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Dialekt

Polizeibeamte sind keine "Hawara", sagt die Wiener Polizei

Ein Wiener weigert sich, 100 Euro Strafe für "Oida" zu zahlen.
Die Hawara-Begründung der Wiener Polizei
Collage: VICE || Foto: Screenshot Twitter Nathan Spasić 

Die österreichische Polizei hat wohl ein Problem mit dem eigenen Dialekt: Der Wiener Fotograf Nathan Spasić hat im September letzten Jahres eine Strafe wegen Anstandsverletzung bekommen, weil er in Gegenwart eines Polizisten das Wort "Oida" benutzte. Die Strafe von 100 Euro wollte Spasić nicht bezahlen und legte Einspruch ein. Nun reagierte die Polizei mit einer Begründung für die Strafe.

Spasić fotografierte einen Polizeieinsatz, den er zufällig beobachtet hatte. Laut Spasić passte das einem Polizisten nicht, woraufhin der Polizist ihn am Arm gepackt haben soll und ihn aufforderte, sich auszuweisen. Anschließend soll ihn ein zweiter Polizeibeamter gefragt haben, ob er Deutsch spreche, erklärte Spasić, "wie die Dinge in Österreich laufen" würden, und drohte mit einer Festnahme. "Mir schien es so, als wollte der Beamte mich schon die ganze Zeit wegen einer Kleinigkeit anzeigen", sagt der 22-Jährige gegenüber VICE.

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Als der Polizist anschließend von ihm verlangt haben soll, ihn zu siezen, reagierte Spasić mit: "Sie duzen mich doch die ganze Zeit, Oida." 100 Euro soll ihn diese Aussage kosten. Dagegen versuchte sich Spasić zu wehren: Das Wort "Oida" sei ein Ausruf, er habe den Polizisten damit nicht persönlich angesprochen. Die Polizei sieht das anders.

Das Wort "Oida" sei, laut Polizei, ein Synonym für "Hawara" und bringe eine "unerhebliche Geringschätzung des Gegenüber zum Ausdruck". Dadurch werde ein "Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Vollziehung seiner Aufgaben der Lächerlich (sic!) preisgegeben", heißt es in der Polizeibegründung, die VICE vorliegt. Die Wortwahl Spasićs kann, laut Polizei, nicht toleriert werden, denn: "Polizeibeamte sind keine 'HAWARA'."

Unser Freund und Helfer hat offenbar vergessen, dass "Hawara" ein Synonym für Freund ist. Ja, pun intended.

Die Polizei bezieht sich in ihrer Begründung auf ein Erkenntnis des oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichts von Februar 2017. Denn es ist nicht das erste Mal, dass eine Person Probleme mit der Polizei aufgrund der Wortes "Oida" bekommt: Ein Fussballfan in Linz erhielt von dem Gericht nach seiner Beschwerde allerdings nur eine Verwarnung statt der ursprünglich verhängten Geldstrafe.

"Ich finde es schade, dass die Polizei sich daran beteiligt, einen alten, traditionsreichen Dialekt aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen", sagt Spasić. Er ist der Meinung, dass "Oida" ein vielschichtiger und geschätzter Begriff ist, der keine Anstandsverletzung darstellen könne. "Die Begriffe 'Hawara' und 'Oida' werden unterschiedlich verwendet und das wissen alle in Wien", sagt der Fotograf. "'Oida' hat nichts mit 'Hawara' zu tun."

Die zuständigen Personen bei der Polizei in Wien sehen das anders: So heißt es in der polizeilichen Erklärung abschließend, dass der Tatbestand der Anstandsverletzung erfüllt sei. Spasić wiederum vertraut auf den Rechtsstaat und hat bereits angekündigt, in nächster Instanz vor das Verwaltungsstrafrecht zu ziehen – ganz im Dienste des Wiener Dialekts.

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