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Das Electric Wizard-ABC

Von Alice Cooper über H.P. Lovecraft bis zu europäischen Pornos aus den 60ern und 70ern—hier findest du alles, was die eigenwillige Doom-Institution rumtreibt.

Mit ihrer Vertonung misanthropischer, LSD induzierter Horrortrips gehören Electric Wizard, stammend aus dem tiefsten Dorset in England, jetzt seit über zwanzig Jahren zur Speerspitze beklemmender Doombands und sind, jetzt mal ohne jegliche Genrebrille betrachtet, einfach eine der besten Rockbands, die es momentan gibt. Sie sind stolze Verfechter einer lebendigen Musiktradition, die sich von den späten 60er Jahren bis heute nachverfolgen lässt, und haben es verdient, in einem Atemzug mit Black Sabbath, The Stooges oder Venom genannt zu werden.

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Während die Band eine geradezu spirituelle Riff-Verehrung an den Tag legt, die ihresgleichen wenn überhaupt bei Iommi höchstpersönlich findet, ist die Gruppe außerdem fasziniert von den abgründigen Seiten und dunklen Ecken der Gegenkultur—ihre ästhetischen Einflüsse setzen sich aus einem psychotropischen Gebräu unterschiedlichster kultureller Strömungen zusammen: Sleaze- und Exploitation-Filme, Vintage Horror, europäische Pornos aus den 60ern, Detroit Garagerock, H.P. Lovecraft, Andy Milligan—es ist einfach unmöglich, Electric Wizards Musik getrennt von ihren kulturellen Obsessionen zu betrachten, und es wäre geradezu frevelhaft, das überhaupt zu versuchen. Es handelt sich dabei auch nicht nur um einen oberflächlichen Flirt mit Vintagekitsch: Die Bandmitglieder sind wahre Verehrer einer großartigen Melange aus Schund und Keller- bzw. Hinterzimmerproduktionen, die typisch für Underground-Kino, -Kunst und -Musik der späten 60er und frühen 70er Jahren ist.

Die Referenzen tauchen dabei oftmals unerwartet auf. Während die meisten Bands in ihren Liner Notes anderen Bands danken, finden sich bei Electric Wizard Huldigungen an Kulthorror Darsteller wie Reggie Nalder (dem unvergesslichen Gesicht von Salem’s Lot—Brennen muss Salem), an „Mad“ Myron Fass, dem skrupellosen Verleger von Pulp-Magazinen und anderen Schundblätter („wenn ich eine Auflage von 20.000 gewährleisten könnte, würde ich eine Zeitschrift über verdammte Klodeckel verlegen.“), dem spanischen Horror-, Sleaze- und Exploitationgroßmeister Jess Franco (dem Regisseur von über 100 Filmen, mitunter Vampyros Lesbos und Venus in Furs) und Susan George, dem Star von Straw Dogs—Wer Gewalt Säht.

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Musikalisch gesehen waren die Wizards ursprünglich alte Sabbath-Schüler, die aber gleichermaßen von älteren amerikanische Doombands wie Saint Vitus, Pentagram und Trouble, wie auch von den ungeschliffenen, Lo-Fi Dynamiken der alten NWOBHM-Garde wie Venom und Witchfinder General fasziniert waren.

