Das neue Video von MGMT ist schon jetzt das Video des Jahres

„Cool Song No. 2" von MGMT ist ein Song aus ihrem neuen, selbstbetitelten Album und der zweiten „Wir haben keinen Bock mehr, berühmt zu sein"-Platte in Folge und wurde nun in einem absolut atemberaubenden Video visualisiert. Regie wurde von Isaiah Seret geführt, der ein schonungsloses Melodram (Raphael Saadiqs „Good Man" ist ein schmieriges Episodenstück) mit der Gerissenheit eines Film-Studenten kombinieren kann (wie das humanistische, Jonestown-artiges Video von Cults „Go Outside"). „Cool Song No. 2" in ein Porträt voller emotionaler Turbulenzen und trippigen, schrägen Momenten. Ein Porträt darüber, wie es ist, für jemanden, den du liebst und der krank ist, sorgen zu müssen.

In der Hauptrolle spielt Michael K. Williams, am bekanntesten für seine Rolle bei The Wire (in Serets Video zu Saadiq spielt Chad Coleman mit—Cutty von The Wire), einen Drogendealer im Stil von Lee Marvin in Point Blank mit Wesley Snipes in New Jack City vermischt. Wir gucken zu, wie Williams Leute verprügelt und eine Art Meth-Labor überwacht, das Pflanzen in Drogen umwandelt. Sein Freund (von Henry Hopper gespielt, Dennis Hoppers Sohn) ist anscheinend sehr krank und bereits an der Schwelle zum Tod: Kakteen-artige Gewächse kommen aus seinem ganzen Körper und er verwandelt sich langsam in eine Pflanze (auf Serets exzellenten und sehr informativen Seite nennt er Williams Charakter den „Pflanzenmann" und Hopper den „Baum", also mache ich das ab sofort auch).

Das Video reicht von explosionsartigen Gewaltausbrüchen bis hin zu bedauerlich getränkten Post-Gewalt-Momenten und unterbricht die harte Männer-Stimmung immer wieder mit liebevollen Aufnahmen des Pflanzenmannes und der Verwandlung seines Liebhabers. „Cool Song No. 2" hat seinen Höhepunkt in der Aufnahme, in der der Pflanzenmann dem Baum die Droge gibt und so den ersten Stritt der schrecklichen Verwandlung einleitet. Plötzlich sieht man, dass der Pflanzenmann ein ähnliches Gewächs an seinem Handgelenk hat. Er opfert sich und wird nun dasselbe Schicksal erleiden, nur wird niemand für ihn da sein, der sich so liebevoll um ihn kümmert. Das letzte Bild zeigt Pflanzenmann und Baum im Labor—über ihnen ein Herz.

Dank der psychedelischen, visuellen Krimifilm-Palette und den harten Gewaltschüben fühlt sich „Cool Song No. 2" sehr wie ein Drive oder ein Only God Forgives von Nicolas Winding Refn an. Genau wie diese Filme benutzt „Cool Song No. 2" Gewalt als einen Ausdruck für tiefergehende, verzwickte Gefühle. Dieser Gewalt folgt immer sofort Reue. Schon sehr früh verprügelt der Pflanzenmann einen Mann in einem Gebäude, dann schneidet Seret schnell in eine Szene, in der er Auto fährt, nach vorne starrt, betäubt und verwirrt von den Vorkomnissen, und davon, was er gerade getan hat. Als der Pflanzenmann einen Typen in einem Gewächshaus überfällt, bringt ein schneller Schnitt die Szene vorwärts, in der der Pflanzenmann nur da steht und wieder von seiner Tendenz zu Gewalt geschockt ist.

„Cool Song No. 2" fängt wie ein richtiges Badass-Video an: Omar von The Wire schlägt ein paar Leute zusammen. Aber Köpfe einschlagen wird schnell zu dem Sinnbild von Pflanzenmanns innerem Chaos. Die Gewalt ist gegenwärtig, weil er auf diese Weise sein Imperium kontrolliert, aber sie funktioniert auch als Ausdruck seiner Frustration, die sich in ihm aufbaut, weil er nichts für den einen Menschen tun kann, den er am meisten helfen will. Dieser wunderbare, verstörende und unglaublich bewegende Kurzfilm ist schon jetzt das Musikvideo des Jahres.

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