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Der A-bis-Z-Guide, wie deine Indieband nicht beschissen wird

Es gibt schon genug furchtbare Bands auf der Welt.
Foto: Andrew St Clair

Indie-Typen* in Indie-Bands: Könnt ihr bitte kurz aufhören und alle Instrumente beiseite legen? Alle anderen Leute, die Musik machen: Ihr seid OK. Macht einfach so weiter. Leute, die hektischen Hochgeschwindigkeits-Gabber auf ihren Tablets machen, ihre Stimme mit Melodyne über fragile Soundscapes legen, auch Leute, die Drone-Metal mit Disco mischen, satanische Chöre gründen oder sich gerade auf alten Plattenspielern als DJs versuchen … also eigentlich jeder, außer Indie-Typen in Indie-Bands: alle dürfen weiter machen. Dieser Leitfaden bringt euch nichts. Ihr seid schon auf der sicheren Seite: belohnt euch mit einem Schokoriegel.

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Indie-Typen in Indie-Bands: Dieser A-bis-Z-Guide ist für euch. Lest ihn. Oder starrt einfach weiter aus dem Fenster und schreibt Texte darüber, dass euch eure Ex-Freundin euer Skateboard nicht wieder geben will, während ihr euch Akkordfolgen ausdenkt, die sogar Mumford & Sons in die Tonne geschmissen hätten, weil sie zu abgegriffen sind. Ihr habt die Wahl.

A wie Anarchie: In der Kreativbranche gibt es keine größere Autorität als dich selbst. In der Sekunde, in der du anfängst, Trends hinterher zu rennen, bist du künstlerisch gesehen tot. Außerdem bringt es dir kommerziell auch nichts, es sei denn du hast extremes Glück. Statt also zum Beispiel im Bandnamen eurer neuen Band den Buchstaben A mit einem Dreieck auszutauschen, solltest du anregen, dass ihr euch einfach als riesige Scheißhaufen verkleidet, Hüte aus Plastikhundescheiße aus dem Scherzartikelladen tragt und euch in „Der fäkale Fred und die verdammten Scheißhüte" umbenennt. Ihr werdet sicherlich mehr Chancen auf einen Plattenvertrag oder ein Publikum haben, als wenn ihr versucht, dem miesesten und langweiligsten Trend von 2009 hinterherzurennen. Denk drüber nach—das kostet nichts.

B wie Bullshit: Glaub keinen Rock-Mythen. Nichts davon stimmt. Du kennst Wayne Coyne von den Flaming Lips, der „Should We Keep The Severed Head Awake??" und „Oh My Pregnant Head (Labia In The Sunlight)" geschrieben hat, oder? Weißt du, wie oft er in seinem Leben LSD genommen hat? Vier Mal. Als ich in einer Band war (von der du garantiert nichts gehört hast), haben wir bei jeder Probe LSD genommen. Die Leser unter euch, die sich ein bisschen mit Chemie auskennen, wissen, warum diese beiden Fakten zusammenhängen.

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C wie „Cats": Ich weiß, dass du um 4 Uhr morgens zu Hause sitzt, dir noch einen Joint anzündest und Katzenköpfe aus JPEGs ausschneidest, um sie als Teil deiner „Kunst" auf die Körper deiner Freunde zu photoshoppen. Hör bitte damit auf. Das hat nichts mit deiner Musik zu tun. Du bist nicht Jai Paul. Du heißt Jan und es ist Zeit für dich, ins Bett zu gehen.

D wie „Dogs": siehe C

Ein Typ, der seine Gitarre in Brand setzt. Foto: Nick Gazin

E wie Electric Wizard: Du bist nicht bei Electric Wizard und mit dem Haarschnitt wirst du das auch ganz bestimmt nie sein. Kümmer' dich darum.

F wie Figuren: Die meisten wirklich großen Bands sehen selbst aus wie Actionfiguren. Slayer, Throbbing Gristle, Public Enemy, Mayhem … Niemand wird eine Actionfigur von dir machen, wenn du so aussiehst wie Alt-J nach einem Junggesellenabschied.

G wie „Gib' dir Mühe": Bekomm deinen Arsch hoch und gib dir Mühe. Was sagst du? Du willst eine Runde Billard spielen gehen? Nein, wirst du nicht—du wirst mit deiner Band proben. Wie bitte? Du willst mit deinem Skateboard zu einem Bauernmarkt fahren und Eier kaufen? Nein, wirst du nicht—du wirst mit deiner Band proben. Was? Du wirst dir DMT einwerfen und Gravity in 3D im Kino sehen? Verdammt … das klingt super, kann ich mitkommen? Aber danach wirst du verdamm noch mal mit deiner Band proben!

