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Interviews

Alpa Gun fordert mehr Respekt von den Jüngeren

Alpa Gun veröffentlicht sein neues Album ,Geboren um zu Sterben‘, auf dem er sich musikalisch und persönlich gereift zeigt.

Seit der Berliner Rapper Alpa Gun sein Album Alles kommt zurück herausgebracht hat, sind knapp eineinhalb Jahre vergangen. Und das ist immerhin auf Platz fünf der deutschen Albumcharts eingestiegen. Wenn man heute bei Google nach Neuigkeiten über Alpa Gun sucht, dann findet man eine Handvoll Ergebnisse. Zu jedem anderen deutschen Rapper gibt es mehr Suchergebnisse. Viel mehr.

Sein neues Album heißt Geboren um zu sterben. Der Titel klingt erst mal deprimierend, aber Alpa Gun zeigt sich auf dem Album musikalisch und persönlich gereift. Er rappt nicht nur vom Tod und ernsten Themen, sondern auch augenzwinkernd über seine Glatze und andere Haarspaltereien. Der Teilzeitschauspieler ist immer noch so lustig, wie wir ihn kennen. Ein Gespräch über Ilkay Gündogan, Mary J. Blige und berühmte Glatzenträger.

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Noisey: Hallo Alper! Du hast dir, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben, einen stattlichen Bart wachsen lassen.
Alpa Gun: Ist so üblich. Während des Ramadan lasse ich immer meinen Bart wachsen. Für uns Moslems ist das normalerweise Pflicht, sich einen Bart wachsen zu lassen, weil wir Männer sind. Bei den Frauen kommt nichts raus. Und warum? Weil es ihnen nicht steht! Wir können ruhig einen Bart haben, dann sieht man, dass wir Männer sind. Wenn ich aufm Kopf schon keine Haare habe, dann hab ich wenigstens im Gesicht welche. (lacht)

Apropos keine Haare auf dem Kopf. Vor ein paar Wochen hattest du die Videopremiere zu „Ich und meine Glatze“. Ich habe es gerade nochmal nachgesehen: Es sind an die 200.000 Klicks. Bist du zufrieden?
Naja, im Gegensatz zu den früheren Klicks, die ich hatte, bin ich natürlich nicht zufrieden. Aber damit muss ich leben. Seit Ehrensache hatte ich noch starke Klickzahlen, aber danach A.K.Z. und jetzt…Keine Ahnung, woran das liegt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es mir an Fans mangelt oder an der Freude oder am Feedback. Sondern vielleicht auch an der Gema-YouTube-Streiterei. Das soll aber für mich keine Ausrede sein. Auf meinem Facebook ist das Feedback immer noch positiv. Und solange das kommt, bin ich glücklich. Und wenn das Album rauskommt, wenn ich in der ersten Woche wieder das verkaufe, was ich bis jetzt immer verkauft habe, dann bin ich glücklich. Dann weiß ich, dass ich wieder ein, zwei Jahre leben kann.

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Also lebst du im Moment vom Rap?
Ich lebe vom Rap und von Privatgeschäften, die ich mit meinem Vater in der Türkei aufgebaut habe. Wir machen da Immobiliengeschäfte und kommen gut über die Runden. Ich investiere jetzt viel mit meinem Vater zusammen und dann ist mein Geld auch besser angelegt: Ich weiß, dass ich in Zukunft immer was für mich und meine Familie habe. Wenn ich das jetzt alles ausgebe, was ich hier verdiene, dann vergeude ich nur meine Zeit.

Du hast auf deinem neuen Album Geboren um zu Sterben auch einen Track über deinen Vater gemacht. Aber, was mir beim Reinhören als allererstes aufgefallen ist: Du hast auf einem anderen Track ein Feature mit Mehrzad Marashi! Kennt ihr euch schon lange?
Nee, wir haben uns neu kennengelernt. Der hat ja mit PA Sports schon ein paar Sachen gemacht und über ihn ist der Kontakt zu Stande gekommen. Ich hab Mehrzads Stimme damals schon gefeiert, als er sich noch Marasco genannt hat! Dann habe ich ihm den Song geschickt und gefragt, ob er eine Hook singen will. Er hat‘s eingesungen und mir hat es direkt gefallen. Es ist auch einer meiner Lieblingssongs auf dem Album.

