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Dieser 15-jährige Junge ist der König des Black MIDI

Black MIDI ist der neueste Trend unter den Nerds dieser Welt und TheTrustedComputer ist der amtierende Meister eines globalen Black MIDI-Kampfs.

Hast du jemals versucht, fünf Millionen MIDI-Noten in eine zweiminütige Komposition zu quetschen? Nein, natürlich nicht, denn das wäre unmöglich.

Oder etwa nicht?

Dem Wunder der modernen Verarbeitungsgeschwindigkeit sei Dank, hat sich im Internet ein neues verrücktes Micro-Genre entwickelt, ein YouTube-Phänomen mit dem Namen Black MIDI. Stell dir dabei das gemeinsame Kind von Mozart, Steve Vai und Final Fantasy vor oder den Klang einer Million Klaviere, die man in einen Mixer gesteckt hat—oder ein höllisch schweres Dance Dance Revolution Spiel, das von Aliens auf Amphetaminen gespielt wird. So hört sich Black MIDI ungefähr an.

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MIDI ist ein in den 80er Jahren durch die digitale Musikkomposition populär gewordenes, ziemlich einfaches Computerprotokoll, das elektronischen Musikinstrumenten wie Synthesizern mitteilt, welche Noten sie wann zu spielen haben. Jeder Produzent der Welt benutzt es und es wird für gewöhnlich mit einem Flächenraster transkribiert, das Striche zur Darstellung von Höhe, Lautstärke, Dauer und Timing der Noten nutzt.

Man kann MIDI jedoch auch in eine Standard-Musiknotation übertragen und vor ein paar Jahren haben ein paar japanische Heim-Produzenten versucht, so viele MIDI Noten wie möglich in eine Komposition zu packen—teilweise bis zu 100.000 in ein einziges Stück. Je mehr Noten in wahnwitzige Multi-Oktaven-Akkorde, Arpeggios und übertaktete Melodien gequetscht wurden, desto schwärzer wurde die Notation. Hier eines der frühen Beispiele:

Die „Blacker“ kamen zunächst aus Japan und haben ihre Videos auf der japanischen Videoseite Nico Nico Douga veröffentlicht und geteilt. Laut der Black MIDI Wiki-Seite hat sich die Bewegung dann zunächst auf Korea und China und 2012 auch auf die USA und Europa ausgeweitet.

Immer mehr „Blacker“ aus der ganzen Welt, viele von ihnen Teenager, schließen sich dem wilden Wettbewerb an, möglichst mehr Noten als die anderen zu verwenden und in ein Stück zu packen. Erst waren es 100.000, dann 500.000, dann eine Million—mittlerweile sind bis zu fünf Millionen Noten normal.

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Die Songs sind dabei jedoch nicht einfach nur Krach, viele basieren auf der Musik aus Videospielen oder Cartoons, was an den sich überschneidenden Interessen von „Blackern“, Anime-Anhängern und Gamern liegt. Und wenn junge Typen erstmal anfangen ihr Nerdtum zum Wettbewerb zu machen, kannst du dir sicher vorstellen, dass das Ganze auf YouTube landen wird. Die Videos bestehen aus hypnotisierenden Mustern von flirrenden Noten, die die wahnsinnigen Skalen darstellen und vor deinen Augen vor und zurück springen. Dabei werden auch sogenannte „Crash Notes“ eingebaut—ein extrem hochfrequentes Stottern, bei dem jede Taste des „Klaviers“ tausende Male pro Sekunde „angeschlagen“ wird. Dabei wird so viel visuelle Information ausgespuckt, dass dein Computer sehr wahrscheinlich anfängt zu würgen und zu blubbern, es sei denn du hast ein paar tausend Euro in eine High-End-Grafikkarte gesteckt.

Aber sieh es dir einfach mal selbst an:

Natürlich verstehen wir, wenn du so reagierst:

Die jugendlichen Notenzauberer für ein Interview aufzutreiben, hat sich als relativ schwierig herausgestellt, da niemand von ihnen eine offizielle Website mit einem Email-Kontakt hat. Sie sind jedoch alle bei YouTube aktiv, sodass ich in der Lage war TheTrustedComputer, aka TTC, einen der Könige des Black MIDI Genres und Moderatoren des The Impossible Music-Wikis, zu kontaktieren. Obwohl er uns darum gebeten hat, seinen vollen Namen nicht zu veröffentlichen, wissen wir, dass das populärste Video des 15-jährigen Kanadiers zum Veröffentlichungszeitpunkt dieses Artikels über 1.368.551 Klicks hatte. Sein Wiki ist eine Black MIDI Bibel—und damit eine Quelle für alles, was mit Black MIDI zu tun hat, inklusive einem Ranking an Songs, sortiert nach der Anzahl der verwendeten MIDI Noten (der derzeit Führende hat eine Zahl von 280 Milliarden zu bieten) oder Links zu anderen Black MIDI-Meistern wie TheSuperMarioBros2, Gingeas oder RetroUniversalHT.

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Mit Hilfe von YouTube-Nachrichten, Kommentaren und letztendlich per Mail, hat TTC unsere brennenden Fragen zu Black MIDI beantwortet, uns die Basics für die Komposition unseres eigenen Black MIDI Stücks beigebracht und uns sogar einen exklusiven Track gebastelt.

