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Ich habe versucht, 24 Stunden lang Money Boy TV anzuschauen

Zwischenzeitlich war Money Boy ein sprechender Regenbogen und mein Hirn weich wie Butter.

Im Jahr 5 nach „Dreh den Swag auf“ ist Money Boy gemeinsam mit Hustensaft Jüngling als Hidden Track auf CLA$$IC von Bushido und Shindy gefeatured und somit definitiv in der Deutschrap-Szene angekommen. Auch wir haben uns zwischenzeitlich intensiv mit der Vergangenheit von Sebastian Meisinger beschäftigt, sind auf den Pfaden seiner akademischen Laufbahn gewandelt und müssen mittlerweile wie alle anderen auch anerkennen: Der Typ ist kein gewiefter Method Actor, der eine auf Jahre angesetzte Medienstudie betreibt, sondern meint das alles verdammt ernst.

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Trotzdem kann man im Jahr 2015 mal ein bisschen Revue passieren lassen, wie das eigentlich alles gekommen ist—und was dürfte da bitteschön mehr Aufschluss geben, als sich sämtliche Musikvideos, Hood Reports, Videoansagen und Freetracks von Money Boy zu geben, die sich auf seinem eigenen Youtube-Kanal finden lassen?

Kurz die harten Fakten: Der Youtube-Kanal vom Boy trägt nach außen hin den Namen Money Boy, wurde aber am 19. Februar 2007 unter dem Namen seppo2121 angemeldet. Seppo ist hierzulande weithin als Verkürzung des Vornamens Sebastian bekannt und die doppelte 21 impliziert, das Money Boy schon vor gut acht Jahren wusste, dass er irgendwann mal vom 21. Bezirk aus ein Imperium führen würde. Bis zum November 2015 hat Money Boys Youbube-Kanal 157.331 Abonnenten vorzuweisen, die seine Videos in Gänze 82.697.171 aufgerufen haben. „Dreh den Swag auf“, Money Boys größter Hit, hat bis dato 22.359.908 Views.

Bevor hier gleich alle die Barrikaden hochgehen: Ja, die Idee ist nicht neu und sie ist auch nicht von mir. Vor gut einem Jahr hat mein geschätzter Kollege Joe Price etwas ganz ähnliches gemacht, sich einen ganzen Tag am Stück die gesamte Diskografie von Lil B angetan und dabei laut eigenen Angaben bisweilen andere Bewusstseinszustände erreicht—und nichts anderes erwarte ich mir vom gnadenlosen Bingewatching des Boy’schen Channels.

13:00

Ich habe mein Email-Programm geschlossen und im Browser den Youtube-Kanal von Money Boy geöffnet. Los geht es mit dem Video „Film am 26 07 2010 um 22 15“. Ein deutlich jüngerer, dünnerer und bräunerer Money Boy steht in seinem Zimmer vor einem Mikrofonständer und rappt „Ching Chang Chung“ ein. Er trägt eine Sonnenbrille und ein weißes Muskelshirt. An der Wand hängt ein Poster des Bushido-Films Zeiten ändern dich.

13:15

Es ist soweit: Die allererste Videobotschaft. Beezy dunked einen Ball in den Ring und kündigt sein Mixtape Swagger Rap an. Gleich darauf feuert Money Boy die zweite Videobotschaft raus. Die Kamera schwenkt von einem dilettantisch selbstgemalten Bild voller Luxuslogos auf den klavierspielenden Money Boy, der nicht nur erneut sein Mixtape sondern auch einen Diss gegen „BattleBoiBasti, diesen kleinen Lauch“ ankündigt.

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13:32

Legendär: „Videobotschaft 4“. Money Boy sitzt in einer Hotelsuite und erzählt erst davon, dass er heute „nicht viel“ Schmuck trägt, um danach stolz von seinen Shopping-Eskapaden zu berichten. Aber nicht bei New Yorker oder H&M, die laut Angaben vom Boy auch „gute Shops“ sind, sondern in der Gucci-Boutique, wo er sich „das eine oder andere Accessoire“ gekauft hat.