Ihre gleichnamige Debüt-LP von 1995 kombinierte die Mächtigkeit von Sabbath mit einer Affinität für treibende Psychedelic-Grooves, während auf dem Nachfolgealbum Come My Fanatics (1996) dann der eigenständige Sound der Band langsam Gestalt annahm: Ein wahrhaftig albtraumartiger Trip, zu dem es damals einfach nichts Vergleichbares gab. Es war gleichermaßen heavy, dreckig und beklemmend—abgerundet mit einer Produktion, die sich anhörte, als ob das Album in einer feuchten Höhle aufgenommen worden wäre. Sie drehten den Slow and Low-Ethos klassischen Doom-Metals auf den Kopf und reizten den dröhnenden Fuzzfaktor bis zum Gehtnichtmehr aus. Inmitten des ganzen abgründigen Nihilismus blitzte zwischendurch immer wieder ein Hang zu Hawkwind-mäßigen, elektronische Spielereien durch (einfach „Phase Inducer“ anhören). Come My Fanatics war zweifelsohne ein extremes Album, aber das, was dann 2000 mit dem Namen Dopethrone folgte, war DER Leviathan ultraschwerer, psychedelischer Riffs—eine albtraumhafter, drogeninduzierter, pechschwarzer Mahlstrom. Anfang des neuen Jahrtausends sah die Band dann einige Line-Up-Wechsel. Das ursprüngliche Trio um Jus Oborn (Gesang/Gitarre), Tim Bagshaw (Bass) und Mark Greening (Schlagzeug) wurde um Liz Buckingham an der Gitarre ergänzt, die davor bei Sourvein und 13 gespielt hatte. Die Rhythmussektion rotierte einige Male und es gab hier und dort über die Jahre neue und alte neue Mitglieder. Während auf den Alben Let us Prey (2002) und We Live (2004) experimentellere Pfade eingeschlagen wurden, fügten Wichtcult Today (2007) und Black Masses (2010) der schon abgründigen Mixtur noch eine ordentliche Portion verzerrte, psychedelische Power hinzu und wurden beide gebührend zu Klassikern erklärt.

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Schon bald erscheint über ihr eigenes Label Witchfinder Records eine neue LP, für die sich wieder ein neues Line-Up zusammenfand: Clayton Burgess von Satan’s Satyrs am Bass und Mark Greening, dem Drummer aus Gründungstagen, hinter dem Schlagzeug—und man kann wirklich nicht sagen, dass Electric Wizard mit dem Alter milder geworden sind. Wie Jus Oborn erst kürzlich klarstellte: „Unser Masterplan lautet: echter Metal! Wir stehen für Rebellion. Wir sind auf der Seite der Kids. Wir kämpfen, kotzen und kiffen zusammen.“

Mit alldem im Hinterkopf wurde Noisey ein seltener E-Mailaustausch mit Oborn gewährt. Hier führen wir euch durch ein ABC der wichtigsten kulturellen Einflüsse der Wizards—einem wahren Strauss bizarren Schunds. Weird Tales, Abschaum und Wahnsinn. Come my Fanatics…

A steht für Alice

Der Alice Cooper der frühen 70er Jahre war einfach der Hammer. Verstörend fröhliche Melodien, düstere Themen, Guillotinen, billiges Make-Up, billiger Whiskey—was kann man daran nicht mögen? Cooper bediente diesen wirklich interessanten Dualismus: düstere Bilder im starken Kontrast zu aufmunterndem theatralischen Rock’n’Roll. In den Worten von Oborn: „Alles, was sie in der Originalbesetzung gemacht haben, ist großartig … mindestens bis Bob Ezrin sie dann versaut hat. Ich würde sagen, dass sein Einfluss das schlimmste war, was ihnen passiert ist … Der Abstieg begann mit diesem ‚Musical’-Kram während „School’s Out“. Ich schätze aber, dass die Band da selber nicht so viel mit zu tun hatte. Es ist eine dieser klassischen Geschichten aus den alten, schlechten Tagen der Musikindustrie (es hat sich eigentlich nicht viel geändert…). Die ersten vier Alben sind aber wirklich unersetzbar. Das beste davon ist natürlich Killer, weil dort einfach alles zusammenkommt, wonach die Band bis dahin gestrebt hatte. Songs wie „Halo of Flies“ sind einfach mehr als genial. Von da dann bitte den Weg bis zu Pretties for You zurückarbeiten!

B steht für Black Flag

Während Sabbath zu guter Recht als die Hohepriester des Doom Metal angesehen werden—und ihr Einfluss auf Electric Wizard liegt klar auf der Hand—sind Black Flag ein weiteres wichtiges Stück im musikalischen Puzzle. Sie nahmen die überbordende Gewalt von Hardcore und fügten dem Ganzen einen langsam, schleppenden Groove hinzu. Black Flag-Gitarrist Greg Ginn zeigte seine Leidenschaft für schwerfällige Musik auch damit, dass er die Doomlegenden Saint Vitus über sein eigenes Label SST veröffentlichte. Hör dir hier die komplette B-Seite von dem 1984er My War an—eine der sludgigsten und verbittertsten Punkscheiben, die dir jemals zu Ohren kommen wird.

