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Interviews

Hanni El Khatib kommt ganz gut ohne Messer klar

„Knife Fight Music”, der selbstbetitelte Sound seiner Musik. Gewalt spielt hier jedoch keine Rolle.

Wenn man den Namen Hanni El Khatib schon mal gehört hat, dann sicher in Verbindung mit Huf oder Dan Auerbach. Bei der Skateboard Marke Huf war Hanni, bis er sich für die Musik entschied, Creative Director. Und Dan Auerbach, der eine von den Black Keys, hat sein zweites Album produziert. Es ist schade wenn Künstler mit irgendwelchen Namen promotet werden doch im Fall von Dan Auerbach ist das definitiv ein Qualitätssiegel. Es lässt sich auch im Soundbild nicht leugnen, dass Dan seiner Finger im Spiel hatte. Die Bässe und Gitarrenakkorde werden bei Aficionados der Black Keys einen hohen Wohlfühlfaktor auslösen. Allerdings ist das aktuelle Album Head In The Dirt kein billiger Abklatsch einer Black Keys-Scheibe, die Unterstützung von Dan hat viel mehr zur Folge, dass das Album aufgeräumter wirkt und der rote Faden deutlicher ist, als beim Vorgänger Will The Guns Come Out.

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Noisey: Wie bist du zu dem Musikstil der 50er und 60er gekommen? Haben das deine Eltern früher gehört?
Hanni El Khatib: Wenn du in den 80ern in Amerika aufwächst, dann hörst du diese Musik überall. Die Musik ist definitiv eine Reflexion meiner Kindheit. Als ich älter wurde und mir Bands wie die Cramps anhörte, die die 50er coverten, versetzte es mich in diese Zeit zurück. Dadurch fing ich an, mich für Garage Rock zu begeistern und es zu studieren.

Du bist quasi auf dem Skateboard aufgewachsen. Ich verbinde die 80er und Skateboards eher mit Punkrock.
Skateboarden war nie an nur ein Musikgenre gebunden. Viele meiner Lieblings-Skatevideos haben eine ganz breite Palette an Sounds. Skateboarden habe ich auch immer mit Oldies in Verbindung gebracht.

Viele deiner Songs werden in Werbespots gespielt. Glaubst du, dass das eine wichtige Einnahmequelle für Musiker sein kann?
Definitiv. Ohne Zweifel—ohne Werbung könnte ich kein Vollzeit-Musiker sein. Wir bekommen keine Kohle durch Plattenverkäufe, das weiß jeder. Und im Moment verliere ich sogar Geld, wenn ich toure. Wenn ich meine Musik nicht in der Werbung spielen lassen würde, müsste ich im Prinzip dafür zahlen, Musiker zu sein. Jeder, der denkt, dass das ein Sell-Out-Move ist, dem sage ich: Fuck you! Wie soll ich sonst meine Miete zahlen?

Hast du schon mal Musik explizit für Werbung gespielt?
Nein, die Leute sind immer auf mich zugekommen. Nach dem Motto: Können wir den Song von deinem Album verwenden? Klar, denke ich mir dann.

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Warum hast du dich entschieden ein eigenes Label zu gründen?
Ich war Creative Director bei dem Klamottenlabel „Huf“, als sie nur T-Shirts und Schuhe verkauften. Mittlerweile ist es eine weltweite Marke geworden. Das habe ich sechs Jahre lang gemacht. Als ich dort gekündigt habe, um mich der Musik zu widmen, habe ich mich gefragt, wie ich Geld verdienen sollte. Ich war mir sicher, dass ich pleite sein würde, wenn ich nur Musik mache. Die andere Option war dann, ein Plattenlabel zu gründen. Es ist ziemlich cool, weil ich damit machen kann, was ich will.

Musst du manchmal Konflikte mit dir selbst austragen, weil du ein Label führst und selber Musiker bist?
Ja, das passiert manchmal. Aber ich glaube, dass viele Künstler zu uns kommen, weil einer der Gründer selbst ein Musiker ist. Viele wollen sich Ratschläge von mir holen. Manchmal ist es komisch, weil ich mir selber nicht mehr herausnehmen darf als die anderen Künstler, obwohl ich einer der drei Chefs bin. Aber das ist natürlich gut so. Als ich dein zweites Album hörte, habe ich mich gefragt, warum mir der Sound so gefällt und vor allem warum er mir so bekannt vorkommt. Dann habe ich gelesen, dass Dan Auerbach von den Black Keys es produziert hat.
Darf ich dich fragen, was du sonst für Musik hörst?

