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Wir waren bei Slipknot in der Stadthalle und es war großartig

Bereits kurz nach dem Ankommen musste ich feststellen, schon lange nicht mehr so viele betrunkene und sich bereits vor dem Konzert übergebende Leute gesehen zu haben.

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Gestern Abend war ich nach der Arbeit, wie auch viele andere Zigtausende, auf dem Weg zum Slipknot-Konzert in die Wiener Stadthalle. Bereits kurz nach dem Ankommen musste ich feststellen, schon lange nicht mehr so viele betrunkene und sich bereits vor dem Konzert übergebende Leute gesehen zu haben. Trotzdem waren alle sehr gut drauf. Die meisten ganz stolz mit ihren Slipknot-Shirts und -Pullis.

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Auch der Klassiker—das Shirt über dem Pulli—war stark vertreten. Drinnen war ich positiv überrascht—ich habe mit vielen Leuten in meinem Alter gerechnet, sprich Ende Zwanzig. Fans, die damals in ihrer Teenager Zeit Slipknot gehört haben und nach wie vor eingefleischte Fans sind. Lustigerweise waren da ganz viele neue „Ichs“. Jede Menge Teenager, die mir das Gefühl gaben, jetzt mit vierzehn dort zu stehen. Ein junges, neues Publikum erreichst du als Band eben nur, wenn du eigentlich nie richtig weg warst, ständig neue Sachen rausgebracht hast und viel getourt bist. Und genau das haben Slipknot in den letzten 17 Jahren gemacht.

Ich holte mir etwas zu trinken und wollte mich anschließend in die Menge begeben. Nur bestand in der Halle leider noch keine Menge, obwohl die Vorband gleich dran war. Die meisten Fans waren alle noch bei der Garderobe und XXL-Breztel kaufen, als die Suicidal Tendencies zu spielen begannen. Durch ihren old-school-Hardcore-L.A.-Style waren sie mir gleich sympathisch. Mir wurde aber schnell klar, dass das hier aber eben nicht L.A. ist und die Leute in einer so großen Halle mit einer Band, die die meisten wahrscheinlich nicht kannten, auch nicht schnell warm werden würden. Sie standen einfach alle nur herum und hatten keinen großartigen Bewegungsdrang.

Selbst als die Band die kleine Menge dazu aufforderte, beziehungsweise versuchte, das Publikum zu motivieren, kickten sie nicht rein. Auch ich hatte keine Lust, weil ich, wie so ziemlich jeder vor Ort, nur wegen Slipknot da war. Sie zogen ihr Programm durch und brachten noch einige Lebensweisheiten wie „Folge deinen Träumen, sie können alle wahr werden“ unter. Amerikaner halt. Ich frage mich in solchen Momenten oft, wie schwer es sein muss, als Band für ein Publikum zu spielen, das sich einfach nicht in Stimmung bringen lässt, aber auch das war nicht mein Problem, weil ich wieder Durst hatte. Ich hatte auch keinen Bock, während des Konzerts draufzukommen, dass ich mir noch etwas hätte holen sollen.

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Nachdem die Show von Suicidal Tendencies vorbei war, folgte der übliche Bühnenumbau der circa eine Dreiviertelstunde dauerte. Die Halle füllte sich langsam und die Stimmung der Fans war nur mit „pumped“ zu beschreiben. Die Band hätte um 20:30 Uhr anfangen sollen. Ab genau diesem Zeitpunkt fingen die Fans an langsam zu toben. Kurz vor Dreiviertel wurde das Licht in der Halle dunkler—jeder, der schon mal auf einem Konzert war, weiß wie sich das anfühlt. Du weißt, es fängt gleich an. Als sich das Bühnenbild öffnete und die Band die Bühne betrat, war es schlicht und einfach ein Höllen-Opening. In gewohnter Slipknot-Manier kamen die alternativen Metaller in ihren Masken auf die Bühne und eröffneten die Show dermaßen geladen, dass du kurz das Gefühl hattest, das Konzert ginge schon seit einer halben Stunde.

Kein Warm Up notwendig—nicht für Slipknot. Das Bühnenbild war düster-satanisch und mit den Bandmitgliedern, die aufgestellt waren wie eine kleine Metal-Armee, verschaffte es ein wenig Gänsehaut. Zwischen den Songs war es Corey Taylor möglich eine schnelle Verbindung zu seinem Publikum aufzubauen. Er nannte die Fans oft seine Familie und bedankte sich bei uns. Corey hatte mich sofort. Und was macht man, wenn man das Konzert auf eine persönlichere Ebene bringen will?

Man spielt alte Songs. Als sie ihr Album von vor 15 Jahren, IOWA, auskramten, das soeben Jubiliäum feierte und einige Songs davon performten war klar, wie viele echte Slipknot-Fans vor Ort waren. Alle kannten es. Den Höhepunkt gab es dann als Slipknot ihr „Best Of“ aus der Tasche holten. Spätestens bei „Wait and Bleed“ und gleich gefolgt von „Duality“ hatten sie jeden einzelnen Fan in der Halle. In diesem Moment war ich wieder vierzehn, saß in meinem Jugendzimmer mit viel schwarzem Decor, hatte die Kopfhörer auf ein Volumen aufgedreht, welches nur meinem Teenagerhass gegenüber der Welt gerecht wurde. Nichts pickt eben so gut wie Songs, die absolut jeder einzelne Fan kennt und mitsingen kann. Das Amen im Gebet.

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Die Stimmung war großartig. Es war eines dieser Konzerte, bei denen du die Wasserflasche eines Bandenmitgliedes aufzufangen versuchst. Als sich die Show dem Ende näherte hatte man keineswegs das Gefühl, dass die Band an Power verlor. Ganz im Gegenteil. Für kurze Gespräche mit dem Publikum, sowie das Bedanken eines von Österreich überreichten Platin- (bin mir nicht sicher ob es Platin oder Gold war) Albums war noch immer Zeit. Du hattest nie das Gefühl sie möchten die Show einfach „hinter sich bringen“. Als das Konzert dann kurz gefaket vorbei war und die Band von der Bühne ging, kam die Stimmung zwischen Ende der Show und Encore auf. Du weißt es ist noch nicht vorbei—alle wissen es.

Nur einige Minuten später ging die Musik wieder an und Band betrat für ein letztes Mal an diesem Abend die Bühne. Die Stimmung war jetzt noch geladener als zuvor. Die Band packte noch einige Favorites aus und gab alles. Slipknot performten bis zum Schluss mit einer Leidenschaft, als würden sie für jeden einzelnen Fan persönlich auftreten. Es war großartig und jeder mit einer Kurzhaarfrisur an dem Abend tat mir ein wenig Leid. Nach dem Konzert hatte ich ein innerliches Nachbeben. Auf dem Weg zur Garderobe hatten viele noch ihr eigenes Konzert im Kopf und wollten nicht aufhören, die Musik zu feiern. Auch bei der Garderobe tauschte man sich mit Fremden über die großartige Show aus. Selbst draußen war ich noch in Stimmung um mir ein Bandshirt zu kaufen. Leider war auch schon wieder alles vorbei. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass die Band seit Beginn ihrer Karriere auf das Tragen ihrer Masken schwört, und du nie sehen kannst wie ihre Gesichter älter werden, aber ich glaube, das ist der Grund warum diese Band und ihre Musik immer zeitlos bleiben wird.

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