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Die goldenen Zeiten der britischen Nummer eins kehren zurück

Seit dem Jahrtausendwechsel stand es nicht mehr so gut um die britischen Singlecharts. Acts, wie Disclosure und Chris Malinchack blasen jetzt einen neuen Wind über die Insel.

Für eine kurze Zeit um die Jahrtausendwende herum gab es in Großbritannien eine Flut an richtig anständigen Nummer-eins-Hits. Die Songs kamen aus den Plattensammlungen von UK Garage-Veranstaltungen in Hounslow oder Partys an den Küsten der Balearen und setzten sich auf dem ersten Platz der UK Charts fest. Zwischen 1999 und 2001 waren das Songs, wie Armand Van Heldens „You Don’t Know Me“, Shanks and Bigfoots „Sweet Like Chocolate“, Craig Davids „Fill Me In“, Oxide and Neutrinos „Bound 4 Da Reload“, Spillers „Groovejet“, Modjos „Lady“, Rui Da Silvas „Touch Me“, DJ Pied Pipers „Do You Really Like It“ oder So Solid Crews „21 Seconds“. Und wenn du denkst, dass das keine Kompilation von einigen der feierlichsten Songs, die je produziert wurden, ist, dann wirst wohl nie mit uns zusammen eine Mittagspause machen können.

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Seitdem ist der Sonnenplatz der Charts zu einem Brachland von Urban-Music verkommen, kontrolliert von den Achsenmächten David Guetta und Simon Cowell, mit gelegentlichen Neuerungen aus dem Sommerhit-Segment und von Cee-Lo Green. Im Jahr 2007 versuchte die Official Charts Company, verantwortlich für die Zusammenstellung der britischen Charts, die Prozedur auf der Insel ein wenig aufzulockern, indem sie jeden jemals produzierten Song für die Auszählung der Charts zur Teilnahme berechtigte. Leider stellte sich heraus, dass das ein Schuss in das eigene Bein war, da der einzige alte Song, den Leute bereit waren zu kaufen, „Don’t Stop Believing“ von Journey war. Aber das Jahr 2013 wird das goldene Zeitalter der Nummer Eins wieder einläuten mit seinen innovativen, jungen Produzenten elektronischer Musik. Ich will damit nicht sagen, dass die Charts perfekt sind, aber vergleiche sie mal mit denen vom April letzten Jahres, als die einzigen Nummer 1-Hits von Katy Perry, Chris Brown und Carly Rae Jepsen kamen, und du wirst mir zustimmen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Auf einmal verkaufen Leute mit Resident Advisor-Profilen mehr Singles als Pitbull.

Warum spielt es überhaupt eine Rolle, wie viel Leute eine bestimmte Platte innerhalb einer bestimmten Zeitspanne gekauft haben? Erst einmal bedeutet es, dass Leute im Alter von 20 bis 30 wieder Singles kaufen. Das wiederum bedeutet, dass sich die Musikindustrie mal darüber Gedanken machen sollte, ob sie nicht doch ein paar Künstler außerhalb der Reihe derer, die ausnahmslos den Top Of The Pops-Zuschauern und Leuten, die beim Staffelfinale von Call The Midwife – Ruf des Lebens geheult haben, gefallen, unter Vertrag nehmen sollte. Darüber hinaus fühlt es sich so an, als könnte sich die britische Musik endlich von der amerikanischen 20-Jahre-zu-spät-Obsession der schlimmsten Überreste des Euro-Dance abnabeln können. Selbst eine Million Swedish House Mafia Fans in der südostbritischen Stadt Milton Keynes könnten so von Duke Dumont-hörenden Leuten aus kulturell weiter entwickelten Gegenden Englands zum Schweigen gebracht werden.

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Disclosure feat. AlunaGeorge – „White Noise“

Platz zwei - 16. Februar 2013

Okay, das ist nicht wirklich das stärkste Argument zum Start. Disclosure haben es bisher nicht auf Platz 1 geschafft, weil sie immer vom Anführer aller Schwachköpfe Macklemore mit seinem ebenso grandios einfältigen Song „Thrift Shop“ abgehalten wurde. Aber eigentlich kann man „Thrift Shop“ nicht so wirklich zählen lassen, schließlich ist der Song so übel, dass ein Typ von seiner Frau gewürgt wurde, weil er den Song zu oft gesungen hat. Im Übrigen ist das ein sehr gutes Beispiel für den Wandel, der sich in der britischen Popmusik vollzieht. Die zwei Künstler Disclosure und AlunaGeorge wurden zuerst auf Piratensendern gespielt und kollaborieren jetzt auf diesem Track, der gerade durchtrieben genug ist, nicht als EDM abgestempelt zu werden, aber immer noch so catchy ist, dass du ihn auf dem Weg von der Bushaltestelle zu deiner Haustür mitsingen kannst.

