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Kann Pop-Punk in Würde altern?

Verdammt, Mark Hoppus wurde heute 44 Jahre alt! Wenn Pop-Punk von Natur aus jugendlich ist ist, kann er dann überhaupt erwachsen werden?

Wenn du über 21 Jahre alt bist und niemals Der Fänger im Roggen gelesen hast, dann kümmere dich nicht drum. Aber halt, was zur Hölle? Du hast nie Der Fänger im Roggen von J. D. Salinger gelesen? Echt nicht? Nicht, dass das jetzt das beste Buch ist, das jemals geschrieben wurde, aber seit den letzten 50 Jahren hat doch jeder Schüler dieses Buch mal in die Hand nehmen müssen. Dieses Buch ist in deine Schullaufbahn und deine Pubertät doch so gut wie vorinstalliert, wie all die prall gefüllten Pickel und das ungepflegte Dickicht in deiner Unterhose. Aber egal, jetzt brauchst du dich auch nicht mehr drum kümmern, der Zug ist abgefahren. Damals hättest du es lesen müssen: als du ein stümperhaftes Durcheinander von Pickeln und Schamhaaren warst. Das Buch bläst dir vielleicht dein Teenie-Gehirn durcheinander, aber jetzt als erwachsene Person würde es dich wohl nur höllisch langweilen.

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Beim Pop-Punk ist das genau das Gleiche. Mit 13, 14 geht diese Musik runter wie Butter, was auch Sinn macht, da alles an dieser Musik etwas unterentwickelt ist. Musikalisch gesehen, bist du schon ein Pop-Punk-Genie, wenn du es nur schaffst zwei Minuten lang drei Akkorde zu schlagen. Gratulation! Lyrisch gesehen, benötigst du ja auch nur das rudimentäre Verständnis vom Reimen und davon, wie Beziehungen funktionieren. Willst du mal etwas aus dieser Zauberformel hören?

“She’s got a couple of pony kegs / Her arms are bigger than my legs / And when she holds me, I can’t breathe / That’s why I love her.”

Das ist tatsächlich nicht nur eine Zeile aus einem Pop-Punk-Lied, sondern auch noch eine ziemlich berühmte. Aber wenn Pop-Punk von Natur aus so juvenil ist, kann er dann überhaupt erwachsen werden?

Die zitierte Zeile stammt aus einem NOFX-Song vom Anfang ihrer 30-jährigen Karriere als ewig Junggebliebene. Zu diesem Zeitpunkt waren Fat Mike und der Rest der Band, die mittlerweile in ihren Mit-40ern stecken, noch nicht erwachsen und verdoppelten auf einen Schlag ihre eigene Dämlichkeit. Selbst wenn sich die Songtexte ihrer neuesten Alben an den Themen der Großen versucht haben, haben sie die Songs trotzdem durch den Wortwitz-Fleischwolf dämlicher Späße gepresst (siehe: War on Errorism von 2003). Verglichen zu den Rolling Stones (falls das die Nobel-Preis-Jury gerade mitliest, notiert euch bitte, dass ich gerade NOFX und die Stones in einem Atemzug genannt habe), die im Verlauf ihrer langen Karriere Fans aus allen Altersschichten akquiriert haben, bleibt die Fangemeinde von NOFX konstant 16 Jahre alt. Du dürftest noch nie einen 40-Jährigen getroffen haben, dessen Lieblingsband NOFX ist und du wirst auch nie einen treffen, weil sich der Geschmack von Menschen mit ihrem Alter verändert. NOFX ist eine Band, die wie eine Einstiegsdroge wirkt, der Ausgangspunkt, um andere Musik entdecken zu können. Nach NOFX wirst du Bad Religion und Lagwagon für dich entdecken. Dann wirst du Hardcore entdecken, dann Post-Punk, dann Indierock, und dann wenn du 30 bist, wirst du mit dir selbst hadern, ob du nun Musik auflegst, oder einfach nur entspannt den Podcast der Öffentlich-Rechtlichen mit einer Tasse Tee in der Hand genießt. Aber im Gegensatz zu ihren Fans, weisen NOFX keine Alterungszeichen auf.

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Die Mitglieder von Blink 182 sind zu ihrem Nachteil in den letzten Jahren langsam aber sicher erwachsen geworden. Es begann vor ein paar Jahren, als Blink 182 gerade eine Pause einlegten. Gitarrist Tom Delonge kündigte an, dass er an einem Projekt namens Angels & Airwaves arbeite, das wie eine Mischung aus U2 und Pink Floyd klingen werde. Aber als es dämmerte, dass niemand einen Typen sehen will, der auf einmal den Künstler raushängen lässt, nachdem er zuvor darüber sang, wie er einen Hund in den Arsch fickt, zog sich Delonge schnell wieder in den Furzwitz-Kokon mit dem Namen Blink 182 zurück.