Hauptsächlich HipHop, aber mit dem Alter habe ich meinen Musikgeschmack erweitert. Die ersten beiden Black-Keys-Alben mochte ich zum Beispiel sehr.
Dan und ich hören sehr viel HipHop. Wir beide nehmen immer zuerst HipHop als Referenz, dann Soul und dann Blues. Wir haben einen sehr ähnlichen Musikgeschmack, deswegen war es so einfach mit ihm zu arbeiten.

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Wie habt ihr euch kennengelernt?
Wir haben uns in einer Bar in Paris kennengelernt, wo ich DJ war. Ein gemeinsamer Freund hat uns vorgestellt. Wir fingen an zu quatschen und beschlossen in Kontakt zu bleiben. Ein halbes Jahr später habe ich überlegt, wo ich mein Album aufnehmen soll und er bot mir sein Studio in seinem Haus in Nashville an.

Aber es ging nicht darum, ein Album gemeinsam aufzunehmen?
Nein. Ich hatte mein erstes Album alleine produziert und wollte eigentlich nicht mit einem Produzenten arbeiten. Aber bei Dan dachte ich mir, warum nicht? Ich bin ja sowieso bei ihm zuhause. Außerdem schätzte ich seine Produktion beim Dr.-John-Album sehr. Also fragte ich ihn, und er war sofort einverstanden.

War der Produktionsprozess schwieriger, weil ihr ja mittlerweile zu Freunden wurdet?
Nein, es war unfassbar einfach. Wir haben das Album in elf Tagen aufgenommen.

Das ist schnell.
Ja. Jedes Mal, wenn etwas zum Problem wurde, haben wir es gelassen. So einfach ist das.

Worin hat Dan dir besonders geholfen?
Es war einfach gut, eine Meinung von außen reinzubringen, Besonders, weil ich vorher immer alleine gearbeitet habe. Außerdem ist er gut darin, Unnötiges rauszuschmeißen. Deswegen ist auch kein Song auf dem Album länger als dreieinhalb Minuten. Außerdem ist er ein großartiger Musiker, der in jedem Prozess involviert war.

Ich habe mal gelesen, dass du Fotos von Auto-Unfällen gesammelt hast.
Bevor ich gesignt wurde und ein Album draußen hatte, habe ich meine Musik in Bars und auf Haus-Partys gespielt. Ich wollte etwas bei diesen Shows verkaufen, aber ich hatte noch keine CDs. Dann habe ich die Crash-Fotos in Magazin-Form dort verkauft. Als ich meine ersten CDs gebrannt habe, sind die Unfall-Fotos zu so etwas wie meinem Artwork geworden.

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Aber warum Auto-Unfälle?
Ich finde die Idee verrückt und faszinierend, dass ein so massives Stahlkonstrukt, das so mächtig sein kann, so schnell zerfetzt werden kann.

Bei solchen Unfällen, wie du sie auf den Bildern hast, sterben in der Regel Menschen. Hast du auch eine besondere Faszination für den Tod?
Nein, überhaupt nicht. Es ist einfach eine Faszination dafür, dass etwas so Mächtiges doch so fragil ist.

Du bist Halb-Palästinenser. Wie sehr setzt du dich mit dem Konflikt im Nahen Osten auseinander?
Ich lebe nicht dort, deswegen ist es schwer, diesen Konflikt nachzuempfinden. Ich habe nicht genug Ahnung von der Materie, deswegen will ich das auch nicht kommentieren. Der Konflikt geht schon so lange und ich lebe nicht dort, wer weiß, was da wirklich abgeht. Ich habe ein Problem mit Leuten, die sich durch ihre Vorurteile ein Urteil erlauben, ohne die Situation wirklich zu kennen oder jemals dagewesen zu sein. Ich kann nur sagen, dass der Konflikt noch andauern wird.

Hattest du in den Staaten schon mal Probleme wegen deiner Herkunft oder deines Namens?
Nach dem 11. September hatte ich einige Probleme. Ich hatte Schwierigkeiten ein Arbeitsvisum für Großbritannien zu bekommen. Dann war es schwierig in England einzureisen. Von den fünf, die ein Arbeitsvisum hatten, war ich der Einzige, der für dreieinhalb Stunden festgehalten wurde. Du hörst immer hier und da irgendeinen Schwachsinn, vor allem im Internet. Ich lese das nicht, aber meine Freunde, die meine Musikvideos gedreht haben, sind besessen davon, solche Youtube-Kommentare zu lesen und erzählen mir immer davon. Aber mich interessiert das echt nicht.

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Das Album Head In The Dirt könnt ihr hier kaufen.

Demnächst habt ihr wieder die Chance Hanni live in Deutschland zu sehen:
28.11. Köln - Gebäude 9
29.11. Hamburg - Molotow
30.11. Berlin - Magnet Club Folgt Sascha auf Twitter @DeutscheWorte

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