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C steht für Corruption

Die Bestie mit dem Skalpell: Am besten bekannt für seine unzähligen Auftritte in Hammer-Filmen hat Peter Cushing seinen Namen auch für einige wirklich abgründige Filme hergegeben. Corruption ist einer davon. Jus sagt dazu: „Corruption wurde 1968 von Robert Hartford-Davies gedreht … es ist Peter Cushings widerlichster und abgedrehtester Film. Im Soho der 60er Jahre köpft er Prostituierte, um menschliche Schleimdrüsen zu sammeln, damit er das durch einen Unfall entstellte Gesicht seiner Supermodel-Verlobten wieder herstellen kann. Das Ganze endet dann mit einer Clockwork Orange-mäßigen Hausinvasion einer LSD-befeuerten Mod-Gang, woraufhin alle von fehlfunktionierendem Operationsinstrumenten zu Tode gelasert werden … einfach großartig.“

D steht für Detroit

Wenn man die alten Wizard-Platten nicht unbedingt mit ungeschliffenem Detroit-Garagerock in Verbindung bringt, so lässt sich doch über die letzten Jahre ein zunehmender Einfluss dieses Stils verzeichnen—einer, der in wirklich großen Lettern auf dem schwarzen Teerklumpen namens Black Masses geschrieben steht. MC5, The Stooges, Cooper—sogar das Frühwerk des oberkörperfreien, Eichhörnchen-jagenden, selbsternannten Übermensch Ted Nugent: sie alle teilen diese Neigung zu bodenständigem Rock’n’Roll mit unterirdischen Produktionsmitteln und ungestümer Wildheit. „Diese Bands sind alle so rau und aggressiv“, merkt Jus an. „Und man hört eindeutig raus, wie sehr sie von diesem ganzen UK-Zeug beeinflusst sind … gerade alte R'n'B Sachen wie The Pretty Things und Yardbirds—und auch Pink Floyd. Pink Floyd sind tatsächlich 1968 durch die Staaten getourt und sind dort im Underground verehrt worden. Während der Tour verbrachten sie auch einige Tage in Alice Coopers (also der Band) Haus … Ich glaube, das war ein riesiger Einfluss für sie. Das mischte sich alles mit dem klassischen Blues und Soul zusammen … mit der ganzen Aggression und der Gewalt. Heavy Shit! Zu der Zeit wurden die Bands aus Detroit als ‚Heavy Metal’ bezeichnet, was auch wirklich passt … ernsthaft—schau nur mal in eine alte Ausgabe des Rolling Stone.“

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E steht für The Erotic Rides of Frankenstein

„1973 von dem späten, großartigen Jesus Franco für den horroversessenen Robert DeNesle gedreht … Das ist quasi eine filmische Umsetzung der Fumetti Erotici [Erotik-Comics], direkt aus den Geschichten von Oltretomba, Terror oder I Sanguinari entsprungen. Es ist ein wahres Sex und Sleaze Horror-Fest, das es noch immer nicht ungeschnitten auf DVD gibt (wie auch The Demons)—nur die uralte UK VHS … Bitte treibt das Teil mal auf und sagt mir bescheid.“

F steht für Flut

Dieses Jahr sah Großbritannien die schlimmsten Überschwemmungen der jüngeren Vergangenheit und das auch noch gefährlich nah an dem Wizard Hauptquartier in Somerset. „Es war furchtbar … Zum Glück leben wir relativ weit oben, aber für ein paar Tage waren wir buchstäblich gestrandet. Wie sich jetzt herausgestellt hat, ist die beschissene Regierung dafür verantwortlich, weil sie keine Abläufe ausgebaggert hatte … Blöde Arschlöcher. Das ist Ackerland—unser Ackerland und NICHT irgendeine beschissene EU-Weisung. Es ist alles Bullshit … die versuchen, die Gemeinden auseinanderzutreiben und uns in ‚urbane Konzentrationszonen’ (ihre Bezeichnung, nicht meine … verdammt gruselig) zu zwingen … Ernsthaft, wir befinden uns im Krieg.“

