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Eko Fresh rappt im neuen Werbespot der Deutschen Bahn—ja, das ist passiert

„Spätestens seit diesem Track ist Schwarzfahren out“—Eko Fresh, Rapper und neues Zugpferdchen für das Bayern-Ticket der Bahn.

Wir schreiben das Jahr 2006. MySpace hält es für eine gute Idee, ihre Plattform durch eine User-Castingshow zu retten, „Grinsi-Klinsi“ wird von der BILD gemobbt und Deutschrap gehört Westberlin. Ungefähr zu dieser Zeit hielten es die ersten Firmen und Berufszweige für eine gute Idee, etwas mehr Jugendkultur in ihre Werbespots einzubringen.

HipHop schien ein geeignetes Werkzeug zu sein. Die Büchse der Pandora war geöffnet. Zehn Jahre später gibt es kein Halten mehr. Ob rappende Polizisten, spittende Edeka-Praktikanten oder cyphernde BMW-Mitarbeiter—die reißerische Flut der Image-Songs lässt sich kaum noch stoppen. Aber bekanntlich mussten wir auch einige Jahre „durch den Monsun“, bevor dieses Phänomen wieder in der Versenkung verschwand.

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Die Qualität der Songs ist selbstverständlich so grottig, dass sich die Videos in kürzester Zeit im Netz verbreiten. Guck mal hier, wie scheiße das ist, musst du gesehen haben. Funktioniert immer (q.e.d.). Das haben auch windige Werbefirmen und PR-Berater bemerkt und raten ihren Kunden schon mal dazu, einen etwas zurückgebliebenen Mitarbeiter aus dem Kühllager vor die Kamera zu zerren, um dann im Nachhinein „unfreiwillig“ viral zu gehen. Clevere Taktik, keine Frage. Generiert natürlich Aufmerksamkeit. Allerdings bekommt man wahrscheinlich trotzdem ähnlich viele oder sogar mehr Klicks, wenn man mit seinem Penis einen Quarkteig umrührt. Just sayin'.

Die Deutsche Bahn beziehungsweise das „Bayern-Ticket“ der selbigen, hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Statt irgendeinen Apored pumpenden DB-Azubi vor das Mikrofon zu schubsen oder einen Lokführer „Bahnsteig“ auf „Brotzeit“ reimen zu lassen, hat man sich dazu entschieden, einen gestandenen Rapper einzukaufen. Dass Eko den Song wahrscheinlich in 15 Minuten geschrieben hat, sagt zwar auch etwas über seine Fähigkeiten als Texter, vor allem aber etwas über die Deutsche Bahn und ihre Ansprüche aus.

Der Beat aus der Konservendose fällt da auch nicht weiter ins Gewicht. „Ich sag's konkret, manchmal komm' wir zu spät/Das bleibt nicht aus, Bro, aber sonst sind wir straight“. Eine Liebe für Eko an dieser Stelle. Zu derlei stabilen Lines wackeln dann die Angestellten der DB durchs Bild und liefern eine Mini-Playbackshow erster Güte ab.

So weit so gut. Oder eben schlecht. Man stelle sich trotzdem einmal folgendes Szenario vor: Ekrem Bora, ein junger Mann, der nie mit Rap in Verbindung kam und sich dementsprechend auch nicht Eko Fresh nennt, sitzt im Zug und fährt durch Bayern. Dunkle Haare, braune Augen, Bart. Was ist wahrscheinlicher? Dass der Schaffner einen locker flockigen Freestyle kickt und eine aufreizende Lokführerin in Lederhosen ihm schmachtende Blicke zuwirft, oder dass er aufgrund seines Aussehens von der Bundespolizei kontrolliert wird?

Was ist, wenn Ekrem sich verbal gegen die Schikane wehrt? Was ist, wenn Eko mit seinen Freunden auf dem Weg zu einem Fußballspiel ist? Was ist, wenn Eko nicht versteht, was die Beamten von ihm wollen? „Steig ein wir rollen, tasern und bring'n dich auf die Wache!“ Bundespolizei-Rap, ick hör dir trapsen.

Bleibt abschließend nur noch die Frage zu klären, inwieweit die Zeile „Es ist Endstation/Ich lass heute meinen Benz at home“ vorteilhaft für die Bahn und den entsprechenden Kunden ist. Schließlich sitzt dieser jetzt ziemlich in der Scheiße. Keep it rollin'.