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Noisey Blog

Die Palma Violets schleimen sich ein

In England wird jede Woche eine neue beste Band gekürt—Palma Violets nehmen das nicht allzu ernst. Und wir sollten es ihnen gleichtun.

Die Palma Violets füllen das Klischee einer rotznasigen Indieband recht gut aus. Nachdem sie von der Hype-Maschine in England zu der neuen besten Band des Landes gekürt wurden, waren sie zuletzt in der Welt unterwegs, um ihr Debütalbum 180 zu promoten, das am 22. Februar bei Rough Trade erschienen ist. Als wir sie zum Interview trafen, wurden wir schon vorgewarnt, dass die Jungs letzte Nacht zu viel gefeiert hätten. Anscheinend ist die Hälfte der Band nie aus dem Koma erwacht, wir haben nämlich nur zwei Bandmitglieder zu Gesicht bekommen, von denen einer gleich weiter zu einem anderen Interview geschickt wurde. Also wurden wir mit dem unglaublich verkaterten Keyboarder Pete Mayhew alleine gelassen, der sich sogleich ein neues Bier öffnete und gelangweilt versuchte, sich zu artikulieren. Das Geschleime hat es dann auch nicht mehr besser gemacht.

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Noisey: Ich habe gehört, ihr seid ziemlich verkatert.

Pete: Wir sind heute früh aus Paris gekommen. Wir waren gestern Abend noch ein bisschen aus. Wir haben eine Fernsehshow in Paris gedreht, weil unsere Platte dort „Album der Woche“ oder so geworden ist. Und dann mussten wir heute früh um 7 aufstehen, um das Flugzeug zu erwischen.

Der Text von eurer ersten Single „Best of Friends“ ist eher ungewöhnlich. Meist wird über Liebe gesungen oder über das Leiden danach und nicht darüber, dass man jemanden nicht haben will.

Das war eigentlich alles nur ein Witz. Sam hatte die Idee aus einer Verrücktheit heraus. Er hat nicht wirklich darüber nachgedacht und es war auch nicht unbedingt absichtlich. Aber dann wurde der Song ja recht berühmt und so blieb es dann. Aber es gibt keine tiefere Bedeutung dahinter. Er kam einfach damit an und wir fanden, es klingt ganz lustig. Es ist schon ein wenig seltsam, dass der Song darüber geht, dass jemand ein Freund sein möchte, aber keine Beziehung haben will. Ich habe auch vorher noch nicht so viel darüber nachgedacht, aber darum geht es in dem Song.

Wen hättest du gerne als deinen besten Freund?

VICE. Das ganze Magazin.

Warum das denn?

Weil es dich nie betrügt. Ich hoffe jedenfalls, dass es das nicht tut.

Ah ja. Gerüchteaufklärung bitte: Euren ersten Song habt euch ihr betrunken ausgedacht und dann auf einen Anrufbeantworter gesungen, aber konntet euch am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern. War das wirklich so?

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Ja, also eigentlich war das Sam und noch jemand. Sam hat ihn nach einer Party nach Hause getragen. Sie haben dann auf den Bus Nummer 14 gewartet, weil der zu ihm nach Hause gefahren ist. Also haben sie gewartet und haben angefangen zu singen „Oh fourteen, oh fourteen…“. Und daher kam er.

Funktioniert euer Songwriting öfter so?

Nein, das war nur das eine Mal. Das war der erste Song. Der Rest ist vor allem eine Zusammenarbeit der Gruppe. Sam und Chilli haben zuerst die Ideen, aber dann arbeiten wir alle gemeinsam daran und fügen Dinge hinzu, individualisieren sie noch. Es ist eine Gruppenzusammenarbeit.

Es gibt ja Leute, die finden es hilfreich betrunken zu werden, um Songs zu schreiben.

Hm, ich weiß nicht. Ich glaube, man wird zu schnell abgelenkt. Es ist nicht nötig. Aber dann passiert es eben doch manchmal. Ich kann das nicht empfehlen. Wir sind jedes Mal deswegen angepisst. Normalerweise entsteht einfach eine Idee für einen Song, aber wir setzen uns jetzt nicht hin und fangen an, etwas zu schreiben. Wir sagen nicht „Komm, lass uns einen Song schreiben“. Es gibt üblicherweise ein Riff oder so und dann arbeiten wir zusammen daran. Alle Songs sind anders entstanden. Wir haben keine bestimmte Methode. Das hing immer davon ab, wo wir gerade waren.

Ihr werdet oft mit den Libertines verglichen, auch wegen eurer Live-Show.

Ja, sie ist sehr dynamisch und lebendig. Ich denke, das stimmt schon. Aber dann wiederum waren nicht nur die Libertines so.

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Wie findest du den Vergleich?

Ich verstehe, warum ihn jemand ziehen würde. Er stört mich auch nicht, aber andererseits war das bei anderen Bands wie The Clash genauso mit Joe Strummer und Paul Simonon. Es liegt einfach daran, dass es zwei Frontmänner gibt. So ist die Situation, wenn es zwei gibt. Dann ist die Dynamik sehr groß und die Performance läuft ganz anders ab. Wenn es nur einen Frontmann gibt, dann ist er nun mal alleine und zieht seine Show durch. Aber wenn es zwei gibt, wird es hektisch. Und ich glaube, mit den Libertines werden wir nur verglichen, weil es die aktuellste Band ist, bei denen das genauso war. Zwei Frontmänner verursachen nun mal eine große Dynamik auf der Bühne. Aber ich verstehe den Vergleich.