G steht für Susan George

Der Star von Sam Peckinpahs kontroverser Geschichte über extreme, ländliche Gewalt und Rache, Susan George, züchtet jetzt Araberpferde. Für Oborn und viele anderen wird sie jedoch immer mit der beklemmenden Gewalt ländlicher Regionen verbunden blieben: „Dorset und Sommerset sind Straw Dogs von der Art her ziemlich ähnlich. Mein Vater hätte in den 60ern in dieser Gang sein können … Susan George war einer der Lieblinge in meiner Kindheit … und das ist sie immer noch.“

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H steht für H.P Lovecraft

Ohne Frage ist H.P Lovecraft der einflussreichste Horrorautor des 20. Jahrhunderts. Der Schöpfer des mythischen Reiches um Cthulhu ist ein Großmeister der Kurzgeschichte und moralischer Ambiguität. In „Dunwich“ zollen Electric Wizard dem „Horror von Dunwich“ Tribut—Lovecrafts makabrerer Erzählung um Hexenkunst und Indoktrination im ländlichen Massachusetts. Der Song ist außerdem eine der groovigsten Nummern, die jemals unter dem Namen Electric Wizard auf Vinyl gepresst wurden—als würden Captain Beefheart in einer verqualmten 70er Jahre Kneipe mit Pentagram jamen.

I steht für Indica

Das erklärt sich von selbst.

J steht für Jess Franco

Franco war ein wahrer Meister theatralischer Zelluloid-Extreme—seine Arbeiten waren sinnlich, lebhaft und geistesgestört. In seinem Leben führte er bei mehr als 160 Filmen Regie. Sein Werk umfasst alles: von schnörkellosem Horror über abgefahrene Exploitation-Filme bis hin zu bizarren Softpornos. Er war ein wirklich umtriebiger Künstler, der von einem manischen Schaffenswillen angetrieben wurde und besessen davon war, sich ständig weiterzuentwickeln.

K steht für Kentish Town Forum

31.03.12—einen von Londons prestigeträchtigsten Spielorten nur über Mund-zu-Mund-Propaganda ausverkaufen? Ja klar. Der magische Kult wächst und wächst.

L steht für Long Island Cannibal Massacre

Long Island Cannibal Massacre von Nathan Schiff aus dem Jahr 1979—ich habe ihn erst vor kurzem gesehen und er hat mich total umgehauen. Es ist eine lupenreine Amateurproduktion, komplett auf Super 8 gedreht, die aber wirklich gut ist und sich wie ein ‚richtiger’ Film angucken lässt. Er ist dermaßen verdrogt und brutal, dass er schon surreal wirkt—wir waren wirklich begeistert. Er ist ein bisschen wie Bad Taste, der erste Film von Peter Jackson.“

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M steht für „Mad“ Myron Fass

Als Verleger unzähliger bizarrer TrashmagazineOutlaw Biker Gangs, Occult Sex, Brute, Groupies—hatte Fass ein Publikationsimperium, das ihm die Herrschaft über die Zeitschriftenstände amerikanischer Großstädte der 70er und 80er Jahre bescherte. Ein exzentrischer Unternehmer, der seine Qualitätskriterien in etwa so zusammenfasste: „Ich würde ein Blatt über Klodeckel drucken lassen, wenn ich davon 20.000 absetzen könnte.“ Fass war ein unberechenbarer Meister des Schunds, der über mehrere Dekaden tausende Titel veröffentlichte. Jus ist schon seit seiner Jugend ein faszinierter Anhänger: „Er ist total verrückt … Ich bin mit den ganzen Horrormagazinen großgeworden: Weird, Terror Tales, Witches Tales und so weiter … die waren wirklich unglaublich abgedreht, krank und bekloppt. Als Kind verstand ich Creepy oder Marvel Horror noch nicht wirklich, aber diese Myron Fass/Eerie-Veröffentlichungen waren super simpel. Sie waren böser und auch billiger—perfekt für das Taschengeld. Jetzt sammle ich sie alle. Die Detektivgeschichten sind auch abgefahren—ich liebe auch alles von Stanley Publications: Zeug wie Ghoul Tales und Stark Terror … Die waren noch billiger und noch schlechter, aber die Cover waren wirklich böse, einfach geschmacklos und voll mit sexuellem Sadismus—die Geschichten in den Heften waren aber einfach super lahm.“

N steht für Paul Naschy

Ein weiterer Titan spanischen Zelluloidschmutzes. Naschy ist ein Liebling der Wizards und bestens bekannt für seine Werwolfreihe Hombre Lobo.

