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Die Melancholie in Bodi Bill

Die Fotografin Rosa Merk hat Bodi Bill auf Tournee begleitet. Nun veröffentlicht sie ihre Bilder in einem Fotobuch.

Bodi Bill, Nebel, Euphorie. Keine Melancholie. (Alle Fotos, bis auf das Porträt von Rosa Merk, aus Merk: What?)

Normalerweise begebe ich mich zu Interviews immer irgendwohin: in Backstage-Bereiche von Clubs, in stickige „VIP-Zelte“ auf Festivals, in Cafés oder–sehr selten—zu Künstlern nach Hause. Dieses Mal war es anders. Die Fotografin Rosa Merk kam ins Noisey-Office, um mich abzuholen. Rosa hat im vergangenen Jahr die Berliner Band Bodi Bill auf Tournee begleitet und veröffentlicht nun das Fotobuch Merk: What?. Grund genug, mit ihr über ihre erste Tournee zu sprechen. Wir schnappten uns einen Kaffee und setzten uns raus in die strahlende Sonne.

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Noisey: Du hast mir vor diesem Interview dein Porträt (s.u.) geschickt und dazu geschrieben, dass es vielleicht zu melancholisch ist. Würdest du dich als melancholisch beschreiben?
Rosa Merk: Ja. Und ich denke, dass erkennt man auch auf meinen Fotos. Ich mache viele Landschaftsaufnahmen und die haben alle so eine leicht romantische, verträumte und ein bisschen triste Ästhetik.

Rosa Merk, melancholisch? (Foto: Noshe)

Wie überträgst du diese innere Stimmung auf deine Bilder? Hängt das in erster Linie mit der Auswahl der Motive zusammen?
Ich fotografiere sehr emotional, das kommt tatsächlich einfach aus meinem Inneren. Ich tue mich sehr schwer mit strahlendem Sonnenschein und Happy-Peppy-Bildern.

Du würdest also heute nicht auf die Idee kommen zu fotografieren. Wartest du dann, bis Wolken aufziehen?
Ich warte ganz oft auf die zwielichtigen Augenblicke, die blauen Stunden. Zum Beispiel morgens und abends kurz bevor die Sonne auf- oder untergeht. Das sind vom Licht her meine Lieblingsstimmungen. Oder Nebel. Nachts fotografiere ich auch gern. Aber ich muss sagen, dass ich mich auch anderen Stimmungen annähere—man kann auch mit der Sonne und mit Schatten unheimlich gut arbeiten. Das ist ein persönlicher Prozess, in dem sich auch meine Fotos verändern. Grundsätzlich kann man schon sagen, dass ich sehr emotional fotografiere, also Bilder wahrnehme und dann auf den Auslöser drücke. Manchmal begebe ich mich auch wirklich auf die Suche nach Motiven. Ich war zum Beispiel eine Zeitlang auf der Suche nach Bodennebel.

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Ich weiß jetzt nicht, ob es in dem Bildband über Bodi Bill Bodennebel zu sehen gibt, aber es gibt auf jeden Fall Bilder, die diese Stimmung transportieren. Bist du in der Zeit, als du mit Bodi Bill unterwegs warst, einfach über diese Motive gestolpert oder hast du bewusst danach gesucht?
Das hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. Teilweise habe ich auch auf bestimmte Momente gewartet. Aber dafür bedurfte es erst eine gewisse Zeit mit der Band zusammen auf Tournee. Das funktioniert für mich auch nur auf Tour, weil man dort unterwegs ist. Ich habe angefangen mit vier Konzerten in Berlin und da ging es nur darum, was auf der Bühne und hinter den Kulissen passiert, ohne den Blick auf das Reisen, der im Buch ganz viel Platz einnimmt. Ich erinnere mich an einen Moment auf der Fusion morgens um acht—und auf der Fusion war grundsätzlich schon so eine melancholische Stimmung, weil es nonstop geregnet hat—da hatte ich das Gefühl, als würde die Welt untergehen: alles grau, nur ein paar vereinzelte Menschen und im Hintergrund klebt ein großer Ball, der aussieht wie der Mond. Nach solchen Momenten habe ich gesucht.

Bodi-Bill-Sänger Fabian Fen.

