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Bushido meint es ernst, kann Kay One aber nicht zerstören

Bushido betet mal eben in Reimform die Biographie von Kay One herunter, der Beweis, dass er es doch noch drauf hat. Allerdings wird er Kay One damit nicht zerstören.

Inzwischen dürfte es jeder von euch gesehen haben, denn selten hat ein deutsches Musikvideo in so kurzer Zeit so viele Views gesammelt: 4 Millionen Views an einem Wochenende. Wobei der Begriff Musikvideo hier wohl etwas irreführend ist, denn was Bushido da am Freitagnachmittag auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht hat, hat mit dem klassischen Ich-will-eine-Single-veröffentlichen-und-brauche-deshalb-ein-Video-zum-Song-Schema wenig zu tun.

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Und jetzt kommt‘s: Genau das ist die Kunst.

Während wir beim letzten Video von Bushido noch geunkt haben, dass er eben das nicht mehr drauf hat—Kunst—müssen wir nun anerkennen, dass er uns eines besseren belehrt hat. Das Video ist übertrieben und leicht affektiert, zugleich aber gut gemacht und es verfehlt seine Wirkung nicht: Deutlicher hätte Bushido seine Botschaft nicht machen können. Es gelingt ihm, von Anfang an den Eindruck zu hinterlassen, dass er sich gezwungen sieht, sich zu Kay Ones nicht aufhören wollenden Äußerungen Richtung seines ehemaligen Mentors zu äußern.

Es wird langsam Zeit mich zu der Scheiße hier zu äußern, die Lügen, die du über mich verbreitest in ganz Deutschland (…) Kay One sitzt bei Stern TV, um endlich seinen Ruf zu retten, doch du würdest eigentlich so gern in meinen Schuhen stecken.

Die Videoschnipsel aus Kay Ones Karriere geben dem Ganzen einen dokumentarischen Charakter, der belegt, dass Bushido genau weiß, wovon er redet. Er ist nicht nur ein Insider, er ist der Insider, der Kronzeuge in der Anklage auf Todesstrafe. (Dass er zugleich auch Richter und Henker sein will, steht auf einem anderen Blatt.)

Viel beeindruckender als das Video ist jedoch der Text. Hat hier irgendwer nach einer Kay-One-Biographie gefragt? Hier habt ihr sie und zwar in Reimform. Eine Geschichte so stringent, verständlich und nachvollziehbar zu erzählen, dabei Quellen und geschickte Insider ebenso zu platzieren, wie deutliche Drohungen und all das noch mit Versen, Reimen und Rhythmik zu versorgen, dafür muss man—unabhängig davon, wer den Text letztlich verfasst hat—Respekt aufbringen. Natürlich ist dies eine sehr einseitige Darstellung, aber egal wie man zu Bushido steht, Kay One kommt als das größte Arschloch der Welt rüber.

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Insofern hat Bushido erreicht, was er wollte. Er macht deutlich, wer der Chef im Ring ist, er zeigt, was er kann und zieht wichtige Player (vermutlich ohne sie zu fragen) auf seine Seite und inszeniert sich als deren Schutzpatron: Im Namen von Jaysus, Eko Fresh und Marcus Staiger kommt nun der große Bushido und rächt die ganze Rapwelt.

Bushido macht die Fronten klar: Das hier ist die Rapwelt, ich bin ein wichtiger Teil davon, ich weiß andere wichtige Player in meinem Rücken und ich kann, was ich mache. Du, Kay One, bist nicht mehr Teil dieser Welt und spätestens mit diesem Video wird dich nie mehr jemand ernst nehmen. Du bist als Rapper tot.

Darum geht es Bushido und damit das auch wirkt, ist der Text brutal offen. Noch entscheidender ist aber der halbe Satz, in dem es um den Toilettensex zwischen Kay One und Lorielle geht. Bushido zeigt, dass er notfalls noch ganz anders kann, er droht damit, sich auf Kay One‘s Niveau herabzulassen: das Niveau von Bild und RTL.

Kay One ist kein Rapper, sondern eine RTL-Medienhure

Leider ist genau das die Krux. Bushido mag Kay One zwar als Rapper zerstören, aber er vergisst, dass Kay One sich als Rapper längst selbst zerstört hat. Kay ist 2013 eine reine Medienhure, die Rap-Version Micaela Schäfer, er ist Teil des Bild-/RTL-Kosmos geworden.

Bushido hat sich davon klar abgegrenzt, als er sich entschied, seine Sicht nicht via Bild-Interview oder Stern TV preiszugeben, sondern in einem eigen produzierten Video. Es ist davon auszugehen, dass Bushido für diese Geschichte sehr viel Geld von RTL bekommen hätte, aber er verzichtet.

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Kay One hingegen bleibt schon länger nur noch dieser Weg. Er hat einen Vertrag mit dem Teufel unterschrieben (RTL), der ihm Geld für Aufmerksamkeit bietet. Der ihn ins Dschungelcamp schicken wird. Der den Streit mit Bushido bis ins Unendliche aufblasen wird. Der Kay One‘s Kokainkonsum thematisieren wird. Seine Frauen-, Männer- und Irgendwas-dazwischen-Geschichten auspacken wird. Und Kay One wird mitspielen, weil ihm nichts anderes übrig bleibt. RTL bezahlt ab nun seine Rechnungen.

„Das ist nicht lustig, du denkst, der Track hier pusht dich, aber das hier ist ein Schlussstrich.“

Und genau da liegt Bushido falsch, wenn er rappt, dass Kay One falsch liegt, wenn er glaubt, dass ihm Bushidos Video gut tut. Die Sache ist, es ist scheißegal, was Kay One will, denkt oder ist. Interessant ist, was RTL will, denkt oder ist. Und bei RTL sind am Freitag die Champagnerkorken geknallt, aber sowas von. Bei Bild mit Sicherheit auch. Dem Teufel ist nämlich scheißegal, ob sein Diener noch eine Rapkarriere vor sich hat oder bald nur noch auf Malle, Schützenfesten und beim Promiboxen auftritt. Wen interessiert Kay Ones Zukunft, wenn er RTLs Gegenwart rettet?

Wahrscheinlich interessiert es nicht mal mehr Kay selbst. Er befindet sich eh nicht mehr in einer Position, in der er eigenständig Entscheidungen treffen kann. Wenn er sich gut anstellt, wird er jetzt ein paar Jahre mit RTL und Bild sein Geld verdienen. Wenn er es schlecht macht, nur ein paar Monate. Mit Bushido hat das wenig zu tun, denn RTL ist schlimmer.

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PS: Dass „Leben und Tod von Kenneth Glöckler“ eine Inszenierung ist und Bushido und Kay One nach der nächsten Staffel DSDS ein gemeinsames Album herausbringen, können wir jetzt vergessen. Bushido meint es ernst. Vor allem aber profitiert er auch ohne Versöhnung und Kay-One-Feature von der Aufmerksamkeit.

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