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Eine Nacht mit Lil Drake

Diese Nacht ist Drake angesagt. Das bedeutet zwei Outfits, kein Alkohol und immer cool bleiben.

Vor gut drei Monaten saß ich genervt ich in der Redaktion an meinem Rechner, der sich Mac Mini (2007 n. Chr.) schimpfte. Als ich wieder einmal kurz davor war, die Tastatur gegen den Bildschirm zu kloppen, blinkte in meinem Chatfenster ein Facebooklink auf. Ich sah vor mir den amerikanischen Superstar Drake, wie er eine kleinere Version von sich selbst umarmte. Nach den Bildern auf dem Profil zu urteilen, handelt es sich um einen unfassbar ähnlich aussehenden Doppelgänger von Drizzy, der noch dazu wahrscheinlich sein Nummer-eins-Fan in Deutschland ist. Da ich wahrscheinlich die Nummer 794 unter den deutschen Drake-Fans bin, musste ich mich mit ihm treffen.

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Doch ich wollte nicht einfach nur ein Interview mit ihm machen, das würde dem Ganzen nicht gerecht werden, nein, ich wollte zusammen mit ihm in einen HipHop-Club gehen und beobachten, wie Lil Drake so drauf ist, wie die Menschen auf ihn reagieren und warum, verdammt nochmal, er so tut, als ob er Drake wäre.

Zwei Monate später stehe ich endlich mit Julian, meinem Kumpel und Fotografen am Görlitzer Bahnhof in Berlin. Doch von Amin, so heißt er mit wahrem Namen, ist keine Spur zu sehen. Eine halbe Stunde später kommt er die Station runtergeschlurft. „Ey, tut mir Leid“, sagt er mit einem schelmischen Grinsen, „aber da war noch dieses Mädchen, das ich gerade kennengelernt habe, ich bin noch ein paar Stationen mit ihr gefahren.“ Ja, man merkt sofort, dass der Kleine sich den Charme vom Großen abgekupfert hat.

Wir gehen zuerst, passenderweise, in die Lerchen & Eulen-Bar.

Lil Drake erzählt mit recht eloquentem Berliner Atzenakzent, dass er 19 ist, seine Eltern aus Marokko stammen, und wenn er nicht den Doppelgänger von Drake spielt, eine schulische Ausbildung zum Druck- und Medienassistenten macht. Er ist sehr höflich, versucht immer cool zu sein. Er trinkt Mate, ohne Vodka, ich trinke auch Mate, allerdings mit Vodka. Nur ab und zu würde er Alkohol trinken, sagt er. Er erzählt, wie er sein Vorbild getroffen hat und lässt dabei kein Detail aus. Vor zwei Jahren in Berlin auf seinem Konzert hatte er Drakes Handtuch gefangen, und irgendwie hatte er es später in den Backstage geschafft. Nach ein paar Minuten kam er: Drake höchstpersönlich. Als Amins Kumpel dem Großen sagte, dass die beiden gleich aussehen, sagte Drake: „Yeah, man, I see dat.“ Woraufhin Amin meinte: „You remember me? I got your towel, man!“ Dann noch ein Foto. Das war’s.

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Wir wollen was essen gehen.

Beim Burger House 36 am Kottbusser Tor essen wir Cheeseburger und Currywurst. Amin hat mittlerweile ein Hemd angezogen, das ich irgendwann auch schon mal bei Drake gesehen habe. Warum das Ganze, will ich wissen. Er war schon immer Fan, sagt er, und er mochte Drakes Style, dann sei ihm und anderen aufgefallen, dass er auch so aussieht wie Torontos Finest. Ab da zog er es durch, nennt sich auf Facebook Amin Drake, hat mittlerweile 404 Abbonenten und bei Instagram als „DrakesBrother“ 578 Anhänger. Dabei wirkt er überhaupt nicht wie ein potenziell verrückter Fanboy.

„Aber warum machst du das?“, frage ich nochmal. „Ich habe mir das nicht ausgesucht“, sagt er, „aber es ist, wie es ist und ich genieße die Vorteile—die Leute sprechen einen an, man punktet eventuell bei Mädchen und knüpft Kontakte“. Amin erzählt, dass er für verschiedene Clubs Promotion mache. Und wenn man Little Drake sei, dann habe das natürlich Potenzial.

Und tatsächlich. Wir können kaum fünf Meter gehen, ohne dass er jemanden trifft, mit dem er ein paar Worte Kanacken-Smalltalk wechselt.

Langsam verstehe ich. Amin nutzt seine Drake-Ähnlichkeit, um eine Marke aufzubauen. Es ist wie ein Job. Jeder, der allwöchentlich zu „Rack City“ abgeht oder eine YMCMB-Cap aufsetzt, ist ein potenzieller Partner oder Kunde. Man kann nie genug Kontakte knüpfen, und als deutscher Drake ist das bei dieser Klientel ein Kinderspiel.

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Ich frage ihn, ob es ihn nicht manchmal nervt, wenn er nur als Drake wahrgenommen wird. „Nicht wirklich“ sagt er, „Amin existiert immer und das mit Drake ist nur ab und zu.“ In diesem Moment ist also Drake angesagt, da muss alles hochprofessionell sitzen. Das bedeutet: Zwei Outfits, kein Alkohol, cool bleiben.

So auch im Tube. Amin begrüßt die Türsteherberge herzlich und winkt uns durch. Die Jacken werden in einen Nebenraum gebracht, höchstpersönlich sorgt Lil Drake dafür, dass die Kamera sicher verwahrt wird. Mittlerweile wirkt alles ziemlich durchkalkuliert. Trotzdem ist der Junge immer noch sympathisch. Vor allem als er dem DJ etwas ins Ohr flüstert und kurz darauf „Started From the Bottom“ vom richtigen Drake ertönt. Er springt auf die Tanzfläche, jeder Move sitzt. Man merkt: Der Junge liebt den Scheiß wirklich.

Leider ist Lil Drizzys Clique in einem anderen Club, deswegen werden heute hier keine Bottles gepoppt. Schade, eigentlich hatte ich gedacht, das gehört dazu, wenn man mit Drake unterwegs ist. Ich hatte mir sogar vorgestellt, wie er eine Flasche Richtung eines Berliner Lil Chris Brown wirft. Leider passiert nichts davon. Gegen fünf Uhr machen wir uns auf den Weg. Die Verabschiedung fällt spärlich aus, weil ich müde bin und Amin die ganze Zeit sein Handy fixiert. Das erste Bild des Abends will bei Instagram gepostet und Mädels ge-Instant-Messaged werden. Mein Arbeitstag ist vorbei, Lil Drakes geht noch weiter—5 AM in Berlin.

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