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Film

"Harry Potter"-Darsteller über den magischsten Dreh ihres Lebens

"Tom Felton [Draco Malfoy] war mit Abstand der größte Mädchenschwarm. Jeder steht auf den vermeintlichen Bad Boy."

Vor 20 Jahren erschien mit Harry Potter und der Stein der Weisen der erste Teil einer Buchreihe, die eine ganze Generation von jungen Menschen sehnsüchtig nach Eulen Ausschau halten ließ. Gab es nicht vielleicht doch eine echte Zauberschule, irgendwo da draußen, die einem per Eulenpost den langersehnten Aufnahmebrief zukommen ließ?

Als die magische Geschichte schließlich verfilmt wurde, gab es einen weiteren Grund, neidisch zu sein. Die Kinderschauspieler kamen immerhin so nah an die Hogwarts-Erfahrung heran, wie es uns Fan nie vergönnt sein würde. Um das Ganze noch ein bisschen unfairer zu machen: Anscheinend war auch das Casting eine ziemlich elitäre Sache, bei der primär Kinderschauspieler aus Großbritanniens berüchtigtem Kreis snobistischer Privatschulen engagiert wurden.

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"Der Casting Direktor kam an meine Schule [Dulwich Preparatory School] und wählte zwanzig von uns aus, die für die Rolle vorsprechen sollten", erinnert sich Edward Randell, der die Rolle von Justin Finch-Fletchley in dem 2002 erschienen Film Harry Potter und die Kammer des Schreckens spielte. Hugh Mitchell – ein Absolvent der Pilgrim's School in Winchester, die umgerechnet sage und schreibe 9.000 Euro pro Semester kostet – spielte in demselben Film Colin Creevy und erzählt eine ähnliche Geschichte. Stanislav Ianevski, der den bulgarischen Sucher Victor Krum spielte, ist quasi auf dem Weg zum Klassenzimmer zufällig Schauspieler geworden. Seine Schule, die Mill Hill School, kostete umgerechnet rund 38.000 Euro im Jahr.

"An dem Nachmittag kam ich zu spät zur Anmeldung", erinnert sich Ianevski, "und bin zufällig auf Fiona Weir getroffen, eine der Casting Direktoren des Films. So ist sie auf mich aufmerksam geworden." Weil Ianevski allgemein ein Problem mit Pünktlichkeit zu haben schien und weitere Castings ausfallen ließ, schickte ihm Warner Brothers schließlich einen Wagen, der ihn von der Schule abholen sollte. "Viel mehr, als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind", sagte Dumbledore zu Harry in Harry Potter und die Kammer des Schreckens. Und manchmal beeinflusst eben die Entscheidung der Eltern, einen auf eine Privatschule zu schicken, als wer man in die Geschichte eingehen wird.

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Aber Elitarismus hin oder her: Immerhin mussten die erwachsenen Schauspieler des Franchise für ihre Rollen vorsprechen und konnten dem Casting Direktor zwischen dem Hockey-Training und den Hausaufgaben nicht einfach nur eine Freundschaftsanfrage auf Facebook schicken.


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"Es gab ungefähr 20 Bewerber, die für die Rolle des Fetten Mönchs in die engere Auswahl kamen", erinnert sich der britische Theaterschauspieler Simon Fisher-Becker. "Es gab vier verschiedene Vorsprechen, in denen die besten Drei ausgewählt wurden und am Ende war ich der Auserwählte."

Wenig überraschend war es nicht nur für die jungen, sondern auch die älteren Schauspieler ziemlich beeindruckend und auch ein wenig einschüchternd, am Filmset eines 6,7 Milliarden Euro schweren Franchise zu stehen. "Das war mein erster Auftritt in etwas so Großem wie Harry Potter – außerdem war es meine allererste professionelle Schauspielrolle. Ich hatte daher gemischte Gefühle", sagt Ianevski.

"Ich glaube, Alan Rickman hat versucht, in seiner Rolle als Snape zu bleiben."

"Es war unglaublich nervenaufreibend", findet auch Randell, obwohl sich sein Auftritt auf eine Zeile beschränkte. "Im Drehbuch stand, dass ich zwischen Kenneth Branagh und Alan Rickman stehen sollte. In dem Moment hoffst du nur verzweifelt, dass du es nicht vermasselst."

