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Chakuza ist leer, komplett leer

Chakuza startet mit seinem Album 'Magnolia' den ultimativen Neuanfang. Der Entstehungsprozess war für ihn äußerst kräftezehrend, aber die Tortur hat sich gelohnt.

Fotos: Nikita Kakowsi

Chakuza ist zurück, doch es ist nicht derselbe Chakuza. Es ist ein neuer, aufgeräumter Chakuza mit einem neuen Sound. Quasi aus dem nichts wurde im November bekannt, dass Chakuza bei Four Music unterschrieben hat. Vier Monate später, am 8. März, erscheint jetzt sein Album Magnolia.

Chakuza kommt ursprünglich aus Linz und bildete zusammen mit DJ Stickle das Produzententeam Beatlefield. Wie es der Zufall so wollte, gaben die beiden einem gewissen Bushido eine Demo-CD und dieser signte sie wenig später bei seinem Label Ersguterjunge (EGJ). Sie zogen nach Berlin. Eigentlich eine beachtliche Geschichte, bedenkt man, dass in der Folgezeit drei Top-Ten Solo-Alben von Chakuza entstanden sind und Beatlefield an diversen Produktionen auf allerhand EGJ-Releases vertreten waren, inklusive Bushido höchstpersönlich. Spricht man heute mit Chakuza über diese Zeit schwingt ein gewisser Unmut mit. Chakuza wollte weg von EGJ und einen für sich vollkommen neuen Sound finden.

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Während sein Freund Stickle zusammen mit Steddy an Caspers XOXO Platte schraubte, erlitt Chakuza einige private Schicksalsschläge. Mit neuer Musik zurück bei Stickle im Studio, musste erstmal klar werden, wo die Reise hingehen soll und dass das, was Chakuza da mitgebracht hatte noch nicht der gewollte neue Sound sein konnte. Also setzte sich Stickle wieder mit Steddy zusammen, um eine musikalische Grundlage für Chakuza zu basteln. Dieser zog sich fast komplett aus dem Produktionsprozess zurück und konzentrierte sich auf die Texte und seine Art, diese Texte wiederzugeben.

Noisey: Nachdem ich den Song „Alles Gut" gehört habe, muss ich dich natürlich fragen, ist bei dir alles gut?
Chakuza: Das meiste ja. Es fühlt sich einfach gut an, klar denken zu können und wieder Musik machen zu können, die einem Spaß macht. Auch im privaten Leben ist vieles gut.

Du erwähnst auf deinem Album Magnolia einen Song und zwar „Closer" von Kings Of Leon. Was genau verbindest du mit diesem Song?
Ich habe diesen Song extrem gefeiert. Ich bin ja eh großer Kings Of Leon Fan, aber dieser Song hat mich am meisten begeistert. Ich habe den Song Tag ein Tag aus gehört, besonders beim Autofahren viel und mit meiner Freundin. Ich verbinde damit einfach viele gute Sachen, zum Beispiel im Sommer am See lief der Song immer. Es gibt mir einfach ein gutes Gefühl, wenn der Song läuft.

Aber der Song an sich ist ja nicht gerade positiv.
Ja ich weiß, aber die Stimmung ist trotzdem schön. Man muss ja nicht immer auf den Text hören, man kann den Song auch von weitem hören und dann ist er einfach schön.

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Hat dich sowas auch musikalisch inspiriert?
Ich kann schon sagen, Kings Of Leon und Citizen Cope waren die Sachen, die ich viel gehört habe und ich wollte die Stimmungen für meine Musik einfangen. Beziehungsweise die Musik ist ja von Stickle und Steddy und ich habe denen immer Musik geschickt, die mir sehr gut gefällt und gesagt: Das müssen wir irgendwie einfangen.

Du hast ja selbst schon viel produziert, hast du dich diesmal ganz rausgenommen?
Ich habe eine Skizze abgegeben und viele Ideen eingebracht, aber den Rest habe ich machen lassen. Meine Fähigkeiten als Produzent reichen einfach nicht für die Sachen, die wir jetzt gemacht haben. Normale HipHop-Beats kann ich machen, aber so richtige Songs mit den Strukturen und den Breaks das pack ich nicht.

Dadurch, dass Stickle und Steddy das Album produziert haben, haben viele Leute schon ohne was gehört zu haben, aufgeschrien und gesagt, jetzt macht Chakuza ein XOXO 2. Die Gefahr besteht natürlich, wenn das gleiche Team an einer Platte arbeitet, habt ihr euch deswegen hingesetzt, das Casper Album gehört und gesagt: Das wollen wir anders machen?
Ich jetzt gar nicht, ich war ja auch an den Beats nicht beteiligt. Ich musste für mich erstmal lernen, andere Texte zu schreiben, diese Lückenfüller wegzulassen, sich aufs Wesentliche konzentrieren, gewisse Aussagen zu treffen, auf den Punkt zu kommen und in jedem Song einen roten Faden zu haben. Das hatte ich früher ja eigentlich selten, einfach mich selber komplett umstrukturieren, damit war ich beschäftigt und die Jungs waren mit der Musik beschäftigt.

