Alle Illustrationen: Alex Jenkins
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Nach jeder Frage wechselten wir die Partner. Durch die Fragerunde sollten wir unseren Kopf ein bisschen freibekommen und unsere innere geistige Neugier wecken. Das dient der Vorbereitung für die anschließende Atemarbeit. Franz Simon rannte die ganze Zeit durch den Raum und lauschte unseren Gesprächen, stellte den Ventilator neu ein und holte Wasser.Das Frage-Antwort-Spiel dauerte gut eine Stunde und war ziemlich erkenntnisreich und bewegend. Immerhin öffneten wir uns völlig Fremden gegenüber, erzählten uns unsere innigsten Wünsche, unsere Schwächen und welche Dinge uns im Weg stehen. Einige meiner eigenen Antworten überraschten mich selbst. Die Energie im Raum—vielleicht war es die Vorfreude, vielleicht die Hitze—half uns irgendwie, uns zu öffnen. Wir waren alle vereint in unserem Schweiß und in dem gemeinsamen Gefühl, dass wir ein bisschen verloren oder vielleicht auch unglücklich waren.Dann sollten wir aufstehen. Franz meinte, das sei der Teil, der eventuell gefährlich werden könnte: Unsere Körper könnten sich verformen, wir könnten hinfallen—auch wenn ihm das nie passiert ist. Wir würden gleich das Kohlenstoffdioxid aus uns herausdrücken, wodurch sich unser Körper zusammenziehen könnte. Atemarbeit-Experten nennen das auch die „Klaue": Deine Finger und Zehen sind gelähmt und verkrampfen wie Klauen. Dann kippst du um.Motherboard: Hirnforscher zeigen, wie Magic Mushrooms dein Bewusstsein erweitern
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Zuerst haben wir durch unsere Nasen geatmet. Franz hat den Rhythmus vorgegeben. Bei jedem Ausatmen sind wir in die Kniebeuge gegangen. Das Ausatmen dauerte immer länger als das Einatmen. Wir haben unsere Augen geschlossen und immer schneller und schneller geatmet. Es war ziemlich unangenehm und ich wollte nur aufhören und endlich wieder normal atmen. Außerdem war es ziemlich laut, meine Beine zitterten und meine Finger fühlten sich taub an. Franz kam zu mir, als hätte er es geahnt, und sagte mir, ich solle mich hinknien. Ein paar Minuten später half er mir, mich auf den Rücken zu legen. Alles wurde still und außer Franz habe ich keinen anderen Menschen im Raum mehr wahrgenommen. Ich war mir nicht einmal mehr bewusst, dass ich selbst auch noch hier war.Franz begann, ein Mantra zu singen (oder eher zu jodeln): „Dein Körper besteht aus Liebe."Mit geschlossenen Augen habe ich fraktale Muster gesehen und auch Tierformen. Da war ein Fuchs und irgendetwas, das wie ein Elefant aussah, und natürlich, weil ich in Indien war, eine Kuh.Kurze Zeit später sagte Franz, wir sollen unsere Augen wieder öffnen. Dann sah ich, dass alle anderen Teilnehmer auch auf dem Boden lagen. Er fragte uns, wie lange es unserer Meinung nach gedauert hatte. Es fühlte sich an wie eine halbe Stunde, Franz meinte aber, dass wir 90 Minuten auf dem Boden gelegen hätten.Ich war in Trance, gut. Aber das war nicht so stark, dass ich nicht wieder rausgekommen wäre.
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Eine Israelin erzählte, dass sie in ihrem ganzen Körper Vibrationen gespürt hat. Einer der Deutschen hatte kein Gefühl mehr in seinen Armen und dachte, er sei geflogen. („Das bist du auch fast", meinte Franz.). Einer der anderen Teilnehmer hörte Franz' Musik in einer anderen Sprache. Zu meiner Tunnelvision meinte Franz, dass das wohl eine Vision meiner Geburt war.Das sei aber nur eine Einführung in die Atemarbeit gewesen, so Franz. Wer sich länger damit beschäftigt, wird auch noch viel weiter gehen: Man reist in frühere Leben, reinigt sich selbst und löst sich von alten Traumata. „Eine Trance kann schon mal eine ganze Nacht dauern."Ich habe die Atemarbeit danach alleine ausprobiert, aber ohne Franz—und ohne sein Harmonium, seine Jodel-Mantras, die ganzen Unbekannten und die 95-prozentige Luftfeuchtigkeit—habe ich einfach nur geatmet und geatmet, bis ich komplett erschöpft war. Dann bin ich eingeschlafen.