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Heino liebt die heutige Jugend

Deswegen covert er auch so viele Songs der jungen Garde deutscher Popmusik. Glaubt er.

Ist das nicht großartig? Heino covert Songs von den Ärzten, Rammstein und den Fantastischen Vier und ist allen Ernstes der Meinung, damit irgendwie junge deutsche Musik zu repräsentieren. Also, die Ärzte sind um die 50 Jahre. Rammstein ebenso. Die Fantastischen Vier sind Mitte 40. Aber ist ja auch egal, gegen Heino mit seinen 74 Jahren sind das durch die Bank junge Hüpfer.

Die Idee, ein Cover-Album zu machen, hat sich für Heino schon jetzt gelohnt—der Blonde bricht gerade alle deutschen Rekorde, was legale Downloads angeht, und es gilt als sicher, dass Mit freundlichen Grüßen auch physisch auf Platz eins der Albumcharts einsteigen wird. Damit ist es schon jetzt das erfolgreichste Heino-Album aller Zeiten. Grund genug für uns, den Schlagerstar endlich einmal persönlich kennenzulernen.

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Noisey: Ist es eine Provokation, junge deutsche Musik mit gerolltem R zu singen?
Heino: Das rollende R habe ich schon immer gehabt, dafür bin ich berühmt. Ich habe Gesangsunterricht gehabt, Klassik studiert, da lernt man das rollende R.

Ihr Album heißt Mit freundlichen Grüßen, das ist aus dem Song „MfG“ von Fanta 4. Ein abgefahrener Text aus lauter Abkürzungen.
Als ich die Nummer hörte, dachte ich: Das ist sensationell! Ob ich das zusammenkriege? Die sind zu viert, da kann man sich abwechseln. Und außerdem haben sie den Song getextet. Wenn ich jetzt als Fremder da rangehe, ist das schwer. Dieser Titel hat mir am meisten Kopfschmerzen gemacht. Da dachte ich mir: Da musst du mal ein bisschen was tun. Bei den anderen Liedern schreibe ich mir die Noten hin und singe das ab. Aber ich habe es ja hinbekommen. Um den Titel auf der Bühne zu singen, muss ich den Text aber erstmal auswendig lernen, den kann ich noch nicht.

Wie haben Sie die Songs für das Album ausgewählt?
Ich habe mich mit meinem Manager und meinem Produzenten zusammengesetzt, die sind beide Mitte dreißig. Zusammen mit jungen Leuten haben wir eine Auswahl getroffen. Und alle Titel, die ich mir gewünscht habe, sind auf die CD gekommen.

Auf dem Albumcover tragen Sie einen Totenkopfring.
Den habe ich von meiner Frau bekommen, jetzt gerade trage ich ihn auch. Man muss das Leben in der Musik nicht so ernst nehmen. Wenn man kein Klassikmusiker ist und Dünkel hat. Ich bin Musikant und werde immer Musikant bleiben.

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Hannelore kauft Heino einen Totenkopfring. Wie hat man sich das vorzustellen?
Hannelore fand ihn schön und hat ihn mir geschenkt. Sie hat ihn in Amerika gekauft, als wir dort drei Wochen im Urlaub waren. Dort fährt ja jedes zweite Auto mit einem Totenkopf herum.

Kann man auch bei Florian Silbereisen mit Totenkopfring auftreten, oder steht man dann als Satanist da?
Klar kann man das. Ich bin zwar 74, aber ich fühle mich nicht so.

Wenn Sie heute fünfzig Jahre jünger wären, welche Art von Musik würden Sie machen?
Heute wird man nicht mehr mit Volksliedern groß. Wenn ich heute so alt wäre, würde ich auch Heavy Metal oder HipHop machen, wie das eben heute so heißt. Was, weiß ich aber nicht genau. Ich habe 1965 angefangen, als alle Beat hören wollten. Trotzdem ist meine erste Single gleich auf eins eingestiegen. Wenn ich nicht gewesen wäre, gäbe es die ganzen Volksmusiksendungen heute nicht. Ich habe das in Bewegung gesetzt.

Gehen Sie privat zu Rockkonzerten?
Das letzte Konzert waren die Stones vor vier oder fünf Jahren. Ich bin mit Mick Jagger befreundet. Er hat mir gesagt, dass er meine Musik gut findet. Auf deutsche Rocksänger, die anderer Meinung sind, muss ich nicht hören. Ich sage immer: Was stört es die deutsche Eiche, wenn der Hund sich daran kratzt?

Würden Sie gerne ein Ärzte-Konzert besuchen?
Ich könnte es mir vorstellen. Aber da sie es wohl nicht gerne sehen würden, wenn ich da wäre, lassen wir das wohl lieber.

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In „Junge“ von den Ärzten heißt es: „Denk an deine Zukunft, denk an deine Eltern“. Ist das Ihre Botschaft an die Jugend?
Wenn ich die Jugend von heute betrachte, ist sie wesentlich harmonischer als vor dreißig, vierzig Jahren. Sie sind gebildet, sie wissen, was sie tun. Sie hören zwar andere Musik. Aber ich kann mich mit der heutigen Jugend viel besser identifizieren als mit der Jugend aus den sechziger Jahren. Ich habe mit vielen jungen Leuten zu tun. Sie sind fleißig, sie können sich anständig benehmen—das finde ich toll an der heutigen Jugend.

Fühlt man sich alt, wenn man Musik von Leuten covert, die teilweise vierzig Jahre jünger sind?
Im Gegenteil, ich fühle mich sehr jung!

Altern Sie in Würde?
Ich denke in Würde nicht darüber nach.

Würden Sie gerne auf der Bühne sterben, beim Singen?
Ich will gar nicht sterben. Zumindest nicht auf der Bühne. Lieber an der Theke bei einem Glas Rotwein. Ich will ganz natürlich in den Himmel rein.

Hat die Musik ihre Spuren an Ihnen hinterlassen, wie bei vielen gebrechlichen Rockstars?
Nein, ich bin fit wie ein Turnschuh. Mein Manager ist 37. Und beim Treppensteigen japst er, nicht ich. Da kann ich dem lieben Gott nur danken.

Was tun Sie dafür?
In den Siebzigern habe ich den schwarzen Gürtel in Karate gemacht. Auch heute mache ich noch ein Trainingsprogramm, aber nicht mehr so intensiv wie früher. Ansonsten mache ich gar nichts. Enthaltsam leben, nicht koksen, nicht rauchen. Abends ein Gläschen Rosé, aber dann ist auch Feierabend.

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Keine Lust, auf die alten Tage als Rocker Exzesse zu feiern?
Nein, ich habe mich nie verführen lassen. Ich muss nicht auf meine alten Tage noch irgendeinen Scheiß anfangen.

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