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O steht für „The Outsider“

Musik für Rebellen. Einfach mal Hirn ausschalten.

P steht für Psychomania—Der Frosch

Psychomania ist der großartigste britische Bikerfilm, der je gedreht wurde, und ein essentieller Bestandteil des wizardschen Filmkanons. Der Plot geht ungefähr so: Ein Biker namens Tom ist Anführer einer Gang mit dem Namen „The Living Dead“. Zuhause hält er Séancen ab, die von seinem Butler (?) und seiner sonderbaren Mutter beaufsichtigt werden. Er schließt einen Packt mit dem Teufel, um nach dem Tod wieder zu den Lebenden zurückkehren zu können. Er und seine Gang begehen nach und nach Selbstmord und spuken dann durch England. Die bizarre Folkbalade „Riding Free“ steht dem Wicker Man-Soundtrack in nichts nach.

Q steht für Queen of the Night

„Venus in Furs“ ist eine Huldigung an den klassischen Doom-Tropus der bösen Frau. Der Song von Black Masses beinhaltet eine von Jus besten Wordspielereien: „Queen of the night swathed in Saturn black, your ivory flesh upon my torture rack … to your leather boots I offer prayer, you rise like a Cobra, evil, dressed in furs.”

R steht für Reggie Nalder

Mit einem der charakteristischen Gesichtern in der Geschichte des Horrors ‚gesegnet’ („the face that launched a thousand trips“) hat sich Reggie Nalder vor allem mit seiner Darbietung in Brennen muss Salem in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Er hatte aber auch diverse Auftritte in anderen B-Movies und sogar eine kleine Rolle in Star Trek. Er wird in den Liner Notes zu Dopethrone gewürdigt.

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S steht für Satan’s Satyrs

Während Doom schon immer über die Vorliebe für DIY-Ästhetik, Misstrauen gegenüber der Musikindustrie und einer Gewichtung zugunsten von Gefühl gegenüber Virtuosität eine gewisse Affinität und Nähe zu Punkrock hatte, bietet das US-Trio Satan’s Satyrs die wohl formvollendetste Vereinigung des misanthropischen Bassgrollens der einen und der adrenalingeschwängerten Aggression der anderen Seite. Entfesselte 60er Fuzzbox-Riffs, keifender Gesang und Lyrics, die sich ausschließlich um Okkultismus, Biker Gangs und Bondage-Fantasien drehen—also ernsthaft, was kann man daran nicht gut finden? Basser Clayton Burgess spielt jetzt auch bei Electric Wizard, wie Jus uns mitteilt: „Die sind großartig … Um ehrlich zu sein, ich höre wirklich wenig Musik von heute, die noch über irgendeine Art echter Energie und Aggression verfügt. Im Metal denken wir irgendwie, dass ein Typ, der sich im ersten Takt des Songs einen Rektumprolaps verpasst, ‚ voll hheeaaaavvy’ ist, aber oft findet der Rest der Welt das einfach nur lächerlich. Es gibt aber noch Metal, der die Menschen wirklich das Fürchten lehrt—dieser wirklich böse, düstere und abgedrehte Kram, der von unheimlichen Freaks gespielt wird … Die Leute müssen schreien ‚Was zur Hölle ist das für ein Krach? Mach das aus!‘ und genau das ist es, was ich mir dachte, als ich Satan’s Satyrs zum ersten Mal gehört habe … Außerdem haben sie ein paar Sounds zusammengebracht, die für mich echt viel Sinn ergeben, aber die andere Leute vielleicht nicht verstehen. Du weißt schon … Davie Allen meets Black Flag meets Venom … Ich steh’ drauf.“

