FYI.

This story is over 5 years old.

Features

Prurient entrümpelt die Seele

Am Freitag schlägt Dominik Fernow aka Prurient in der Arena seine düsteren Zelt auf.

Foto: ATOMIC LLC via photopin cc

Die Verquickungen der geilen Untergangsmusikstile Industrial und Noise mit Schrottplatz-Techno der derben Gangart stehen jetzt wirklich schon lange genug hoch im Kurs. Scharfes Acid-Zwitschern, zugespammt mit dreißig Schichten Dreck und Distortion. Düster-Dub im Austausch mit Drone Music und Black Metal. Ruft die Erwähnung des „coolen" New Yorker Labels L.I.E.S. noch andere Reaktionen als wissendes Schulterzucken hervor? Sicher, was ebendort wie beispielsweise auch auf den Labels Blackest Ever Black, Modern Love oder Morphine so an unwirtlichen Foltergeräuschen, die den Dancefloor als Versuchslabor und Abrisshaus begreifen, auf Platte gepresst wird, ist meistens immer noch erschütternd, aufrührend, gut. Der Backlash aber ist da, die Abgefuckedheit der Typen ist Kostüm geworden, die Räudigkeit der Tracks Pose.

Anzeige

Beinahe sehnt man sich schon wieder nach schniekem, weichgekochtem Body-Lotion-Werbungs-House auf sensiblem Gitarrengezupfe plus Säuselstimme zurück. Nur ziemlich knapp beinahe. Wenn am Freitag Abend im Rahmen einer Sommerkino- Spezialveranstaltung mit dem schon sprechenden Namen „Assault Edition" jedoch ein langgedienter Großwesir der strengen musikalischen Peitschenbestrafung in der Wiener Arena auftritt, dann wollen wir noch einmal, ein letztes Mal, die schwarze Kutte anlegen. Und den harten Beat hören. Der amerikanische Produzent, Labelbetreiber und Unruhestifter Dominik Fernow reist mit seinem bekanntesten Projekt namens Prurient an und wird da höchstwahrscheinlich noch einmal definieren wo der ganz große Hammer hängt. Moden sind Fernow egal, er ist die Mode.

„Prurient"- das bedeutet auf Deutsch soviel wie „geil", „lüstern", „unzüchtig". Da kann man sich schon etwas dazu denken. Als Prurient hat Fernow schon etliche Tapes, CD-Roms, längst nicht mehr bekannte Tonträgerformate und auch einige richtige Alben vollgespielt bzw. – gespien. Heiße Power Electronics und menschenfeindliches Fauchen. Als Prurient hat Fernow lange Zeit digitalen Noise im äußersten Wortsinne definiert: „Musik" war das nur mehr am Rande, eher Erfahrung und Erleuchtung. Eine unheilige Allianz von Maschinen und sich extrem spürender Körperlichkeit. In jüngere Zeit haben sich dezent poppigere Momente und die Strahlen der Todesdisco in sein Schaffen geschlichen – das kann aber morgen schon wieder ganz anders sein. Fernow möchte „Noise" als Kreatur verstanden wissen, die sich im ständigen Wandel befindet. Das Rohe und Hingeschmissene sind seine Ausdrucksmittel, auf seinem Label Hospital Records veröffentlicht er dann so komplett egal, wohl im Drogenvollrausch aus der Festplatte gezapfte Alben wie "Spit" (so müssen solche Platten heißen) seines Kollegen Ron Morelli. Der wiederum betreibt das Label L.I.E.S.. Wir sind eine Szene, die natürlich überhaupt gar keine Szene ist, bäh, fuck you.

Anzeige

Das alles ist natürlich ganz super. Setzt auf Idee, anstelle von Handwerk, versorgt uns mit dem Flair des Rebellischen und verarscht uns damit auch ganz gut. Es sonnt sich so fein in der Sonne der Aussätzigen. Man soll sich Prurient am Freitag ansehen. Der Abend im Zeichen der geschmackvoll geschmacklosen Seelenentrümpelung wird von den nicht minder gefährlichen Acts Black Manna, Superskin, the Black Glove und Giallo Disco Records abgerundet. Hier wird das dunkle Feld weiter Richtung 70er-Slasher-Soundtracks, Séance-Dub oder akustischer Hexenanrufung gedehnt und gedrängt. Gehet hin, lasset euch knechten und salben. Danach darf wieder einmal gerne die Hölle zufrieren, vom Himmel soll es Rosenblätter schneien, und alle mögen sich der intermenschlichen Zärtlichkeit widmen. Aber nur kurz.

Prurient besucht am Freitag im Rahmen der Assault Edition die Wiener Arena. Auch noch mit dabei: Superskin, The Black Glove, Black Manna und Giallo Disco Records.

**

Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.


MEHR VON NOISEY

Wie selbst du zu einem erfolgreichen DJ und Produzenten wirst

Ein kleiner Guide, wie man es im Internet zu einem gehypten Nachwuchs-Produzenten schafft—es ist echt einfach. Ich habe es erfolgreich ausprobiert.

10 Dinge, die Idioten zu DJanes sagen

Abgesehen davon, dass nur Idioten den Begriff DJane verwenden.

Bangladeshs Undergrouend-Techno ist anders als ihr denkt

Wie man in einem Land ohne Clubs und Nachtleben elektronische Musik macht.