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Rechtsstreit

Die PARTEI könnte wegen einer Strafzahlung bald zum Verkauf stehen

"Das wären dann türkische Verhältnisse", sagt Parteichef Martin Sonneborn.
Foto: Josefine Lippmann

Für Menschen, die schon alles haben, könnte bald ein neues Statussymbol auf dem Markt landen: eine Partei. Genauer gesagt, Die PARTEI. Laut eines Bescheids der Bundestagsverwaltung muss sie 384.000 Euro Strafe zahlen und 70.000 Euro an den Bund zurück überweisen. Der Bescheid wird am Donnerstag vor dem Berliner Verwaltungsgericht verhandelt. Sollte der Parteichef Martin Sonneborn verlieren, wäre Die PARTEI insolvent und offen für Kaufinteressenten. Aber beginnen wir ganz am Anfang dieser Polit-Posse.

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Anlass der Forderungen der Bundestagsverwaltung war die Aktion "Geld kaufen", mit der Die PARTEI 2014 für jeweils fünf Euro Gebühr 20-, 50- oder 100-Euro-Geldscheine plus zwei Postkarten verkaufte – also 20 für 25 Euro und so weiter. Die PARTEI wollte damals auf das absurde Parteienfinanzierungssystem Deutschlands aufmerksam machen, das besonders die AfD ausnutzte. Und das funktionierte so:

Politische Parteien bekamen für alle finanziellen Umsätze, die sie erzielten, Zuschüsse vom Bund. Und Umsätze sind bekanntlich dann besonders hoch, wenn man etwas sehr Teures verkauft. Umsätze alleine bringen aber nichts, wenn man die Ware zuvor teuer einkaufen muss. Dann ist das, was nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen übrig bleibt, sehr gering. Der Gewinn zählte bei der Höhe der Zuschüsse aber nicht, sondern eben nur die Umsätze. Also begann die AfD Ende 2014, Gold zu verkaufen. Nach eigenen Angaben machte sie damit in einem Jahr zwei Millionen Euro Umsatz und erhielt dafür staatliche Zuschüsse.


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Weil die Satire-Aktion der PARTEI so gut lief und von offizieller Seite offenbar niemand was dagegen hatte, verkaufte sie im folgenden Jahr 100-Euro-Scheine für jeweils 80 Euro. "Unsere Server sind zusammengebrochen", sagt Martin Sonneborn zu VICE. "Wir haben 200.000 Euro verkauft. Geld ist eh das Beste, was eine Partei ihren Sympathisanten geben kann." Obwohl die Partei bei der ersten Aktion mehr Geld verlangte, als die Scheine wert waren, und bei der zweiten Aktion weniger, machte sie aufgrund der staatlichen Förderung in beiden Fällen Gewinn. Ende 2015 wies Die PARTEI ihre Einnahmen in einem Rechenschaftsbericht aus und strich laut Sonneborn 70.000 Euro an staatlicher Förderung ein. Doch auch in anderer Hinsicht war die Aktion ein Erfolg: Als Sonneborn ankündigte, 2016 200-Euro-Scheine zum Kilopreis zu verkaufen, fiel auch den verantwortlichen Stellen auf, dass diese Art der Parteienfinanzierung Quatsch ist. Das Gesetz wurde schließlich geändert, seitdem ist der Gewinn und nicht mehr der Umsatz entscheidend.

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Dass die Bundestagsverwaltung jetzt Geld zurückfordert, hat allerdings einen anderen Grund. Weil die Partei bei ihrem Geschäftsmodell lediglich Geld ausgetauscht habe, falle dieser Teil, insgesamt 191.875 Euro, laut einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts nicht unter den Einnahmebegriff des Parteiengesetzes in der damaligen Fassung. Demnach hätte auch die Förderung des Bundes viel geringer sein müssen. Dagegen klagt Die PARTEI nun. Der AfD dürfte das alles keine Kopfschmerzen bereiten, sie handelte ja mit Gold.

"Die Forderung der Bundestagsverwaltung ist absoluter Unsinn", sagt Martin Sonneborn. Der Rechenschaftsbericht sei damals von einem renommierten Wirtschaftsprüfer abgesegnet worden, "mehr kann man als Laie auch nicht tun". Auch die Bundestagsverwaltung habe den Bericht damals akzeptiert und 70.000 Euro gezahlt. Erst später habe sie den Rechenschaftsbericht infrage gestellt und das Geld samt Strafzahlungen zurückgefordert. "Sie hat unterstellt, wir hätten das in betrügerischer Absicht und in aller Heimlichkeit vollbracht. Das ist Unsinn", sagt Sonneborn. Von Journalisten wisse er, dass die Bundestagsverwaltung zähneknirschend zugegeben habe, dass die Satire-Aktion leider juristisch in Ordnung gewesen sei. "Jetzt behaupten sie im Nachhinein, sie hätten nichts davon gewusst und erst ein Jahr später auf unserer Homepage davon gelesen", sagt er. Tatsächlich wurde die Aktion in mehreren Artikeln und von Spiegel-TV dokumentiert. Dass die Bundesverwaltung nicht gleich etwas zu beanstanden hatte, ist verwunderlich.

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Sollte Die PARTEI am Donnerstag unterliegen, würde das jedoch nicht bedeuten, dass auch die AfD ihre Einnahmen aus dem Goldhandel zurückzahlen müsste – und das sagt ausgerechnet Sonneborn: "Aufgrund der unsinnig formulierten Gesetze, die irgendeine Großpartei auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten hat, war der AfD-Goldverkauf absolut legal." Das Interessante sei aber, dass die Partei für etwas, das ihr 70.000 Euro gebracht hat, samt Gerichtskosten mit einer halben Million belegt würde, während die AfD überhaupt keine Schwierigkeiten mit ihrem Rechenschaftsbericht gehabt habe.

Er gehe davon aus, dass er den Prozess gewinnen werde, alles andere sei absurd, sagt Sonneborn: "Das wären dann türkische Verhältnisse." Die PARTEI würde dann wahrscheinlich von der Bundestagswahl zurücktreten und der Bundestag müsste neue Wahlzettel drucken. "Dann lösen wir die Partei auf und gründen eine Religion", sagt Sonneborn. "Wir würden in eine geordnete Insolvenz gehen, Herrn Dr. Lammert bestellen wir zum Insolvenzverwalter. Oder wir verkaufen die Partei bei eBay, mit all ihren Stimmen und Sympathisanten. Wir haben seit Anfang der Woche 27.001 Mitglieder. Das heißt, wir sind jetzt mitgliedsstärker als die AfD", sagt der Parteivorsitzende. Insofern erwarte er sich einen guten Schnitt im Falle einer Versteigerung: "1,5 Millionen Euro wären meine Basis-Preisvorstellung."

Wie auch immer der Prozess ausgehen wird, dessen Urteil schon am Donnerstag fallen soll – Die PARTEI hat eines erreicht: In Deutschland können Parteien nicht mehr so leicht an Geld kommen, indem sie irgendwelchen Quatsch verkaufen. Das allein schon war die Mühen wert, auch wenn sie für Die PARTEI das Ende bedeuten könnte.

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