Ich hoffe nur, dass die Beziehung zwischen euren beiden Frontmännern besser ist.

Jaja, da haben wir kein Problem.

Bei welcher Sache könnt ihr euch ums Verrecken nicht einigen?

Die meisten Bands haben da doch ein paar Punkte. Ein Punkt ist ja schon das Songwriting. Aber das ist ja auch klar, wenn man so viel Zeit miteinander verbringt, dann ist man gereizt. Es gibt nichts bestimmtes. Aber wenn man 24 Stunden mit den gleichen Leuten verbringt, hat man es irgendwann satt. Besonders wenn es um so etwas wie das Songwriting geht, in das man viel Arbeit steckt. Wenn wir Songs schreiben, wird es immer recht stressig. Ich bin mit Sam aufgewachsen, deswegen ist es recht einfach, miteinander auszukommen.

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Was dachtest du früher, was er oder die anderen mal werden würden?

Wir wollten immer Musik machen. Das war das einzige, was wir wirklich konnten und das wir gerne gemacht haben. Aber auch mal abgesehen davon, wie weit wir jetzt gekommen sind, wir hätten das dennoch durchgezogen, einfach nur, weil es uns Spaß macht. Als wir damit angefangen haben, war es auch nicht unsere Absicht, dass uns Leute sehen. Das ist einfach so passiert. Aber als wir die Songs schrieben, wollten wir nicht groß oder berühmt werden, sondern hatten einfach nur Spaß daran. Das war alles nur aus Spaß. Musik machen macht Spaß. Auch Songs schreiben macht Spaß. All das macht einfach Spaß.

Man konnte aber auch über euch lesen, dass ihr die Band aus Langeweile gegründet habt, um einen Grund zu haben, dass eure Freunde zum Party machen vorbei kommen.

Das ging von Sam und Chilli aus. Ich habe früher viel alleine mit Sam gespielt. Aber der Startpunkt kam erst, als wir immer ausgingen und diese ganzen neuen Bands sahen, aber nichts Neues oder Aufregendes an ihnen finden konnten. Nicht, dass wir die Absicht hatten total neu und aufregend zu sein, aber wir wollten wenigstens Songs aufnehmen, die für uns selbst neu und aufregend klangen. Und wir wollten natürlich in einer Band sein. Aber eigentlich war das viel persönlicher, wir haben das wirklich in erster Linie für uns selber gemacht. Wir wollten keine Songs schreiben, um es der Welt zu zeigen, sondern weil wir es wollten.

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Habt ihr schon viele Shows außerhalb von UK gespielt?

Nein, wir haben erst zwei Mal woanders gespielt.

Ist das für euch anders?

Irgendwie schon. Wahrscheinlich auch, weil die Leute in UK schon mehr von uns gehört haben und wenn wir dann in ein anderes Land kommen, haben viele Leute noch nicht mal von dir gehört. Und dann ist das Publikum natürlich anders, wenn sie dich vorher noch nie gesehen haben. Es ist weniger hektisch.

Wie habt ihr euch für Rough Trade entschieden?

Es kamen tatsächlich einige Labels auf uns zu. Das war jetzt ungefähr vor einem Jahr. Und die typischen Majorlabels waren an uns interessiert. Wir haben ganz viel Essen und Bier umsonst bekommen. Aber Rough Trade ist ein Label, das wir schon aus unsere Kindheit kannten. Es war das einzige Label, von dem wir dachten, es ist das richtige für uns. Und Jeff und Janet, die das Label betreiben, haben so eine solide Idee von Musik und wie sie sein sollte. Wir sind einfach komplett auf einer Wellenlänge. Das war eine augenblickliche Entscheidung. Wir sind sehr glücklich.

Fühlt ihr euch jetzt eigentlich unter Druck gesetzt, wo ihr in UK als die beste neue Band gefeiert werdet?

Nee. Vielleicht ist das in Deutschland anders, aber in England ist es total normal, dass Magazine und Radiosender bei einigen Dingen sehr extrem sind. Radio One hat auch eine Rubrik, die Best New Band heißt, wöchentlich. Es ist also üblich, dass eine Band das Label „Beste neue Band“ bekommt, aber eine Woche später ist es schon wieder eine andere. Genauso ist es auch mit dem NME. Es ist super, wenn man auf dem Cover ist, aber sie haben jede Woche ein anderes Cover. Es geht ja nicht immer um uns. Es geht nur um diese eine Zeit. Man versucht, möglichst viele Leute dazu zu bewegen, die Musik zu hören. In der einen Woche sagt man „Hör dir das an“ und in der nächsten Woche „Hör dir die an“ und so funktioniert das. Es ist nicht zu viel Druck auf uns. Viele Leute tendieren dazu, es so zu machen. Aber die meisten glauben das nicht. Sie wissen schon, dass es nicht wirklich so unglaublich gut ist, wie der Autor behauptet.

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Klingt sehr anstrengend und hektisch.

Ja. In Deutschland seid ihr vielleicht ein wenig vernünftiger. In England wird jede Woche eine neue beste Band gekürt.

Ich war ja sehr beeindruckt von den Reaktionen auf euch und jetzt erzählst du mir, dass das jeder Band passiert.

Naja, natürlich ist das bei uns schon extremer passiert als bei anderen Bands. Aber dann wiederum hat England einfach eine Art seltsame Hype-Maschine, die ganz schnell jemanden zu dem neuen heißen Scheiß macht, ohne wirklich darüber nachzudenken.

Du nimmst diese Hype Maschine also nicht ernst?

Nein, das kann man nicht. Das wäre sinnlos. So funktioniert das nicht.

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