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Ice-T: Der Antiheld, den der Feminismus braucht

Diese feministische Message findet sich an unerwarteter Stelle: in einem Song, der „Bitch in the Pit“ heißt.

Letzten Monat habe ich mir einen merkwürdigen Moment ausgesucht, um über Feminismus nachzudenken: Mitten auf einem Konzert von Body Count. Falls dir das nichts sagt, Body Count (manchmal auch bekannt als Body Motha Fuckin’ Count) ist die Hardcore-Metal-Band von der Westcoast Raplegende Ice-T und sie gibt es bereits seit 1989. Die Band hat Songs von ihrem neuen Album Manslaughter gespielt, auf dem es um die „Pussification of Men“ geht, wie Ice-T dem New Yorker Publikum erzählt, das überwiegend männlich ist und einen durchschnittlichen Halsumfang von 1,20 Meter hat. (Obwohl seine absurd kurvige Frau Coco auch unter den Anwesenden war, eine Tatsache, die ich—natürlich aus rein journalistischem Interesse—ungefähr 250 Mal mit eigenen Augen bestätigt habe.) „Wir sind von ‚Fight the power!’ dazu übergegangen, darüber zu reden, was die Kardashians machen“, predigte er zu einem massiven, tiefstimmigen Applaus.

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Nachdem Body Count ihre Vorstellung von Männlichkeit noch weiter zelebriert hatten, haben sie einen neuen Song namens „Bitch in the Pit“ gespielt und meine feministischen Freunde werden schon beim bloßen Hören dieses Titels kollektiv zusammenzucken—wenn sie das nicht schon beim Wort „Pussification“ getan haben. „Bitch in the Pit“ ist ein Song, der für ein wenig Aufruhr und die Anschuldigung, frauenfeindlich zu sein, gesorgt hat, seit er letzten Monat veröffentlicht wurde—hauptsächlich aufgrund seines Titels „Bitch in the Pit“ und seines Refrains „There’s a bitch in the pit!“ (Ice-T ist kein Mann für Feinheiten). Aber trotz seines fürchterlich sexistischen Titels und der stumpfen Darbietungsweise, ist „Bitch in the Pit“ im Kern ein Song, der sich für Frauen auf Konzerten einsetzt, die mutig genug sind, sich im Moshpit mit den verschwitzten Höhlenmenschen, die normalerweise auf Hardcore-Shows gehen, zu messen. Im Text heißt es: „I don’t give a fuck/ She’s harder than a man/ In the chaos, song after song/ She’s not afraid to bleed.“

„Es ging mir bei ‚Bitch in the Pit‘ darum, einen Song für diese Frau zu machen, die den ganzen Abend da war, das ist ihr Lied“, erzählte mir Ice-T. „Und wir werden ihn spielen und die Typen dazu bringen, diese Braut zu respektieren, weil sie sich nicht einschüchtern lässt und sie härter ist als sie. Sie ist bei jedem Song mittendrin im Chaos, sie hat keine Angst, zu bluten und sie will immer mehr Geschwindigkeit. Wenn das irgendeine andere Frau aufregt: Es geht nicht um dich, Bitch. Es geht um diese andere Frau, komm damit klar.“

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Natürlich hat der Song mit einem Titel wie „Bitch in the Pit“, trotz Ice's stumpfer, aber gutgemeinter Absicht, eine 0,000000%ige Chance, zu Musik für Feministinnen zu werden. Keine Frau, die sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt, wird Ice-T mit einem Song namens „Bitch in the Pit“ als Verfechter der Frauenrechte ernst nehmen. Aber für sie ist dieser Song auch nicht. Er ist nicht für Leute, die feministische Zeitschriften oder Literatur lesen. Es ist ein Song für Body Count-Fans. Und die lesen keine Artikel oder Essays—sie hören Murder 4 Hire und üben Windmühlen vor dem Spiegel. Und er spricht für die Fans der Band, die vielleicht ein bisschen dämlicher und einfacher gestrickt sind, auf merkwürdige Weise in einer Sprache über Feminismus, die sie verstehen. Und während er wahrscheinlich nicht für einen Vortrag in Gender Studies eingeladen wird, könnte man Ice-T sehr wohl als Antihelden des Feminismus bezeichnen.