Noisey: Was ist Black MIDI deiner Meinung nach genau?
TheTrustedComputer: Black MIDI gibt es seit 2009. Es bezeichnet im Grunde eher eine Remix-Kategorie, als ein [Genre] elektronischer Musik. Der Begriff Black MIDI bezieht sich auf die Notation, die durch die Menge an Noten „geschwärzt“ wird. Der Teil MIDI stammt einfach von MIDI, da steckt also nichts Besonderes hinter. Ich glaube das Ganze entstammt der Idee hinter diesen „Bullet Hell Spielen“. [Anm.: „Bullet Hell Spiele“ sind das visuelle Äquivalent zu Black MIDI, dahinter verbergen sich Shooter-Spiele mit „so vielen Kugeln zur gleichen Zeit, dass dein Auge nicht hinterher kommt“. Sieh dir Tohou Project an, vergiss dabei aber nicht von Zeit zu Zeit zu atmen!]

Wie bist du dazu gekommen, Black MIDI zu machen?
Mein erstes Black MIDI-Stück, mit dem Namen „For My Loved One“, war die Titelmelodie zum Anime Fushigi Yuugi. Es bestand lediglich aus 102.916 Noten in unter einer Minute dreißig. Zu der Zeit war ich noch nicht besonders gut, mein erster Black wurde irgendwann in September 2012 veröffentlicht. Außerdem klingt das Stück aufgrund der Noten, die die Melodie zerstören, ziemlich fies.

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Dadurch, dass ich immer mehr Songs „geblackt“ habe, habe ich meine Fähigkeiten sehr verbessert. „Dream Battle“ und „Love-Colored Master Spark“—ebenfalls vom Touhou Project—sind ein paar Beispiele für meine ersten Black MIDIs. „Dream Battle“ hat 200.000 Noten und „Love-Colored Master Spark“ hat 300.000 Noten. Dann hab ich ein bisschen mit „Necrofantasia“ herumexperimentiert und habe letztendlich die eine Million Noten geknackt! Ich war der erste in der MIDI Geschichte, der eine Million Noten geschafft hat.

Welchen Rat würdest du jemandem geben, der versucht, Black MIDI Songs zu schreiben?
Songs zu „blacken“ ist ziemlich komplex und in ein paar Sätzen kann ich das nicht erklären. Wenn du versuchst, einen Song zu „blacken“, achte darauf, dass die Melodie, die Harmonie, die Akkorde und die Sequenzen, also alles musikalische, beibehalten wird. Dann modifiziere die Noten, indem du sie noch kürzer machst. Durchgehend mindestens Sechzehntelnoten mit einer sehr hohen tonalen Dichte, dürften ein gutes erstes Setup für ein Black MIDI sein. Wenn du einen Song falsch „blackst“, sind die Chancen groß, dass ein gruseliger und erschreckender Song oder einfach nur ein riesen Haufen Mist herauskommt, der überhaupt nicht nach Musik klingt.

Man hat mit MIDI die Möglichkeit, extrem kurze Noten zu generieren—bis zu 65.536tel Noten! Wenn die Noten die Melodie nicht unterstützen, achte darauf, dass sie sehr leise sind. Die „Crash“ Noten, die man oft in Black MIDIs findet, sollte man nicht verwenden, da sie einfach zu viel sein und das ganze Stück ruinieren können. Reduziere außerdem die Menge an Noten, sodass es auf den meisten Computern abgespielt werden kann. Dies sind ein paar Grundlagen zum Blacking von Songs. Normalerweise gibt es Remixe von bereits existierenden Songs im Internet. Du kannst, wenn du magst, aber auch einen vollkommen neuen Song selber kreieren. Nutz deine Zeit aber sinnvoll, bevor du anfängst irgendwelche Songs zu „blacken“.

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Welche Programme nutzt du, um deine Songs zu machen?
Hauptsächlich Lernprogramme, aber auch ein paar ohne Ausbildungshintergrund, wie MIDI Player. Zum Beispiel Synthesia, Piano From Above (ein Ausbildungsprogramm, ähnlich wie Synthesia), MIDITrail, vanBasco Karaoke Player, MIDIPlayer (das Java Programm), MAMPlayer, Music Studio Producer, Singer Song Writer, Tom’s MIDI Player, TMIDI und Timidity++.

Ursprünglich haben die Blacker von 2009 bis 2012 nur MAMPlayer, Music Studio Producer, Singer Song Writer und Timidity++ benutzt. Ich würde es sehr begrüßen, wenn es Leute gäbe, die Programme entwickeln, die speziell für Black MIDI gemacht sind—denn bislang sind die Programme alle noch überhaupt nicht für Black MIDIS ausgelegt.

Wir haben TheTrustedComputer gebeten, eine weihnachtliche Black MIDI Komposition für THUMP zu erschaffen. Er hat nicht weniger als sechs Songs gemacht, alle in dreieinhalb Minuten gepresst! Hört sie euch an und huldigt TheTrustedComputer, dem amtierenden König des Black MIDI:

Matt Earp ist der DJ und Autor Kid Kamaleon. Er lebt zurzeit in Berlin. Folge ihm auf Twitter: @kidkameleon

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