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Willkommen in der Welt des „Sad Rap“

Du dachtest, nur Yung Lean kann dir den Soundtrack zum Tränen-Vergießen liefern? Hier haben wir noch weitere Trauer-Rapper für euch.

Zwei junge Yung Lean-Fans, fotografiert von Jason Bergman

Wenn du vorher noch nichts von Yung Lean gehört hast, hältst du seine Musik zunächst vielleicht für das beleidigte Genuschel eines Reddit-Users, der bei einem Rapkonzert an der Tür abgewiesen wurde, weil er zu jung ist. Das ist auch in Ordnung. Wenn du deine Überheblichkeit aber überwindest, dich auf seine Welt einlässt und zwischen den Zeilen liest, dann wird dir klar, dass Yung Lean etwas Besonderes ist; er ist ein Outsider mit einem einzigartigen Blick auf ein Genre, das seit seiner Entstehung zumindest gefühlt immer stärker amerikanisiert wurde. Er erschafft eine Fantasiewelt und stellt die typische Ikonografie des US-HipHops auf den Kopf, findet Trost in der Einsamkeit und haut Reime über Arizona Ice Tea raus.

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Seitdem letztes Jahr „Ginseng Strip 2002“ bei YouTube auftauchte, ist Yung Lean nicht nur verdientermaßen zu einem Star, sondern auch zu einem kulturellen Einfluss geworden. Er hat die nächste Generation an Vorstadt-Teenager-Rappern ebenso beeinflusst wie Mac Miller 2010—die Fans tragen die gleiche Kleidung, imitieren seinen Schreibstil in den sozialen Medien und verschlingen gierig die Fülle an neuer Musik, die er regelmäßig veröffentlicht. Die Tatsache, dass sich Justin Bieber mit den Sadboys ablichten lassen hat, ist ein Beweis für den Fortschritt, den Yung Lean gemacht hat, seit das halbe musikaffine Internet sich nicht entscheiden konnte, ob es ihn ernst nehmen soll oder nicht—und es ist Biebers Abklatsch von Leans Ästhetik, der nicht nur die Relevanz und den Einfluss seiner Karriere beweist, sondern auch, wie weit diese noch gehen kann.

Du musst dich nur durch YouTube klicken, um die Künstler zu erkennen, die durch Yung Leans Erfolg aufgekommen sind. Sie wurden vielleicht nicht alle direkt durch Lean beeinflusst, aber sie bewegen sich in einem ähnlichen Kontext und machen Rapmusik aus der Zukunft, die erheblich anders klingt als alles, was vor dem iPhone 4 rauskam.

Um euren Durst nach weiteren Künstlern der Post-Yung-Lean-Rapwelt zu stillen, stellen wir euch im Folgenden ein paar Leuten vor, die gerade Aufsehen erregen.

Spooky Black

Der langsame Camcorder-Schwenk auf Spooky Black in Rollkragenpulli und Durag macht es zunächst schwer, nicht zu denken, dass „Without You“ ziemlicher Scheiß ist. Aber wenn du deinen anfänglichen Eindruck überwindest, dass Lil Spook zu der Art von Künstlern gehört, die dir an einer U-Bahn-Haltestelle ein durchnässtes Demo in die Hand drücken, dann wirst du definitiv dafür belohnt—er ist die Zukunft der Musik.

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Zunächst einmal ist er erst fünfzehn, hat aber trotzdem genug sanften Soul in seiner Stimme, um mich davon zu überzeugen, dass er die Person hinter den Anrufbeantworter-Nachrichten ist, die ich in meinen himmlischen Träumen gehört habe. Seine Texte—die sich zwischen präzisen Strophen über die erste Liebe und den niederschmetternden Einzeilern, die dich daran erinnern, als du in dein Kissen geweint hast, bewegen—bleiben dir im Kopf. Und dann gibt es noch die Instrumente, gedämpfte 80er-Jahre-Drumcomputer wie aus einem Teenager-Film, die mit dichten Synthesizern und funkelnden Triangel-Effekten kombiniert werden.

Spooky hat im April sein erstes Album veröffentlicht und Tracks mit Bobby Raps gemacht, was die Vorliebe für emotionale Offenheit verdeutlicht, die seit dem Aufkommen von Acts wie The Weeknd und Clams Casino vorherrscht. Anscheinend bringt er noch im August ein weiteres Album raus, aber wer weiß das schon so genau, bei seiner isolierten sozialen Ästhetik, die beinhaltet, dass er die Medien meidet und Dinge twittert wie: „Dein Leben basiert auf Trends, fick dich“.

Bones

Der Rapper Bones aus L.A. weist bereits eine beeindruckende Diskografie auf, wenn man bedenkt, dass er erst 2012 mit dem Musikmachen angefangen hat—in den letzten elf Monaten hat er alleine 30 Musikvideos auf YouTube veröffentlicht. Darin finden sich Kollaborationen mit Leuten wie Chris Travis, Na$ty Matt und Grandmilly und seiner Truppe an Produzenten, Fotografen und Rappern, die als TeamSESH bekannt ist. Eines seiner Videos, das auf einer Überlagerung von wirrem VHS-Material basiert, ist „Dirt“. Bones kniet darin im Schutt einer Baustelle und tadelt: „Swerving off, my eyes closed, graveyard's where I call home. Razor blade in my fucking palms, touch me and I'mma cut you off.“ Wie Spooky Black bedient sich Bones der unbehaglichen Ästhetik von Homevideos auf Hi8-Bändern, wie sie auch Regisseure wie Larry Clark und Harmony Korine benutzt haben.

