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Wir haben uns Eko Freshs Köln-Kampflied „Domplatten Massaker“ angehört und bewertet

Eko bekämpft Ungerechtigkeiten eben auf seine Art und Weise. Und er tut dies in dem Metier, das er am besten beherrscht: im Rap.

Eko Fresh ist bekannt dafür, gerne mal aktuelle oder auch politische Themen klar anzusprechen. Hier hat er einen klaren Vorteil gegenüber vielen seiner Kollegen, die—wenn überhaupt—lieber verschwurbelte Phrasen dreschen oder verschwörungtheoretisch rummurmeln, ohne klar Stellung zu beziehen. Dergleichen konnte man Eko in der Vergangenheit wirklich nicht vorwefen. Mit Songs wie „Ehrenmord“ oder „Es brennt“ hat er immer wieder deutliche Statements gesetzt.

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Die Gefahr bei derlei Songs ist nunmal, dass man sich ausführlich zu einem Thema äußern möchte, aber eben keine Bachelorarbeit, sondern im Endeffekt „nur“ einen Rap-Song verfasst. In Verbindung mit Ekos Angewohnheit, gerne mal etwas zu schnell aus der Hüfte zu schießen, beziehungsweise einfach extrem viel zu veröffentlichen, kann das durchaus auch schieflaufen. „Ehrenmord“ in etwa ist jedoch ein ideales Beispiel dafür, das so etwas dennoch sehr gut funktionieren kann.

Jetzt hat sich Eko der Ereignisse der Silvesternacht in Köln angenommen und diese musikalisch verarbeitet. Dass er das definitiv besser gemacht hat, als irgendwelche Ex-DSDS-Kandidaten steht dabei außer Frage. War ja auch nicht schwer. Und dass er als Ur-Rheinländer und langjähriger Wahl-Kölner geradezu prädestiniert dazu ist, bestreitet auch niemand. Eko haut dann auch erst mal richtig auf die Pauke und wählt einen Dudelsack-Beat aus, bei dem wahrscheinlich nur Leute positive Vibes spüren, denen bei Karneval, Büttenreden, Geißbock oder eventuell noch der x-ten Wiederholung von Braveheart ganz warm ums Herz wird.

Nun gut, Lokalpatriotismus ist eben räumlich begrenzt und Geschmackssache. In Köln wird man es vermutlich auch nur bedingt verstehen, dass der durchschnittliche Berliner sein Umfeld beleidigt, um seine Zuneigung auszudrücken. Gleich in der ersten Zeile des Songs stellt Ekrem dann auch klar, worum es nun gehen wird. „Dieser Vers geht an die Täter von Silvester/Stellt euch mal vor es geht um eure Schwester.“ Word!

Im weiteren Verlauf des Songs zieht er dann eine klare Trennlinie zwischen „denen und uns“. Zeilen wie „Ihr unehrenhaften Hauptbahnhoffummler/Zieht den Ruf von allen Ausländern runter“ sind selbstverständlich in ihrer Intention richtig. Es ist klar, was Eko sagen will und es gibt denke ich niemanden, der diese Typen in irgendeiner Form verteidigen will. Verkannt wird dabei allerdings die Tatsache, dass es eben Rassisten sind, die aufgrund der ekelhaften Taten einiger, auf alle anderen schließen. Jeder halbwegs differenziert denkende Mensch sollte in der Lage sein, so etwas automatisch trennen zu können.

„Flüchtlingsfamilien, die sich um ihr Obdach sorgen/werden mit euch Bastarden jetzt in einen Topf geworfen“ rappt Freezy weiter. Auch hier ist es vollkommen verständlich, was Eko sagen will. Dennoch: Neonazis und andere Hetzer haben das auch schon vor Köln getan. Auch vor Köln gab es in der Mitte der Geselschaft dumme Verallgemeinerungen. Es gab fast täglich Anschläge auf Unterkünfte und eine regelrechte Pogromstimmung in ländlichen Gebieten. Die Täter von Köln sind nicht der Auslöser für eine rechte Stimmung gewesen, denn diese gab es hier schon immer.

Der FOCUS schreibt zu dem Video: „Die Ereignisse von Köln haben Deutschland verändert. Viele fürchten um die öffentliche Sicherheit. Das Vertrauen in die Polizei ist angeschlagen.“ Derlei Überschriften oder Stimmungen sucht man vergeblich, wenn es um die NSU-Mordserie oder etwa die täglichen fremdenfeindlichen Angriffe geht. Und zwar weil die meisten Deutschen sich definitiv nicht bedroht gefühlt haben durch diese Taten. Warum auch, sie waren ja nicht betroffen. Köln aber hat Deutschland verändert. Denn jetzt kann man plötzlich alle in einen Topf werfen, ohne dafür breiten, gesellschaftlichen Widerstand zu ernten. Eko bekämpft das eben auf seine Art und Weise. Und er tut dies in dem Metier, das er am besten beherrscht: im Rap.

Der Song ist ein Mahnmal für Zusammenhalt und gegen stumpfen Hass. Immer wieder bittet Ekrem um Verständnis und wiederholt gebetsmühlenartig, dass die meisten Ausländer „gute Menschen“ sind und dass man Rattenfängern wie der AFD nicht auf den Leim gehen sollte. Traurig ist es eher, dass solche Aussagen in diesem Land überhaupt nötig sind.