14:01

Das „Dreh den Swag auf“-Video! Auch nach fünf Jahren immer noch fresh. Warum eigentlich? Vermutlich, weil es derart stark zwischen Genialität und Vollidiotie hin- und herschwenkt wie nur wenig sonst. Einerseits so schöne Details wie ein Fuchsschwanz am Gürtel, dann wieder diese steife Haltung, mit der Money Boy auf dem Segway vorrausschauend durch Wiens Fußgängerzone cruised.

14:31

Eine Millionen Klicks für „Dreh den Swag auf“! Money Boy hört „A Millie“ von Lil Wayne, hat zwei Flaschen Champagner eingekühlt und gönnt sich. Der Boy prostet der Kamera mit gut gefüllter Sektflöte zu und ruft „Woooaaah…“, ich rufe geistesgegenwärtig „Hey!“ in den Bildschirm und bin jetzt richtig drin.

14:43

Nach „Mr. 2010/2011“ hat Money Boy jetzt ein neues AKA: Der interessanteste Mann der Welt. Ansonsten entdeckt er Schreiners Durstlöscher für sich und isst Geld mit Messer und Gabel.

15:05

Money Boy kündigt einen Auftritt in Duisburg an, während er Ciroq-Cranberry-Juice trinkt und eine mit, vermutlich gefälschten Brillanten, besetzte Ciroq-Flasche als Anhänger um den Hals trägt. Als Money Boy fertig ist, rufe ich „Burr!“.´

15:17

Money Boy fährt Ski.

15:21

Ah, jetzt gibt es auch ein Video zu „Swag Stars“ von Spinning 9 und Money Boy. Die Frage ist: Was macht Sinan G genau in dem Video? Und das bei 2:30 Minuten ist doch Rooz von hiphop.de!

15:36

In der Videobotschaft 17 erscheint Professor Money Boy im Tweedjackett, silbergrauen Haaren und einer Pfeife im Mund. An der Tafel im Hintergrund prangt die Gleichung S (G, N) = Irgendwas mit der Wurzel aus Gucci und Luis Vuitton. Money Boy teast ein neues Video und vor allem auch seine iPhone-App an. Mir fällt ein, dass ich mir die App damals wirklich gekauft habe und ich will sie für die restlichen 22 Stunden gerne auf mein Handy laden, um mich mit Money-Boy-Adlibs wach zu halten—aber: nicht mehr verfügbar. Schade.

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15:59

Der Club-Remix von „Dreh den Swag auf“ als Vertragserfüllung aus dem Deal mit Sony Music ist als Video erschienen. Money Boy sitzt in einem froschgrünen Jogginganzug herum und berichtet sehr aufgebracht darüber, dass sein Video scheinbar in Deutschland nicht verfügbar ist.

16:37

Money Boy hat eine Polo-Uniform an und gibt Shoutouts an die S.O.O.W.U.S., was für Swagged Out OGs with Unlimited Swag steht. Scheint, als wolle er hier zum ersten Mal eine Art Crew einführen oder einen Mob um sich formieren.

16:57

Hier steht Money Boy in einem Kuhstall und hat eine Mistgabel in der Hand. Ich überlege kurz, das Projekt abzubrechen.

17:30

Kurzer, achtsekündiger Lichtblick, der auch meine Motivation wieder zurückbringt. Money Boy „Before I Was Famous“. Money Boy tüftelt im Clip an einem ziemlich unaufgeräumten Schreibtisch am Song „Gucci & Prada“ und fühlt sich unbeobachtet, obwohl jemand—vermutlich seine damalige Freundin—die Kamera auf ihn hält. Irgendwie süß.

17:55

Money Boy macht keine Videobotschaften mehr, sondern Vlogs. Im zweiten begrüßt er die Zuschauer mit „Yo, whaddup Bitches!?“ Die anonyme Kamerafrau kommentiert mit einem „Psssscht!“ aus dem Off. Money Boy lächelt die Ermahnung weg und fügt noch ein „Whaddup, Niggas?“ an.

18:00

Money Boy hat das Coning für sich entdeckt.

