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Heulsuse der Woche

Heulsuse der Woche: Gert Postel vs. Matze Knop

"Komiker" Matze Knop sucht verzweifelt den Witz – und Lügendoktor Gert Postel will, dass ihm endlich jemand sagt, was für ein toller Typ er ist.
Foto: imago | DeFodi

In dieser Woche könnte man das Battle um die Heulsuse auch als Duell der Hochstapler bezeichnen: Der ehemalige Fake-Arzt Gert Postel will dafür gelobt werden, dass er anderen auf Twitter folgt und Matze Knop bezeichnet sich als "Comedian". Wir haben Mitleid (gelogen) und schenken zumindest einem der beiden einen ehrlichen Titel. Wer ist die größere Heulsuse?

Heulsuse #1: Gert Postel

Foto: imago | Michael Bahlo

Der Vorfall: Gert Postels Twitter-Account ist ein bisschen wie eine RTL-Show: uninteressant, ohne Witz und trotzdem jedes Jahr mit einer neuen Staffel am Start. Postel ist dafür berühmt, sich selbst ein bisschen wichtiger zu nehmen, als er eigentlich ist: Als Teenager verbreitete er Fake News, später fälschte er für die Wohnungssuche einen Doktortitel und arbeitete anschließend jahrelang ohne entsprechende Ausbildung unter anderem als Chefarzt einer psychiatrischen Klinik. Nun hat Postel also auf Twitter eine Bühne für seine notorische Selbstüberschätzung gefunden. Am Mittwoch setzte er folgenden Tweet ab: "Wenn @DrOetkerPizzaDE mein Folgen nicht als außerordentliche Ehre empfindet, kann ich auch wieder gehen!" Der Social-Media-Mensch des Tiefkühlpizza-Produzenten, der diese Woche ohnehin ziemlich aggressiv twitterte, spielte den Ball zurück: "Ja. Tschüss dann."

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Die angemessene Reaktion: Erkennen, dass man sich die virtuelle Nackenschelle quasi erbettelt hat, sich über die anschließende Medienpräsenz freuen, darüber nachdenken, warum Selbst- und Fremdeinschätzung bei einem oft sehr weit auseinanderliegen und zu dem Entschluss kommen, dass man eventuell etwas narzisstisch veranlagt ist.

Die tatsächliche Reaktion: Postel liefert die nächste Steilvorlage für den RTL-Show-Vergleich und reagiert wenig überraschend: Er verhält sich wie ein eingeschnapptes Kind. Empört darüber, dass er offenbar nicht nur ein verzichtbarer, sondern auch noch ein unwitziger Follower ist, blockiert er den TK-Pizza-Account, als ihm seine eigenen Punchlines um die Ohren fliegen.

Die Blockierung hat er am Donnerstagmorgen zwar aufgehoben, allerdings hat er seitdem noch vier pizzabezogene Tweets mit schlechten Witzen abgesetzt. Und wenn er nicht irgendwann in einem Funkloch landet, droht er Dr. Oetker noch heute damit, irgendwann mal eine der Pizzen zu essen:

Heulsuse #2: Matze Knop

Foto: imago | DeFodi

Der Vorfall: Für den verbalen Tiefflug, den Matze Knop vergangene Woche gestartet hat, ist wiederum eine echte RTL-Show verantwortlich. Wie jedes Jahr vor dem Staffelbeginn von Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! bringt der Playboy eine der Kandidatinnen aufs Cover seines Magazins. Mit Giuliana Farfalla, die mal bei Germany’s Next Topmodel teilgenommen hat, ist das Titelmodel zum ersten Mal eine Transfrau. Matze Knop fand das offensichtlich nicht cool und gründete so etwas wie die virtuelle Kampfgruppe für Cis-Frauen als Wichsvorlage: "Erstes Transgender Model auf Playboy-Cover. Da kaufe ich mir dann lieber gleich die GQ. Oder die Jagd und Hund."

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Die angemessene Reaktion: So etwas gar nicht erst raushauen, aber wenn doch: Einsehen, dass der Tweet diskriminierend war. Schreiben, dass man den Playboy ohnehin nur kauft, um die interessanten Artikel zu lesen. In einem Nebensatz beiläufig erwähnen, dass es mit der Karriere als Comedian nicht mehr so gut läuft. Hoffen, dass einem eine alternative Karriere angeboten wird und man das Land nicht mehr mit peinlichen Fußballer-Imitationen nerven muss.

Die tatsächliche Reaktion: Matze Knop greift tief in sein Ausreden-Repertoire und macht sich damit zum Joker für das Weiße-Männer-Bullshit-Bingo: Erst sagt er, es sei nur ein Witz – er sei schließlich Comedian. Als ihm keiner die Rechtfertigung und auch nicht die Berufsbezeichnung abkauft, relativiert er seinen transphoben Tweet damit, dass "in Afrika" Kinder hungern und seine Kritiker ihre Aufmerksamkeit lieber darauf richten sollten. Nur ist Afrika eben kein Land, sondern ein Kontinent mit 55 Staaten. Dass dort alle Menschen in Armut leben und hungern, ist ein rassistisches Klischee. Nachdem auch das nicht funktioniert und Knop noch immer nicht darauf gekommen ist, sich für den Aussetzer zu entschuldigen, probiert er eine neue Strategie: Er wirft einfach allen anderen Diskriminierung vor. "Wenn man keine Witze mehr über vermeintliche Randgruppen machen darf, grenzt man diese dann aus?", fragt er, "Und ab wann gehört man zu einer besonderen Gruppe?"

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Das beantworten wir Knop, Postel und vielen anderen, die zu der "besonderen" Gruppe der weißen Männer gehören, gerne: Marginalisierte Gesellschaftsgruppen oder Minderheiten werden im Alltag öfter diskriminiert. Wenn in der Hinsicht privilegierte Gruppen – wie zum Beispiel weiße und "erfolgreiche" Männer – darüber keine dummen und diskriminierenden Sprüche ablassen, sind sie nicht ausgrenzend. Sie beweisen einfach, dass sie keine Arschlöcher sind. Bitte, gern geschehen.

Und jetzt wird es Zeit für die Titelvergabe: Wer soll eure Heulsuse der Woche sein?*

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