Oh je. Warte. Ganz langsam, denn ich glaube, ich habe Ice-T gerade versehentlich als Feministen bezeichnet und habe das Gefühl, dass mein Name jetzt in einer Art internationalem Register der Idioten, die meinen, alles besser zu wissen als Frauen, auftaucht. Lass mich das erklären …

Weißt du, Geschlechterungleichheit [fing er an und tat so, als ob die Meinung eines heterosexuellen weißen Mannes zu diesem Thema von Relevanz wäre] ist wie die globale Erwärmung, da es ein weltweites Problem ist, das die gesamte Bevölkerung betrifft, nicht nur die, die daran glauben. Und um das zu überwinden [führte er weiter sinnlos aus], muss jeder Einzelne auf dem Planeten in die gleiche Richtung arbeiten. Und obwohl es toll ist, dass einige Leute sich entscheiden, Hybrid-Autos zu fahren und Energiesparlampen zu benutzen, bedeutet das noch gar nichts, bis nicht alle es machen. Genauso ist es bei Geschlechterungleichheit—alle Leute müssen an einem Strang ziehen, um das zu beheben. Das schließt Männer mit ein. Das schließt unfassbar dämliche Männer mit ein. Das schließt sogar die dämlichsten aller dämlichen Männer mit ein [schlussfolgerte er, während er von seinem Podest stieg und auf sein Gesicht fiel].

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Und auch wenn ich die Artikel von Lindy West sehr schätze und so clever und geistreich ihre Kommentare zu Geschlechterfragen auch sein mögen, einen 150-Kilo-Typen mit einem Hatebreed-Totenschädel-Tattoo wird sie damit nicht erreichen. Das wird einfach nicht passieren. Das ist wahrscheinlich das einzige Mal, dass ich diesen Satz sagen werde: Das ist ein Job für einen Mann. Nicht nur einen Mann. Einen Mann von einem Mann.

„In der Musik von Ice-T versuche ich über Dinge zu sprechen, die die Leute hören müssen und zwar so, dass sie zuhören“, erklärt Ice seinen Ansatz des Songwritings. „Man sagt, für einen unkonventionellen Feind benötigt man unkonventionelle Methoden. Wenn ich versuche, mit diesen harten Jungs zu sprechen, dann kann ich nicht im Blümchenkleid ankommen. Ich muss aussehen wie sie oder so klingen wie sie und härter sein als sie. Und so schaffe ich es vielleicht, meine Message durchzubringen.“

Das ist vermutlich der Grund, warum No More sich für ihre „Boys Will Be Boys“-Kampagne, die versucht „ein größeres Bewusstsein für häusliche Gewalt und sexuelle Übergriffe hervorzurufen, um diese zu beenden“, nicht für irgendeinen hübschen Schauspieler wie [Oh, ich weiß nicht, wen ich heute nehme. Sagen wir…] Jared Leto entschieden haben, sondern für Ice Motha Fuckin’ T, einen Typen, der schon seit vier Jahrzehnten nur noch ärmellos rumläuft. „Die Sache daran ist, dass viele dieser ‚Tough Guys’ ein wirklich merkwürdiges Verständnis davon haben, was tough ist“, erzählt mir Ice. „Wirklich tough ist, wenn du dir jemanden in deiner Größe oder jemand Größeres suchst. Selbst im Gefängnis werden Leute, die Frauen schlagen oder Kinder missbrauchen, gehasst.“

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Jetzt siehst du dir die Kampagne von No More vielleicht an und sagst sehr sarkastisch: „Oh ja, tolle Idee. Nehmt einen Typen, der in der Vergangenheit Zuhälterei befürwortet und in seinen Videos regelmäßig Frauen in Bikini zum Objekt degradiert hat, als Wortführer gegen häusliche Gewalt.“ Worauf ich vollkommen unsarkastisch antworten werde: Ja, das ist genau der Punkt—wenn ein Typ, der in seiner Vergangenheit übertrieben sexualisierte, extrem gewalttätige Texte geschrieben hat, versteht, warum Gewalt gegen Frauen falsch ist, sollte das dann nicht jeder andere auch?