H wie Heroin: Weißt du wie alt Charlie Watts war, als er mit dem H anfing? Sechsundsechzig. Wenn du also nicht Millionen auf deinem Konto hast und dein Leadsänger ein Riesenarsch ist, sodass entweder Mord oder die Abhängigkeit von fiesen Drogen die einzigen Wege sind, damit umzugehen—halt dich von dem verdammten Zeug fern.

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Pete Doherty, wie er in seinem Secondhandladen schläft. Foto: Dan Wilkinson.

I wie Ironie: Ich weiß, es ist hart zu wissen, dass du niemals in Bands wie Underground Resistance, Sunn O))), LCD Soundsystem, Wu-Tang Clan oder Sun Ra's Arkestra spielen wirst, aber das gibt dir nicht automatisch das Recht, in einer offensichtlich furchtbaren Garage-Band zu spielen, die über Garfield und Gras Rauchen singt. Was ist der Reiz daran, sich wie der dümmste Nichtnutz, dem alles scheißegal ist, aufzuführen? Vielleicht hilft es dir, wenn du dir deine Beerdigung nach einem Autounfall vorstellst. Achte dabei besonders darauf, wie herzzerreißend deine Mutter trauert, wenn der Pastor sagt: „Karl hat bei Rizla King Bass gespielt, die ein bisschen wie Drenge waren, nur ohne diese eigenständige Persönlichkeit und den großartigen Kleidungsstil." Deine Mutter möchte nicht, dass du bei Rizla King spielst. Ich möchte nicht, dass du bei Rizla King spielst. Also reiß dich zusammen.

J wie „John Doran ist ein verdammter Idiot": Du solltest auf niemanden hören—schon gar nicht auf mich. Siehe A.

K wie King Krule: Alter. Die Leute stehen im Moment mehr auf dich als auf Geld. Also warum siehst du aus wie ein Kind, das auf einem Supermarkt-Parkplatz auf der Rückbank eines Prius sitzt, einsam Chips isst und darauf wartet, dass sein Papi aus dem Laden kommt und ihn zum Tee trinken nach Hause fährt.

L wie „Lass die Finger von Medikamenten und Drogen": Abgesehen von ärztlich verschriebenen Anti-Depressiva, Sport und Gesprächstherapie, solltest du sofort mit all dem Zeug aufhören, das deine angeknackste Psyche reparieren soll. Zwanzig Stunden Capture The Flag am Wochenende? Auf keinen Fall. Eine Handvoll Schlaf- und Schmerzmittel, um so lang zu pennen, bis die Kneipen öffnen? Nein. Neun Flaschen Likör in deiner Stammkneipe? Vergiss es. So viel Gras rauchen, dass du davon überzeugt bist, dass Drake super ist? Hör sofort auf damit. Ab jetzt ist Musik deine einzige Therapie, abgesehen von dem Zeug, das dein Arzt dir verschreibt.

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M wie Mittlerer Osten: Es passiert immer noch Bahnbrechendes in der Musik. Vielleicht nicht in Brooklyn oder London, aber auf jeden Fall in Syrien, Ägypten und Algerien … blick einfach mal ein bisschen über den Tellerrand hinaus.

N wie Nackt: Als Experiment solltest du eine ganze Nacht komplett nackt mit deinen Bandkollegen in einem Raum verbringen, der bis auf ein paar leere Säcke, ein Kartenspiel, eine Peitsche mit einer Feder am Ende und einen Beutel Ketamin komplett leer ist. Ihr werdet sicherlich einiges über den Anderen lernen.

Cosmo Jarvis, nur für den Fall, dass ihr nicht wusstet, wie er aussieht.

O wie Okkult: Nimm eine Platte, die sich anhört, als hätte Cosmo Jarvis sie aufgenommen. Versiegle sie mit Wachs auf einem Ouijabrett, zusammen mit Zaubersprüchen, die in den altertümlichen Runen von Elder Futhark geschrieben wurden, und spiel die Songs nur bei besonderen Ritualen, die im Einklang mit dem heidnischen Mondkalender abgehalten werden und die in Blutopfern und in gesprochenen Rätseln enden. Unglücklicherweise hört sich deine Platte dann trotzdem noch so an, als hätte Cosmo Jarvis sie aufgenommen.

