch gesehen ja, das ist sogar wesentlich wahrscheinlicher. Das hängt natürlich wiederum von der Person ab, die du mit nach Hause nimmst. Ich möchte den Brooklynites dabei keine besonders schlimme Verfassung zuschreiben, sondern nur ein realistisches Maß an Geschlechtskrankheiten erklären, das überall auftritt, wo viele junge Menschen miteinander abhängen. Die Wahrscheinlichkeit, sich eine Geschlechtskrankheit in einer beliebigen Nacht einzufangen, ist weit höher, als sich mit Ebola zu infizieren. Wenn du dir also um etwas Sorgen machen möchtest, dann eher um Geschlechtskrankheiten als um Ebola.

Würden Kondome vor Ebola schützen?
Das ist eine interessante Frage. Es gibt nur wenige Berichte darüber, daher ist das alles noch sehr vage, aber es gab zumindest eine Studie über Männer, die sich zwar von Ebola erholt hatten, in deren Sperma aber trotzdem noch den Erreger zu finden war. Es ist aber nur eine Studie über das untersuchte Sperma und keine darüber, ob jemand Sex mit einem Infizierten hatte, daher muss man mit der Interpretation vorsichtig sein. Nur weil man im Labor Spuren des Erregers im Sperma gefunden hat, heißt das nicht, dass es tatsächlich auf diesem Weg übertragbar ist.

Es wäre wohl am Sichersten, einfach niemanden zu ficken, der Ebola hat.
Das ist das Tolle an Kondomen—wenn du sie benutzt, eliminiert das einen Haufen an Fragen, die du dir sonst am nächsten Tag stellen müsstest.

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Hätte The Gutter tatsächlich schließen müssen?
Ich glaube, dass der Gedanke dahinter ein politischer war. Ich denke, dass man die Menschen beruhigen wollte, dass man ihnen versichern möchte, dass an jede Möglichkeit gedacht wird, dass die gesamte Wasserfront gesichert ist und sich Ebola nicht ausbreiten wird. Besonders, wenn es sich um so ein großes Festival handelt, da ist es schon eine drastische Maßnahme, einen der Veranstaltungsorte zu schließen. Für mich sieht das deshalb sehr politisch aus, als würde die Stadt ihren Einwohnern versichern wollen, dass sie alles im Griff habe und sich niemand Sorgen machen muss.

Die Band Ihres Sohnes hatte bereits einen Auftritt im The Gutter. Hätte Ihr Sohn an jener Nacht einen Gig dort gehabt, hätten Sie ihn auftreten lassen?
Das steht mir nicht zu, weil er ein erwachsener Mann ist, aber ob ich es ihm empfohlen hätte? Nein. Sie schließen das Gutter weil die Obrigkeiten demonstrieren müssen, dass sie aus einer Vorsicht heraus handeln und das ist legitim. Ich hätte ihm aber nicht aus einer Ebola-Panik heraus davon abgeraten, denn wie gesagt, der infizierte Arzt war noch nicht ansteckend.

Dan Ozzi hat kein Ebola. Folgt ihm auf Twitter: @danozzi

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