Trotz Nervenflattern war Branagh aber "großartig, sehr charmant", schwärmt Randell. "Die Szene bestand aus Spezialeffekten, deswegen stand ich eigentlich die ganze Zeit über abseits der Kamera und habe meine Zeile immer und immer wieder gesprochen. Am Ende kam er zu mir und sagte: 'Gute Arbeit, junger Mann.' Das war super."

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Während die junge Besetzung von Harry Potter überwiegend aus privilegierten Teeangern bestand, die ganz zufällig gut bezahlte Schauspieler wurden, bestand die erwachsene Besetzung aus der Crème de la Crème der britischen Filmindustrie. Und offenbar war zumindest der Großteil von ihnen auch – in alter Hufflepuff-Manier – extrem freundlich.

"Es war eine tolle Erfahrung mit Julie Waters zusammen zu arbeiten", sagt Chris Rankin, der den aufgeblasenen Langweiler Percy Weasley spielte. Sie habe sich um alle gekümmert und immer dafür gesorgt, dass alle lachen und gut gelaunt sind.

Harry, Ron und Hermine in 'Harry Potter und der Stein der Weisen'. Foto: imago | United Archives

"Ich kann mich noch daran erinnern, dass wir eine Szene gedreht haben, in der ich beim Quidditch im Publikum war und den ganzen Tag mit Robbie Coltrane [der den Wildhüter Hagrid spielt] auf der Tribüne stand", erinnert sich Mitchell. "Er hat den ganzen Tag über Witze gerissen. Das hat total Spaß gemacht."

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Doch nicht alle waren so überschwänglich freundlich wie Coltrane, Branagh und Walters. "Ich glaube, Alan Rickman hat versucht, in seiner Rolle als Snape zu bleiben", erklärt Fisher-Becker. "Er hat oft nicht mit uns gesprochen. Eigentlich hat er überhaupt nicht viel gesagt. Er stand nur herum und hat böse geguckt."

Genau wie der verstorbene, großartige Rickman war auch Ianevski ein Anhänger des Method Acting. "Ich wollte Krum einen besonderen und ausdrucksstarken Charakter verleihen, weil die Rolle eher körperlich ausdrucksvoll ist und nicht besonders viel Text hat", sagt Ianevski über seine Rolle in Harry Potter und der Feuerkelch. "Nach einiger Zeit sind Krum und ich miteinander verschmolzen. Dann lief alles wie von selbst."

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Natürlich spielten am Set auch manchmal die Hormone verrückt und es war ganz normal, dass sich kleine Cliquen bildeten.

Nicht alle jungen Schauspieler haben einen Christian Bale am Set abgezogen. "Um ehrlich zu sein, ist Percy vor allem eine Karikatur eines wichtigtuerischen Gutmenschens", erklärt Rankin. "Das Ganze wurde erst etwas kniffliger als er sich später gegen seine Familie gestellt hat. Leider hat er seine Bedeutung in den Drehbüchern verloren. Das gibt einem dann auch weniger, womit man arbeiten kann."

Spezialeffekte waren ein wesentlicher Bestandteil der Dreharbeiten, um JK Rowlings Vision zum Leben zu erwecken. "Ich kann mich noch ganz genau an meine erste Szene erinnern", erzählt Mitchell. "Colin stand vor dem Quidditch-Spielfeld, um Fotos von Harry und Draco zu machen. Das bedeutete, dass ich in meinen Gryffindor-Farben vor einem Blue Screen stehen musste. Damit es windig aussieht, haben sie mich vor eine Windmaschine gestellt. Aber weil ich noch so klein war [Mitchell war damals 12] musste mich jemand an den Knöcheln festhalten, damit ich nicht weggeweht wurde."

Natürlich spielten am Set auch manchmal die Hormone verrückt und es war ganz normal, dass sich kleine Cliquen bildeten. Anders würde man es bei einem Filmset voller Teenager aber auch eigentlich gar nicht erwarten.