P wie Post-Punk: Das Wichtigste, was man von einflussreichen Musikszenen aus der Vergangenheit lernen kann, ist, dass man sich vom Geist der Zeit und nicht vom Sound beeinflussen lassen sollte. Wenn du heutzutage in einer Band spielst, die genau wie The Slits, PiL oder Joy Division klingt, dann hast du in spektakulärer Weise dabei versagt, zu verstehen, worum es bei der Post-Punk Bewegung ging. Wenn du andererseits in einer Gitarrenband spielst, aber gleichzeitig die neueste Dance-Musik aus dem schwarzen Amerika, dem UK Underground, dem mittleren Osten, Nordafrika und Jamaica hörst—während du gleichzeitig in aufgeweckter Weise sensibel für deine Umwelt bist und Inspiration aus der reichhaltigen Welt zeitgenössischer Literatur, Kunst, Film und Philosophie schöpfst—dann bist du vielleicht auf einem richtigen Weg.

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Q wie Queen: Wenn du zumindest versuchst, in einer Band zu spielen, die so großartig ist wie Queen und dir dabei zwei Jahre lang so richtig Mühe gibst, dann garantiere ich dir, dass du zumindest um einiges besser sein wirst als King Krule.

R wie Romantik: Ich liebe dich. Wirklich. Darum möchte ich, dass deine Band gut ist und Erfolg hat. Eine Welt, in der es mehr großartige Bands gibt, als ich mir anhören kann, ist meine Vorstellung vom Paradies.

S wie Schock: Du brauchst wirklich sehr dringend eine Re-Programmierung. Du hast dein ganzes Leben mit der falschen Annahme gelebt, dass Pet Sounds „wichtig" ist. Scheiß drauf. Der berüchtigte und von der CIA geförderte Befürworter der Gedanken- und Bewusstseinskontrolle, Dr. Ewen Cameron, hätte wahrscheinlich mehrere hundert Durchgänge Elektroschocktherapie, gefolgt von mehreren Wochen Einzelhaft und sensorischer Deprivation, gepaart mit einer ständigen Zufuhr von LSD, Schlafmitteln, Tranquilizern, PCP und Amphetaminen empfohlen. Aber das wäre wahrscheinlich ein bisschen übertrieben. Vielleicht wäre es realistischer, im dunklen Schlafzimmer von Bob zu sitzen, ab und zu ein paar Poppers einzuwerfen und sich zu denken: „‚God Only Knows' ist tatsächlich ein bisschen langweilig, wenn ich so darüber nachdenke."

T wie Troll: Trotz all den Fehlern, die sie vielleicht haben: erfolgreiche Musiker hängen nicht im Internet rum und hinterlassen abfällige Kommentare, da sie einfach nicht die Zeit dafür haben. Neunzig Prozent aller negativen Kommentare haben dieselbe Aussage: Hör auf kreativ zu sein. Lass das mit dem Musik machen. Hör mit dem Schreiben auf. Aber warum kümmert dich das überhaupt? Warum stirbt deine Art Mensch nicht einfach aus? Aus deinem Troll-Kommentar lässt sich die folgende Aussage ableiten: „Du warst kreativ, dies beleidigt den bei mir früh implementierten Wunsch nach Misserfolg und meine Apathie". So solltest du auf jeden Fall nicht denken, egal ob das aktuellen Trends widerspricht. Was ich damit sagen will, ist, dass du beharrlich und optimistisch bleiben, unerschütterliches Vertrauen in deine eigene Vision haben und bei jeder Gelegenheit extrem produktiv sein solltest. Das wird dir vielleicht auch dabei helfen, dich komplett vom Internet fernzuhalten. Du wirst nichts verpassen. Es ist Mist. Es ist voll von blöden Katzenbildern, blassen und verängstigten Leuten, die von der Taliban geköpft werden, schmerzhaft aussehendem Sex und was es mit diesem Doge-Ding auf sich hat, weiß ich auch nicht. Wenn es nach mir ginge, könnte man das ganze Ding einfach abschalten und stattdessen die Enten im Park füttern.

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U wie Unzüchtigkeit: Sei sexy—das wird dich nicht umbringen. Und wenn es das doch tun sollte, dann haben zumindest deine Enkel etwas, über das sie sprechen können.