Duke Dumont feat. A*M*E – „Need You (100%)“

Platz eins – 13. und 20. April 2013

Der Song hat es nicht nur geschafft auf Platz eins zu sein, sondern konnte sich dort sogar zwei Wochen lang gegen die massiv beworbene Kampagne zu „Ding Dong The Witch Is Dead“, halten. Vielleicht ist der Song dieses jungen britischen Produzenten aber ein viel stärkeres Statement gegen die Thatcher-Ideale, wo er doch diese Art von repetitiven Beats propagiert, die Thatcher versuchte zu verbieten. So war in der Woche ihres Todes ein schwarzes, nicht mal 20-jähriges Mädchen aus Lewisham (ein Londoner Stadtteil, der in den 80ern immer wieder Schauplatz von Race Riots war und aufgrund Thatchers Politik mittlerweile eine Arbeitslosenquote von 35% unter Jugendlichen aufweist) auf Platz eins der Singlecharts. Auf jeden Fall ein stärkeres, als dieses über 70-jährige Lied aus dem Musicalfilm Der Zauberer von Oz, was nur von Leuten gekauft wird, die noch immer dieses David Cameron-Meme reposten.

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Rudimental feat. Ella Eyre – „Waiting All Night“
Platz eins – 21. April

Rudimental hatten bereits mit den sonnigen Vibes der Debütsingle „Feel The Love“ letztes Jahr einen Glückstreffer auf Platz eins der Charts gelandet, der genau mit der einen Woche Sommer der letzten drei Jahre in Großbritannien zusammenfiel. Vorgestern Nacht ging es mit diesem blechernen D’n’B-Epos ein weiteres Mal ganz oben auf das Treppchen. In der Woche der Veröffentlichung kamen auch neue Songs von Will.I.Am und Justin Bieber raus, aber diese wurden von Rudimental verkaufstechnisch eiskalt abgehängt. Es ist großartig, Rudimental als bedeutenden internationalen Act zu sehen, wenn sie in Award-Shows oder ähnlichem auftreten, wo sie doch aussehen, wie die Typen, die vor einem britischen Pub „Dirty Dave’s a Dog“ grölen.

Daft Punk – „Get Lucky“
Wird am kommenden Sonntag die neue Nummer eins sein

Okay,

Daft Punk

sind echt keine Newcomer, aber sie hatten noch nie eine Nummer-eins-Single in den britischen Charts und dieser Song eignet sich wirklich perfekt dafür. Songs, wie „Get Lucky“, die dir im Tagesverlauf ständig die Aufmerksamkeit rauben, sind normalerweise so im Gespräch, dass man davon ausgeht, dass sie den ersten Platz belegen. Dann schaut man mal in die Billboard-Charts und was findet man – einen Song von P!nk über Selbstverstümmelung und Scheidung oder so was.

Chris Malinchack – „So Good To Me“
Wird am 12. Mai die neue Nummer eins sein

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Chris Malinchack ist ein 36-jähriger Produzent aus Brooklyn. Und das ist auch schon so ziemlich alles, was man über ihn weiß. Er hat noch nicht einmal einen Wikipedia-Eintrag, geschweige denn eine PR-Kampagne oder Werbebudget. Es sind dennoch so viele Vorbestellungen für seine Single „So Good To Me“ – ein euphorischer House-Track, perfekt für den Rave bei Sonnenaufgang am Wasser – eingegangen, dass es quasi schon feststeht, dass der Song am 12. Mai Daft Punk ablösen wird. Die Briten sind momentan glücklich damit, Musik von pottenhässlichen Typen zu kaufen, von denen sie vorher noch nie gehört haben. Möge Rita Ora ihre bisherigen drei Top-eins-Singles mit ins Grab nehmen und nie wieder in den Charts auftauchen.

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