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"Das war ein witziges Alter", sagt Randell. "Wir waren 13, noch alle Kinder und es gab haufenweise Süßigkeiten. Eigentlich hatten wir immer einen Zuckerrausch. Wir fanden nichts lustiger als Scherzanrufe und haben ständig darüber geredet, wer in wen verknallt war. Wir waren alle noch ziemlich kindisch."

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Laut Helen Stuart, die die Slytherin-Schlägerin Millicent Bulstrode spielte, ging es am Set ähnlich hormongeladen zu wie bei einer Partie Flaschendrehen im Schullandheim. "Tom Felton [Draco Malfoy] war mit Abstand der größte Mädchenschwarm. Jeder steht auf den vermeintlichen Bad Boy."

Trotz aller Freundlichkeit und Leichtigkeit am Set, entstand doch manchmal der Eindruck – zumindest bei den Schauspielern, mit denen ich mich unterhalten habe –, dass die Hauptdarsteller nicht ganz so viel mit dem Rest der Besetzung zu tun hatten.

"Der Film hatte ein enormes Budget. Ich kann mich also nicht beschweren."

"Ich würde nicht sagen, dass ich mit Dan [Radcliffe], Rupert [Grint] oder Emma [Watson] besonders dicke war ", sagt Mitchell geradeheraus. "Ich hatte ein paar Szenen mit ihnen in der Großen Halle, aber ich stand die meiste Zeit in der Menge."

Stuart scheint zumindest einige modische Gemeinsamkeiten mit den Hauptdarstellern gehabt zu haben. "Eines meiner Highlights war, als mir Emma Watson ein Kompliment für meine violetten Doc Martens mit neongrünen Schnürsenkeln gemacht hat", sagt sie. "Wir haben uns seit damals aber vermutlich modisch doch ein wenig weiterentwickelt."

Randell erzählt, dass er kurze Zeit zu Daniel Radcliffes engstem Kreis gehörte. "Aber irgendwann wurde ich dann still und heimlich aus dem inneren Kreis verbannt." Nachtragend ist er trotzdem nicht. "Ich glaube, seine Eltern waren sehr beschützerisch und wollten niemanden in seiner Nähe, den sie nicht kannten."

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Trotz all den Herausforderungen, die damit einhergehen, dass man sich als naiver Teenager und Hogwarts-Schüler durch die Politik eines milliardenschweren Franchise navigieren muss, haben all meine Gesprächspartner sehr überschwänglich über ihr Mitwirken an den Filmen gesprochen. Ihr Großmut dürfte aber auch finanzieller Natur sein, schließlich hatte Warner Brothers jede Menge Geld zur Verfügung.

"Der Film hatte ein enormes Budget", lacht Mitchell peinlich berührt. "Ich kann mich also nicht beschweren." Genauer ins Detail gehen will aber weder er, noch seine ehemaligen Kollegen und Kolleginnen.

Auch Fisher-Becker schwärmt von dem "unglaublichen Budget" des Films. "Ich bekomme noch immer Loyalitäten. Dafür bin ich sehr dankbar."

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Der einzige Nachteil? "Es war schon ziemlich eigenartig in so jungen Jahren schon an einem so großen Franchise zu arbeiten", sagt Randell geradeheraus. "Vor allem als Teenager. Wenn man versucht, besonders cool zu sein, geht es einem schnell auf die Nerven, wenn man immer nur als 'Ed, der in Harry Potter mitgespielt hat' vorgestellt wird."

Stuart hingegen bereut nur eine Sache: "Ich hätte meinen Umhang oder meinen Zauberstab mitgehen lassen sollen."

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Titelbild: Sirin Kale
Victor Krum aus 'Harry Potter und der Feuerkelch' (Warner Bros Inc | David Heyman | Mike Newell | David Yates | Heyday Films | Patalex IV Productions); Percy Weasley aus 'Harry Potter und der Orden des Phönix' (Warner Bros Inc | David Yates | David Heyman | David Barron | Warner Bros Inc | Heyday Films); Colin Creevy aus 'Harry Potter und der Stein der Weisen' (Warner Bros | 1492 Pictures | Heyday Films | David Heyman | Chris Columbus); Schneeeule (Tony Hisgett | Wikimedia Commons | CC BY 2.0); Hogwarts (pen_ash | Pixabay | CC0)