Irgendeine Band. Ich weiß nicht, warum sie mit Rauchfackeln im Wald stehen, aber die Roten scheinen „Leid" zu symbolisieren.

V wie Volca: Sieh dir diese kleinen Schönheiten an. Dort findest du einen analogen Drum Computer mit dem Namen Volca Beats (so etwas wie ein TR-808 für die Tasche), einen analogen polyphonen Synthesizer mit dem Namen Volca Keys (so etwas wie ein noch kleinerer Micro Korg) und einen analogen Bassline-Erzeuger mit dem Namen Volca Bass (so etwas wie ein kleiner TB-303). Du kannst sofort mit ihnen loslegen, du kannst mit ihnen aufnehmen und du kannst sie zusammen benutzen, indem du sie mit einem Kabel verbindest, und sie kosten nur 150 Euro. Jetzt magst du vielleicht sagen „Aber ich bin in einer Indie-Band—wofür brauche ich dieses praktische, erschwingliche und portable Equipment, mit dem man Acid, Crunk, Techno und andere elektronische Musik machen kann?" Worauf ich nur antworten kann: „Genau deswegen".

W wie „Wer ist der Anführer?": Deine Band ist also total demokratisch und jeder hat gleich viel zu sagen? OK, viel Glück damit, Chumbawamba. Ihr müsst nicht unbedingt von einem Kontrollfreak beherrscht werden, der jeden Aspekt der Gruppe bestimmt, aber ihr braucht einen Anführer, der darauf achtet, dass ihr regelmäßig probt, die Mitglieder pünktlich zu Auftritten erscheinen und niemand „aus Versehen" eine halbe Stunde vor dem großen Auftritt eine ganze Flasche Poppers trinkt—also im Grunde jemanden, der die ganze Sache am Laufen hält.

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X wie X-Mal gehört: Wenn du in einer Gitarrenband spielst, die den Anspruch hat, Musik zu machen, die zumindest ein bisschen originell ist, dann gehörst du zu dieser kleinen und verträumten Minderheit: Leute, die unter keinen Umstanden The Fall hören sollten.

Y wie Y-Chromosomen: Warum gibt es keine Frauen in deiner Band? Ernsthaft.

Z wie Zukunft: Eines Tages—relativ bald, wenn man das große Ganze betrachtet—wird alle elektronisch aufgenommene Musik ein letztes Mal verbreitet. Diese letzten Nachrichten vom Planet Erde, Aufnahmen aus dem 20. Und 21. Jahrhundert, werden dann in gleichmäßigen Funkwellen in die Weiten des Kosmos reisen, wie ein Kieselstein, der in einen Teich plumpst. Und irgendwann, lange nachdem die Meere ausgetrocknet, die Gebirge zu Staub zerfallen und das letzte menschliche Wesen gestorben ist, werden diese dünnen und eleganten Wellen die letzten Überreste unseres Daseins sein. Darin werden all unsere Filme, Radiosendungen, Fernsehshows, elektronische Kommunikation und Internetaktivität enthalten sein. Es wird all unsere Kunst, Geschichte, Nachrichten und Produkte der Unterhaltungsindustrie beinhalten—in all seiner Dummheit, Herrlichkeit, Inkonsequenz und Brillanz—auf der Reise durch die Leere des Weltalls und in Richtung Unendlichkeit. Und in dieser Welle, die sich ihren Weg vorbei am Orion, durch das Tannhäuser Tor und in das Hubble Deep Field bahnt, wird ein winziger Impuls an Informationen, den deine Band übermittelt hat, als eure Demo im Studentenradio gespielt wurde, enthalten sein. Und Millionen Jahre nach der ersten Ausstrahlung, wird eine andere Lebensform dieses kleine Fragment an Informationen aufgreifen, was den ersten Kontakt der Menschheit mit einer außerirdischen Zivilisation bedeutet. Und diese Lebensform wird sich denken: „Was zur Hölle soll dieser Scheiß, der wie Razorlight an einem schlechten Tag klingt?" Los, ihr Indie-Typen—der ganze Kosmos hört zu. Macht eure Sache besser!

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*Ich weiß, dass es ein paar Frauen in ein paar kleinen Indie-Bands, die total scheiße sind, gibt, aber seid ehrlich … das geht fast gegen Null. Indie-Typen—bekommt euren Arsch hoch.

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