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Interviews

Dürfen wir vorstellen: Der 21-jährige Rapper GKR bringt Island auf die HipHop-Landkarte

Er sieht verdammt skandinavisch aus und rappt auf Isländisch—aber schon bald wird er die Welt erobern.

GKR strahlt eine ganz spezielle Form von Enthusiasmus aus. Einen Enthusiasmus der ansteckenden Sorte—einen, der dich mit Leben erfüllt; dich mit positiver Energie auflädt, sobald du mit seiner Musik in Kontakt kommst. Selbst am Telefon ist GKRs Leidenschaft deutlich zu spüren. Er glüht geradezu vor Entschlossenheit. Es geht ihm nicht darum, reich und berühmt zu werden, aber er möchte von dem, was er liebt, leben können. Das klingt vielleicht erst mal sehr nach einem naiven Millenial, aber dieser junge Bursche hat wirklich mehr zu bieten als eine beneidenswert positive Lebenseinstellung. Er ist obendrein ein unglaublich talentierter Rapper. Für jemanden, der 1994 auf die Welt gekommen ist, hat er schon einen beeindrucken Katalog an Kollaborationen mit Namen wie Purpdogg vorzuweisen—seine Sounds sind so bunt und abwechslungsreich wie seine Visuals.

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In GKRs Musik findet sich diese spezielle Einzigartigkeit wieder, die man sofort mit seinem Heimatland in Verbindung bringt. Island ist wahrscheinlich das mysteriöseste aller nordischen Länder und erscheint für den Rest der Welt oft als Märchenwelt. Es ist ein Ort, der in den Augen der meisten Menschen eine romantisierte Version der Natur darstellt. Die bemerkenswerte kleine Insel wird von einem Zauber umgeben und diesen Zauber findet man auch in GKR wieder—Grund genug, ihn anzurufen und ihm ein paar Fragen zu stellen.

Noisey: Bis vor Kurzem hatte ich noch nie von dir gehört, aber dann bin ich durch den i-D-Artikel „seven Icelandic hip hop acts you should get to know“ über deine Musik gestolpert. Wie ist es dazu gekommen?
GKR: Ach, die haben noch nicht mal mit mir gesprochen—ich habe nur gesehen, dass ich in diesem Artikel über isländischen HipHop verlinkt war. Dann sah ich, dass sie wirklich was über mich geschrieben hatten und dachte mir nur: „Fuck yeah!“ Ich finde es gerade auch ziemlich abgefahren, dass du mich kontaktiert hast. Ich möchte mit meiner Musik nämlich unter anderem auch Menschen in anderen Menschen mit isländischem Rap erreichen.

So, wie sich die HipHop-Szene gerade entwickelt—alles wiederholt sich ständig—ist es wirklich erfrischend, jemanden in einer fremden Sprache rappen zu hören.
Ja, das kann ich verstehen. Young Thug rappt ja quasi auch in einer anderen Sprache und Keith Ape rappt auf Japanisch und Englisch—das macht es auch mir einfacher, meine Musik an alle möglichen Menschen zu vermitteln.

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War es eine schwierige Entscheidung, in deiner Muttersprache zu rappen?
Ich glaube, dass ich vielleicht eines Tages zu Englisch wechseln werde. Vielleicht aber auch nicht, wir werden sehen. Klar, ich arbeite ständig an meiner Musik und werde besser und besser. Wenn ich das Ganze aber etwas negativer oder realistischer betrachte, dann habe ich das Gefühl, aufgrund meiner Sprache in Island festzuhängen.

Du scheinst wirklich großen Spaß mit deiner Musik zu haben—das fällt auf jeden Fall auf. Du nimmst die Sache nicht zu ernst. Warum ist das so wichtig für dich?
Die Sache, die ich an diesem ganzen Musikzeug hasse, ist die andere Seite—die Geschäftsseite. Diese ganze Scheiße, wenn es nur ums Geld geht—ich hasse das. Natürlich versuchen wir auch unser Geld zu verdienen, aber in der Vergangenheit haben Menschen immer wieder versprochen, etwas für mich zu tun, dann haben sie sich aber nur mein Geld genommen und keinen Finger gerührt. Das kann dem Musikmachen schon den Spaß nehmen. Außerdem hasse ich die Vorstellung, dass die Leute auf mich herabblicken, weil ich aus Island komme.

