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raubkopien

Müssen deine Eltern dich wegen illegaler Downloads verpetzen, um ihren eigenen Arsch zu retten?

Darüber entscheidet diese Woche der Bundesgerichtshof. Und Schuld daran hat Rihanna.
Foto: imago | ZUMA press

Stellt euch vor, es ist 2011 und ihr habt ein Album von Rihanna heruntergeladen – und wurdet erwischt. Eure Eltern, denen der Anschluss gehört, bekommen Post von einer Abmahnkanzlei: Sie sollen mehrere tausend Euro zahlen. Scheiße. Sie waren es ja gar nicht. Moment, aber euch als Verwandte müssen sie vor Gericht ja auch nicht anschwärzen. Ein Ausweg? Oder doch nicht? Genau diese Frage beschäftigt diese Woche den Bundesgerichtshof (BGH).

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Der Spiegel hat in seiner aktuellen Ausgabe eine Geschichte nacherzählt, die schon das Münchner Landgericht und das Münchner Oberlandesgericht beschäftigt hat. Zwei Jugendliche, 18 und 19 Jahre alt, hatten sich am 2. Januar 2011 mit der Tochter von Freunden der Familie in ihr Zimmer zurückgezogen und Rihannas Album Loud heruntergeladen. Die Eltern bekamen Post und sollten für das sogenannte Filesharing zahlen. Die 2.500 Euro Wertersatz für die "unzulässige Verbreitung" und die 1.380 Euro Abmahnkosten wollten sie aber nicht zahlen – schließlich haben sie das Album nicht selbst online gestellt. Ihre Kinder verraten wollten sie aber auch nicht, zumindest nicht, wer von beiden es gewesen ist. Jetzt geht es um die Frage: Dürfen die Eltern dazu schweigen?

Eigentlich gibt es in unserem Strafrecht das Zeugnisverweigerungsrecht für nahe Verwandte, die Kinder offensichtlich sind. Die Frage ist, ob das in diesem Fall auch greift, da die Eltern als Beklagte in eigener Sache aussagen. Vereinfacht gesagt geht es jetzt um die Auslegung: Reicht es, dass die Eltern angegeben haben, dass ihre beiden Kinder den Passwort-Zugang hatten und es gewesen sein könnten – oder ist es nicht in Ordnung, dass sich die Familienmitglieder gegenseitig aus der Verantwortung ziehen – und Rihannas Plattenfirma Universal kein Geld bekommt?

Wären die Kinder nur wenige Jahre jünger gewesen, wäre der Fall einfacher: Sind die Kinder minderjährig, müssen Eltern für Downloads nicht haften, solange sie ihre Sprösslinge darüber informiert haben, dass das verboten ist; und keine Anhaltspunkte hatten, dass die Kinder in ihrem Zimmer illegal Musik herunterladen. (Wer hat damals schon gesagt: "Hey Mama, nach dem Essen mach ich wieder bis drei Uhr morgens Raubkopien, OK?" Eben.)

In einem anderen Fall hatte der Stiefsohn eines Polizisten – der lustiger Weise im Job illegale Kopien verfolgte – 3.749 Musikdateien auf BearShare heruntergeladen. 2014 hatte der BGH geurteilt, "dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht." Mit dem Urteil hat der BGH die sogenannte Störerhaftung aufgeweicht, also die Verantwortung für allen Unfug, den Gäste oder eben die Kinder mit dem Internetanschluss treiben. Der Stiefvater war nach dem Urteil aus dem Schneider. Der Abmahnkanzlei blieb aber die Möglichkeit, den Stiefsohn abzumahnen, der das Filesharing gestanden hatte.

Hier liegt der Unterschied zum aktuellen Münchner Fall, in dem die Eltern nicht sagen wollen, welches ihrer Kinder Rihannas Album heruntergeladen hat. Die Abmahnkanzlei hätte also niemanden mehr, den sie abmahnen kann. Vielleicht könnt ihr also bald sagen: Glück für alle mit Geschwistern. Oder aber ihr schwelgt gerade in Zeiten, in denen die deutsche Justiz noch keine Ahnung hatte, was Filesharing bedeutet.

Wenn ihr Zweiteres denkt und jetzt den 00er Jahren hinterhertrauern wollt, bevor die Plattenfirmen Handhabe gegen illegale Downloads fanden, dann könnt ihr nostalgisch in diesem Noisey-Artikel versinken. Ihr Masochisten.

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