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T steht für Toe Rag Studios

Die Toe Rag Studios, gelegen im Herzen Hackneys, sind ein wahrer Analoghimmel. Das Tonstudio hatte in den frühen 00er Jahren durch die Kundschaft der White Stripes einiges an Bekanntheit gewonnen. Electric Wizard nahmen dort sowohl Black Masses als auch ihr anstehendes Album auf. Jus sagt dazu: „Wir haben die neue LP bei Toe Rag und im Skyhammer in Cheshire zusammen mit Chris Fielding aufgenommen, der ein alter Freund der Band ist … Wir haben es außerdem im Skyhammer gemixt. Ich habe dazu noch ein paar Overdubs auf einem treuen Vierspurgerät in der Evil Dead Cottage aufgenommen. Ja, Black Masses ist astreiner Acid Metal. Wir wollten, dass es richtig halluzinatorisch klingt … Das kommende Album soll aber direkter werden—mehr Metal—und ich habe zuvor schon mit Chris Fielding gearbeitet und weiß dementsprechend, was er für uns an den Reglern machen kann. Uns war es wichtig, es an verschiedenen Orten aufzunehmen und zu mixen.“

U seht für Unter dem Ladentisch

In den letzten zehn Jahren hat sich Londons Stadtteil Soho sehr verändert. Die glorreichen Jahre sind schon einige Jahrzehnte her und alles, was noch daran erinnert hat, ist größtenteils verschwunden. Die Gentrifizierung ist unermüdlich auf dem Vormarsch. Jus hatte allerdings noch die späten 80er Jahre dort erlebt.

„Es sind kaum noch gute Kinos übrig“, erinnert er sich. „Als ich dort lebte, so gegen 88-89, gab es dort noch die letzten Überreste des Rotlichtbezirks … Wenn ich ehrlich bin, war es großartig, haha … Die ganzen Pornos da waren zwar eine totale Verarsche und extrem zensiert, aber gaben sich nach außen immer hart. Die ganzen „Unzensiert“-Sticker wurden einfach überall draufgepappt … Aber man konnte auch härteres Zeug unter der Ladentheke bekommen—draußen, aus dem Kofferraum eines Autos sowieso. Ein paar Striplokale waren aber noch übriggeblieben und die waren wirklich gut—damals kosteten die auch nur einen Pfund Eintritt!

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Die Reeperbahn in Hamburg ist noch immer ziemlich verrucht und es gibt noch einen guten Ort in Amsterdam—die großartigen Orte in Dänemark und Stockholm sind aber ebenfalls alle verschwunden. Die einzigen guten Läden, die es noch gibt, findet man in obskuren US-Städten … Osaka und Tokyo sind auch noch super für coolen, alten 70er Jahre Kram.“

V steht für Venom

Hässlich, dreckig, böse—das Beste, was Newcastle zu bieten hatte. Electric Wizard lieben Venom und das solltest du auch. Wie Venoms Sänger Cronos einmal sagte, „Wir wollten etwas erschaffen … Panik. Es gab viele Sachen, die wir auf dem Album haben wollten. Ich erinnere mich noch, wie ich mit einer Hundepfeife ankam, um sie zwischen allen Songs zu benutzten. Ich sagte zu dem Aufnahmetechniker: ‚Ich will, dass alle Hunde, Katzen und Wellensittiche der Leute an die Decke gehen und anfangen durchzudrehen.“

W steht für Witchfinder Records

Electric Wizard haben ein neues Label. Jus: „Seit wir die Band haben, wurden unsere ganzen Demos und Bootleg CD-Rs über Witchfinder Records veröffentlicht—abgesehen von Supercoven, das auf unserem Label Bad Acid rausgekommen ist … aber das ist eine andere Geschichte. Wie auch immer, nachdem wir uns von unserem alten Label getrennt hatten, holten wir das Label ursprünglich wieder zurück ins Leben, um vollständig unabhängig zu werden … Es ist aber nicht wirklich möglich, dass wir alles eigenhändig veröffentlichen und vertreiben—wir sind einfach viel zu stoned dafür. Ich will nicht, dass die Fans uns hassen, nur weil wir nicht der beschissene Mediamarkt oder so was in der Art sind—und ein paar Label sind uns in der Vergangenheit schon wirklich hilfreich und ehrlich mit uns gewesen. Wir dachten uns also, nachdem wir das Album schon eigenhändig aufgenommen hatten, warum sollte es nicht jemand Größeres vernünftig veröffentlichen … Ja, vielleicht werden wir sogar was unterschreiben … wir werden sehen, oder wir produzieren irgendeinen Filmscheiß.“