Wie kam es zum Fotoband über Bodi Bill?
Ich kenne die Jungs schon ein ganze Weile und bin auch Fan ihrer Musik. Als das letzte Album What? rauskam und neue Konzerte anstanden, habe ich mich erstmal nur gefreut. Aber dann habe ich mitbekommen, dass es immer mehr Konzerte wurden, aus einem geplanten Konzert im Lido wurden vier. Ich hatte dann die Idee, diese vier Tage zu dokumentieren. Das war die Grundidee, aus der dann das Fotobuch entstanden ist.

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Was macht Bodi Bill so interessant, dass sie sich für ein ganzes Fotobuch eignen?
Das ist eine schwierige Frage. Ich finde, es ist gar nicht notwendig zu sagen, warum. Es gibt dieses Buch und es ist sehr schön, dass es dieses Buch gibt. Es gibt uns die Möglichkeit zu zeigen, wie die Band sich präsentiert und vor allem wer alles hinter dieser Band steht. Auch, was für eine Arbeit dazugehört. Natürlich ist das schon sehr spezifisch und auf eine gewisse Art auch sehr persönlich. Das wird nicht jeden berühren.

Andererseits passt es sehr gut zu Bodi Bill. Der Sänger Fabian hat Kunst studiert, er entwirft schon immer die Albumcover, soweit ich weiß, war das Cover von What? seine Diplomarbeit. Auch die Livegigs sind sehr künstlerisch, mit Visuals und Maskerade. Da überrascht es mich eigentlich nicht, dass jemand aus dem Bodi Bill Freundeskreis ein solches Buch herausbringt. Das sind ja nicht nur dokumentative Fotografien, sondern das ganze Buch ist künstlerisch wertvoll.
Dankeschön! Das liegt natürlich gerade daran, dass Fabian und Nella—die bei Konzerten die Visuals macht—die Layouter des Buchs sind und wir das alles zu Dritt gemacht haben. Vielleicht hast du Recht und das konnte nur im Freundeskreis von Bodi Bill passieren. Aber das war nie mein Ansatz. Ich wollte immer dokumentarisch arbeiten.

Die Visuals spielen bei Bodi Bill eine bedeutende Rolle, egal ob live, in Videos oder auf Plattencovern.

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Wohin hast du die Band begleitet?
Das fing im Juni 2011 mit den vier Konzerten im Berliner Lido an und ging dann über den Sommer weiter mit den Festivals. Und dann war ich im Winter mit auf Tour, richtig im Bus.

Die Jungs touren schon ein paar Jahre, für dich war es das erste Mal. Wie war das?
Sehr aufregend. Aber auch für die Jungs, weil sie das erste Mal mit einem Nightliner unterwegs waren. Das war natürlich speziell, auch für mich. Ich habe da total gut geschlafen, das hätte ich nicht gedacht. Aber das ist natürlich schon eine krasse Umstellung zum normalen Alltag, du bist mit elf Leuten auf engstem Raum und hast jeden Tag den gleichen Ablauf. Da gibt es auch sehr zähe Momente. Gleichzeitig war es aber auch sehr harmonisch, es gab da keinen krassen Streit. Es war eine sehr intensive Zeit, aber nicht anstrengend.

Was war das außergewöhnlichste Erlebnis in dieser Zeit?
Die Fusion war das krasseste Highlight. Es war unglaublich, dieses Meer von Menschen, die im Regen ausgeharrt haben und einfach nur gefeiert haben. Das war wirklich beeindruckend.

Es gibt im Buch ein Foto von diesem Menschenmeer im Regen und passenderweise wurde dort auch ein Video zu Bodi Bills „And Patience“ gedreht. Damit wären wir dann wieder beim Thema Melancholie.
Ja, aber im Video wirken auch die Bilder aus dem Zirkus sehr melancholisch. Das zeigt gleichzeitig, dass Bilder auch täuschen können. Weil diese Menschen dort tatsächlich nicht traurig im Regen standen, sondern fröhlich. Und Bodi Bill haben das auch ganz krass honoriert und versucht, den Menschen etwas zurückzugeben. Aber klar, es gibt bei Bodi Bill schon einen Grundtenor der Melancholie.

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Liegt das an der Musik?
Das liegt auch an der Musik, definitiv. Zwar gibt es bei Bodi Bill immer die poppigen und elektronischen Elemente, aber die melancholische Seite der Musik hat mich immer mehr berührt. Ich stehe also auch auf melancholische Musik.

Fabian verneigt sich vor den Fans.

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