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Die ominöse Atmosphäre, die von der düsteren geloopten Kinderlied-Melodie, dem Video im Geisel-Stil und der groben Darbietung erschaffen wird, wird durch Zeilen wie „these women try to scheme cos I look like Dawson’s Creek“ kontrastiert. Vielleicht sucht er dich doch nicht auf und tötet dich mit seinem Springmesser. Einer der erwähnenswertesten Kollaborateure von Bones ist Xavier Wulf (ehemals Ethel Wulf), ehemaliges Mitglied des Raider Klan-Kollektivs aus Miami. Die Stile der beiden passen wirklich gut zusammen—der tiefe apokalyptische Ton von Bones und Wulfs harscher Flow, wenn sie zusammen Joints in Videos zu Tracks wie „Weatherman“ und „鈍ら墓地 (Cemetery Blunts to you and me)“ rauchen. Da bekommst du schon vom Zusehen einen trockenen Mund. Obwohl ihr gemeinsames Album intensiv ist und Hardcore-Rap und Horrorfilme zitiert, findest du darin auch alle möglichen merkwürdigen Bezüge zu Schokoladenmilch, Aaron Carter und Destiny’s Child.

Dylan Ross

Dylan Ross, Fan von japanischem Slam-Metal, nutzt eine ganze Reihe zusammengewürfelter Einflüsse; Gärtnern und schottische Klan-Geschichte sind nur zwei davon. Er umwirbt uns mit einem 70er-Jahre-Funk-Riff und Hortensien: „swaying with the lillies and the hydrangeas watching“, bevor er auf einmal irgendwas vom „castle of depression“ erzählt. Durch diese interessante Anordnung seiner Einflüsse kommen witzige Texte zustande: „Whats up, junt? Put the money in the bag and fold it up like a calzone.“ Man kann sich gut vorstellen, wie die Raps von Dylan sich als Ströme des Unterbewusstseins entwickeln und Bücher, die er gelesen hat und die Vorliebe seiner Eltern für Industrial- und Noise-Musik ihm in den Sinn kommen; „Leave you burning like a Norseman floating on the River Styx … I'm a slice you from your sternum to your motherfuckin' butt.“ Komplexer Typ, das gefällt mir. Die Beats reichen von stark Sample-basiertem 70er-Funk bis zu Super Mario Brothers-Melodien bei „A Killer With a Crooked Jaw“. Wie Bones lädt der aus Ohio stammende Ross erst seit 2012 Musik hoch, hat aber eine irrwitzige Anzahl an Songs auf seiner Bandcamp-Seite. Ein wandelndes Musiklexikon, das über Wildblumen und Goregrind Bescheid weiß—dem würde ich gerne ein Bier ausgeben.

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Black Kray

An Black Krays extrem undeutlichem Gesang werden sich die Geister definitiv scheiden, manche werden damit etwas anfangen können, andere werden das Gefühl haben, als würden sie jemandem zuhören, dem gerade ein Weisheitszahn gezogen wurde. Davon abgesehen ist Kray ein Tamagotchi-liebender, mit Klapphandy telefonierender Künstler, der seine eigene Interpretation eines Sad Boys hat und der sowohl durch Lil B als auch durch den melancholischen Pop, den er hört, wie Best Coast, Cults und Wolf Parade, beeinflusst wird. Ich stelle mir außerdem gerne vor, dass er bei „$$$ FLEXICAN GUDDA LUV $$$“ mit der Zeile „thuggin with goth slugs“ wirklich das Abhängen mit depressiven Schnecken meint. Seit er 2009 angefangen hat, mit Rap zu experimentieren—nur mit dem Mikrofon seines Laptops—hat er eine ganze Menge getan, um sich zu etablieren. Er kann eine Menge an High-Res- und Lo-Fi-Videos vorweisen, in denen er in Supermärkten dahernuschelt und Schaumbäder nimmt, und hat außerdem fachmännisch Videos für Leute wie Chris Travis und Kons the Child gedreht.

T-Time

Jemandem, der sich in seinen Reimen auf Dragon Ball Z bezieht, muss sofort Anerkennung gezollt werden. T-Time, der Meister des Anime-Raps hat außerdem eine erstklassige Amazon-Wunschliste, die mir klar gemacht hat, dass ich sofort einen Mülleimer aus Messing und einen Toaster, der Collies in mein Frühstück brennt, brauche. Statt von einer großen Crew unterstützt zu werden, bringt T-Time im Video zu „Tetsuo“ einen amüsierten älteren Typen ins Bild. Er postet außerdem Videos unter dem Namen Tlyudacris; checkt seinen YouTube-Kanal, um ein wirklich unheimliches Cover von „Ice Ice Baby“ und seine verstörende Reaktion auf Keyboard Cat zu sehen. Sein Video zu „#DESU“ ist aber immer noch das Beste. Darin findet man Ausschnitte aus Top Gun, Samurai Champloo und einem Video, in dem Hunde wie Experten Auto fahren. Es ist aber auch lehrreich und hat mir beigebracht was Idiot auf Japanisch heißt (Baka Buso) und dass Hiten Mitsurugi-ryū ein Schwertkampfkunst-Stil ist.

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