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Hey Newcomerbands, so übersteht ihr die ersten Interviews eurer Karriere

Hier der ausführliche Guide zu allen Fragen, die nie wieder gestellt werden dürfen.
Ryan Bassil
London, GB

Am Anfang fühlt es sich wahrscheinlich ganz vorzüglich an, in einer aufstrebenden Band zu spielen. Nicht nur kommen Bandmitglieder mit einer eklatanten Missachtung ihrer Haushaltspflichten durch und können sich über einen Zeitraum von mehreren Wochen allein von Chips und Koks ernähren, nein, wildfremde Menschen sind auch noch ernsthaft an ihrer Meinung zu Allem und Jedem interessiert—seien es ihre Ansichten zur Kommodifizierung der Audiokassette, ihrer verkorksten Jugend oder dem Verhältnis zu Groupies.

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Interviews sind ein großartiger Weg, um Dinge (anhand einer wohldurchdachten Aneinanderreihung von Zitaten) über jemanden zu erfahren, den du wahrscheinlich niemals treffen wirst, und da draußen gibt es auch ein paar wirklichfantastische Exemplare dieser Textgattung. Leider und trotzdem lesen sich andere wiederum wie ein missglücktes Elitepartner-Date zwischen Menschen, die sich zwar beide für Musik interessieren, aber total unfähig sind, eine auch nur annähernd gehaltvolle Konversation darüber zu führen.

In Interviews erfahren wir von Künstlern, dass sie ihre Fans total super finden; dass sie den Druck verspüren, ein neues Album aufzunehmen; dass sie es großartig finden, in New York zu spielen, und, ja, krass, wer hätte das gedacht?, dass sie auf den diesjährigen Sommerfestivals voll viel Spaß hatten. Spitze! Und jetzt? Für solche Informationen sollte man keine Interviews lesen müssen. Interviews sollten ein bereicherndes Leseerlebnis sein und nicht einfach nur das bestätigen, was eh schon alle wissen.

Deswegen haben wir euch einen Guide mit den Fragen zusammengestellt, die in unseren Augen seit Jahren Bands quälen und Leser zur Weißglut treiben—die Kategorie von Fragen, die Bands dazu bringt, sich ihre ganze Karriere lang wiederholen zu müssen, bevor sie dann als nervliches Wrack enden unddrohen, die ganze Fanpost zu vernichten, die man ihnen zuschickt. Solltest du in einer Band spielen, dann sieh diesen Text als Inspiration, um auch die Blödesten aller Fragen mit Bravour zu meistern.

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Noisey: Hi! Verspürt ihr einen gewissen Druck, den Nachfolger zu eurer Debüt-Single abzuliefern (die über eine Millionen Plays bei SoundCloud/Youtube bekommen hat)?
Angesagte Newcomerband: Was glaubst du denn? Pitchforks komplette Leserschaft sitzt schon mit runtergelassenen Hosen vor dem Rechner und wartet sehnsüchtig auf unsere nächste Veröffentlichung. Du bist wahrscheinlich jemand, der schon total überfordert ist, wenn er sich eine halbe Stunde lang Trailer angeschaut hat, und es dann nicht schafft, sich für einen Film zu entscheiden. Um dir eine ungefähre Vorstellung von dem zu geben, was wir gerade durchmachen: Wir haben einen Karriereweg eingeschlagen, von dem uns so ziemlich jede halbwegs rational denkende Person—von unseren Eltern müssen wir hier gar nicht reden—abgeraten hat, und jetzt versuchen wir, nicht wie totale Versager auszusehen. Also ja, wir scheißen uns in die Hosen.

OK, wunderbar. Sehr schön. Danke auch, dass ihr die Zeit gefunden habt, mit uns zu reden. Wir wissen das wirklich total zu schätzen. Ihr spielt jetzt gerade zum ersten Mal in Wien/Zürich/Linz/Bern, oder? Wie unterscheiden sich die Fans hier zu denen in eurer Heimat?
Moment mal, bittest du uns gerade darum, die Gesichtsform und den Dresscode von Fans einer Stadt zu beschreiben, in der wir nur ein paar Stunden verbracht haben? Ich muss dir nämlich sagen, dass die 20-jährigen, leicht nerdig aussehenden Studenten, die in Cincinnati zu unseren Shows kommen, in einem kleinen dunklen Raum ganz ähnlich aussehen wie die in Graz. Oder hattest du es mehr auf verallgemeinernde Vorurteile in der Art von, „Ja, die Leute in Dornbin gehen schon mehr ab“ abgesehen? Es gibt sicherlich charakteristische Fangruppen wie die Black Veil Brides Army oder die Directioners, aber unsere Fans gehören nicht dazu. Es sind einfach irgendwelche Leute, die unser Album illegal runtergeladen haben oder zufällig an dem Abend, an dem wir gespielt haben, in den Club gestolpert sind.

