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Bono hat bereits Sonnenbrillen ruiniert, jetzt darf er auch noch iTunes ruinieren?

Was bringt Apple die Zusammenarbeit mit der Lieblingsband des langweiligen Freundes deines Vaters?

Im Jahr 2004 haben sich U2 das erste Mal mit Apple zusammengetan. Die damals schon alternde Rockband hat die vierte Generation des iPods mit einer Reihe an Anzeigen, limitierten Spezialdesigns und der Einbindung ihrer Single „Vertigo“ beworben. 10 Jahre später hat sich in Sachen Technologie und Musik viel verändert: der iPod wurde quasi vom iPhone ersetzt, Downloads machen fast 100% des Single-Markts aus und Apple hat beschlossen, dass wir Uhren brauchen, die mehr können, als die Zeit anzuzeigen. In der Zwischenzeit hat sich das vorherrschende Bild in der Popmusik von Typen in Bands zu HipHop, jungen weiblichen Stars und DJ-Kultur verschoben.

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Daher ist es merkwürdig, dass 2014 eine Band wie U2—eine Band die so gar nicht mehr zum Image passt, das Apple mittlerweile repräsentiert—ein Produkt von Apple launcht. Vor einem Jahrzehnt war es vielleicht noch irgendwie verständlich, zu denken, dass U2 den iPod cool aussehen lassen. Mittlerweile haben sich die Rollen jedoch umgekehrt und U2 brauchen Apple für einen Schub an Street Credibility.

Im Rahmen dieser neuesten Partnerschaft sind Bono, Edge und die anderen beiden nicht nur beim Launch des iPhone 6 aufgetreten, sondern haben auch ihr neues Album Songs Of Innocence umsonst über iTunes verbreitet. Es ist diese Aufdringlichkeit, die die Leute wirklich verärgert hat, da Apple den Nutzern das Album regelrecht aufgezwungen hat. Das ist eine Art moderne Folter, Leute haben geweint (immerhin ist das auch exakt die Art von Musik, die in Guantanamo in Endlosschleife läuft). Vergiss den Skandal um das Ausspionieren von Telefonen und alles, was Wikileaks jemals aufgedeckt hat. Wenn du wirklich willst, dass die Allgemeinheit das Eindringen in die Privatsphäre bemerkt, dann triff sie dort, wo es wirklich weh tut: Bring Unordnung in ihren perfekt organisierten iTunes-Ordner. Du kannst dir vorstellen, wie viele befremdliche Momente es dieses Wochenende geben wird, wenn ahnungslose Leute auf Partys Musik auf den MacBooks ihrer Freunde suchen und zwischen Timbaland und Venetian Snares eine Stadionrockband finden. Stell dir nur die Scham vor, die blanke Peinlichkeit. Niemand sollte so etwas erleiden müssen.

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Es ist schwer zu verstehen, was Apple davon hat. Nach einem der größten Produkt-Launchs seit einem Jahrzehnt, sind die Chefs der Firma für diesen beschissenen Schachzug nun zur Zielscheibe unzähliger Witze geworden. Für ein Unternehmen, das sein Augenmerk immer auf die Zukunft gerichtet hat, ist es dumm, auf diese Art auf die Vergangenheit zurückzuschauen. Vergleich das nur mal mit dem Release von Jay Zs Album über die Samsung App, ein bedeutend erfolgreicheres Projekt, das noch dazu hipper und zur Marke passender war. Da Apple sich lange als Vorreiter in Sachen Chancen, Veränderung und Alternativen präsentiert hat, erscheint ihre Wahl von U2 für so einen wegweisenden Anlass als eine furchtbar konservative und hochgradig unpassende. Es ist rätselhaft, warum sie für ein Event, bei dem Leute wie Kanye, Dr. Dre und andere dabei waren, wieder auf U2 gesetzt haben. Rihanna bringt bald ein neues Album raus, ihr Management hätte sich sicherlich von einem Deal überzeugen lassen.

Klar ist hingegen, was U2 dieser Deal bringt. Ihr letztes Album No Line of the Horizon war das Album mit den niedrigsten Verkaufszahlen seit über einem Jahrzehnt und heute, fünf Jahre später, wären sie mit einem klassischen Release wahrscheinlich noch niedriger gewesen. Stattdessen hat das Album eine potentielle Hörerschaft von 500 Millionen Nutzern weltweit erreicht. „U2 wollten schon immer so viele Leute wie möglich mit ihrer Musik erreichen, das wird schon durch den Namen deutlich“, witzelte Bono über das Feature. Bis jetzt haben sie durch die Veröffentlichung selbst noch kein Geld verdient (das Album kommt im Oktober in sogenannte „Plattenläden“), aber das ist dabei auch nicht die Absicht. Die Verkaufszahlen von Platten sinken, stattdessen sind die Erlöse aus Konzerttickets heute die wichtigste Einnahmequelle für Bands—und das ist genau das, auf was U2 abzielen. U2 wissen, dass viele Leute U2 nicht mögen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich das großartig ändert, aber die Chance, ausgewählte Fans in den USA zu bekehren (die Leute, die Konzerttickets kaufen, T-Shirts bestellen, ihre Kinder mitbringen usw.) überwiegt gegenüber der Tatsache, dass sie die nerven, die sowieso schon wütend auf sie sind. Und wann haben wir überhaupt angefangen, würdevolles Verhalten von Bono zu erwarten?

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Der besorgniserregendste Aspekt dieser Entwicklung ist jedoch, was das für die Zukunft bedeutet, besonders für die Zukunft der populären Musik. Das Internet-Zeitalter sollte eigentlich Geschmäcker diversifizieren, die Auswahlmöglichkeiten vergrößern und Wissen demokratisieren. Ist es in einem Zeitalter, in dem Musiker zuhause in ihrem Schlafzimmer Musik erschaffen können (oft mit Apple-Produkten) und die Tracks eigenständig online stellen und bewerben können, nicht ein Rückschritt, auf diese Art von der Industrie zwangsernährt zu werden? Sicher, es wird immer die Leute geben, die aktiv nach neuer Musik suchen, aber die Leute, die es nicht tun, werden in der Mehrzahl sein. Wird das ein neuer Trend des Musikmarketings, ein Produkt einem Massenpublikum aufzuzwingen? Und falls ja, wozu führt das?

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