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In Erinnerung an Paul McCartney, 1942-1966

Seit 43 Jahren hält sich nun schon das Gerücht, dass Paul McCartney tot sei.

Eins der wahrscheinlich aufregendsten Dinge, die du noch machen kannst, wenn du die Sammlung des musikalischen Katalogs deiner Lieblingsband komplettiert und so ziemlich jedes offiziell lizensierte Merchandise-Produkt angehäuft hast, ist, das öffentliche Bild der Band in die eigenen Hände zu nehmen, indem du ordentlich die Gerüchteküche anheizt. So geschah es 1969, vor genau 43 Jahren, dass mit der Veröffentlichung des letzten Studioalbums der Beatles Abbey Road die Gerüchte über die Band brodelten. Das stärkste und bis heute immer noch köchelnde Gerücht war, dass Bassist und Songschreiber Paul McCartney umgekommen wäre und sein Label, Management und die Bandkollegen alles dafür tun würden, dass dieser Umstand geheim bliebe.

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Dieses Gerücht setzte sich so massiv in der Popkultur fest, dass Verfechter der morbiden Geschichte in dem Monat nach der Veröffentlichung von Abbey Road noch einen Schritt weiter gingen und die Hinweise auf seinen Tod bis auf einen früheres Gerücht zurückverfolgten, nach dem Paul schon 1967 bei einem Autounfall zu Tode gekommen sei. Es soll sogar einen Paul-McCartney-Doppelgänger-Wettbewerb gegeben haben, dessen Gewinner für einen Riesenhaufen Kohle der neue Beatles-Bassist geworden war. Dieser neue Paul wurde „Faux Paul“ (Falscher Paul) genannt.

Gelangweilt, breit oder beides—überall auf der Welt begannen mit Abbey Road Beatlemaniacs über Pauls Tod zu spekulieren und diejenigen, die daran glaubten, fingen an, Hinweise zu sammeln. Die meisten solcher Clues fanden sie in nach 1966 veröffentlichten Songs und Artwork der Beatles.

Der britische Comediean Issy Bonn hebt seine Hand, um den toten Paul zu segnen, der—weil er ja tot ist—als einziger ein schwarzes Instrument in der Hand hält.

Ein paar der Hinweise darauf, dass Paul in aller Heimlichkeit gestorben ist, fanden sich auf dem Cover der berühmten 1967er LP Sgt. Pepper‘s Lonely Hearts Club Band. Paul, der einzige, der auf der Frontseite ein schwarzes Instrument hält, ist ebenfalls das einzige Bandmitglied, dessen Gesicht auf der Rückseite der Platte nicht sichtbar ist. Auf dem Cover kann man in den Blumen hinter dem Wort „BEATLES“ eine Bassgitarre sehen, die aus weißen Blumen geformt wurde. Manche Leute sind sogar so weit gegangen, dass sie in dem Blumenarrangement die Phrase „PAUL?“ zu erkennen glaubten. Es gibt noch mehr solcher „Hinweise“ und sie werden immer lächerlicher.

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The White Album bot eine komplett neue Plattform für die Anhänger der Paul-is-Dead-Theorie. Auch wenn man an der einfachen äußeren Erscheinung des Albums nicht viel deuten konnte, wurde das Doppelalbum schnell als „Paul Memorial Album“ bezeichnet und die Paul-is-Dead-Anhänger beschäftigten sich dieses Mal vor allem mit der Musik, um ihr Theorie zu untermalen. Sie analysierten die Songs aufs genaueste und meinten, für das menschliche Ohr nicht erkennbare Gesänge und Klänge zu entdecken (manchmal, indem die Platte rückwärts gespielt wurde). Insbesondere Lieder wie „Blackbird“, „Revolution No. 9“ und „Don‘t Pass Me By“ fanden das Interesse der Verschwörungstheoretiker.

Das berühmte Cover des Paul-is-Dead-Fanmagazins, das hauptsächlich für die vielen Gerüchte um Pauls Tod verantwortlich ist.

Noch mehr Indizien für Paul Tod tauchten periodisch in den folgenden Jahren in Fanclub-Bildern oder dem Albumcover von Yellow Submarine auf … und dann kam Abbey Road.

Als klar war, dass es das letzte Studioalbum der Band sein wird, wuchs die Beatlemania der Superfans noch weiter an, was zu noch mehr Auftrieb für die Paul-is-Dead-Verschwörung führte. Auf der Suche nach Antworten und musikalischer Sicherheit bestärkte Abbey Road ganz von selbst das Phänomen der Verschwörung.

Es half dabei auch nicht, dass Paul in dieser Zeit zunehmend begann, Barfuß aufzutreten und sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren (denn offenbar beerdigte man die Toten damals in Großbritannien ohne Schuhe und Socken). Dieser Fakt—zu allem Überfluss noch deutlich sichtbar auf dem Abbey-Road-Cover—entwickelte sich zum allerwichtigsten Beweis für die Theorie. Die Anhänger behaupteten, dass sie Anordnung der Bandmitglieder auf dem Zebrastreifen einer Beerdigungs-Prozession entspräche, wobei Paul (barfuß!) natürlich derjenige wäre, der betrauert und beerdigt wird.

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Als wäre das nicht schon genug, suchten die Fans wie wild nach weiteren Hinweisen. So wäre das Nummernschild des Käfers, der im Hintergrund geparkt ist, sehr aussagekräftig: „28IF“ stünde für „28 years old IF alive“. Außerdem wäre ein Totenkopf rechts oben auf der Rückseite der Platte sichtbar und links oben könnte man ein paar Punkte zu einer 3 verbinden, was daraufhin deute, dass nur noch „3 BEATLES“ übrig wären.

Von links nach rechts: Der Totengräber, der Tote, der Leichenbestatter, der Priester

Paul reagierte letztlich, indem er ein paar Wochen nach dem Release von Abbey Road öffentliche Auftritte suchte (vor allem in der LIFE Magazine-Ausgabe vom 7. November 1969) und jedem versicherte, dass er noch immer lebte. Er erklärte, dass er versucht hatte, sich ein wenig aus den Medien rauszuhalten, um für sich und seine Familie ein wenig Ruhe auf einem Bauernhof in Schottland zu finden. Die Anhänger der Paul-is-Dead-Theorie nannten die Medienkampagne einen „Verschleierungsversuch“ und bezeichnen bis heute alles, was Paul seit 1970 gearbeitet hat, als Arbeit von schmallippigen Produzenten und natürlich dem uns allen so bekannten „Faux Paul“.

@jeffogiba