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Delphic waren kreativ völlig ausgebrannt ...

Das ständige Touren macht den Nordengländern wirklich zu schaffen. Deshalb überlegen sie auch, sich in Berlin niederzulassen. Behaupten sie zumindest—Schleimer.

Am Freitag ist Delphics neues Album Collections erschienen. Drei Jahre nach ihrem Debütalbum Acolyte sind Rick, Matt und James nun also bereit für den nächsten Schritt, sagen sie. Es wird sich zeigen, wie viel ihnen so ein Song bei den Olympischen Spielen wirklich gebracht hat und ob sich die Fans auf das neue Album einigen können, denn es ist sehr undurchsichtig und liefert kein klares Soundbild. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass darauf viele unterschiedliche Songs zu finden sind und dass viel rumprobiert wurde. Fans von Delphic sei mit auf den Weg gegeben: Man sollte sich das Album auf jeden Fall mehr als einmal anhören.

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Noisey: Ihr seid in den letzten zwei Jahren unfassbar viel auf Tour gewesen. In der Pressemitteilung gab es dieses Zitat: „Wir waren kreativ völlig ausgebrannt”. Könnt ihr mir das erklären?
James: Ich weiß nicht mehr genau, wer von uns das gesagt hat, aber es geht uns allen so. Von Anfang 2009 bis zum Ende von 2010 waren wir auf Tour. Wir sind nicht so die Typen, die unterwegs schreiben können. Dadurch sind wir ein bisschen aus dem Schreibfluss gekommen und wir waren uns nicht sicher, was wir machen wollten und wo es hin gehen sollte. Das Touren hat auch sehr viel Kraft gekostet, du bist die ganze Zeit unterwegs, musst dein Zeug ein- und ausladen, dann spielst du den Gig, danach gibt es ein paar Bier und dann geht es auch schon wieder weiter. Du hast einfach keine Zeit dich aufs Schreiben zu konzentrieren. Als 2011 los ging waren wir so ein bisschen verloren, wir wussten quasi gar nicht mehr, wie wir schreiben sollten und wir mussten rausfinden, was wir machen wollen.

War es denn so schwer wieder in den Schreibprozess reinzukommen? Auf Tour habt ihr doch sicher so viel Input bekommen, der will doch auch wieder raus.
Rick: Es ist schwer, die Weitsicht zu finden. Du musst das alles erstmal sacken lassen. Wenn du in der Tour steckst, bist du zwar draußen, aber du siehst immer nur die gleichen Leute, sitzt im Bus und die Hotels unterscheiden sich auch kaum. Wir haben uns die ganze Zeit über Ideen unterhalten und haben auch gesagt, ohh das inspiriert uns. Aber die kleinen Teile zu einem großen Bild zusammenzufassen war unmöglich und es hat wirklich sechs Monate gedauert, bis wir damit anfangen konnten.
James: Du hast aber Recht, da draußen gibt es jede Menge Input. Wir haben die ganze Zeit Sachen aufgeschrieben und neue Sachen gesehen, die wir vorher noch nie gesehen haben. Aber so wie Rick das gesagt hat, solange du nicht irgendwo deinen Raum mit einem Klavier oder deinen Synthesizern hast und wirklich merkst, dieser kleine Teil von Inspiration ist tatsächlich eine Idee. Viele von diesen Ideen sind auf Collections. Wir haben auf der ganzen Welt unsere Ideen gesammelt wir konnten sie nur einfach nicht verarbeiten.

