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Der Noisey-Guide, um ein Metal/Hardcore-Festival zu überleben

Wenn ihr diesen Guide befolgt, übersteht ihr das Wochenende körperlich unbeschadet.

Foto: withfullforce.de

Damit du auf einem Metal-/Hardcore-Festival überleben kannst, falls du noch unerfahren bist oder deine neue Freundin mitnehmen willst, haben wir dir einen kleinen Guide zusammengetragen.

Besoffen tanzen kann gut ausgehen. Muss aber nicht.
Jeder, der bei Walls of Jericho tanzen geht, weiß, dass das Ganze auch leicht mit einem Auge, dass auf Tennisballgröße anschwillt und einem zertrümmerten Jochbein enden kann. Sich also in einen durch übermäßigen Alkohlkonsum verursachten Anfall grenzenloser Selbstüberschätzung in den Pit zu stürzen, um jetzt mal das BWL-Studium zu vergessen und so richtig die Sau rauszulassen, ist ziemlich dumm. Entweder wird der Schutzpatron der Besoffenen und Kinder dich beschützen oder du stagedivest und klatschst aus Unvermögen deine Gliedmaßen noch wirklich zu kontrollieren mit dem Kopf vorran auf den Boden. Nächster Halt: Sani-Zelt.

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Während eines Konzerts: Sei immer wachsam!
Doch auch außerhalb des Pits heißt es: Immer wachsam bleiben! Pass auf, dass hinter dir kein zwielichtiger Typ steht, der träumerisch hin -und herwankt. Früher oder später wird eben dieser Typ pissen müssen und er wird sich dafür nicht extra die Mühe machen, sich aus den tausenden Menschen zu kämpfen, nein, er wird genau da pinkeln, wo er und du jetzt stehen. Auch sonst lohnt es sich während des Konzerts, immer wieder mal zu schauen, was gerade hinter dir passiert. Das verhindert, dass dir ein Stagediver von hinten in den Rücken kracht oder dir gegen den Kopf tritt. Da du auf einem Metal/Hardcore-Festival bist, trägt dieser Jemand im Zweifelsfalle keine leichten Sneaker, sondern solide Springerstiefel, deren Profil sich dir jetzt in den Nacken gräbt. Droht von keiner Richtung Gefahr, kannst du dir entspannt die Band angucken.

Foto: withfullforce.com

Halt die Fresse, wenn die Band Ansagen macht!
Solltest du den Drang verspüren, lauthals mit deinen Freunden darüber zu scherzen, wie bescheuert der Sänger beim Schreien aussieht, dann hast du einen saftigen Urinschwall auf deine Waden verdient. Stell dir vor, die Ansagen der Band können mehr sein, als “Jo Leute, was geht?” oder “Jetzt alle Hände hoch!”. Vor allem Hardcore-Bands können noch echte Ideale vertreten. Wahrscheinlich ist auch das der Grund dafür, dass sich der Typ neben dir ganze Textpassagen auf den Unterarm tätowiert hat. Das da oben ist seine Band und er saugt jedes Wort konzentriert auf. Nimm ihm das nicht durch dein dummes Gequatsche, mit dem du deine Freunde beeindrucken willst, weg, sondern höre zu. Vielleicht lohnt es sich sogar für dich.

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Moshen will gelernt sein
Fall du auf Metal stehst und deine Haare eine stattliche Wikingerlänge haben, dann kannst du diesen Tipp getrost ignorieren. Den Kopf minutenlang stumpf im Kreis zu drehen, sollte für niemanden ein größeres Problem darstellen, der nicht gerade fünf Runden Flunkyball hinter sich hat und spätestens beim zweiten Song anfängt, unkontrolliert zu kotzen. Wenn du hingegen aber lieber Hatebreed hörst und nun ungeduldig auf den nächsten Breakdown wartest, um endlich mal so richtig auszurasten, dann lerne vorher zuhause die Moves! Du willst im Pit nicht wie ein Vollidiot wirken, weil du versuchst zu two-steppen und dabei aussiehst, als ob du vergessen hast, wie du dein Gewicht auf deine Beine verlagerst, um aufrecht zu stehen. Lass dir nicht erzählen, dass es egal ist, wie man tanzt. Nein, ist es nicht! Wenn dich Leute auslachen, weil du rumhampelst wie der erste Mensch, wird dir der Spaß an der Musik schneller vergehen, als du einen perfekt platzierten Side-Kick in der Fresse hast. Eigentlich ist es doch wie beim Abiball: Wenn du tanzen kannst, fühlst du dich wie ein junger Gott. Wenn nicht, bist du die größte Enttäuschung deiner Eltern.

Wenn du nicht tanzen willst, stell dich nicht genau vor die Bühne oder an den Moshpit!
Du willst genau beobachten, wie dein Lieblingsgitarrist das Solo von deinem Song spielt, damit du ihn später in deinem „How to“-YouTube-Channel für deine drei Abonnenten nachspielen kannst? Deswegen stehst du jetzt ganz nah an deinen Idolen und es gibt in diesen Augenblick nichts, außer den wahnsinnig schnellen, über das Griffbrett fliegenden, Fingern deines Gitarristen und dir. Gerade nippst du versonnen am Bier, als dir erst das Bier aus der Hand geschlagen und du dann von einem Stagediver zu Boden gerissen wirst. Jetzt bist du wütend und zettelst eine kleine Schlägerei an, bei der du dir deine Finger brichst und dein cooler Channel für die nächsten sechs Wochen tot ist. Glückwunsch, du bist ein genauso großer Idiot wie der Typ, der sich mit verschränkten Armen genau an den Rand des Moshpits stellt und den unerklärlichen Drang verspürt, jeden, der in seine Nähe gedrängt wird, mit voller Kraft wegzuschubsen. Falls jemand kein Bock mehr hat zu tanzen und sich ausruhen will, wird der Typ ihn direkt wieder in die Mitte befördern. Warum? Weil er ein Assi ist. Sei kein Assi. Mach einen Schritt zurück und lass die Leute tanzen.