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Großartig. Was können eure Fans denn auf euren Konzerten erwarten?
Unsere Songs, live gespielt, und zwischendurch ein paar Ansagen.

Cool! Um auf euer Album zurückzukommen: Wie schreibt ihr normalerweise eure Musik? Geht ihr schon mit einer ungefähren Vorstellung von dem, was ihr erreichen wollt, ins Studio?
Du willst bestimmt hören, dass mir ein Song im Traum erschienen ist oder etwas in der Art, aber, was das Songwriting angeht, sind wir stinklangweilig. Wir hören uns etwas an, das wir gerade gut finden, klauen die Melodie, ändern die Tonlage und hinterlegen das dann mit einer Drumspur. Dann kommt uns irgendeine Textzeile in den Sinn, die sich ganz gut anhört, und die wiederholen wir dann 40 mal im Song, damit du sie bei unseren Konzerten lauthals mitsingen kannst.

Unglaublich! Hey, ich habe in einem anderen Interview gelesen, dass … [hier Interviewzitat zum neuen Album einfügen]
Das gibt eine 1+ für Recherche, die über das Lesen der Presseinfo und Seite 2 der Google-Suche hinausgeht. Wow! Ich werde jetzt exakt die gleiche Antwort noch einmal Wort für Wort wiederholen—nur für dich.

Vielen Dank dafür, du hast meinen Artikel gerettet. Noch mal tausend Dank, dass ihr euch die Zeit für uns nehmt. Fühlt ihr euch, als hättet ihr euch zwischen [der Veröffentlichung eurer Debüt-EP und der Veröffentlichung eures neuen Albums] weiterentwickelt?
Menschen verändern sich, sie werden älter und fangen an, alles zu hassen, was sie einst geliebt haben. Sieh uns an, früher haben wir noch Gina G gehört und jetzt tun wir so, als wären wir mit nichts anderem als Björk aufgewachsen. Sag uns doch einfach, was du genau von uns hören willst. Wir können dir gerne ein paar ausgearbeitete Antworten über das Experimentieren mit Holzbläsern, die Inspiration durch die ländliche Umgebung unseres Aufnahmestudios oder das Erlernen von „Schreibprozessen in der Gruppe“ liefern. Was darf's sein?

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Cool, schreibt mir einfach die Antworten in einer E-Mail, ich suche mir dann später die beste raus. Was würdet ihr machen, wenn ihr nicht in der Band spielen würdet?
Ich persönlich würde wahrscheinlich mit einem Boot die Westküste bis nach Portland hochsegeln, um meiner Existenzkrise zu entfliehen. Aber eigentlich spielt das doch überhaupt keine Rolle, oder? Die Hauptsache ist doch, dass das nicht der Fall ist. Wir sind jetzt hier, also, mein Lieber, lass uns doch auch über das Hier und Jetzt reden. Hast du dir unser Album angehört?

Hey, ich bin hier noch immer derjenige, der die Fragen stellt … Hättet ihr jemals gedacht, dass ihr einmal hier landen würdet?
Ja, genau so hatten wir das von Anfang an geplant. Während alle anderen draußen abhingen, Eis aßen und Steine auf vorbeifahrende Autos warfen, saßen wir im Musikraum und haben Akkordfolgen geübt. Ich wusste immer schon, dass wir irgendwann im Zum Goldenen Hirschen hocken und von jemandem interviewt werden, der für … wie heißt eure Zeitschrift noch mal? Schau mal, einige Bands sind erfolgreich, andere machen Debütalben, die auf dem Grabbeltisch landen und wieder andere schaffen es nie über die eigenen vier Wände hinaus. Diejenigen, die von ihrem eigenen Erfolg überzeugt sind, sind in der Regel Spinner.

Wo seht ihr euch in zehn Jahren?
Ernsthaft jetzt?

Und zum Abschluss, was sollen die Leute aus eurer Musik ziehen?
Ich gebe auf … Wir machen Musik für uns selbst. Sollte sie jemand anderes mögen, dann ist das ein schöner Bonus.

Vielen Dank! Ich werde das jetzt alles zusammentippen und eurer PR-Abteilung den Artikel dann zur Freigabe zuschicken.

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