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Welcher Ort ist euch bei dem ganzen Touren am meisten im Kopf geblieben?
James: Es klingt jetzt natürlich so als würde ich das nur sagen, weil wir hier sind, aber ich mag Berlin wirklich gerne. Das ist kein Lüge, wir haben drüber gesprochen hier hin zu ziehen. Ich habe mich letzte Nacht mit einem Freund darüber unterhalten, Berlin ist ein Ort, an dem man die Geschichte spürt, logischerweise. Jeder hier ist freundlich und denkt fortschrittlich. Es ist eine sehr interessante Stadt.
Matt: Man spürt die Kreativität.
James: Man spürt einfach eine Buzz, wenn man in die Stadt kommt. Auf der anderen Seite hast du dann Städte wie Sydney. Die Stadt ist einfach unglaublich, aber auf eine andere Art und Weise, dort hast du Sonne und Partystimmung.
Rick: Und wir kommen aus Manchester da gibt es nur Regen und Elend. (Alle lachen)

Ich war schon einmal in Manchester.
Rick: Ja… …einmal. (Gelächter)
James: Da ist alles schwarz-weiß so wie auf Joy Division Fotos. Wenn du nach Manchester kommst wird automatisch alles schwarz-weiß.

Ihr habt für das Album mit zwei verschiedenen Leuten gearbeitet. Habt ihr diese Entscheidung schon vor dem Produktionprozess getroffen oder hat sich das erst im Laufe der Albumproduktion so ergeben?
Matt: Eigentlich wollten wir sogar mit drei verschiedenen Leuten arbeiten.
Rick: Wir mögen es mit verschiedenen Leuten zu arbeiten, weil jeder verschiedenen Ideen einbringt. Da wir so viele Ideen hatten, die alle anders klangen, brauchten wir auch Leute, die mit uns unsere Ideen umsetzen konnten, aber es war natürlich nicht möglich, für jeden Song mit jemand anderen zu arbeiten.

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Hattet ihr nicht die Angst, wenn ihr mit verschiedenen Leuten arbeitet, dass es keinen einheitlichen Sound gibt?
Rick: Wir haben alle Songs in Atlanta gemischt und das hat das Album rund gemacht. Wir haben uns wirklich Sorgen darum gemacht, aber jetzt klingt es gut.

Gab es in der Arbeitsweise der zwei Produzenten große Unterschiede?
James: AUF JEDEN FALL! Der einen von ihnen, Ben, ist eine Maschine. Er ist immer als erster im Studio und sitzt dann da mit seinen Kopfhörern und produziert irgendwas. Und das dann bis 2 Uhr morgens. Wir haben zu ihm gesagt, wir sind echt eine hart arbeitende Band, aber das ist selbst für uns zu viel.
Rick: Ich glaube, das ist so ein amerikanisches Ding. Die sind sehr entschieden. Wir haben die Ideen aufgeschrieben und er hat uns immer gesagt, ihr müsst euch entscheiden, ihr müsst euch entscheiden. Das hat uns sehr geholfen, das Album zu machen.
James: Bei Tim hat es sich eher so angefühlt, als wäre er einer von uns. Er war wie so ein Sound-Masseur. Es hat sich echt mehr so angefühlt, als würden wir zusammen mit ihm spielen und nicht so, als ob er der kreative Kopf wäre.

Die Songs auf dem Album klingen alle sehr unterschiedlich. Woher kommt das?
Rick: Es ist schwer, das objektiv zu betrachten, wir haben einfach nur gemacht, was wir machen wollten. Als wir noch unterwegs waren und die ersten Sachen geschrieben haben, haben wir uns über all die Ideen unterhalten und gesagt, lasst uns das und lasst uns jenes machen. Aber diese ganze Planerei ist auch irgendwie Zeitverschwendung, wenn du dann im Studio bist, machst du ja doch einfach wieder, was du willst.
Matt: Da wir so tief drin stecken, sehen wir all die Zusammenhänge zwischen den Songs. Wir haben nur bestimmte Gitarrensounds benutzt oder immer wieder die gleichen Synthesizer, also sehen wir natürlich all diese Verbindungen. Da es diese ganzen Stränge gibt, würden wir natürlich auch sagen, dass wir die Sachen gut zusammengefügt haben.

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Man muss das Album auf jeden Fall mehrmals hören um reinzukommen.
James: Das ist irgendwie auch gut so. Wir wollen nicht, dass die Leute es sofort greifen können. Wir haben sehr hart daran gearbeitet, etwas zu machen das anders klingt. Wir wollen ja auch nicht, dass die Leute sagen, achso das ist Coldplay, gemischt mit dem oder dem. Wir wollen die Leute akustisch herausfordern und dabei trotzdem ein gutes Popalbum machen.