Der letzte Satz des Tracks heißt „Das Leben fängt grad an“. Dein Album heißt Geboren um zu Sterben
Geboren um zu Sterben in dem Sinne, dass du nicht aufgeben darfst. Natürlich weißt du nicht, wann du stirbst. Vielleicht willst du mit dem Alkohol und mit deinem schlechten Leben aufhören und dann neu anfangen, und auf einmal stirbst du—dafür kann man nichts. Aber solange du nicht tot bist, ist es nicht zu spät. Darum geht’s. Ich sag‘s auch in der Strophe: Es ist nicht zu spät, solange du noch atmen kannst. Das ist die Aussage. Du kannst immer nochmal neu anfangen, aber natürlich wirst du irgendwann auch sterben.

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Aber ist der Albumtitel nicht ein bisschen trübsinnig? Warum nicht Geboren um zu leben?
Geht es logischer? Weil das Leben nicht so sicher ist wie der Tod. Und es gibt immer jemanden, dem es schlechter geht. Man sagt auch, dass es drei Qualen gibt: die Qual im Grab, die Qual in der Hölle, die Qual im Leben. Der liebe Gott sagt, dass die Qual im Leben immer noch die süßeste Qual ist. Ich denke mir zum Beispiel: Wenn jemand gelähmt zur Welt gekommen ist – wie muss das Leben für denjenigen sein? Es muss doch was für diese Menschen geben. Ich glaube daher umso mehr an das Leben nach dem Tod. Die Leute, die auf der Welt qualvoll leben, werden im nächsten Leben ein gutes Leben haben. Daran glaube ich. Man muss keine Angst vor dem Tod haben.

Vor dem Tod, der wie die Geburt zum Leben dazu gehört und die Menschen vereint?
Ja, wir sind geboren, um zu sterben. Irgendwann wirst du unter der Erde liegen, auch wenn du Platzangst hast!

Das Albumcover sieht im Gegensatz zu deinen letzten Covern sehr seriös aus. Früher sah man darauf Alpa, den Poser mit Sonnenbrille und heute ist es puristisch und ein kleines Kind in Windeln ist drauf zu sehen. Wer ist das Kind?
Das kleine Kind ist der Mensch, der auf die Welt kommt. Der Mensch, der so verwundert durch die Welt guckt: Wo bin ich hier?

Ein Track, der sich hinter dem Cover versteckt, heißt „Schlampe“. Wer ist die Schlampe und wer hat die Hook gesungen?
Sie hat 'ne gute Stimme, wa? Die Hook hat Isi gesungen, eine Berliner Künstlerin. Sie macht ein bisschen Musik, singt seit sie sechs ist. Und die Schlampe, naja, das ist eine Geschichte, die jeder von uns mal erlebt hat.

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Der Beat ist einfach nur mit Akustikgitarre. Gar nicht Alpa-typisch. Bei den ersten Liedern habe ich ohnehin gedacht: Alpa, was hast du gemacht? Dann war da auch noch dieser Track „Vorbei“, der mich an „Sie bleibt“ von Sido erinnert hat. War das Absicht?
Nein, wirklich. Auf gar keinen Fall. Was mit Sido und mir privat ist, ist so passiert. Es bleibt so und wir haben keinen Kontakt. Aber ganz ehrlich: Sido kann keiner was vormachen. Sido ist ein krasser Künstler. Das muss man ihm lassen, da bin ich ehrlich. Ich habe auch viel von ihm gelernt. Mit dem Track „Vorbei“ wollte ich einfach nur den Leuten zeigen, dass ich ein vielseitiger Künstler bin. Ich bin ja auch Schauspieler und kann den Gangster von der Straße und den lustigen Typen spielen. Das versuche ich auch in meiner Musik umzusetzen.

So ist das ganze Album—sehr vielfältig. Akustikgitarre, lustige Sachen, Battlerap. Ist das der neue Alpa Gun?
Das ist mein Ziel. Vielfalt: Ich kann mich wehren, ich kann euch zum Lachen und zum Weinen bringen. Ich bin ein Mensch, der was erlebt. Das ist meine Kunst und ich habe was zu erzählen.

Du gratulierst in einem Track auch Ilkay Gündogan zur Hochzeit mit Sila Sahin! Kennt ihr euch?
Nein. Aber ich kenne sie (lacht). Ja, ey, wenn er es für richtig hält, dann wünsch‘ ich ihm alles Gute. Viel Spaß! Ich meine, ich weiß, wie sie ist. Ilkay Gündogan hat eine bessere verdient. Von mir aus soll sie auch nur Spielerfrau sein, aber es gibt viel bessere! Ilkay, sag mir nicht, dass du verliebt bist—sonst werd ich richtig sauer!