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Schon mal was von Individualität gehört?
Wo Bands spielen, gibt es Merch. Schließlich finanzieren sich Musiker nicht nur über Plattenverkäufe und Gagen, sondern vor allem auch über Textilverkäufe. Deswegen gibt es auf Festivals logischerweise Tonnen von Merch. Vor allem, wenn Impericon am Start ist. Ob es nun besser ist, bei den Bands direkt zu kaufen oder bei dem Versandhaus, muss jeder selbst wissen. Wenn du aber gleich am ersten Tag zum Merch rennst, um dir dein Deathcore-Starter-Kit bestehend aus Mesh Shorts, T-Shirt und New Era-Cap zu kaufen, auf denen jeweils fett das Logo von Suicide Silence (ist das eigentlich noch eine Band oder doch nur ein Modelabel?) prangt, bleibt von deiner ach so betonten Individualität nicht mehr viel übrig. Nichts sagt mehr, dass du gerade in deiner harten Metal-Phase bist, die früher oder später von deiner Banger-House-Phase abgelöst wird, als diese Uniform. Sei dir also der mehr oder weniger heimlichen Verachtung der anderen Festivalbesucher und auch der Bands, die du so feierst, sicher.

Einfach mal die fettigen Haare baumeln lassen
Selbst wenn du deine Mähne das ganze Jahr mit jeder Menge Shampoo, Haarkuren, Conditioner und Frizz Ease gepflegt hast, um es jetzt genussvoll im Takt der Doublebass umherzuschmießen, setzen sich auf dem Festival früher oder später Staub, Bier, Schweiß und das Fischbrötchen von deiner nächtlichen Fressattacke in deinen Haaren fest. Es jeden Tag in den keimigen Duschen zu waschen, ist dir auch zu untrue. Ganz ehrlich, ist doch auch scheißegal. Du bist auf einem Metal/Hardcore-Festival. Fast jeder mutiert hier zu einem alkoholabhängigen, stinkigen Vollassi. Wenn deine Frisur dir nicht schon in den ersten beiden Nächten zum Sex verholfen hat, dann wird sie es jetzt erst recht nicht mehr schaffen. Natürlich gibt es auch auf solchen Festivals immer Menschen, die sich jeden Tag aufs Neue aus dem Ei pellen, aber das macht sie nicht zu besseren Menschen, sondern zeigt nur, wie wenig sie eigentlich verstanden haben.

Versacke nicht in deinem Campingstuhl!
Die Nacht liegt dir noch schwer in den Knochen, weil du dein Zelt in einem Anflug von Dummheit neben dem Generator der Camping-Nachbarn aufgebaut hast. Du durftest nicht nur zu den lautstarken Klängen von Amon Amarth versuchen einzuschlafen, sondern hattest auch durch Kiff bedingte Paranoia Angst, an einer Kohlenstoffmonoxidvergiftung zu sterben und warst durch Kiff bedingte Betäubung deiner Beine nicht in der Lage, deinen Nachbarn zu sagen, dass sie die Scheiße abstellen sollen. Deine am nächsten Morgen folgende Lethargie ist verständlich, sollte dich aber niemals davon abhalten, dir ein Bier zu schnappen und über den Zeltplatz zu wanken. Du zeltest schließlich auf engem Raum mit tausenden von Fans härterer Musik, die die gleiche Leidenschaft haben wie du. Da ballt sich einiger sehr unterhaltsamer Schwachsinn zusammen, den du nicht später in einem verwackelten YouTube-Video, sondern viel lieber live erleben willst. Zumal sich auch ein Gang aufs Konzertgelände lohnt. Spielen hier nachmittags doch immer viele unbekanntere, aber meist sogar interessantere Bands, als die immer gleichen Headliner am Abend. Also Arsch hoch!

Foto: Hossa82 (CC BY-ND 2.0)

Was’n mit Drogen?
Im Gegensatz zu anderen Festivals, wirst du auf Metal/Hardcore-Festen kaum Leute treffen, die fröhlich MDMA dippen. Hier regiert immer noch der Alkohol. Weil stumpf Bier aus der lauwarmen Dose zu trinken, aber irgendwann auch zu langweilig wird, sind die Besucher recht erfindungsreich darin, sich auf originellere Art zu betrinken. Nicht umsonst gibt es Spiele wie Flunkyball oder Edward Fortyhands und spezielle Erfindungen wie Bierbongs. Willst du es entspannter angehen, findest du an jeder Ecke Leute, die kiffen. Ihr kommt ins Gespräch, du darfst mitrauchen, alles ist relaxt—kiffen eben. Keine Ahnung woher die Verbindung von Cannabis und Metal ist, aber sie ist auf jeden Fall unglaublich stark. Hier an harte Drogen zu kommen, dürfte sehr schwierig sein. Vielleicht ist es aber auch nicht so hilfreich, sich nachts um drei Uhr eine Black Metal-Band anzugucken, die sich ewig blastend durch ihr Set prügelt, während du auf Ketamin den Psycho-Trip deines Lebens schiebst. Das Gute an den weichen Drogen: Wenn du nie damit aufhörst, sie zu nehmen, geht's dir auch nie während des Festivals schlecht. Bier ist dabei wirklich der Muntermacher Nummer Eins.