Habt ihr einen Lieblingstrack?
James: Ich glaube, wir stehen alle sehr auf „Atlas“, wenn wir einen aussuchen müssten.

Für mich ist der Song der am meisten heraussticht. „Tears Before Bedtime”
Matt: Das Sample für diesen Song haben wir schon vor einer langen Zeit gefunden. Es kommt von einem Soundkünstler der Christoph Migone heißt. Wir fanden das Sample einfach großartig und haben es benutzt. Später haben wir dann Panik bekommen, was ist wenn er es uns nicht benutzen lässt. Wir haben ihm dann eine E-Mail geschrieben und gefragt, bitte bitte wir mögen den Song sehr, können wir es verwenden?
James: Es hätte auch anders gar nicht funktioniert, hätte er es uns nicht erlaubt, würde es diesen Song nicht geben.
Rick: Wir sind wirklich sehr dankbar, dass es funktioniert hat. Wir haben den Sound von Klavierpedal aufgenommen und als Kickdrum verwendet um so eine gewissen Weichheit reinzubekommen.
James: Dazu kommt noch dass das einer unserer Songs ist. Es ist weder ein Ben Allen noch ein Tim Goldsworthy Track.

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Wie habt ihr euch gefühlt, als einer eurer Songs für die Olympischen Spiel ausgewählt wurde?
Matt: Das war verrückt. Das hat uns wirklich umgehauen. Das waren unsere hinterhältigen Manager, die hinter unserem Rücken gearbeitet haben.

Wie ist das denn passiert?
James: Wir waren in Amerika zum Aufnehmen und unsere Manager haben den Song an das Olympische Komitee geschickt. Einen Tag nachdem wir zurückgekommen sind, haben wir einen Anruf bekommen, ach übrigens wir haben den Song dahin geschickt und die haben ja gesagt, ist das cool für euch? Die Schattenseite ist, es ist wahrscheinlich eins der schrecklichsten Cover aller Zeiten, pink. Es sieht aus wie von einem Fünfjährigen gemacht.
Matt: Es ist schon ein komisches Gefühl, weil du einen Song aufgibst für diese riesige Maschinerie. Vielleicht hätten wir den Song aufs Album gepackt, aber da er Teil dieser großen Maschinerie wurde, steht er einfach für sich selbst in diesem Abschnitt und es gab auch keinen Weg zurück. Nach all dem hat es sich auch nicht mehr so angefühlt, als hätte der Song eine Verbindung zum Album.
James: Wir sind sehr glücklich ein Teil von Olympia gewesen zu sein, zum einen, weil es in unserem Heimatland stattgefunden hat und zum anderen, weil es einfach so ein riesiger Anlass ist.
Rick: Und im Nachhinein war der Song einfach dafür bestimmt mit diesem Anlass, in dieser Zeit eigenständig zu sein. Und ich glaube auch, dass das Album davon profitiert.

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Werdet ich nach der Veröffentlichung von Collections irgendwas anders machen? Weniger Touren, früher ins Studio gehen für das nächste Album?
James: Ich glaube, wir müssen auf eine andere Art und Weise arbeiten. Wir müssen einen Weg finden, effizienter an den Ideen zu arbeiten.
Rick: Weil wir einfach touren müssen. Wir werden genau so viel touren wenn nicht sogar mehr, wir sind auf alles vorbereitet. Aber wir müssen darauf achten, dass wir nicht zu lange weg sind. Wir wollen nicht so lange weg sein, wir wollen konstant Musik veröffentlichen. Wir haben immer so viele Ideen, aber stecken manchmal mit den Entscheidungen fest. Wir werden immer besser darin, jetzt müssen wir nur noch schneller an unseren Ideen arbeiten, sie fertig machen und dann zur nächsten übergehen.

Delphics Collections ist bei Cooperative/Universal erschienen. Hier kaufen.

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