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Gibt es eigentlich Erwachsene, die noch immer Pop-Punk hören?

Ich bin zum Slam Dunk Festival gefahren, um genau das herauszufinden.

Alle Fotos von Adrian Choa

Hubba Bubba, „schwul“ als Schimpfwort, Tagebücher: es gibt Dinge, aus denen man mit den Jahren einfach herauswächst. Pop-Punk ist normalerweise eines davon. Pop-Punk ist völlig OK, wenn du in der sechsten Klasse bist und nach einem Weg suchst, deiner Mutter beizubringen, dass du langsam nicht mehr im Kinder-H&M einkaufen willst, aber spätestens mit 14/15 haben die meisten Menschen ihre Boardshorts in die Ecke geschmissen und neue Wege gefunden, um cool zu sein, wie etwa mit dem Rauchen anzufangen. Als Erwachsener besteht deine einzige Interaktion mit Pop-Punk normalerweise darin, dass, wenn jemand auf einer WG-Party Blink-182s „I Miss You“ aufdreht, du und deine ganzen Kumpels den „Where are you? Cause ayeeeem so sorrrry“-Teil mitsingt. Der fühlt sich auch heute noch verdammt gut an.

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Natürlich wird es immer Menschen geben, die mit Veränderungen nicht klarkommen. Vor kurzem habe ich mich mit einem alten Volksschulfreund getroffen, nur um mal zu sehen, was aus ihm geworden ist. Ratet mal! Seine Lieblingsband ist noch immer Bowling For Soup. Er zeigte mir auch voller Stolz ein Foto, das er gemacht hat, als er die Band letztes Jahr getroffen hatte. Und er ist nicht allein: New Found Glory werden dieses Jahr ihr achtes Studioalbum rausbringen, Blink 182 kommen diesen Sommer für Festivals und Konzerttermine nach Europa, genau wie Reel Big Fish.

Großbritannien hat sein eigenes kleines Pop-Punk-Festival. Slam Dunk gibt es seit 2006, ist das UK-Äquivalent zur Warped Tour und findet in Hatfield, Leeds und Wolverhampton statt. Ich wollte wissen, was für Menschen dorthin gehen und wie sie ihren Platz in einer Welt finden, die kulturell von armen Schluckern und Prolls dominiert wird. Ich besuchte also die Veranstaltung in Hatfield, um mehr über die übriggebliebenen Pop-Punk-Anhänger zu erfahren.

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Das hier war der erste Typ, der uns über den Weg lief, als wir aus dem Bus stiegen. Für jemanden, der Flyer für einen Rock Summer Ball aushändigt, war er unglaublich enthusiastisch und sah aus wie jemand, der in seinem Leben schon alles gesehen hat—von Pete Wentz Schwanz bis zum Goldstatus von Electric Sixs Debütalbum 2003.

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Das Festival fand auf dem Campus der University of Hertfordshire statt und, um in den Backstagebereich zu kommen, mussten wir erst unseren Weg durch die Wirtschaftsfakultät finden. Ich fragte mich, wie wohl die ehemalige Punkrockelite mit ihrem rapiden Popularitätsabstieg klarkommt, immerhin hatten einige dieser Bands zuvor ganze Stadien gefüllt. Wie sich herausstellte, waren sie deswegen ziemlich entspannt, lasen Musikzeitschriften auf ihren Handys und tranken überteuertes Dosenbier.

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Bislang hatte ich noch nicht wirklich viel über die Pop-Punk-Fans von heute erfahren, aber andererseits war ich auch nur aus einem Bus gestolpert und durch eine Bildungseinrichtung geirrt. Es war Zeit, sich in das Getümmel zu stürzen. Ich machte mich auf den Weg zum offiziellen Slam Dunk Merchandisezelt. Früher quellten diese Teile geradezu über vor Schweißbändern und Hoodies in Übergrößen, aber die T-Shirts und Rucksäcke in Batikoptik, die ich dort vorfand, schienen mir eher verzweifelte Versuche zu sein, mit dem aktuellen 90er Retrorevival mithalten zu wollen.

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Das Line-Up der diesjährigen Ausgabe war überaus verwirrend. Einerseits traten Bands auf, die in den 90ern von allen relevanten Musikzeitschriften gefeiert worden waren—All American Rejects, Hit The Lights, Chiodos—, andererseits standen auch DJs auf dem Plan—also die Art von Typen, die die Art von Musik machen, die die meisten Emos sofort zu einem ungeliebten Außenseiter ihrer Gruppe machen würde, wenn sie zugeben würden, dass sie ihnen gefällt. Der Resident DJ und Ansager der Mainstage war der The Blackout-Sänger Sean Smith. Er spielte „Party Hard“ von Andrew WK, aber traurigerweise schien ihn niemand wahrzunehmen oder sich darum zu scheren, dass er überhaupt da war.