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War es schwer für dich, die Art des Schreibens umzustellen?
Ja, eine riesige Umstellung. Das war schon ein Kampf und ich bin oft im Studio gestanden, dann haben wir uns das angehört und ich habe das eingerappt und bin wieder ins alte Schema reingefallen. Ich musste da echt rauskommen und ich habe so viel geschrieben für dieses Album, ich bin wirklich leer. Komplett leer! Ich glaube ich habe fünf Alben für dieses eine geschrieben. Dieser ganze Entstehungsprozess war irrsinnig kräfteraubend. Aber es war auch ein Training.

Ist der Titel Magnolia eine Anlehnung an den Film?
Nee, eigentlich nicht, eher an die Blume. Wir haben das Erscheinungsdatum auch so gewählt, dass es im März ist, weil Magnolien auch im März blühen. Es geht auch um das Verwelken und wieder neu Aufblühen. Magnolien sind einfach meine Lieblingsblumen, auch wenn das vielleicht komisch klingt, wenn das ein Typ sagt. Mein Großvater hat viele Blumen und da habe ich diese Blume auch gesehen und ich finde sie wunderschön.

Du hast einen Song gemacht mit dem Titel „Dieser eine Song". Gibt es für dich diesen einen Song?
Jetzt im Moment nicht, aber es wird bestimmt wieder so ein Song kommen, den ich irgendwo im Radio gehört habe, mir den Text nicht merken konnte, aber ich habe einen Ohrwurm davon. So ist das auch in diesem Lied gemeint und darum auch das Summen in der Hook. Dann läufst du den ganzen Tag rum und summst vor dich hin, aber hast eigentlich keine Ahnung, wie der Song wirklich geht.

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Gibt es denn diesen einen Song, den du dir wünschtest, geschrieben zu haben?
„Purple Rain" oder „Last Christmas" aber nur wegen der Kohle.

Wir haben grade schon darüber gesprochen, dass es eine große Umstellung für dich war die Art des Schreibens zu ändern. Es gibt da aber noch die inhaltliche Ebene. Wie viel Umstellung war das für dich?
Eigentlich gar nicht so. Ich wusste am Anfang einfach nur nicht, wie ich es aufs Papier bringe ohne dass es dann peinlich ist. Das Album, das jetzt auf dem Tisch liegt, war das einzige Album, das ich zu dem Zeitpunkt machen konnte. Ich hätte nichts anderes machen können und ich wollte es auch so. Das einzig Schwierige war einfach, wie bring ich das zu Papier, ohne dass es peinlich wird und kitschig. Ohne Umschweife gerade heraus, das musste ich lernen, kein Pathos.

Wurde denn dann viel verworfen?
JA! Unglaublich viel. Ich stand echt oft im Studio und habe die Sachen den Jungs gezeigt und habe den von Vorneherein gesagt: Tretet mir auf die Füße. Wenn irgendwas nicht passt oder ich wieder in das alte Schema reinfalle, dann sagt mir das. Ich brauch einen Arschtritt. Und das haben die auch oft genug gemacht. Irgendwann habe ich dann aber auch den roten Faden gefunden und hatte das nicht mehr nötig. Dann bin ich einfach nur noch ins Studio gekommen und es hat gepasst.

Das wird dein viertes Album jetzt…
…eigentlich mein erstes.

Wie werden die Fans von Früher auf den neuen Sound reagieren und wie kannst du sie mitnehmen?
Diese Diskussion hatten wir, ich habe aber gemerkt, dass wirklich sehr viele mitgewachsen sind. Natürlich gibt es auch welche, denen das nicht passt und die sagen: Der Alte war besser. Das ist kein Problem, dann hör dir die alten Alben an, kein Mensch zwingt dich, mein neues Album anzuhören. Wenn du so denkst, dann will ich auch gar nicht, dass du meine Musik hörst. Aber das sind echt wenige, ich habe gedacht, dass sind viel mehr. Ich habe gemerkt, die Leute wachsen mit und nehmen das auch an. Die Sachen, die bis jetzt veröffentlicht wurden, wurden sehr sehr gut angenommen und viele sagen auch: Warum warst du nicht schon immer so?

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Du hast auf deinem Album viele Sachen angesprochen, die in deinem Lebem passiert sind. Haben dir die Songs auch geholfen Dinge zu verarbeiten?
Großteils ja. Das war schon eine Selbsttherapie, es hilft auch immer sowas niederzuschreiben und es dann nochmal auszusprechen, das ist wie wenn du beim Psychologen sitzt.