19:23

Der Boy hat einen Limonadenstand, steigt hier schon gut zwei Jahre vor dem „Kola mit Ice“-Smasher und drei Jahre vor dem „Frag nicht was für Saft?“-Movement zum ersten Mal ins Getränke-Business ein und presst eifrig Zitrusfrüchte aus.

19:36

Money Boy macht keine Vlogs mehr, sondern wieder Videobotschaften. In der 28. sitzt in der Umkleide einer Fendi-Boutique und macht Werbung für seine zweite App, wird aber immer wieder von seiner Meinung nach „sehr lauten Russen“ gestört und wirkt leicht aggressiv. So aggressiv, dass er die Zuschauer auffordert, ihm gefälligst in den sozialen Medien zu folgen. Andernfalls würden sie ihn nur noch mehr anstacheln, was ihn wiederum dazu veranlassen würde, noch mehr Tracks zu machen. „Ich bin motiviert, ich bin aufgebracht, ich bin einfach im Lamborghini-Flirt-Modus…was auch immer.“

19:40

Ich kauf mir Booooooooots von UGG...“ Ich poste den Song bei Twitter und erhalte zwei Likes. Mir scheißegal. Crack fürs Volk, das Mixtape auf dem sich auch „UGG Boots“ finden lässt, hat noch mehr Banger vorzuweisen. Zum Beispiel „Yayo“. In dem Song singt Money Boy mit einer sehr hohen und schiefen Stimme vom Crack kochen. Genau das macht er auch im Video. Dazu trägt er ein recht schlaff vom Kopf hängendes Durag, dass ihn ein bisschen wie Goofy aussehen lässt.

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20:17

Ein Video aus Berlin. Money Boy steht vor einem Schawarma-Laden und erzählt, dass er einen neuen Freund, den Drachen von Spandau, hat. Kurz danach disst er Shindy und wirft ihm vor, dass er Frauenkleider trägt.

20:23

Blau-orangenes Basketball-Outfit beim Boy, der in einer Sparkassen-Filiale steht. Er begrüßt mich mit „Yo, ich bin’s Money Boy—fresh wie ein Delfin, fly wie ein Flugzeug!“ Die Kamerafrau muss lachen. Dann erklärt Money Boy, dass der folgende Freestyle nicht aus seinem iPhone, sondern aus seinem iBrain kommt.

20:27

Jetzt geht’s los. Handy-Freestyles, geil! Money Boy steht in Treppenhäusern, liegt in Hotelbetten herum, hat Halstücher auf dem Kopf und vergleicht sich mit Marsmenschen. Es ist spannend zu sehen, wie er fünf Jahre nach „Feuer über Deutschland“ das A capella-Battle wieder einführt. Er benutzt Standardphrasen wie „Ich sag…“, „Ich sag folgendermaßen…“, „Pass mal auf…“, fängt Vergleiche mit „ähnlich wie“ an oder lässt Pausen für absurde Adlibs, die nach diversen Vogelschreien oder Pistolenschüssen klingen und leckt sich über die Lippen. Und: Er hat Punchlines: „Du hast keinen Schwanz so wie flüchtende Eidechsen!“ oder „Nach einer Flasche Korn ist deine Mutter blau wie ein Schlumpf!“ Das ist schon witzig. Ich versuche, die Adlibs zu raten, mit denen Money Boy die Pausen zwischen den Zeilen füllen wird.

21:16

Wenn ich vorhin sagte, dass es richtig losgeht, dann war das gelogen. Weil: Jetzt geht es richtig los. Und zwar mit dem „Philadelphia Freestyle“. In der Hood in der Money Boy früher am Tag Basketball gespielt hat, treibt er sich jetzt nach Sonnenuntergang herum. Die Freestyles werden noch intensiver. Auch die Rolle des verfolgten Gangsters am Corner, der sich paranoid nach Undercover-Cops umsieht, beherrscht Money Boy perfekt. Immer wieder unterbricht er seine Raps, um nachzuschauen, was sich gerade abseits des Kameraausschnitts abspielt.

