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Musik

Stefan Gelds Backstage Hustle

Im zweiten Teil unserer HipHop-Kolumne berichtet uns unser Globetrotter des Vertrauens, Haftbefehl, von seinen schönsten und scheußlichsten Reisezielen auf dieser Welt.

Wir haben’s geschafft: 2011 ist rum. Nach einem anstrengenden Endspurt/ Spießroutenlauf zwischen Weihnachtsmärkten und deren schonungsloser Zuschaustellung aller gesellschaftlichen Übel, heimeligen Familienfesten und dem obligatorischen Silvestervollrausch ist es endlich da—das neue Jahr. Und obwohl nun die wohl fieseste Jahreszeit erst mal überwunden ist, die Laune könnte durchaus besser sein.
Da ist ein Telefonat mit Frankfurts Sonnenschein Nummer 1 eine wahrer Lichtblick. Haftbefehl ist am Apparat und wir wollten eigentlich ein bisschen über sein im Februar erscheinendes Album „Kanackiş“ quatschen. Als er mir dann allerdings von seinem kurzen Traumurlaub in Miami erzählt, steht mir der Sinn dann doch eher nach ein paar handfesten Reisetipps aus dem heimeligen Offenbach.
Vielleicht ist für euch auch ein kleiner Denkanstoß zum großen Ausbruch aus der aktuellen Neujahrs-Alkohol-Depression und „gute Vorsätze“-Hölle dabei. Pies! Miami +
„Miami is der absolute Übershit, Stefan. Genau so hab ich mir Amerika vorgestellt. Am Flughafen wurde ich erst mal mit so Kubanern und so Illegalen weggesteckt. Die haben wahrscheinlich gedacht ich bin Terrorist oder so’n Scheiß. Dann hab ich gesagt, dass ich Rapper bin und viel Geld verdiene und dann haben die mich gleich gehen lassen. Auf jeden Fall: Amerika, Miami, was soll ich dir sagen? Schlechtes Essen—billig. Gutes Essen—teuer. Viel Fastfood gegessen, ich hab 10 Kilo zugenommen. Ich war am Ocean Drive, hab in dem Hotel geschlafen, wo Scarface gedreht wurde, wo der eine zersägt wird im Bad. Im The Palms Hotel war ich. Miami ist halt eine Scheinwelt, da geht’s nur um Geld. Aber da kann man auf jeden Fall mal für zwei Wochen hin. South Beach, Washington Avenue, Ecke 11. Straße, da is’n brutaler russischer Friseur. Der schneidet die Haare von Scott Storch. Lohnt sich vor allem im Winter auch dahin zu fahren.“ Paris -
„Dann war ich noch in Frankreich, Dicker, in Paris! Die Stadt is’n Horrorfilm. Also nachts, diese negative Energie in den Straßen ist überkrass. Paris is schon Afrika, Dicker. Dritte Welt. Mein Hotel war ja direkt am Moulin Rouge. Wir waren mit Rim-K in den Blocks, in den Banlieus, das war chillig, die Leute waren schon ziemlich herzlich da. Am ersten Abend gab’s bisschen Stress. Wir waren mit paar Leuten da, die auf der Straße nix verloren haben um die Uhrzeit. Das haben die Leute da gleich gesehen. Da musste ich dann vorsteppen und deren Hintern retten. Am Ende hab ich zwei Flaschen Whiskey genommen und dann sind alle Afrikaner erst mal eingeschlafen. Ich war dann der letzte der nach Hause gegangen ist. Paris hat ja die meisten Touristen jedes Jahr, auf der ganzen Welt. Ich weiß nicht was die da wollen, das is für’n Arsch, Stefan. Dieser Eiffelturm, dafür flieg ich doch nicht um die halbe Welt. Da haben wir viel schönere Plätze hier in Deutschland. Aber Paris kann man sich geben wenn man mal richtige Straßenleute sehen will. Aber die gibt’s auch in Frankfurt.“ Moskau -
„Letztens war ich auch zwei Tage in Moskau. Die Menschen in Moskau sind sehr nett. Man hatte mir gesagt, das Essen ist beschissen dort, aber es war eigentlich ganz in Ordnung. Ist halt alles überteuer. Warm anziehen auf jeden Fall, das kann ich den Leuten raten. Sehr hübsche Frauen auf jeden Fall. Russland hat die hübschesten Frauen der Welt. Ich hab da in nem Club gespielt, da waren 4000 Leute und davon 3000 Frauen. Aber was will man da, Kälte hat man auch hier.“ Instanbul +
„Istanbul ist ne sehr schöne Stadt, da musste mal hin. Aber du gehst da ne Straße runter und zahlst dort für’n Getränk 10 Euro, dann gehst du in die nächste Straße und da kostet’s einen Euro. Da gibt’s nur arm und reich, da gibt’s kein mittel in der Türkei. Istanbul kann ich jedem aber raten da mal hinzugehen. Wenn du da mit der Fähre von Europa nach Asien reist und da die Stadt siehst, des is echt der Shit. Ich war da unterwegs, mein Bruder hat mich angerufen und gefragt wo ich bin. Da hab ich gesagt: Jetzt in Europa. Obergeil, Alter.“ Holland -
„Dann hab ich noch ne Zeit lang in Holland gelebt. Die Holländer sind ganz nette Leute, aber da isses zu langweilig. Was willste in jungen Jahren in Holland, Alter, da gibt’s nix zu holen. Aber ich brauch einfach das hektische in meinem Leben, deswegen, nix für mich. Aber man kann ja mal ne Woche hinfahren, Meer gibt’s da ja auch und so’n Scheiß.“ Frankfurt +
„Was man sich so in Frankfurt anschauen soll? Bei uns kann man gut essen, wir haben das beste Steakhouse in ganz Europa. Buffalo Steakhouse heißt das. Nen guten Döner kann man bei uns essen, der kostet halt vier, fünf Euro, aber das is dann kein Ekelfleisch. Nachtclubs: Peaches, Cookies, wenn ihr Bock habt Sansi Bar, müsst ihr euch halt n bisschen feiner anziehen. Alte Rotlichtmeile. Was gibt’s denn in Frankfurt außer dem Drecksbahnhof und den Clubs? Nix, Alter. Ekelhafte Drogen und kaputte Leute auf den Straßen. Und die Banken, Alter. Aber an die kommen wir ja nicht ran, an die ganzen Konten. Die Banken sieht man ja nur von unten.“

Illustration: Martin Cole

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