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Auf dem Track teilst du sowieso ein bisschen aus, oder? Sido, Kay One, MoTrip…
Was habe ich gegen Sido gesagt? Ich hab gesagt: Siggi, du weißt, dass ich älter bin. Ich wollte dir nur sagen, dass deine neuen Lieder seltsam klingen. Das ist für mich kein Diss. Ich war früher ein großer Sido-Fan. Wenn ich aber heute im Fernsehen Sido featuring Mark Forster sehe, schalte ich sofort weg. Geschmackssache. Ja, und MoTrip ist für mich auch so einer wie Kay One. Früher habe ich ihn mal öfter gesehen auf Veranstaltungen, wir haben uns immer nett gegrüßt, waren höflich. Aber dann hat er sich irgendwann bei Twitter über mein Deutsch lustig gemacht. Wir können gerne darüber reden, aber er soll mir nicht schief kommen. Ich bin jetzt Alper Abi, darum geht’s in dem Song. Die Jungen sollten Respekt vor den Älteren haben. Man muss Grenzen setzen.

Also haben wir auf dem neuen Album nicht nur einen vielfältigen sondern auch einen gereiften Alpa Gun. Zurück zum Song über deinen Vater. Was willst du deinem Vater sagen?
Ja, mein Vater war schon immer ein guter Freund für mich und der Sinn in dem Lied ist, dass ich ihn jetzt auch viel besser verstehen kann als damals, weil ich jetzt auch Vater bin.

Apropos Familie. Die Hook in „Geht dich nichts an“ erinnert an Mary J. Bliges „Family Affair“.
(singt) Ich mach das so, wie es mir passt. Das geht dich überhaupt gar nichts an. Misch dich nicht ein, das ist mein Ding und ich mach‘s so wie‘s mir gefällt.

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Weißte, jeder zweite kommt an und weiß alles besser. Mein Freund letztens quatscht mich eine Stunde lang voll und fragt nicht mal, wie es mir geht. Das hat mich so aufgeregt. Aber mit dem Refrain wollte ich das Ganze auch so ein bisschen lustig machen.

So wie du dich auch über deine eigene Glatze lustig machst?
Ach, Jason Statham hat 'ne Glatze, der Bachelor hat 'ne Glatze, steht im Mittelpunkt, 20, 30 Frauen reißen sich um ihn…

…Bruce Willis hat 'ne Glatze…
…The Rock hat 'ne Glatze, Kojak hat 'ne Glatze—das spricht für einen hohen Testosteronwert. Wir sind richtige Männer!

Wenn du dich als Schauspieler in einer Reihe mit denen nennst, sehen wir dich dann auch bald in einem Actionfilm?
Naja, wenn jetzt kein Angebot kommt, dann muss ich mich bald selber um meinen eigenen Actionfilm kümmern (lacht). Ganz ehrlich? Ich würde es sehr gerne mal machen. Eine Hauptrolle in einem Actionfilm oder einer Komödie. Einfach den Menschen da draußen zeigen, was ich alles drauf habe.

Aber jetzt kommt ja erst mal dein neues Album. Und es gibt dazu auch eine DVD—was gibt’s da zu sehen?
Man sieht, wie ich so meine Zeit verbringe und im Studio bin. Ich war auch eine Woche in Istanbul. Ein paar lustige Szenen sind auch drauf. Und ich war beim Kampf von Felix Sturm, der ist auch im Video zu „Alper Abi“.

Felix Sturm, Mehrzad Marashi—können wir uns beim Albumkauf denn auf noch mehr Prominenz freuen?
Mustafa Alin von GZSZ hat in „Machotürke“ eine Strophe gerappt, das ist sehr lustig geworden. Es gibt auch einen Track mit Yasha und noch einen mit Kurdo und Dú Maroc. Und der Titelsong „Geboren um zu Sterben“, der wird gut, der wird anders—da sind auch ein paar Features drauf…

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Mit?
Mit ein paar Leuten, ein paar Stimmen…mehrere!

Geboren um zu Sterben erscheint am 28. August bei Major Movez (Soulfood). Holt es euch auf Amazon oder iTunes.

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