21:37

Ich fange an die Adlib aufzuschreiben, die Money Boy gerne verwendet. Ganz weit vorne dabei: Sheeeesh! Danach folgen recht gleich auf Scurr, Burr, diverse Vogelgeräusche, die mal eher an eine Möwe, dann an einen Adler oder eine Eule erinnern. Frääät und Brääät sollen Pistolen und Maschinengewehre imitieren. Manchmal lacht Money Boy auch wie eine alte Hexe.

21:51

Jetzt wird’s interessant. Ein Fanfragen-Interview mit Money Boy—könnte ja gut sein, dass sich ein paar Leute aus seiner jetzigen Gefolgschaft damals schon ins Spiel gebracht haben. Und, siehe da, bei 3 Minuten und 50 Sekunden sieht man einen gewissen Ole, besser bekannt als Hustensaft Jüngling. Pures Gold!

22:03

Nach ein paar sinnlosen KC-Rebell-Diss-Tracks, meldet sich Money Boy aus der Hood. In der Zwischenzeit müssen sich eine Menge neue Crews etabliert haben: Money Boy represented die Eagle Gang, die Swag City Clique, die Duschkabinen Posse und die Milchschnitten Mörder Gang.

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22:09

Money-Boy-TV hat jetzt ein eigenes Intro. Man sieht eine aufschwingende Tresortür hinter der sich Goldbarren, ein vergoldetes Maschinengewehr und ein aufgehängtes Gucci-Bandana befinden. Das Intro leitet den ersten „Hood Report“ ein. Endlich! Money Boy trommelt sich auf der Wampe herum („Ich esse gut, ich bin den Gangsterbauch am Bauch habend.“), führt seinen Schmuck vor, betont aber immer wieder, dass es nichts sei, so iced out durch die Hood zu spazieren.

22:29

Ab jetzt gibt es den „Free Track Freitag“ und den „Money Boy Montag“. Sind das regelmäßige Formate? Mittlerweile gucke ich seit 12 Stunden Money Boy TV und habe ganz offen gesagt keine Lust mehr. In geringen Dosen—sprich: ein Video pro Tag—ist der Boy extrem unterhaltsam. Aber in dieser Fülle kann kein normaler Mensch Money Boy oder sonst wen noch interessant oder lustig finden. Ich höre schon gar nicht mehr richtig hin, sondern mache mir Gedanken darüber, ob Money Boy die ganzen Klamotten eigentlich behält oder wieder verscherbelt.

22:36

Das wiederkehrende Money-Boy-TV-Intro macht mich nach dem zehnten Mal schon wütend. Habe herausgefunden, dass ich bis Sekunde 5 vorspulen muss, um es zu skippen.

22:45

Der dritte Hood Report. Money Boy erklärt, dass jetzt die Kreaturen der Nacht zum Vorschein kommen. Dann präsentiert er der Kamera erst ein Tütchen mit Crack und ein gewöhnliches Buttermesser. In Money Boys Hood ist es allerdings ein Hawk, mit dem er hektisch in der Luft herumsticht.

22:50

Kein Hood Report, dafür „Draußen mit Money Boy Episode 1“. Money Boy trägt noch die selben Klamotten wie am Vortag, weil er außer Haus genächtigt hat. Außerdem sprießen ein paar Härchen um seinen Mund herum. Er nennt das „HipHop-Bart“ und beobachtet dann ein Eichhörnchen, das den Baum hochklettert.

22:56

„Im Herzen Rapper“ ist seit langem mal wieder ein Track, der mir ganz gut gefällt. „Ich bring es back in die 90s, verrat' euch jetzt ein Geheimnis: Ich geb nen Fick, wenn ihr behauptet, ich sei wack oder peinlich, will ich Respekt oder eigentlich lieber Cash? Ich entscheide mich für das zweite, denn Respekt kommt mit dem Cash dann unweigerlich.“

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23:13

Money Boy rülpst laut in die Kamera.