Glaubst du wirklich, dass dein Herkunftsland die Wahrnehmung der Leute von dir negativ beeinflusst? Menschen sind in der Regel doch von Island fasziniert.
Ja, ziemlich sogar. Weißt du, wenn meine Musik auf Englisch wäre, dann würde ich viel mehr Aufmerksamkeit bekommen. Ich will eigentlich nicht damit aufhören, auf Isländisch zu rappen, aber ich habe das Gefühl, dass mir bald nichts anderes übrigbleibt. Ich habe auf jeden Fall vor, das soweit zu pushen, wie ich nur kann, damit die Musik Menschen in anderen Ländern erreicht und sie mich verstehen, auch wenn sie mich eigentlich nicht verstehen.

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Gibt es denn in Reykjavik eine HipHop-Szene?
Ja, sie ist sogar ziemlich lebendig. Es gibt ständig HipHop/Rap Shows. Anfang des Jahres ist sogar eine ziemlich abgefahrene Sache passiert. Ich war in diesem coolen HipHop-Club namens Prikið in Reykjavik und Skepta war auch da. Plötzlich lief einer meiner Songs und Skepta und seine Crew haben alle dazu getanzt. Er meinte zu mir, dass es ein wirklich guter Track sei … und dann haben sie ihn aufgedreht und alle sind abgegangen. Es war so unglaublich gut zu sehen, dass ihnen mein Track gefällt—und es hat mich wirklich inspiriert, dass solche Menschen zu isländischem Rap abgehen.

Gehst du auf der Bühne auch so ab?
Ich liebe es aufzutreten. Ich bin super energetisch und aufgedreht. Die Hauptsache ist für mich, dass die Menschen Spaß haben und ihre Sorgen vergessen. Die Crowds sind meistens richtig cool. In Island ist es aber auch oft so: Wenn du einen Künstler siehst, den du nicht kennst und den auch der Großteil der Crowd nicht kennt, dann hat die Crowd auch nicht das Selbstbewusstsein zu zeigen, dass sie ihn mag. Es rührt sich dann niemand von der Stelle oder tanzt oder so. Künstler müssen immer erst vom Großteil des Publikums akzeptiert werden.

Ist dir das jemals passiert?
Ja, ich habe bei einer Show den Opener für Úlfur Úlfur gemacht. Die sind viel größer als ich—bis jetzt—und die Crowd wusste nicht, wer ich bin, also hat sich niemand bewegt. Alle standen einfach rum. Ich hab zu ihnen gesagt: Ihr könnt tanzen, das tut keinem weh. Als ich fertig war und Úlfur Úlfur auf die Bühne kamen, sind natürlich ALLE nach vorne gekommen und haben zu tanzen angefangen.

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Hast du das Gefühl, dass es schwer ist akzeptiert zu werden—selbst zuhause in Island?
Ja, das ist es. Ich bin ziemlich gut darin, für meine Musik akzeptiert zu werden, aber es ist nicht leicht: Wenn du einen falschen Move machst, spricht sich das sofort rum. Die Szene in Island ist extrem klein.

Dein Video zu „Morgunmatur“ ist beeindruckend. Es ist super gemacht und die Visuals passen einfach perfekt. Wie ist es entstanden?
Danke, das bedeutet mir wirklich viel. Ich habe da eine Menge Arbeit reingesteckt: Ich habe Regie geführt und den Schnitt gemacht. Den Song habe ich eigentlich schon vor zwei Jahren geschrieben: Der Titel heißt übersetzt „Frühstück“ und die Idee hinter den Visuals basiert auf den Lyrics. Es geht darum, aufzuwachen, sich unglaublich müde zu fühlen und nicht in die Schule zu wollen. Anstatt aufzuwachen und deprimiert zu sein, solltest du einfach aufwachen, dein Frühstück essen und den Tag selbst in die Hand nehmen.

Ich habe mir auch viele Gedanken über die Farben in dem Song gemacht. Wenn ich auf die einzelnen Töne in dem Song geachtet habe, konnte ich eine Menge Gelb sehen. Ich habe also viel mit Farben gespielt. Das Video wurde von dem Vater meiner kleinen Schwester gedreht. Er ist Kameramann und darin auch wirklich gut—er hat vorher schon für Damien Rice gearbeitet. Wir haben das alles an nur einem Tag gedreht, bevor er für einen Dreh ins Ausland fliegen musste. Wir hatten also großes Glück.