In den Glanzzeiten ihrer Karriere besaßen Blink das Monopol für Unreife. Die Songs der Band waren so überladen mit Blödheit, dass sich das sogar auf die Namen ihrer Alben übertrug, wie Take Off Your Pants and Jacket oder Enema of the State. Aber seit ihrer Reunion im Jahre 2009, haben sie die Slapstick-Einlagen gegen ernsthafteres Material eingetauscht, wie auf ihrem schalen 2011er Album Neighborhoods, was komplett frei von dämlichen Witzen war. Eigentlich ist das traurig, wirklich. Blink 182 könnten doch für immer solch bekloppte Pop-Punk-Nummern spielen, einfach schon aus dem Grund, weil sie Zilliardäre sind. So reich zu sein, dass man sich nicht den kleinsten Furz um finanzielle Haftung kümmern muss, kommt unglaublich nah an die Erfahrung heran, als man noch bei seinen Eltern wohnte. Solange, wie sie ihre Haare ordentlich mit Gel nach oben stylen und Shorts von Hurley tragen, können sie meinetwegen für immer darüber singen, wie sie in Socken wichsen. Sie würden verdammt lächerlich aussehen, aber die Kids würden viel Geld dafür bezahlen, sie live zu sehen.

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Auf der anderen Seite des Pop-Punk-Spektrums steht Ben Weasel. Obwohl er wahrscheinlich eine der wichtigsten Figuren dieses Genres darstellt, ist der Frontmann von Screeching Weasel meilenweit von der finanziellen Sicherheit à la Blink 182 entfernt. Mark Hoppus gibt wahrscheinlich tagtäglich das komplette Vermögen Weasels allein für Wayfarer-Sonnenbrillen aus. Das Altern des Pop-Punk steht Weasel nicht besonders gut ins Gesicht geschrieben. In den 80ern und 90ern war Weasel eine erfolgreiche Pop-Punk-Maschine, die Song wie „Hey Suburbia“ oder „I Wanna Be A Homosexual“ fabrizierte. Aber heutzutage zählt er das Auskotzen leeren konservativen Geschwätzes auf Facebook und die Entdeckung des Katholizismus zu seinen Hobbys. Im Jahre 2011 schaffte er es gerade noch einmal so, sich vom Abgrund der Bedeutungslosigkeit zu entfernen, als er erbärmlicher Weise zwei Frauen beim SXSW auf der Bühne schlug. Das war ein ernüchternder Moment, nicht nur für Weasel—der einen unheimlich schlechten Zeitpunkt dafür auswählte, zu realisieren, dass er nicht kämpfen kann—sondern für die ganze Pop-Punk-Community. Es war so, als würden auf einer Party auf einmal alle Lichter angehen und alle merken, dass sie ihren Schwanz aus der Hose baumeln lassen.

Dennoch gibt es wie immer auch eine Ausnahme zu der Regel, dass Pop-Punker nicht in Würde altern können. Frank Portman (a. k. a. Dr. Frank) von The Mr. T Experience hatte lange Zeit Freude an seiner Pop-Punk-Karriere und konnte Peinlichkeiten ganz gut von sich fern halten—es sei denn man zählt es dazu, dass man sich selbst Doktor nennt, obwohl man keinen Abschluss hat. Portman schaffte es über 30 Jahre lang als Musiker zu überleben und nutzt nun sein Verständnis für die jugendliche Mentalität dafür, bejubelte Romane für junge Erwachsene zu schreiben, wie King Dork.

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Aber eine Karriere als Pop-Punker zu verfolgen, ist keine einfache Sache. In jedem Jahr, in dem eine Pop-Punk-Band weiter existiert, entfernen sie sich weiter und weiter von den Material, das sie einst schrieben. Eines Tages stehen sie dann auf der Bühne und sehen nicht mehr wie die Ikonen eines Genres aus, sondern eher wie Väter, die eine Kinderparty beaufsichtigen. Es ist komisch, einen Song zu erleben, der die Band überlebt hat, die diesen einst schrieb. Aber das ist in Ordnung. Vielleicht sollte Pop-Punk ursprünglich nie altern.

J. D. Salinger war 91 Jahre alt, als er starb—fast 60 Jahre nachdem er Der Fänger im Roggen geschrieben hat. Wer weiß, vielleicht hasste er das Buch in seinen späten Jahren. Vielleicht schämte er sich im Rückblick über seine Träumereien über die Jugend. Leider war er ein notorisch einsiedlerischer Spinner, so dass wir das wohl nie erfahren werden. Trotzdem, mach dir keine Mühe dieses Buch zu lesen.

Dan Ozzi betreibt eine Seute namens Jaded Punk, die eigentlich ziemlich cool ist. Folge ihm auf Twitter - @danozzi

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