23:14

Endlich! Der vierte Hood Report. Tipp: Wenn man in die Hood geht, muss man zusehen, dass man so fresh wie möglich aussieht. Macht Money Boy auch. Er referiert dann sehr bestimmt über seine Garderobe und geht en detail auf die fünf Farben am Bündchen seiner Jacke ein. Das Blau sieht aus wie ein Gewässer, das Gelb wie eine tropische Frucht und das Grün wie eine Birne. Ja, man könne ihn auch für einen sprechenden Regenbogen halten. Money Boy erklärt aber auch, dass das noch nichts für ihn sei und er bei Sonnenschein mit einen achtfarbigen Poloshirt aufkreuzen würde. Wir haben jetzt viertel nach elf—wie um alles in der Welt soll ich das bis morgen aushalten?

23:22

Ich scratche mit den Händen auf einem imaginären Plattenspieler das Money-Boy-TV-Intro mit.

23:45

Money Boys fünfter Report aus der Hood. Er hat eine Stoffserviette auf dem Kopf und erklärt, dass das Mollywater seine Hirnzellen auflöst. Dann haben wir ja etwas gemeinsam.

23:52

Money Boy macht einen Song und filmt sich dabei. In der iTunes-Bibliothek finden sich allerlei Playlisten für Mixtapes und einzelne Songs vom Boy. Unter anderem auch zwei Listen mit den Namen „Massiv Spuren“ und „Massiv Feature neu“. Warum ist das nie rausgekommen?

00:09

Money Boy erteilt uns eine kleine Physik-Lektion und erklärt mit Hilfe eines leeren Latte-Machiatto-Bechers und einem Wasserglas den statischen Auftrieb.

01:47

Money Boy ist auf seinem Truther-Grind! Scheinbar hat sein damaliger Kumpel Skitekk aus Bremen ihm ein paar Verschwörungstheorien ins Ohr geflüstert, die sogleich in einen, die Anschläge am 11. September 2001 analysierenden, Freestyle umgemünzt wird. #lügenpresse

02:01

Der Boy trägt ein Halstuch und seinen HipHop-Bart und haut im Rahmen seiner „Comedy Minute“ einen Kalauer nach dem anderen raus und spielt dazu Lachkonserven ein. „Prinz Pi hieß früher ja Prinz Porno. Jetzt will er sich schon wieder umbenennen, um bei Mathematik- und Physikstudenten anzukommen. Sein neuer Namen lautet Prinz 3.14159265359.“ Ba Dum Tss! Was geht in diesem Typen vor?

02:20

Freestyles und Tracks wie „Ferrari Musik“ und „Chinatown“ bieten ein ganz gutes Kontrastprogramm zu den letzten Spitzen der „Zukunft des urbanen Entertainments“. Mittlerweile ist es fast halb drei. Werde ich nach diesem Experiment eigentlich in die Reihen der No Sleep Gang aufgenommen?

02:40

Es folgt das vermutlich beste Video auf Money Boy TV. Es trägt den Titel „Money Boy in der Stadt der Engel erinnert sich zurück an ein Natur-Schauspiel in Mexiko“. Money Boy filmt dabei mit einer fettverschmierten Linse, die Skyline von Berlin, will die Zuschauer aber glauben lassen, dass es sich um nächtliche Aufnahmen aus Los Angeles handelt. Berauscht erinnert er sich an ein Ereignis, welches er vor ein paar Jahren auf einem Surftripp nach Cabo in Mexiko erleben durfte und bei dem er von einer Klippe aus im Sternenlicht fluorsizierende Quallen beobachtet hat.

02:48

No Sleep Gang till we die! Money Boy ist wieder im Hood und lässt sich assoziativ von Zeile zu Zeile leiten. Mal reimen sich ein paar Zeilen, dann summt Beezy einfach so sich hin oder hält kurz inne und droppt nur einen Endreim. Young Thug denkt sich seine Reime nicht viel anders aus.

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02:56

Es hat sich gelohnt bis kurz vor drei wachzubleiben. Denn Money Boy haut „An diesem einen Tag am Rummelplatz“ heraus. Es ist, wie man unschwer erkennen kann, der Nachfolger zu „9. April“ und eine Ballade über Money Boys große Liebe, die ihm am 1. November beim Ausflug auf die Kirmes offenbart, dass sie nur noch fünf Tage zu leben hat. Dieser Track ist, wenn man so will, eine Hymne auf den Moment, ein Loblied auf das Hier und Jetzt. Nach all dem zwischenzeitlichen Schwachsinn in Form von Hood Reports und Stand-Up-Comedy so viel Substanz zu hören, tut unendlich gut. Ich habe eine kleine Gänsehaut.