Du hast einige Schicksalsschläge erlitten. Mussten die passieren, damit du zu dir selbst findest oder hat das schon früher stattgefunden?
Das hat schon früher stattgefunden, auch mit dem Älterwerden. Dieses ganze Business und alles mal kennen zu lernen hat geholfen. Du denkst, du kannst deinen Traum leben, aber dann ist es eigentlich gar nicht so geil. Da gibt es viele Sachen, die nicht cool sind und das ist dann auch mal heftig. Das führt dazu, dass du nachdenkst und dich fragst, wie kannst du das für dich besser machen und verändern und da musst du halt auch mal gegen die Wand laufen, bevor du das kapierst und das ist echt ein langer Weg. Ich habe mir irgendwann gedacht, entweder so oder gar nicht mehr.

Hättest du denn wirklich mit der Musik aufgehört, wenn du nicht die Freiheit gehabt hättest, das was du jetzt machst, zu machen?
Hätte ich wirklich gemacht. Ich habe mich damals auch mit Stickle zusammengesetzt und habe gesagt: So wie wir oder wie ich das jetzt mache, geht das nicht mehr. Wir hatten aber keine Ahnung wie wir das angehen sollen. Dann kam Steddy dazu und wir haben langsam angefangen und haben uns rangetastet. Irgendwann kam dann der Klick und es war da und wir wussten, das ist es und das machen wir. Ansonsten hätte ich aufgehört, definitiv. Die Musik, die ich vorher gemacht habe, mochte ich nicht mehr. Und wenn es keinen Spaß mehr macht, macht es auch keinen Sinn mehr. Nur fürs Geld kann ich auch arbeiten gehen und das ist sogar teilweise einfacher als Musik zu machen.

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Du sagst du magst das nicht mehr und kannst auch teilweise einfach nicht mehr dazu stehen…
… Ja nicht zu allem. Das soll jetzt nicht so klingen, als würde ich meine komplette Musik scheiße finden. Ich hatte halt auch Scheuklappen auf und habe nur das gesehen und viele Sachen gesagt, die ich im Nachhinein bereue. Da waren schon Sachen dabei, bei denen ich mir heute an den Kopf fasse.

Aber ist es schwer für dich damit jetzt umzugehen? Weil wenn man eine Aussage tätigt, wie „es fühlt sich an wie mein erstes Album". Das erweckt ja schon den Eindruck, als wolltest du nichts mehr mit den alten Sachen zu tun haben.
Ich will auch nicht mehr wirklich was mit meiner alten Musik zu tun haben, weil's anders war und ich mir das auch nicht mehr anhöre. Ich sage auch nicht, dass es schlecht war, aber wenn es mir nicht mehr gefällt, dann gefällt's mir nicht mehr und ich habe da einfach keinen Bock mehr drauf. Das ist definitiv so, dass ich keine Lust mehr auf meine alten Sachen habe.

Im Pressetext gab es so Sachen wie „nochmal Kind sein", „von vorne anfangen". Würdest du denn, wenn du könntest, Dinge anders machen?
Gewisse Dinge würde ich auf jeden Fall anders machen. Ich würde, was das Geschäftliche betrifft nicht mehr so in das kalte Wasser springen. Was jetzt genau, kann ich dir nicht sagen, es sind viele Sachen, die nicht gepasst haben. Da bin ich dann aber auch selber schuld. Ich sage jetzt nicht alle anderen im Musikbusiness sind der Teufel. Das wäre auch Blödsinn, es gibt auch viele gute Menschen, aber ich habe das teilweise auch selber verbockt.

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Und für die Zukunft. Hast du dir Ziele mit dem Album gesteckt?
Nee, weil ich einfach gar nicht weiß, was mich erwatet. Es ist ja wie beim ersten Album, du stellst dich neu vor, das habe ich jetzt gemacht und jetzt müssen wir mal sehen, was passiert. Danach kann ich sagen: OK, das war cool oder das war nicht cool. Jetzt habe ich aber erstmal gar keine Erwartungen. Ich freue mich, wenn es den Leuten gefällt. Ich habe ein Superteam, jeder arbeitet perfekt und daran wird es nicht scheitern. Es kann nur daran scheitern, dass die Leute das nicht annehmen und sagen: OK, das ist Müll. Was ich mir aber auch nicht vorstellen kann.

Aber du bist ja mit dem Album zufrieden?
Ich habe die beste Arbeit abgeliefert, die ich abliefern konnte. Das ist definitiv das beste Album, das ich jemals gemacht habe. Auch wenn das jeder sagt, bei mir ist das wirklich so. Sagt auch immer jeder. Wir haben jetzt eineinhalb Jahre an dem Ding gearbeitet, früher habe ich drei Monate an einem Album gearbeitet.

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