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Moshende Koalas—Australiens Metal- und Hardcore-Szene gedeiht an der Ostküste

Es wird Zeit, einige interessante Bands aus Australien vorzustellen.

Dream on Dreamer

Jeder treue Bibelclub-Fanboy weiß: In der Schöpfungswoche warf Gott die Vögel in den Himmel, die Fische in die Meere und all das tödlich-giftige Viehzeug auf eine Insel, die wir als Australien kennen. Heute leben zur Verwunderung aller trotzdem über 23 Millionen Menschen auf dem Kontinent und ein nicht kleiner Teil davon ist musikalisch überaus aktiv. Schade nur, dass viele Bands trotz des Internets für immer auf der Insel bleiben werden, um die Küsten rauf und runter zu touren. Flugtickets setzen eben schon einen gewissen Erfolg oder gute Kontakte voraus. In dieser geografischen Isolation findet daher ein reger musikalischer Austausch innerhalb einer relativ kleinen Population statt, aus der immer wieder großartige Bands den Sprung bis in die USA oder Europa schaffen. Wer sich also Down Under bewiesen hat, darf fliegen und wir können dann die Speerspitze der australischen Core-Szene live genießen. Natural selection at its best. Wird Zeit, einige interessante Bands vorzustellen.

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Da sich fast alle großen Städte an der südlichen Ostküste tummeln, ist hier auch das größte Ballungsgebiet von Metal-, Hardcore- und Punk-Bands. So kann Melbourne von sich behaupten, die Heimat ziemlich vieler talentierter Gruppen zu sein. Eine davon ist The Smith Street Band. Die Folk Punker haben voriges Jahr neben ihrem dritten Album Throw Me in the River auch eine Single veröffentlicht, deren Einnahmen direkt an eine Flüchtlingshilfe gingen. Nicht umsonst hieß der Song „Wipe That Shit-Eating Grin Off Your Punchable Face“ und richtete sich gegen die Asylpolitik des Premierministers Tony Abott. Neben dieser lobenswerten Aktion sind die vier natürlich auch für ihren direkten Sound heißgeliebt, der munter zwischen den Polen Frustration und Aggression pendelt und somit auch perfekt in einem Londoner Working Class-Pub gespielt werden könnte. Oder auf der Beerdigung von Steve Irwin.

Auf eine solche Veranstaltung würden I, Valiance wohl niemals eingeladen werden, liefern die Deathcorer doch eher den Soundtrack zur gewaltsamen Ursache eines solchen Anlasses. Erst im Januar ließen sie ihre Reject of Humanity EP auf das Internet los und zeigten, dass in Zukunft fest mit ihnen zu rechnen sein wird. Was auch immer der Sänger da Abartiges mit seiner Stimme macht, es passt perfekt auf die fies groovenden Riffs und die elektronischen Spielereien, die sich in düsteren Deathmetal-Salven entladen. Noch sind sie unsigned, doch das wird sich schneller ändern, als Crocodile Dundee sein Messer gezogen hat. Eine weitere Band, auf die Melbourne verdammt stolz sein kann, ist Dream On, Dreamer. Die Jungs um den Berliner Sänger Marcel haben ihren atmosphärischen Post-Hardcore durch unermüdliches Touren bereits in die Welt geprügelt wurde. Ihr neues Album wird dieses Jahr erscheinen, die bereits erschienene Single „Darkness Brought Me Here“ deutet daraufhin, dass da ein echter Klassiker auf uns zukommt.

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Metalcore ist auch durch die beiden australischen Bands I Killed The Prom Queen und vor allem Parkway Drive schon längst Teil des Metal-Mainstream. Nicht umsonst prangen deren Logos weltweit auf den Shirts unzähliger Teenies. Die musikalischen Pfade sind inzwischen längst ausgestampft, jede mögliche Variation eines Breakdowns schon tausendfach kopiert. Das mussten wohl auch Northlane aus Sydney einsehen, die sich dann glücklicherweise am relativ jungen „Genre“ des Djent bedienten, um sich wieder innovativ und kreativ auszuleben. Dazu noch eine Prise Post-Rock in Form sich auftürmende Soundwände und vertrackten Gesangslinien, schon ist die nächste Stufe des Metalcore erklommen. Nachdem sie 2014 ihren Sänger ersetzen mussten, haben sie für dieses Jahr ein neues Album angekündigt. Die erste Hörprobe „Rot“ lässt erahnen, dass Northlane auch als Band auf die nächste Stufe gesprungen sind. In eine ähnliche Kerbe schlägt The World in Cinematic, deren gleichnamige EP voriges Jahr Progressive Metalcore-Jünger vergnügt am Boden liegend im Kreis rennen ließ. Im Gegensatz zu Northlane sind sie bisher unsigned. Ein Fakt, der die respektvoll hochgezogene Augenbraue angesichts dieser EP nur noch weiter nach oben schnellen lässt.

Falls du deine Eltern hasst, weil du nicht früher geboren wurdest, um den Anfang der 90er und damit Nirvana und den Zenit der Smashing Pumpkins hautnah mitzuerleben, hast du allen Grund dazu. Vielleicht hilft es aber, dir mal Violent Soho anzuhören. Die Grunge-Band aus Brisbane klingt tatsächlich so, als hätte Kurt Cobain nicht Courtney, sondern Billy Corgan geschwängert, um das Kind Violent Soho zu nennen. Doch weil die Band weder im verregneten Seattle, noch im tristen Chicago aufgewachsen ist, lebt ihre Musik den sorglosen Flair, den du nur haben kannst, wenn du Schnee höchstens aus Kubricks Shining kennst. 2013 hatten Violent Soho ihr Gold-Studioalbum Hungry Ghost releast und der Welt mit der Single „Covered in Chrome“ gezeigt, was da in Australien herangewachsen ist. Selbst Pop Punk-Legende Mark Hoppus konnte da nur anerkennend tweeten. Es sollte nicht mehr lange dauern, bis Violent Soho die Flugtickets für die erste Europa-Tour in den Händen halten.

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Schon über eine US-Tour wären die Emo-Punker Columbus sehr glücklich. Bisher hat es die junge Band noch nicht über das Meer geschafft, was sich angesichts ihres qualitativ hochwertigen Outputs bald ändern dürfte. Kein Label im Rücken, kein Studioalbum, sondern nur zwei veröffentliche EPs und trotzdem bespielten sie den Kontinent zusammen mit den Newcastle Punkrockern Trophy Eyes und Syndeys Melodic Hardcore-Aushängeschild Endless Heights. Gute Kontakte also, um Labels und Booker auf sich aufmerksam zu machen.

Nur 70 km südlich von Brisbane liegt die Großstadt Gold Coast. Ein Name, der Reisebüro-Mitarbeitern feuchte Träume beschert. Es könnte keine bessere Stadt für das Teen Pop Punker Double Lined Minority geben, denen die Sonne nicht nur aus dem Arsch, sondern glücklicherweise aus jeder Pore ihrer jungfräulichen Körper scheint. Wahrscheinlich haben ihre nostalgischen Eltern ihnen zum Einschlafen immer „What’s My Age Again“ vorgesummt, so sehr klingen sie wie ein Update von Blink 182. Eben die Art von Musik, für die du eigentlich zu alt bist, die du aber trotzdem heimlich hörst und dich in die unbeschwerte Schulzeit zurückversetzt. Gerade touren die Jungs mit ihrer Single „White Flag“ im Gepäck noch die Küste entlang, der ungebrochene Hype um diese andere australische Pop Punk-Band 5 Seconds of Summer könnte aber auch für die Goldkinder von Nutzen sein.

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