03:13

Money Boy bricht ein Blatt von einem Ast, rollt das Blatt zusammen, steckt es sich in den Mund und zündet es mit einem Feuerzeug an. Das nennt er Dschungelzigarette. Danach setzt er sich auf einen Trecker und redet davon, dass er in Kolumbien sei, um hier das Yayo zu ernten.

03:35

Schwimmen in dem Money wie Dagobert Duck, schwimm-schwimmen in dem Money.“

03:47

Ich kann nicht mehr. Gut, dass Money Boy und Mr. Billionaire im Video zu „Gucci Bandana“ wie die beiden ADHS-Jungs aussehen, die zum „Crazy Frog“-Theme tanzen.

03:55

In welchen Gangs und Vereinigungen ist Money Boy eigentlich Mitglied? Swag City Clique, Milchschnitten Mörder Gang, Codein Cobra Crew, Eagle Gang, Bentley Boys, Glo Up Dinero Gang, Duschkabinen Posse, Goldmünzen Diamanten Reichtum Gang, No Sleep Gang, Hirschbraten Hood Homies, Hustle Gang, Junges Geld Bargeld Billionäre, Ganovenbande—habe ich etwas vergessen?

04:17

Die ständigen Werbung scheint zu wirken. Ich überlege allen Ernstes, ob ich mir ein „Money Lisa“-Shirt auf www.moneyboy.at bestellen soll—leider ausverkauft.

04:55

Money Boy ist der Luxusboy und inked up. Der Boy legt die gottverdammten Goldchains auf seinen Nacken und dann hitted er den Club—so wie die letzten drei Videos auch. Ich bin wieder an einem Punkt angekommen, an dem ich am liebsten hinschmeißen würde. Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht? Dass es lustig wird? Es ist einfach nur eine Folter. Mein Hirn ist weich wie Butter und ich holler nach dem Homie.

05:15

Money Boy steht im Wald und zählt 100-Euro-Scheine. Das Video hat über 50.000 Klicks. Wer sieht sich das bitte an? Egal, ich zähle mit: 30 100-Euro-Schein plus, wie der Boy sagt, „Fortgeh-Money“. Money Boy legt sich in den Geldhaufen und ich will nichts lieber tun, als es ihm gleich tun. Nur statt speckigen Banknoten dürfte es gerne die Matratze meines Bettes sein. Ein Blick auf die Uhr: 5 Uhr 15. Ich schaue jetzt seit 13 Uhr des gestrigen Tages ununterbrochen Money Boy TV—das sind 16 Stunden und 8 Minuten Money Boy TV. Ich finde, das reicht.

Ich schließe den Deckel meines Laptops und wanke in Richtung Bett. Ich muss an den Text denken, der das Vorbild für dieses Experiment hier war. Was habe ich eigentlich erwartet? Bisher nicht bekannte Infos? Unterhaltung? Gar Erleuchtung wie mein Kollege nach 24 Stunden Based-God-Dauerbeschallung? Genau genommen habe ich von all dem eher wenig mitgenommen. Vielmehr war ich zwischenzeitlich mit meinen Nerven am alleräußersten Ende angelangt, aber habe mich auch köstlich amüsiert. Ein Wechselbad der Gefühle.

Vor allem hat das Bingewatching vom Boy aber eine Sache verändert: Mir derart geballt noch einmal den Werdegang und vor allem diese immense Produktivität vor Augen zu führen, hat vielleicht nicht direkt etwas an meiner Faszination, meinem Hass und meiner Liebe, wohl aber an meinem Respekt für Money Boy geändert. Denn daran, dass dieser Typ das alles ernst meint und es ziemlich weit geschafft hat, besteht für mich jetzt keinerlei Zweifel mehr. Ab ins Bett!

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