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Ich habe gesehen, dass „Morgunmatur“ von Purpdogg produziert wurde. Wie hast du Beziehungen zu amerikanischen Künstlern aufgebaut?
Oh, es ist total verrückt, wie diese Sachen ablaufen. Zuerst waren Purpdogg und ich gute Internetfreunde—ich bin 2013 über SoundCloud auf ihn gestoßen. Wir fingen an, uns eine Menge zu unterhalten und er hat mir immer Sonderpreise gemacht—ich habe einen Beat sogar umsonst von ihm bekommen, den von „Morgunmatur“. Plötzlich hat er mich aber bei Twitter entfolgt und tut jetzt so, als würde er mich nicht mehr kennen. Da „Morgunmatur“ einer seiner Lieblingsbeats ist, habe ich ihm nach der Veröffentlichung eine Mail geschickt und ihm erklärt, dass das Video draußen ist. Ich habe ihm auch gesagt, dass es nicht cool ist, dass er mich bei Twitter entfolgt hat. Er hat mir so geantwortet, als wäre ich einfach irgendein Fanboy. In so einem Fall muss man dann zu sich selbst sagen: „OK, den brauche ich eh nicht.“

Etwas Ähnliches ist mit J Gramm passiert, der „Upperechelon“ für Travis Scott produziert hat. Wir waren auch gute Internetfreunde. Er erzählte mir wirklich persönliche Sachen aus seinem Leben und von einem Tag auf den anderen war er dann plötzlich auch so „Ich kenne dich nicht.“ Ich hasse sowas. Es macht mir auch irgendwie Angst. Du weißt schon, diese ganzen Typen sind jetzt noch nicht mal so wichtig. Ich glaube fest an mich und bin mir sicher, dass diese ganzen Typen, die versuchen mich zu verarschen, dabei zuschauen werden, wie ich groß werde.

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Was hältst du von Yung Lean? Ich kann bei euch schon einige Gemeinsamkeiten sehen: Ihr seid beide jung, blond und macht coole Musik.
Es ist schon witzig—viele Menschen hier in Island vergleichen mich mit Yung Lean, aber ich selbst kann das jetzt nicht wirklich sehen. Ich verstehe, dass wir ein paar Gemeinsamkeiten haben, aber wenn es um die Musik geht, sind wir total unterschiedlich. Ich habe aber großen Respekt für ihn und das, was die Sad Boys Crew macht. Es ist einfach, solche Sachen zu sagen wie: „Alter, der Typ kann überhaupt nicht rappen, bla bla bla“, aber man kann nicht bestreiten, was die alles erreicht haben. Sie machen das, was sie lieben, verdienen Geld und reisen durch die Welt. Ich habe höchsten Respekt vor Leuten, die das machen, was sie lieben.

Machst du momentan nur Musik oder arbeitest du auch?
Ich bin an der Universität für bildende Kunst angenommen worden, habe das Angebot aber abgelehnt, weil ich mich auf meine Musik konzentrieren möchte. Ich habe aber auch einen Job. Ich arbeite Montags bis Freitags zwischen 13 Uhr und 17 Uhr in einem Betreuungszentrum für Kinder mit geistigen Behinderungen. Das ist ein wirklich schöner Job—die Arbeit mit den Kindern macht mir richtig Spaß. Und sobald ich dort fertig bin, gehe ich sofort ins Studio. Im Grunde versuche ich gerade vor allem Geld zu verdienen, um das in meine Musik zu stecken.

THUMP hat beim Secret Solstice Festival in Island 72 Stunden Sonnenschein gefeiert.

Hast du dir jemals Gedanken darüber gemacht, wo du karrieretechnisch am liebsten leben würdest?
Ach, mir ist es eigentlich relativ egal, wo ich wäre. Ich will einfach nur ein gutes Studio. Einen ruhigen Ort. Am wichtigsten ist es mir, verreisen zu können, wann immer ich will, in verschiedene Studios gehen und mit vielen unterschiedlichen Leuten zusammenarbeiten zu können. Der Ruhm ist mir relativ egal. Natürlich liebe ich es, für meine Musik erkannt zu werden, aber in erster Linie will ich von meiner Musik einfach nur leben können.

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