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Früher einmal waren Pop-Punk-Fans eindeutig an ihrem Klamottenstil zu erkennen, aber auf dem Slam Dunk zeigte sich, dass sich dieses einstmals klar umrissene Stereotyp in einer amorphen Masse verflüchtigt hatte. Dieser Typ hier zum Beispiel sieht so aus, als ob er sich auf dem Weg zur Whitesnake-Reunion verlaufen hätte. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber, Junge, du solltest dich mal schleunigst zu Titus bewegen.

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Die nächste Bühne, an der wir vorbeikamen, hatte den Namen Upraw—eine Dance-Stage, die zwischen den beiden Punkbühnen angesiedelt war, von denen sich eine drinnen und die andere draußen befand. DJ Kristokat—das Mädchen mit den blonden Haaren—hatte das längste Set an diesem Tag zugeteilt bekommen. Sie nutzte ihre Zeit, um Tracks wie „Battle For Middle You“ und „When A Fire Starts To Burn“ zu spielen. Vielleicht ist das einer der Wege, wie sich Pop-Punk-Fans der heutigen Zeit angepasst haben—sie hören auch Disclosure.

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Diese Gruppe von Fans stammt aus Gatwick—dem tatsächlichen Ort, nicht dem Flughafen versteht sich. Sie erzählten mir, dass sie regelmäßig bei der Dance-Stage vorbeischauen, weil „es einen motiviert und sie gut gelaunt hält“

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Als ich dann wieder nach drinnen ging, bestätigte dieser Typ das totale Verschwinden von Fashiontrends aus der Szene. Pinker Bastrock, Jägermeisterstirnband, Gesichtsbemalung und aufgemaltes Six-Pack—der Junge weiß wirklich, wie man eine gute Zeit hat. Wir sahen uns zusammen Zebrahead an, eine Band, die, obwohl sie zehn Alben veröffentlicht hat, nur für einen Song bekannt ist, „Anthem“. Die Show hat auch irgendwie Spaß gemacht, wenn deine Idee von Spaß ist, eine halbe Stunde darauf zu warten, eine schlechtere Version von etwas zu sehen, das du jederzeit auf deinem iPod hören kannst. Wir bewegten uns dann nach draußen, um We Are Kings zu sehen—eine Band, die mit Demi Lovato zusammengearbeitet hat und weltweit in Hollister-Filialen zu hören ist—anscheinend einige der Überlebensstrategien von Pop-Punk.

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Devil Wears Prada—eine melodische Metalcoreband—spielte draußen auf der Bühne. Dieser Typ startete einen Moshpit, indem er seinem Kumpel den Schuh ins Schienenbein rammte.

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Auf dem Heimweg bekamen wir mit, wie eine Gruppe von Leuten ein Trinkspiel mit dem Namen Slam Drunk spielten. Ich verstand die Regeln nicht wirklich, aber wenn man sich diesen Typen hier anschaut, scheint es offensichtlich seinen Zweck zu erfüllen.

Slam Dunk war eine komische Erfahrung. Ich war in der Erwartung dorthin gefahren, in ihrer Entwicklung stehengebliebene, infantile Mitdreißiger zu beobachten—und das hatte ich auch. Matty von Zebrahead betonte, dass „Partymachen die einzige Sache ist, die die Band noch am Laufen hält“ und ich traf einige ältere Typen, die noch immer in einer Welt lebten, in der wasserstoffblonde Igelfrisuren noch „cool“ waren. Tatsächlich fand ich aber ein ganzes Bukett unterschiedlicher Stile und Altersklassen vor. Viele der Fangruppen bestanden aus Menschen, denen es egal geworden war, sich auf ein bestimmtes kulturelles Terrain festzulegen. Die Szene hat sich den anderen Subkulturen dieser Zeit angepasst, inklusive Dance-Stage und Batik-Merch.

Pop-Punk war wohl immer etwas für die Außenseiter, etwas, durch das du das Gefühl bekamst, Teil von Etwas zu sein, während du noch in deinem Kinderzimmer lagst und davon träumtest, was dieses Etwas wohl sein könnte. Für die meisten Menschen nahmen irgendwann Dinge wie Freundschaften oder Flachgelegtwerden diesen Platz ein, aber heute habe ich eine kleine Minderheit getroffen, für die es ein beständiger Teil ihres Lebens wurde. Sie sind keine Amish, sie verstehen, dass die Welt sich geändert hat, und sie ändern sich nur zu gerne mit ihr. Ganz tief in ihrem Herzen wollen sie aber einfach ihre schachbrettgemusterten Vans anziehen und zu Alien Ant Farm abgehen.

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