X steht für X-Rated

Als wahrer Liebhaber künstlerisch hochwertigen Schunds ist Jus Oborn auch Sammler von alten europäischen Pornofilmen—noch mehr als das, er schreibt gerade ein Buch darüber. Es geht um Folgendes: „Wir lieben Exploitationfilme und Schund im Allgemeinen“, so Jus. „Wir stehen auf Frauen-im-Knast-Streifen, Giallos, Rape/Revenge Dramen, Erotikthriller, philippinisches Exploitationkino und so weiter … außerdem bin ich großer Sammler von Pornos aus den 60er und 70er Jahren. Ernsthaft—damals waren die besser und die Darsteller professioneller. Ich arbeite momentan an einem Buch, in dem es um europäische Pornofilme der 60/70er Jahre geht, aber die Arbeit daran ist sehr schwer. Viele Menschen, die damals in der Industrie tätig waren, sind entweder tot oder nicht aufzutreiben. Andere wiederum, die AIDS und diese Hexenverfolgungen überlebt hatten, möchten heute nicht mehr darüber sprechen. Ich habe einige wenige Kontakte, aber größtenteils Darsteller und die scheinen insgesamt etwas durchgedrehter und unzuverlässiger zu sein. Im Gegensatz zu den amerikanischen Pornostars aus den 70ern und 80ern sind die Europäer und Briten fast völlig unbekannt. Meine Lieblingsregisseure sind aber die, die auch Horrorfilme gedreht haben: Jess Franco, Jean Rollin, Mario Bava, Jose Larraz, Robert Hartford-Davies, Andy Milligan, Paul Naschy. Ich schätze, ich habe immer eine Vorliebe für das Makabre, das Ungewöhnliche. Wir haben sogar ein Skript für einen Film mit Electric Wizard! Es ist ein bisschen wie die Beatles-Filme … abgesehen davon, dass unserer verdammt makaber und morbide ist. Ich kann aber nicht viel dazu sagen … Solche Dinge muss man im Unklaren lassen, aber es ist mehr eine brutaler Rape-Revenge-Sleaze-Exploitation-Ding als ein Horrorfilm.“

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Y steht für Yuggoth

Yuggoth ist ein mystischer Planet aus dem Werk von H.P. Lovecraft—er taucht zum ersten Mal in Flüsterer im Dunkeln auf und soll eine Anlehnung an Pluto sein, dem Zwergplaneten am äußeren Rand unseres Sonnensystems. Der Planet taucht auch im ersten Teil des epischen „Weird Tales“ auf Dopethrone auf: „From ancient Yuggoth Black Rays Emit.“

Z steht für, ähm, wiZard

Vor einigen Jahren kuratierten Electric Wizard eine Filmnacht beim Roadburn Festival. Jus hatte damals zu dem Thema „echte Zauberer“ die folgenden weisen Worte zu sagen: „Ein ‚Electric Wizard’ ist kein beschissener Gandalf und diese ganze Elfenscheiße.“ Er empfahl dann, sich Simon, King of the Witches anzuschauen—wirklich einer der bizarrsten Filme, die dieser Schreiber hier jemals gesehen hat. „Simon ist DER Electric Wizard. Es ist ein wirklich freakiger Film, in dem ein echter Zauberer vorkommt. Er ist total verdrogt und schwer zu verstehen, aber das macht ihn nur noch cooler. Du musst ihn nur oft genug sehen, bis er Sinn macht … LSD schwerstens empfohlen!!!“

Harry Sword ist eine wandelnde Enzyklopädie für abgefahrenes Zeug. Er ist auf Twitter—@HarrySword

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