„Ja, für eine Weile war ich auf der anderen Seite“, sagt Ice über seine Tage als Pimp. „Ich habe diesen Scheiß vor 40 Jahren gemacht. Jetzt bin ich ein erwachsener Mann, ich bin jetzt in einer anderen Welt. Die Leute sehen das Positive daran nicht und hassen mich einfach weiter.“

Wenn du immer noch nicht davon überzeugt bist, dass Ice-T der Richtige für die No More-Kampagne ist, dann denk daran, dass er seit VIERZEHN JAHREN (ja, so lange) Detective Tutuola bei Law & Order: SVU spielt, einer Serie, die eigentlich jedem die Augen bezüglich häuslicher Gewalt öffnen sollte—vom Body Count-Fan bis zur 60-jährigen Mutti aus Iowa.

Meghan Murphy hat bei xoJane einmal geschrieben, dass „Feminismus für alle ist“, aber dass die, die darauf bestehen, „gute Jungs“ zu sein oder sich selbst als Feministen bezeichnen, ihr auf die Nerven gehen. Und es gibt vielleicht niemanden, der sich selbst weniger als Feministen bezeichnet als Ice-T. Als ich ihn geradeheraus gefragt habe, ob er sich selbst als Feministen bezeichnen würde, hat er eine lange Pause gemacht und dann gesagt: „Nee, ich bin ein ‚Manist’, ich bin im Team der Männer.“ Und weiter: „Ich denke, jeder sollte sich fair verhalten, aber ich werde nicht sagen, dass ich ein Feminist bin. Ich habe nicht wirklich die Zeit, für die Rechte der Frauen zu kämpfen, ich muss für die Rechte der Männer kämpfen. Ich würde lieber für Menschenrechte kämpfen. Die meisten Feministinnen, die mir über den Weg gelaufen sind, haben mehr Zeit aufgewendet, andere Feministinnen zu bekämpfen als Männer.“

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Offensichtlich ist Ice-T weder das Vorbild des modernen Feminismus, noch ist sein „Bitch in the Pit“ eine feministische Hymne. Aber selbst wenn der Song die Denkweise einiger Bodycount-Fans auch nur ein bisschen verändert, ist es ein Schritt in die richtige Richtung für eine nur langsam vorankommende, traditionell dickköpfige und männlich dominierte Musikszene.

Vielleicht will ich einfach nur ganz naiv glauben, dass es in der Gesellschaft Platz für progressiv denkende heterosexuelle Männer gibt, die Frauen als ebenbürtig behandeln, während sie trotzdem ihr eigenes, gottgegebenes Testosteron zelebrieren. Für Kerle, die Hillary Clinton für eine ernstzunehmende Kandidatin für die amerikanische Präsidentschaft halten und sich trotzdem unironisch The Expendables 18 ansehen. Für Typen, die sich kritisch zu den Einkommensunterschieden von Männern und Frauen äußern und trotzdem genau wissen, wie viel Gewicht sie beim Bankdrücken stemmen können. Für Männer, die sich für die gleichgeschlechtliche Ehe aussprechen und ebenso Videos mögen, in denen Zeug ohne Grund in die Luft gejagt wird.

Ich hoffe der Tag wird kommen, an dem wir die Mauer zwischen strammem Feminismus und übertriebener Männlichkeit einreißen. Letztendlich ist Feminismus für jeden. Sogar für Ice Motha Fuckin’ T.

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