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dichter und denker

Dieses Video vereint alles, was in Deutschland falsch läuft

Eigentlich wollte die Stadt Vechta nur einen Bahnübergang umbauen. Dann nahm der Wahnsinn seinen Lauf.
Screenshot: Facebook | extra3

Was fühlt ihr, wenn ihr eure Steuerklärung zurückbekommt und euch noch mal vor Augen haltet, wie viel Geld ihr jährlich an den Staat abdrückt? Oder wenn ihr die verkniffenen Gesichter eurer Eltern beobachtet, wenn die feststellen, dass sie Steuern nachzahlen müssen? Ist es eine langsam hochbrodelnde Wut? Oder fühlt ihr euch sicher, denn ihr wisst: Mit Steuergeldern baut der Staat Straßen und unterstützt Bedürftige.

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Moment, antwortet noch nicht, guckt euch erst dieses Video an. Die Satiresendung extra3 hat nämlich einen Fall von politischer und städtebaulicher Inkompetenz aufgearbeitet, der so absurd ist, dass er eigentlich gar nicht echt sein kann. (Ist er aber.)

Wer am Bahnhof in Vechta von der Straße zu den Gleisen oder von einem Gleis zum anderen kommen wollte, musste in der Vergangenheit zwei Übergänge nutzen. Die waren nur wenige Meter lang, mussten aber natürlich trotzdem mit Schranken geschützt werden, damit niemand von einem anfahrenden Zug überrollt wird. Weil es allerdings Geld kostet, Schranken zu betreiben, hatte die Stadt Vechta eine Idee: Statt durch die Übergänge, sollen die Bahnreisenden zukünftig durch einen Tunnel zu den Gleisen kommen. Kostenpunkt: 3 Millionen Euro. (Für ein besseres audiovisuelles Erlebnis beim Lesen, macht jetzt bitte diesen Song hier an.)

Weil es wichtig ist, dass die Bürger wissen, was mit ihren Steuergeldern passiert, ließ Bürgermeister Helmut Gels 2014 die "Simulationsstrecke Trogbauwerk" aufbauen. Ein überdachter Gang aus Sperrholz, der anscheinend vermitteln sollte, wie es sich anfühlt, durch einen Tunnel zu gehen. Weil das vielleicht herausstechendste Merkmal eines Tunnels ist, dass er sich nicht über-, sondern unter der Erde befindet (das unterscheidet ihn beispielsweise von Hausfluren), hielt sich die Begeisterung der Vechtaraner über die "haptische Simulation" in Grenzen. Oder um es mit den Worten eines erbosten Bürgers zu sagen: "Das ist doch Hohnepiepelei, also ein bisschen Verarschung ist das doch!"

Ein anderer Plan muss her. Die Stadt entscheidet sich dafür, einfach eine riesige Brücke über den kleinen Bahnhof zu bauen. Kostenpunkt: 4 Millionen Euro. Die Brücke steht, das Schrankenproblem scheint endlich aus der Welt geschafft – es gibt nur ein Problem. Von der Brücke aus kommt man zwar durch eine Treppe auf Gleis 1, nicht aber auf Gleis 2. Das Ende vom Lied: Der Übergang muss bleiben, samt der Schranken. Wir klatschen in die Hände und schlagen unsere Köpfe auf die Tische. Und da soll noch einmal jemand sagen, die Deutschen seien die perfekten Planer.

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